Corona-Maßnahmen können zum Erlass von Zinsen führen

Mit Urteil vom 26. Oktober 2022 (Az. 13 K 1920/21) hat der 13. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass Nachzahlungszinsen zu erlassen sind, soweit sie auf Steuernachzahlungen entfallen, für den nach einem BMF-Schreiben zu den Auswirkungen des Corona-Virus ein Anspruch auf zinsfreie Stundung bestanden hat.

Das Finanzamt setzte gegenüber dem Kläger, einem Sportverein, im Mai 2020 die Körperschaftsteuer für 2018 fest. Da sich aus dem Bescheid eine Nachzahlung ergab, setzte es zugleich Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO für den Monat April 2020 fest. Der Verein beantragte die zinsfreie Stundung aller Zahlungsansprüche aus dem Körperschaftsteuerbescheid für 2018 und berief sich dabei auf das BMF-Schreiben vom 19. März 2020 über „Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Corona-Virus“, weil der Geschäftsbetrieb des Klägers durch die Corona-Maßnahmen des Landes erheblich eingeschränkt sei. Dem folgte das Finanzamt und gewährte die zinslose Stundung der offenen Körperschaftsteuernachzahlung.

Zugleich beantragte der Kläger den Erlass der Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit. Zur Begründung führte er aus, dass die Zinsen nicht entstanden wären, wenn das Finanzamt den Körperschaftsteuerbescheid vor dem 1. April 2020 erlassen hätte. Den Erlass der Zinsen lehnte das Finanzamt ab, weil der Kläger deren Entstehung durch Beantragung höherer Körperschaftsteuervorauszahlungen habe vermeiden können. Die Zinsen seien zudem nicht unmittelbar durch die Corona-Pandemie verursacht worden.

Der 13. Senat des Finanzgerichts Münster hat der hiergegen erhobenen Klage stattgegeben. Es hat das Finanzamt verpflichtet, den beantragten Erlass der Nachzahlungszinsen zu gewähren. Das dem Finanzamt eingeräumte Ermessen sei insoweit auf Null reduziert.

Die Erhebung der Nachzahlungszinsen sei im konkreten Fall sachlich unbillig, weil der Kläger durch die verspätete Steuerfestsetzung zweifelsfrei keinen Liquiditätsvorteil erlangt und das Finanzamt keinen Liquiditätsnachteil erlitten habe. Abstrakt sei die im Mai 2020 erfolgte Steuerfestsetzung zwar geeignet, den Liquiditätsvorteil auszulösen, den § 233a AO abschöpfen wolle. Da der Kläger allerdings nach dem BMF-Schreiben vom 19. März 2020 unstreitig einen Anspruch auf zinsfreie Stundung der Körperschaftsteuernachzahlung habe, sei nicht erkennbar, inwieweit er durch die verzögerte Steuerfestsetzung einen zusätzlichen Liquiditätsvorteil erlangt haben könnte.

Der Hinweis des Finanzamts auf die Möglichkeit einer höheren Vorauszahlung greife nicht durch. Dem Kläger sei berechtigt, die gesetzlich gewährte Karenzzeit von 15 Monaten auszunutzen. Im April 2020 sei zwar absehbar gewesen, dass es nicht mehr rechtzeitig zu einer Steuerfestsetzung komme. Da die Corona-Pandemie zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits ausgebrochen war, erscheine es widersprüchlich, die offenen Steuernachforderungen zinsfrei zu stunden und andererseits vom Kläger eine Vermeidung von Zinsen durch höhere Vorauszahlungen zu verlangen.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Diese ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 28/22 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.12.2022 zum Urteil 13 K 1920/21 vom 26.10.2022 (nrkr – BFH-Az.: XI R 28/22)

Ausnahme für eine weitere Beratungsstelle ohne Leitung durch einen anderen Steuerberater

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat mit einem nunmehr zugestellten Urteil vom 29.11.2022 entschieden, dass die Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe einem Steuerberater eine Ausnahmegenehmigung dafür erteilen muss, dass dieser seine weitere, circa 40 km von seiner beruflichen Niederlassung entfernte Beratungsstelle ohne einen anderen Steuerberater als Leiter betreiben darf.

Steuerberater können neben der notwendig zu unterhaltenden beruflichen Niederlassung weitere Beratungsstellen unterhalten, soweit dadurch die Erfüllung der Berufspflichten nicht beeinträchtigt wird. Leiter der weiteren Beratungsstelle muss grundsätzlich ein anderer Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter sein, der seine berufliche Niederlassung am Ort der Beratungsstelle oder in deren Nahbereich hat. Die für die berufliche Niederlassung zuständige Steuerberaterkammer kann auf Antrag eine Ausnahme von diesem „Leitererfordernis“ zulassen. Kriterien für die Entscheidung über eine Ausnahme sind in der Berufsordnung der Steuerberater aufgeführt.

Die Beklage hatte den Antrag des Klägers aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Leitererfordernis für seine weitere Beratungsstelle abgelehnt. Auch wenn keine konkrete Gefährdung der Berufspflichten drohe, müssten atypischer Umstände gegeben sein, um dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnis Rechnung zu tragen, woran es fehle.

Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Das Erfordernis, für eine weitere Beratungsstelle einen anderen Steuerberater als Leiter einzusetzen, beruht auf der Erwägung des Gesetzgebers, dass die gleichzeitige Leitung einer Hauptniederlassung und einer auswärtigen Beratungsstelle grundsätzlich im Sinne einer abstrakten Gefahr die gewissenhafte Berufsausübung eines Steuerberaters gefährdet. Die Bundessteuerberaterkammer hat in Wahrnehmung ihrer Regelungsautonomie in der Berufsordnung Bewertungskriterien bestimmt, die bei der Beurteilung heranzuziehen sind, ob im Einzelfall eine Gefahr für die Verletzung von Berufspflichten ausgeschlossen ist. Ergibt die von der Steuerberaterkammer nach den in der Berufsordnung festgelegten Bewertungskriterien durchzuführende Einzelfallprüfung, dass eine konkrete Gefährdung von Berufspflichten im Einzelfall nicht zu erwarten ist, besteht ein Anspruch des Steuerberaters auf die Zulassung der Ausnahme. Insofern ist der zuständigen Steuerberaterkammer kein Ermessensspielraum mehr eröffnet. Insbesondere darf nicht zusätzlich auf das Vorliegen atypischer Umstände abgestellt werden.

Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, weil die Entscheidungspraxis zwischen den verschiedenen Steuerberaterkammern stark differiert. So hatte der Kläger vor dem Wechsel seiner Niederlassung von der damals zuständigen Steuerberaterkammer Düsseldorf mehrfach die begehrten Ausnahmen für eine weitere Beratungsstelle erteilt bekommen.

Hinweis zur Rechtslage

§ 34 Steuerberatungsgesetz (Berufliche Niederlassung, weitere Beratungsstellen)

(1) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte müssen unmittelbar nach der Bestellung eine berufliche Niederlassung begründen und eine solche unterhalten. […]

(2) Weitere Beratungsstellen können unterhalten werden, soweit dadurch die Erfüllung der Berufspflichten nicht beeinträchtigt wird. Leiter der weiteren Beratungsstelle muss jeweils ein anderer Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter sein, der seine berufliche Niederlassung am Ort der Beratungsstelle oder in deren Nahbereich hat. […]. Die für die berufliche Niederlassung zuständige Steuerberaterkammer kann auf Antrag eine Ausnahme von Satz 2 zulassen. […]

§ 11 Abs. 3 und 4 Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (Weitere Beratungsstellen)

(3) Eine Ausnahme vom Leitererfordernis nach 34 Abs. 2 Satz 4 StBerG kann erteilt werden, insbesondere wenn aufgrund

  • der persönlichen Anwesenheit des Praxisinhabers sowohl in seiner beruflichen Niederlassung als auch in der weiteren Beratungsstelle,
  • des tatsächlichen Geschäftsumfangs,
  • der Art und des Umfangs des Mandantenstammes,
  • der Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter,
  • der räumlichen Entfernung und Verkehrsanbindung,
  • der technischen Verknüpfung zwischen beruflicher Niederlassung und weiterer Beratungsstelle

die Einsetzung eines anderen Steuerberaters als Leiter der weiteren Beratungsstelle zur Sicherstellung der Erfüllung der Berufspflichten nicht erforderlich ist.

(4) Die Ausnahmegenehmigung soll für die Dauer von längstens zwei Jahren erteilt werden; sie kann mit Auflagen verbunden werden. Die Ausnahmegenehmigung kann verlängert werden, wenn die Voraussetzungen vor Ablauf der Befristung durch den Antragstellers erneut nachgewiesen werden.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 14.12.2022 zum Urteil 4 A 2856/18 vom 29.11.2022

Bescheinigung für Umsatzsteuerzwecke in Bearbeitungs- und Verarbeitungsfällen

Abschnitt 6.8 Abs. 1 Satz 3 und 6a.6 Satz 2 UStAE

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die Musterbescheinigung für Bearbeitungs- und Verarbeitungsfälle für Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen mit Stand Dezember 2022 neu herausgegeben. Das bisherige, durch das BMF-Schreiben vom 17. Januar 2000, BStBl I S. 179, herausgegebene Vordruckmuster wird durch das anliegende – angepasste – Vordruckmuster „Bescheinigung für Umsatzsteuerzwecke in Bearbeitungs- und Verarbeitungsfällen“ ersetzt.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7134 / 22 / 10002 :001 vom 13.12.2022

Unwirksame Klausel: Keine Bankgebühr allein für das Errechnen der Vorfälligkeitsentschädigung

Das Errechnen der Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung im Fall der vorzeitigen Rückführung eines Darlehens gehört – unabhängig von § 493 Abs. 5 BGB – zu den vertraglichen Nebenpflichten einer Bank gegenüber Verbrauchern. Die Bank darf dafür kein gesondertes Entgelt verlangen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung die beklagte Bank verurteilt, die Verwendung einer Klausel, mit der 100 Euro für die Errechnung verlangt wurden, zu unterlassen.

Die Beklagte betreibt eine Bank und bewirbt u. a. Verbraucherkredite. Nach ihrem Preisverzeichnis verpflichten sich private Darlehenskunden, eine Pauschale von 100 Euro zu zahlen, wenn die Bank für sie die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung eines Darlehens (Allgemeindarlehen oder eines vor dem 21. März 2016 abgeschlossenen Immobiliardarlehen) errechnen soll. Die Pauschale wird unabhängig davon fällig, ob es nachfolgend zur vorzeitigen Rückführung des Darlehens kommt. Sie wird – mit Ausnahme grundpfandrechtlich besicherter Darlehen – nicht auf eine im Fall vorzeitiger Rückführung tatsächlich zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung angerechnet. Der Kläger hält die Klausel für unwirksam. Das Landgericht hatte den Unterlassungsantrag insoweit abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Erfolg.

Die Klausel sei unwirksam, entschied das OLG. Bei der Aufwandsentschädigung handele es sich um eine voll überprüfbare sog. Preisnebenabrede. Die Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung nicht vereinbar und benachteilige die Kunden unangemessen. Die Bank sei nebenvertraglich verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Höhe einer Vorfälligkeitsentscheidung bei vorzeitiger Rückführung zu informieren. Dies gelte unabhängig von den gesetzlich normierten Informationspflichten nach § 493 Abs. 5 BGB (anwendbar ab dem 21. März 2016 in Umsetzung der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie (RL 2014/17/EU)). Diese bezögen sich allein auf Immobiliardarlehensverträge. Der Darlehensnehmer habe grundsätzlich ein Informationsbedürfnis. Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sei komplex und beinhalte Rechenoperationen, die für den durchschnittlichen Verbraucher schwer nachzuvollziehen seien. Die Bank könne dagegen die Entschädigung mithilfe eines Computerprogramms ohne großen Aufwand errechnen. Die Berechnung stelle damit keine zusätzliche Sonderleistung dar, die einer gesonderten Vergütung unterliege. Dies gelte unabhängig davon, ob es tatsächlich zur vorzeitigen Rückführung komme oder nicht.

Die beanstandete Klausel weiche damit von dem Grundsatz ab, dass die Bank ohne gesondertes Entgelt ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Unterrichtung des Darlehensnehmers erfüllen müsse. Diese Abweichung indiziere eine unangemessene Benachteiligung der Darlehensnehmer. „Dass die jeweilige Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung mit einem Verwaltungsaufwand … einhergehen kann, hat diese nach der vertraglichen Abrede hinzunehmen“, ergänzt das OLG.

Hinweis zur Rechtslage

§ 493 BGB Informationen während des Vertragsverhältnisses

(1) 1Ist in einem Verbraucherdarlehensvertrag der Sollzinssatz gebunden und endet die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit, unterrichtet der Darlehensgeber den Darlehensnehmer spätestens drei Monate vor Ende der Sollzinsbindung darüber, ob er zu einer neuen Sollzinsbindungsabrede bereit ist. 2Erklärt sich der Darlehensgeber hierzu bereit, muss die Unterrichtung den zum Zeitpunkt der Unterrichtung vom Darlehensgeber angebotenen Sollzinssatz enthalten.

(5) 1Wenn der Darlehensnehmer eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags dem Darlehensgeber mitteilt, dass er eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens beabsichtigt, ist der Darlehensgeber verpflichtet, ihm unverzüglich die für die Prüfung dieser Möglichkeit erforderlichen Informationen auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln. 2Diese Informationen müssen insbesondere folgende Angaben enthalten:

  • Auskunft über die Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung,
  • im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags und
  • gegebenenfalls die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung.

3Soweit sich die Informationen auf Annahmen stützen, müssen diese nachvollziehbar und sachlich gerechtfertigt sein und als solche dem Darlehensnehmer gegenüber offengelegt werden.

§ 307 BGB

(1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. 2Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

  1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
  2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Quelle: OLG Frankfurt, Pressemitteilung vom 14.12.2022 zum Urteil 17 U 132/21 vom 14.12.2022

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im Dezember 2022

  • Die zunehmend bei den Verbrauchern ankommenden hohen Energiepreise belasten die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Außerdem sorgen hohe Unsicherheiten über die wirtschaftlichen Perspektiven und steigende Zinsen für eine Investitionszurückhaltung. Über den Winter dürfte die Wirtschaftsleistung leicht rückläufig sein.
  • Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass die Rezession milder ausfallen könnte, als bislang erwartet worden ist. Das ifo Geschäftsklima stieg im November bereits den zweiten Monat in Folge, wenn auch ausgehend von niedrigem Niveau. Zur Stabilisierung der Erwartungen trugen sicherlich auch die Beschlüsse der Bundesregierung zur Gas- und Strompreisbremse bei.
  • Die Industrie ist schwach ins vierte Quartal gestartet und ihre Aussichten bleiben trüb. Die Industrieproduktion ging im Oktober zurück. Insbesondere die energieintensiven Wirtschaftszweige haben ihren Ausstoß erneut zum Teil deutlich heruntergefahren. Dies dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass bestimmte energieintensive Erzeugnisse angesichts stark gestiegener Energiepreise verstärkt importiert statt vor Ort hergestellt wurden.
  • Die Umsätze im Einzelhandel nahmen im Oktober wieder ab. Die Stimmung unter den privaten Verbrauchern hat sich zuletzt aber weiter stabilisiert, allerdings auf einem immer noch sehr niedrigen Niveau.
  • Die Inflationsrate ist im November gegenüber dem Vormonat um 0,5 Prozent gesunken, was den ersten Rückgang seit November 2021 darstellt. Im Vorjahresvergleich stieg sie um 10,0 %. Ursache für die leicht rückläufige Entwicklung waren vor allem rückläufige Preise für Pauschalreisen sowie geringere Energiepreise.
  • Die Lage am Arbeitsmarkt ist nach wie vor stabil, auch wenn die Hinweise auf eine Abkühlung zunehmen. Unternehmen werden zögerlicher bei Neueinstellungen, Anzeigen für Kurzarbeit nehmen auf einem niedrigen Niveau wieder leicht zu. Angesichts der Engpässe an Arbeitskräften versuchen Unternehmen, ihre Beschäftigten zu halten.
  • Im 1. bis 3. Quartal 2022 meldeten die deutschen Amtsgerichte mit insgesamt 10.643 beantragten Unternehmensinsolvenzen in etwa genauso viele Anträge wie im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Aktuelle Frühindikatoren und Umfragen deuten auf leicht steigende Insolvenzzahlen in den nächsten Monaten hin, eine „Insolvenzwelle“ ist derzeit jedoch nicht in Sicht.

Schwerer Winter – Rezession könnte aber mild verlaufen

Deutschland steht vor einem wirtschaftlich herausfordernden Winter. Die hohen Energiepreise kommen zunehmend bei den Verbrauchern an. Die damit verbundenen Kaufkraftverluste belasten die Aussichten für den privaten Konsum und das Weihnachtsgeschäft. Obwohl die Industrie im Durchschnitt bislang vergleichsweise gut mit den gestiegenen Energiepreisen umgehen konnte, sind die Auswirkungen der Energiepreis- krise insbesondere in den energieintensiven Bereichen sichtbar. So lag die Produktion in der chemischen Industrie im Oktober rund 22 % unter dem Vorjahresniveau. Zusätzlich sorgen die unsicheren wirtschaftlichen Perspektiven und steigende Zinsen dafür, dass viele Investitionsprojekte zunächst zurückgestellt werden. Insbesondere am Bau verlief die Entwicklung im letzten Vierteljahr schwach, weil die Finanzierung deutlich teurer geworden ist.

Auch wenn sich die Lage vieler Unternehmen am aktuellen Rand weiter verschlechtert hat, gibt es dennoch Lichtblicke. Das ifo Geschäftsklima hellte sich im November auf breiter Front auf. Grund waren deutlich bessere Geschäftserwartungen. Dazu dürften auch die Beschlüsse der Bundesregierung zur Gas- und Strompreisbremse beigetragen haben, die für Verbraucherinnen und Verbraucher wie auch Unternehmen wie eine „Versicherung“ gegen allzu hohe Preisausschläge bei diesen Energieträgern im Rahmen des subventionierten Basisverbrauchs wirkt.

Auch bei der Inflationsrate gibt es erstmals seit langer Zeit Anzeichen einer Stabilisierung. Zwar blieben die Verbraucherpreise mit einer Veränderungsrate von +10,0 % gegenüber dem Vorjahr auf hohem Niveau. Im Vormonatsvergleich sind die Preise jedoch um 0,5 % gesunken, was vor allem auf eine Beruhigung des Energiepreisanstiegs zurückzuführen ist. Mit dem ersten Rückgang der Erzeugerpreise seit Mai 2020 deutet sich auch auf den vorgelagerten Absatzstufen eine gewisse Entspannung an (Oktober: – 4,2 % ggü. September).

Mit dem Jahreswirtschaftsbericht, der am 25. Januar 2023 veröffentlicht wird, legt die Bundesregierung ihre neue Jahresprojektion zu den wirtschaftlichen Aussichten im kommenden Jahr vor.

Abkühlung in der Weltwirtschaft

Aktuelle Indikatoren zeigen eine insgesamt schwache Entwicklung des globalen Umfeldes. Das Wachstum der weltweiten Industrieproduktion verlangsamte sich im September auf +0,3 %, der Welthandel stagnierte mit einer Veränderungsrate von +0,1 % nahezu. Auch die Stimmungsindikatoren am aktuellen Rand suggerieren eine schwache Entwicklung über den Winter. Der Index von S&P Global (ehemals IHS Markit) lag im November weiter unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Gegenüber dem Vormonat verringerte sich der Indexwert erneut und notierte zuletzt bei 48,0 Punkten. Sowohl im Dienstleistungsbereich als auch im Verarbeitenden Gewerbe waren spürbare Rückgänge zu verzeichnen. Für die kommenden Monate rechnen die Umfrageteilnehmer mit einem anhaltend schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld.

Rückgang der Im- und Exporte

Die nominalen Einfuhren haben sich im Berichtsmonat Oktober gegenüber dem Vormonat deutlich verringert (-3,7 %). Der starke Rückgang dürfte vor allem auf einen Preiseffekt infolge sinkender Gaspreise zurückzuführen sein. Die nominalen Ausfuhren waren im Vormonatsvergleich mit einem Rückgang um 1,3 % ebenfalls niedriger, allerdings weniger ausgeprägt als die Importe.

Nachdem sich der deutsche Außenhandel über den Sommer noch überraschend robust entwickelte, schwächte er sich in den letzten beiden Monaten spürbar ab. Die weltweite konjunkturelle Abkühlung geht auch an Deutschland nicht spurlos vorbei.

Der monatliche Handelsbilanzüberschuss Deutschlands erholt sich langsam wieder. Im Oktober lag er mit 6,8 Mrd. Euro im Plus. Im August war der Überschuss durch die Energiepreiskrise mit +1,0 Mrd. Euro auf ein Rekordtief gefallen. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der vergangenen Jahre betrug der monatliche Handelsbilanzüberschuss rund 18 Mrd. Euro.

Der Ausblick für den Außenhandel hat sich leicht aufgehellt, bleibt aber trotzdem verhalten. Die ifo Exporterwartungen konnten im November leicht zulegen. Sie liegen jetzt bei +0,4 Saldenpunkten und damit 5 Saldenpunkte höher als im Vormonat. Außerdem weckt die zunehmende Entspannung der Lieferkettenengpässe Hoffnungen. Containerfrachtraten sind fast auf Vorkrisenniveau gefallen, die Lücke zwischen Auftragseingang und Produktion schließt sich zunehmend und auch in der ifo Umfrage zum Materialmangel gaben weniger Unternehmen an, von Knappheiten in der Beschaffung betroffen zu sein (59 % im November, rund fünf Prozentpunkte weniger als im Vormonat).

Industrie startet schwach ins vierte Quartal

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im Oktober gegenüber dem Vormonat nahezu unverändert geblieben (-0,1 %). Während der Ausstoß in der Industrie um 0,4 % abnahm, kam es im Baugewerbe zu einem deutlichen Plus von 4,2 %, was auch auf die vergleichsweise milde Witterung zurückgeführt werden kann. Der Bereich Energie verzeichnete einen kräftigen Rückgang um 7,6 %.

In den Industriebranchen kam es überwiegend zu Rückgängen der Produktionstätigkeit. In den beiden gewichtigen Bereichen Kfz und Kfz- Teile sowie Maschinenbau gab es Drosselungen von 2,1 % bzw. 1,5 %. Auch die energieintensiven Wirtschaftszweige haben im Vormonatsvergleich ihren Ausstoß zum Teil deutlich heruntergefahren: Chemische Erzeugnisse -6,8 %, Kokerei und Mineralölverarbeitung -6,1 %, Papier und Pappe -4,9 % sowie Metallerzeugung und -bearbeitung -1,9 %. Glas, Glaswaren und Keramik hingegen verzeichneten zuletzt einen leichten Zuwachs um 2,9 %, nachdem es in den fünf Monaten zuvor zu Rückgängen gekommen war.

Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe sind im Oktober gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 0,8 % gestiegen. Damit stabilisierten sich die Bestellungen wieder, nachdem es im August und September zu zwei markanten Rückgängen gekommen war (-2,0 bzw. -2,9 %; aufwärts revidiert). Insgesamt lagen die Bestellungen zuletzt 3,2 % unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Das leichte Plus im Vormonatsvergleich ist vor allem auf eine Erholung der Auslandsnachfrage zurückzuführen. Sie lag um 2,5 % über dem Wert des Vormonats. Die Bestellungen aus dem Inland gingen hingegen um 1,9 % zurück. In der Betrachtung nach Wirtschaftszweigen konnte sich vor allem der gewichtige Bereich Kfz/Kfz- Teile mit einem Orderanstieg um 5,5 % vom Rückgang im Vormonat erholen.

Der Ausblick auf die Industriekonjunktur in den kommenden Monaten bleibt angesichts einer spürbar unterkühlten Stimmung in den Unternehmen und der verhaltenen Nachfrage eingetrübt. Dass das Baugewerbe zuletzt einen beachtlichen Zuwachs verzeichnete, dürfte an der vergleichsweise milden Witterung im Oktober gelegen haben. Der bemerkenswerte Rückgang im Bereich der Energie- und Wasserwirtschaft kann vermutlich auf die Energiesparanstrengungen von Wirtschaft und privaten Haushalten zurückgeführt werden.

Einzelhandelsumsatz zuletzt wieder schwächer

Die Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz haben sich im Oktober gegenüber dem Vormonat um 2,8 % verringert. Im Vergleich zum Oktober 2021 meldete der Einzelhandel ein (reales) Umsatzminus von 4,9 %, was zu einem beträchtlichen Teil auch die hohen Preissteigerungen im Einzelhandel widerspiegelt. So kam es in nominaler Rechnung, also ohne Preisbereinigung, binnen Jahresfrist zu einem Umsatzplus von 6,6 %. Der Handel mit Lebensmitteln verzeichnete im Oktober im Vergleich zum Vormonat ein reales Umsatzminus von 1,2 % (ggü. Vorjahresmonat -3,9 %). Der Handel ohne Nahrungsmittel meldete einen Rückgang seines Umsatzes von 4,5 % (ggü. Vorjahresmonat -5,5 %). Auch der Internet- und Versandhandel verbuchte im Oktober eine Abnahme um 1,8 % (ggü. Vorjahresmonat -7,1 %). Die Neuzulassungen von Pkw durch private Halter sind im November deutlich um 14,9 % gestiegen, nachdem es allerdings im Oktober zu einer Abnahme um 5,4 % gekommen war.

Das Klima bei den privaten Verbrauchern dürfte sich aber zuletzt weiter stabilisiert haben. Laut dem GfK Konsumklima ist im Dezember mit einer weiteren leichten Verbesserung zu rechnen. Es wird erneut ein kleiner Anstieg des Indikators prognostiziert, ausgehend von einem äußerst niedrigen Niveau liegt. Die ifo Geschäftserwartungen im Einzelhandel haben sich im November ebenfalls aufgehellt. Der Saldo der Meldungen liegt hier auf einem nicht mehr ganz so niedrigem Niveau wie in den vergangenen Monaten. Auch die Beurteilung der Geschäftslage hat sich im Einzelhandel weiter verbessert.

Inflationsrate im November leicht rückläufig

Die Inflationsrate, gemessen am Anstieg des Verbraucherpreisniveaus binnen Jahresfrist, hat sich im November auf 10,0 % verringert. Damit ist die Rate 0,4 Prozentpunkte niedriger als im Vormonat (Oktober: +10,4 %). Die Kerninflationsrate (ohne Nahrungsmittel und Energie) lag mit +5,0 % halb so hoch wie die Gesamtrate.

Gegenüber Oktober fielen die Verbraucherpreise insgesamt um 0,5 %. Dies markiert den ersten Rückgang seit einem Jahr (November 2021). Bei steigenden Preisen für Nahrungsmittel (+1,2 %) ist diese Entwicklung vor allem auf rückläufige Preise für Pauschalreisen, die sich saisonbedingt um 25,3 % verringerten, zurückzuführen. Auch die Preise für Energie gaben leicht um 1,2 % nach. Die Kernrate ist wie die Gesamtrate im Vergleich zum Vormonat um 0,5 % gesunken.

Der Anstieg der Preise für Nahrungsmittel im Vorjahresvergleich markierte mit +21,1 % ein neues Allzeithoch (zuvor: +20,3%). Die Teuerung der Energieträger fiel erneut etwas schwächer als im Vormonat (+38,7 %; zuvor: +43,0 %) aus. Auch auf den vorgelagerten Absatzstufen deutet sich wegen der nicht mehr ganz so hohen Energiepreise eine gewisse Entspannung an. So sind die Erzeugerpreise im Oktober erstmals seit Mai 2020 im Vormonatsvergleich gesunken (-4,2 %), vor allem weil die Energiepreise zurückgegangen sind (Gas: -9,0 %; Strom: -15,4 %). Die Abgabepreise von Lieferanten privater Haushalte sind jedoch weiter deutlich aufwärtsgerichtet (Gas: +21,8 %; Strom: +3,2 %), da diese die Energiepreissteigerung mit Verzögerung an die Kunden weitergeben. Die Großhandelsverkaufspreise verringerten sich im Oktober ebenfalls im Vergleich zum September (-0,6 %). Im Vorjahresvergleich stiegen sie aber noch um 17,4 %. Ähnlich verhielt es sich mit den Importpreisen im Oktober (-1,2 % ggü. Vormonat; +23,5 % ggü. Vorjahr).

Auch für die nächsten Monate werden anhaltend hohe Inflationsraten erwartet. Die Bundesregierung ging in ihrer Herbstprojektion von Mitte Oktober für den Jahresdurchschnitt 2022 von einem Anstieg um 8,0 % aus. Für das Jahr 2023 wird aufgrund der Gas- und Strompreisbremsen mit einer gewissen Dämpfung gerechnet (+7,0 %).

Arbeitsmarkt bislang stabil – Zeichen des Abschwungs erkennbar

Die Lage am Arbeitsmarkt ist nach wie vor stabil, auch wenn die Hinweise auf eine Abschwächung der Dynamik zunehmen. Verglichen mit den Vorjahren fiel die Herbstbelebung bei der registrierten Arbeitslosigkeit erneut relativ schwach aus. Saisonbereinigt (sb) kam es im November zu einem Anstieg um 17.000 Personen. Grund dafür ist vor allem, dass es Menschen etwas schwerer fällt, aus der Arbeitslosigkeit heraus eine Beschäftigung zu finden, weil die Unternehmen bei Einstellungen zurückhaltender geworden sind. Fluchtmigration aus der Ukraine wirkte sich zuletzt hingegen nicht mehr erhöhend aus. Die Erwerbstätigkeit lag im Oktober wieder merklich im Plus (+32.000 Personen gegenüber September). Auch bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gab es im September einen kräftigen Zuwachs (+42.000 Personen gegenüber August). Die Inanspruchnahme der Kurzarbeit stieg im September auf rund 0,16 Mio. Personen. Die Anzeigen deuten auf ein weiterhin erhöhtes Niveau am aktuellen Rand hin. Betrachtet nach Wirtschaftszweigen, nehmen die Anzeigen aus den nicht-energieintensiven Industrien zu, die besonders energieintensiven Branchen bleiben bislang aber unauffällig. Die Frühindikatoren haben sich etwas stabilisiert. Zwar waren die gemeldeten Stellen leicht rückläufig, das ifo Beschäftigungsbarometer legte allerdings wieder zu. Insgesamt versuchen Unternehmen angesichts der Arbeitskräfteengpässe auch weiterhin ihre Beschäftigten zu halten.

Insolvenzen im 1. bis 3. Quartal 2022 auf Vorjahresniveau

Nach endgültigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes meldeten die deutschen Amtsgerichte von Januar bis August 2022 mit insgesamt 10.643 beantragten Unternehmensinsolvenzen 0,4 % weniger Anträge als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

Als Frühindikator gibt die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen Hinweise auf die künftige Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen. Nach einem deutlichen Anstieg der Regelinsolvenzen von 18,4 % im Oktober gegenüber dem Vormonat sind diese im November nur leicht gestiegen (+1,2 %). Damit lagen die beantragten Regelinsolvenzverfahren im November in etwa auf Vorjahresniveau. Experten des IW Halle gehen von einem Anstieg der Insolvenzen in den nächsten Monaten aus; im langfristigen Vergleich sind die derzeitigen Insolvenzzahlen jedoch weiterhin niedrig. Die Folgen des Kriegs in der Ukraine und die drastisch gestiegenen Energiepreise stellen für viele Unternehmen Belastungen dar, deren Auswirkungen auf das Insolvenzgeschehen in den nächsten Monaten nur schwer abzuschätzen sind.

Quelle: BMWK, Pressemitteilung vom 14.12.2022

Kurzarbeitergeld: Erleichterter Zugang bis Ende Juni 2023 verlängert

Der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld gilt weitere sechs Monate. Die Bundesregierung hat die Sonderregelung bis Ende Juni 2023 verlängert. Auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer können weiterhin Kurzarbeitergeld erhalten. Das verschafft Unternehmen und Beschäftigten Sicherheit in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld.

Die Zugangserleichterungen für das Kurzarbeitergeld wären zum 31. Dezember 2022 ausgelaufen. Das Bundeskabinett hat die Regelung nun per Verordnung bis Mitte kommenden Jahres verlängert.

Die Verordnung regelt im Einzelnen:

Die Voraussetzungen für den Zugang zum Kurzarbeitergeld bleiben bis zum 30. Juni 2023 herabgesetzt:

  • Kurzarbeitergeld kann nach wie vor bereits gezahlt werden, wenn mindestens zehn Prozent statt regulär ein Drittel der Beschäftigten von einem Entgeltausfall betroffen sind,
  • Beschäftigte müssen keine Minusstunden vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld aufbauen.

Auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern wird der Bezug von Kurzarbeitergeld weiterhin ermöglicht. Dies gilt ebenfalls befristet bis zum 30. Juni 2023.

Weitere Informationen zur Verlängerung der Zugangserleichterungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld bietet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Bundesagentur für Arbeit beantwortet häufig gestellte Fragen.

Verordnung soll Beschäftigung sichern

Die Bundesregierung ist bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt dazu ermächtigt, die oben genannten Zugangserleichterungen zu regeln. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat erhebliche Auswirkungen auf Lieferketten, die Preisbildung auf den Weltmärkten, insbesondere im Energiesektor, und damit auf die wirtschaftliche Entwicklung und den Arbeitsmarkt in Deutschland.

Die Entwicklung in den nächsten Wochen und Monaten ist mit großen Unwägbarkeiten verbunden. Noch ist das gesamte Ausmaß nicht absehbar. Viele Unternehmen haben aber negative Erwartungen geäußert. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich zwar noch robust, aber die Auswirkungen der schwierigen wirtschaftlichen Lage sind erkennbar. So ist die Zahl der Personen, für die Kurzarbeit neu oder erneut angezeigt wurde, in den Monaten September und Oktober 2022 wieder gestiegen.

Mit der Verordnung soll sichergestellt werden, dass Beschäftigungsverhältnisse aufrechterhalten sowie Arbeitslosigkeit und gegebenenfalls Insolvenzen vermieden werden. Auch Verleiher sollen in die Lage versetzt werden, ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu halten. Die Verlängerung des vereinfachten Zugangs verschafft den Betrieben Planungssicherheit und trägt zur Stabilisierung des Arbeitsmarkts bei.

Damit die Bundesregierung weiterhin Sonderregelungen für das Kurzarbeitergeld im Wege einer Verordnung erlassen kann, gilt bis 30. Juni 2023 eine Verordnungsermächtigung.

Quelle: Bundesregierung, Mitteilung vom 14.12.2022

Besteuerung von Reiseleistungen von Unternehmen mit Sitz im Drittland – Verlängerung der Nichtbeanstandungsregelung

I.

Mit BMF-Schreiben vom 29. Januar 2021, III C 2 – S 7419/19/10002:004 (DOK 2020/0981332), haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und Länder beschlossen, dass § 25 UStG bei Reiseleistungen von Unternehmern mit Sitz im Drittland und ohne feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet nicht anwendbar ist. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wird es nicht beanstandet, wenn auf bis zum 31. Dezember 2020 ausgeführte Reiseleistungen von Unternehmern mit Sitz im Drittland und ohne feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet die Sonderregelung des § 25 UStG angewendet wird.

II.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die im BMF-Schreiben vom 29. Januar 2021, III C 2 – S 7419/19/10002:004 (DOK 2020/0981332), enthaltene Nichtbeanstandungsregelung, die mit BMF-Schreiben vom 29. März 2021 – III C 2-S 7419/19/10002:004 (DOK 2021/0361661) – bis zum 31. Dezember 2021 und mit BMF-Schreiben vom 1. Dezember 2021 – III C 2 – S 7419/19/10002 :004 (DOK 2021/1207583) – bis zum 31. Dezember 2022 verlängert wurde, bis zum 31. Dezember 2023 verlängert.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7419 / 19 / 10002 :004 vom 12.12.2022

Investitionen in immaterielles Kapital steigern die Produktivität

Die Studie untersucht, welche Unternehmens­aktivitäten zur Steigerung der Produktivität in Unternehmen führen. Das zentrale Ergebnis ist, dass nicht nur eigene Forschung und Entwicklung, sondern eine Vielzahl von Aktivitäten die Produktivität steigern. Dazu zählen beispielsweise Ausgaben für Marketing, Weiterbildungs­maßnahmen oder Digitalisierung, wie für Software oder Datenbanken. Solche Aktivitäten werden in Fachkreisen häufig Investitionen in intangibles Kapital genannt.

Quelle: KfW Research, Mitteilung vom 13.12.2022

Unternehmen in Handel, Bau und Landwirtschaft nutzten Inflation, um Gewinne zu steigern

Gestiegene Preise für Energie und Vorleistungen allein erklären nicht das Ausmaß der Inflation in Deutschland. „Vielmehr scheinen Unternehmen in einigen Wirtschaftszweigen die Preissteigerungen dazu genutzt zu haben, ihre Gewinne auszuweiten. Das gilt vor allem für den Handel, die Landwirtschaft und den Bau“, sagt Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der ifo Niederlassung Dresden. Dies legten Daten der amtlichen Statistik zur Wirtschaftsleistung nahe. Daraus hat das ifo Unterschiede zwischen nominaler und preisbereinigter Wertschöpfung ermittelt. So lassen sich Rückschlüsse auf Preisanhebungen ziehen, die nicht durch höhere Vorleistungskosten verursacht wurden.

Nach Corona hatten private Haushalte hohe Ersparnisse angesammelt. Diese wurden im Jahr 2022 aufgelöst und haben die Konsumnachfrage befeuert“, fügt Ragnitz hinzu. „Auch die Entlastungen durch die Regierung dürften dazu beigetragen haben, die Nachfrage zu stützen und damit Spielräume für Preisanhebungen zu erweitern.“

„Insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft einschließlich Fischerei sowie im Baugewerbe und in den Branchen Handel, Gastgewerbe und Verkehr haben die Unternehmen ihre Preise deutlich stärker erhöht als es aufgrund der gestiegenen Vorleistungspreise allein zu erwarten gewesen wäre. Einige Unternehmen scheinen den Kostenschub als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine Erhöhung ihrer Absatzpreise auch ihre Gewinnsituation zu verbessern“, sagt Ragnitz.

Landwirtschaftsunternehmen hätten zunächst wohl ihre Vorräte an Dünge- und Futtermitteln aufgebraucht, in ihrer Kalkulation aber die zu erwartenden Preissteigerungen bei Nachbestellungen bereits eingerechnet. Auf dem Bau dürften Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage zu den besonders starken Preiserhöhungen beigetragen haben. Das gelte vor allem für einige Ballungszentren.

Ragnitz ergänzte, gegen überzogene Preisanhebungen helfe nur mehr Wettbewerb. Verbraucher könnten auch billigere Produkte kaufen und so die Gewinninflation dämpfen.

Es bestehe kein Grund für staatliche Eingriffe in die Preise. Auch eine Übergewinnsteuer sei wegen ihrer verzerrenden Wirkung auf die Knappheitssignale des Marktes weder marktkonform noch sei sie rechtssicher durchzusetzen. Da es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass hinter den Preissteigerungen Absprachen der Unternehmen stehen, seien auch kartellrechtliche Maßnahmen nicht hilfreich.

Die Bekämpfung der Inflation ist vor allem eine Aufgabe der Europäischen Zentralbank. Die Regierung könne zur Senkung der Inflation beitragen, indem sie auf breit angelegte Entlastungen zugunsten aller Haushalte verzichte und politische Maßnahmen auf besonders arme Haushalte beschränke.

Quelle: ifo Institut, Pressemitteilung vom 13.12.2022

Faire Besteuerung: Kommission begrüßt Einigung über Mindestbesteuerung multinationaler Unternehmen

Die Kommission begrüßt die gestern Abend (12. Dezember 2022) vom tschechischen Vorsitz des EU-Rates angekündigte einstimmige Einigung über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie, mit der eine effektive Mindestbesteuerung großer multinationaler Konzerne gewährleistet werden soll. Mit dieser historischen Einigung kommt die EU ihrem Versprechen nach, bei der Umsetzung der Vereinbarung der OECD über eine globale Steuerreform eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Ziel dieser Vorschriften ist ein fairer, transparenter und stabiler internationaler Rahmen für die Unternehmensbesteuerung.

Die Richtlinie, die noch im schriftlichen Verfahren förmlich vom Rat angenommen werden muss, umfasst gemeinsame Vorschriften zur Berechnung des effektiven Mindeststeuersatzes von 15 %, damit dieser ordnungsgemäß und einheitlich in der gesamten EU angewandt wird. Der Mindeststeuersatz von 15 % wurde von 137 Ländern auf globaler Ebene vereinbart.

Die Vorschriften sollen für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Konzerne in der EU mit kombinierten Umsatzerlösen von mindestens 750 Mio. Euro pro Jahr gelten. Sie finden Anwendung auf alle großen inländischen und internationalen Konzerne, die mit ihrer Muttergesellschaft oder einer Tochtergesellschaft in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sind. Für den Fall, dass der effektive Mindeststeuersatz nicht von dem Land angewandt, in dem die Tochtergesellschaft ansässig ist, kann der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft gemäß den neuen Bestimmungen eine „Top-up-Steuer“ erheben. Die Richtlinie gewährleistet auch die effektive Besteuerung in Fällen, in denen die Muttergesellschaft ihren Sitz außerhalb der EU in einem Niedrigsteuerland hat, das keine gleichwertigen Vorschriften anwendet.

Die Mitgliedstaaten müssen die neuen Vorschriften bis zum 31. Dezember 2023 umsetzen.

Hintergrund

Die Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung von Unternehmen (Säule 2) ist einer der beiden Arbeitsbereiche der globalen OECD-Vereinbarung. Der andere ist die teilweise Neuzuweisung von Besteuerungsrechten (sog. Säule 1). Mit der Säule 1 soll auf internationaler Ebene geregelt werden, wie die Besteuerungsrechte an den Gewinnen der größten und rentabelsten multinationalen Unternehmen zwischen den Ländern verteilt werden, damit den sich wandelnden Geschäftsmodellen – beispielsweise der Tatsache, dass Unternehmen an einem Ort tätig sein können, ohne dort auch physisch präsent zu sein – Rechnung getragen wird.

Die Einigung über die Mindestbesteuerung von Unternehmen ist ein Triumph der Fairness, der Diplomatie und des Multilateralismus. Die Europäische Kommission hat sich kontinuierlich für diese Vereinbarung eingesetzt, und ich freue mich, dass sie nun endlich Wirklichkeit wird. Das gemeinsame europäische Interesse hat sich durchgesetzt, und ich danke dem französischen und dem tschechischen Ratsvorsitz für all ihre Bemühungen, die die Einigung möglich gemacht haben. Wir müssen uns nun darauf konzentrieren, die Beratungen über die andere Säule des globalen Übereinkommens über die Besteuerung der größten multinationalen Konzerne zum Abschluss zu bringen und diese in das Unionsrecht umzusetzen.

Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni – 13/12/2022

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 13.12.2022

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