Erhöhte Hundesteuer für Miniatur Bullterrier rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht Halle hatte zu entscheiden, ob der Miniatur Bullterrier ein gefährlicher Hund ist, mit der Folge, dass für diesen die erhöhte Hundesteuer zu zahlen ist.

Die Klägerin wird von der Beklagten zur Zahlung der Hundesteuer für ihren Mini Bullterrier unter Einstufung des Hundes als gefährlicher Hund herangezogen. Mit ihrer Klage macht sie geltend, dass es sich bei dem Miniatur Bullterrier nicht um einen gefährlichen Hund handele. Es handele sich um eine eigenständige Rasse, die nicht im Hundeverbringungs- und –einfuhrbeschränkungsgesetz aufgeführt werde.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Der kommunale Satzungsgeber könne im Rahmen des Steuerrechts für die Einschätzung als generell gefährlicher Hund auf § 3 Abs. 2 HundeG LSA Bezug nehmen, das seinerseits auf § 2 Abs. 1 des Hundeverbringungs und -einfuhrbeschränkungsgesetz Bezug nimmt. Diese Vorschrift führt die Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier und deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden auf. Danach wird der Miniatur Bullterrier, obwohl er als eine eigenständige Rasse anerkannt ist, als Unterfall des Bullterriers erfasst. Dies sei nicht verfassungswidrig. Der Landesgesetzgeber habe im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes eine eigenständige Definition der Rassezugehörigkeit vorgenommen, die sich allein nach dem äußeren Erscheinungsbild bestimme. Dies lasse es zu, auch den Miniatur Bullterrier, obwohl er einer eigenständigen Rasse angehört, aufgrund des optischen Erscheinungsbildes der Rasse der Bullterrier zuzuordnen.

Das Gericht hat die Berufung zugelassen.

Quelle: VG Halle, Pressemitteilung vom 04.02.2019 zum Urteil 4 A 144/18 vom 22.01.2019

Bund und Länder verständigen sich auf Eckpunkte für Grundsteuer-Reform

Bund und Länder haben sich auf Eckpunkte für die Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts verständigt. Durch die Neuregelung wird die Steuerlast zukünftig fair und sozial gerecht verteilt. Gleichzeitig soll die neue Grundsteuer in der Praxis umsetzbar bleiben und verfassungsfest sein. Bundesfinanzminister Scholz zeigte sich erfreut über die erfolgreichen Gespräche: „Wir haben ein Gesprächsergebnis erzielt, das eine gute Grundlage ist für die Arbeiten, die jetzt noch anstehen.“

Eckpunkte für die Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts

  1. Bei Wohngrundstücken wird zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage an die aus dem Mikrozensus des Statistisches Bundesamtes abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmieten (Mieten aus dem Mikrozensus, nach Mietstufen gestaffelt) angeknüpft. Anstelle der durchschnittlichen Nettokaltmiete wird die tatsächlich vereinbarte Nettokaltmiete angesetzt, wenn der Eigentümer dem Mieter Grundstücke oder Grundstücksteile zu einer Nettokaltmiete überlasst, die bis zu 30 Prozent unterhalb der durchschnittlichen Nettokaltmiete liegt. Überlässt der Eigentümer dem Mieter Grundstücke oder Grundstücksteile zu einer Nettokaltmiete, die über 30 Prozent unterhalb der durchschnittlichen Nettokaltmiete liegt, ist die um 30 Prozent geminderte durchschnittliche Nettokaltmiete anzusetzen.
  2. Das Baujahr ist für die Ermittlung des Grundstückswerts ein notwendiger Bewertungsparameter. Für Gebäude, die vor 1948 erbaut wurden, genügt aus Vereinfachungsgründen in der Erklärung die Angabe „Gebäude erbaut vor 1948″.
  3. Ausgangspunkt für die Bewertung von Grund- und Boden sind die Bodenrichtwerte. Die Finanzverwaltung kann ergänzende Vorgaben zur Bestimmung der Bodenrichtwertzonen (Größe) machen, § 196 Abs. 1 BauGB. Die Gutachterausschüsse können Bodenrichtwertzonen zu noch größeren Zonen (Lagen) zusammenfassen. Für Kommunen, deren mittleres Bodenwertniveau unter dem Landesdurchschnitt Wohnen liegt, kann optional das für die Kommune jeweils ermittelte „mittlere Bodenwertniveau“ als „Ortsdurchschnittswert“ angesetzt werden (De-minimis-Regelung).
  4. Soweit für gemischt genutzte Grundstücke sowie Geschäftsgrundstücke weder tatsächlich vereinbarte Mieten vorliegen noch ortsübliche Mieten ermittelt werden können, ist anstelle des Ertragswertverfahrens ein gegenüber dem geltenden Recht vereinfachtes Sachwertverfahren anzuwenden (statt über 30 Angaben sind dann nur 8 erforderlich).
  5. Die Reform wird aufkommensneutral gestaltet. Die Steuermesszahl für die Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts unter Berücksichtigung der Punkte 1 bis 4 beträgt bei konstanten Hebesätzen nach erster grober Schätzung 0,325 ‰. Die Steuermesszahl wird nach Grundstücksarten differenziert. Für die jeweiligen Grundstücksarten wird die Steuermesszahl regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst.
  6. Für die Grundsteuer A für die Land- und Forstwirtschaft wird ein Ertragswertverfahren, gemäß dem Gesetzentwurf des Bundesrats (BR-Drs. 515/16) eingeführt.
  7. Die Kommunen erhalten die Option, eine Grundsteuer C auf unbebaute baureife Grundstücke zu erheben.
  8. Es wird eine Lösung hinsichtlich der Auswirkungen für den Länderfinanzausgleich erarbeitet.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 01.02.2019

Hartz-IV: Muss Jobcenter für Homöopathie zahlen?

Das Jobcenter muss nicht mehr Medikamente als die Krankenkasse bezahlen. Für Ausnahmen gelten enge Voraussetzungen, hat nun das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) entschieden.

Zugrunde lag der Fall eines 64-jährigen Hartz-IV-Empfängers aus Bremen. Der Mann verlangte Mehrbedarfsleistungen von 150 Euro pro Monat für diverse pflanzliche und alternativmedizinische Präparate (Kytta, Quark, Retterspitz, Ingwer, Glucosamin, Zeel, Platinum-chloratum, Neurexan, Iso-C, Magnesium, Arnika, Infludoron und Dekristol). Er begründete dies damit, dass er herkömmliche Arzneimittel nicht vertrage. Da seine Krankenkasse für die Präparate nicht zahle, müsse das Jobcenter die Kosten tragen.

Das LSG hat einen Anspruch auf Mehrbedarfsleistungen abgelehnt. Grundsätzlich müsse das Jobcenter eine ausreichende medizinische Versorgung des Hilfebedürftigen sicherstellen. Die geschehe bereits durch Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge. Präparate außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen fielen in die Eigenverantwortung des Krankenversicherten und seien auch von Hartz-IV-Empfängern selbst zu zahlen. Um nicht das Tor zu einer beliebigen, mit Steuermitteln finanzierten Wunschmedizin zu öffnen, müsse für einen unabweisbaren Bedarf eine nachgewiesene medizinische Indikation festgestellt werden. Die Pauschaldiagnose einer Medikamentenunverträglichkeit reiche dafür nicht aus. Das Gericht hat sich auf ein medizinisches Gutachten gestützt, wonach der Mann entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente brauche. Für homöopathische Produkte fehle demgegenüber der Wirksamkeitsnachweis. Lebensmittel wie Quark und Ingwer seien von vornherein aus der Regelleistung zu tragen.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung vom 04.02.2019 zum Urteil L 15 AS 262/16 vom 10.01.2019

„Abgasaffäre“: Keine Ansprüche gegen Kfz-Hersteller bei Ende 2017 nach Software-Update erworbenem Fahrzeug

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat in einem am 30.01.2019 verkündeten Urteil entschieden, dass im konkreten Fall bei einem Ende 2017 erworbenen und ursprünglich von der sog. Abgasaffäre betroffenen Fahrzeug, das zum Zeitpunkt des Kaufs bereits das sog. Software-Update erhalten hatte, keine Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller bestehen

Die Klägerin hatte Ende Oktober 2017 ein Diesel-Fahrzeug bei einem unabhängigen Fahrzeughändler erworben. Das Fahrzeug hatte vor dem Kauf unstreitig ein sog. Software-Update erhalten, mit dem die Motorsteuerung im Hinblick auf die Einhaltung von Abgasgrenzwerten überarbeitet worden war. Mit der Klage verfolgte die Klägerin das Ziel, gegen Herausgabe des Fahrzeugs von dessen Hersteller den Kaufpreis abzüglich eines Ausgleichs für die von der Klägerin damit zurückgelegten Kilometer zu erhalten. Die Grundlage für solche Ansprüche sah die Klägerin in einer vermeintlichen Täuschung des Herstellers über die Funktion der Abgasreinigung des Fahrzeugs, konkret der Motorsteuerung. Das Fahrzeug weise aufgrund der Betroffenheit von der „Abgasaffäre“ einen Minderwert auf. Der Hersteller beantragte die Abweisung der Klage. Er machte u. a. geltend, im Oktober 2017 sei die Problematik um die Abgasreinigung der betroffenen Baureihen allgemein bekannt gewesen. Man habe die Öffentlichkeit hierüber bereits 2015 informiert.

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück gab nun dem Hersteller recht. Es sei nicht erkennbar, worüber die Klägerin beim Kauf im Oktober 2017 getäuscht worden sein könnte, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung. Über die Problematik der ursprünglichen Software zur Motorsteuerung in Fahrzeugen der betroffenen Baureihen habe der Hersteller die Öffentlichkeit bereits weit vor dem Oktober 2017 informiert. Die öffentliche Berichterstattung über diese gesamte Thematik könne kaum an der Klägerin vorbeigegangen sein. Darüber hinaus sei durch das vor dem Kauf erfolgte Software-Update das Fahrzeug mit einer vom Kraftfahrtbundesamt als gesetzeskonform angesehenen Software ausgestattet worden. Ob der Händler die Käuferin über die ursprüngliche Betroffenheit des Fahrzeugs von der „Abgasaffäre“ informiert habe, sei dabei unerheblich. Dessen Handeln müsse sich der Hersteller jedenfalls nicht zurechnen lassen. Einen Minderwert des Fahrzeugs habe die Klägerin nicht plausibel dargelegt.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Sie hat die Möglichkeit, das landgerichtliche Urteil mit der Berufung zum Oberlandesgericht Oldenburg anzugreifen.

LG Osnabrück, Pressemitteilung vom 01.02.2019 zum Urteil 2 O 2190/18 vom 30.01.2019 LG Osnabrück

BRAK kritisiert Gesetzentwurf: Meldepflichten bei Steuergestaltung: Bürokratieflut ohne Mehrwert

Das Bundesfinanzministerium hat am 30.01.2019 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung von Steuergestaltungen zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/822/EU vom 25. Mai 2018 in die Ressortabstimmung gebracht. Nach der EU-Richtlinie ist Deutschland verpflichtet, bis Ende 2019 eine Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen einzuführen. Über diese Regelung hinaus sieht der Referentenentwurf eine solche Meldepflicht auch für rein nationale Steuergestaltungen vor. Mit diesen neu geschaffenen Anzeigepflichten soll der Gesetzgeber in die Lage versetzt werden, bestehende Gesetzeslücken schneller durch eine Anpassung des Steuerrechtes zu schließen. Dabei, und darauf ist besonders hinzuweisen, handelt es sich um legale Steuergestaltungen, die allein aus den bestehenden Gesetzen entwickelt werden.

Nach den Vorgaben der EU-Richtlinie sollen Steuergestaltungen angezeigt werden, wenn sie bestimmte Kriterien (sog. „Hallmarks“) erfüllen. Diese Kriterien sind bewusst sehr weit gefasst und nicht durch Untergrenzen beschränkt. Erfasst sind demnach selbst alltägliche und häufig genutzte legale Gestaltungen, die zu einer steuerlichen Optimierung führen. Die Größe der individuellen Steuerlast oder des beabsichtigen steuerlichen Vorteils sind ohne Bedeutung.

Nach der Richtlinie ist vorrangig der steuerliche Berater (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt und andere, sog. „Intermediäre“) anzeigepflichtig, der die Gestaltung entwickelt, vermarktet oder hierzu berät. In Ausnahmefällen, wenn beispielsweise eine berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht besteht, kann die Meldepflicht auf den Steuerpflichtigen selbst übergehen. Die Richtlinie sieht gleichwohl stets nur einen Verantwortlichen für die Abgabe der Meldung vor.

Der nun vorliegende Gesetzentwurf spaltet die Anzeigepflicht zusätzlich auf. Der Intermediär ist stets in der Pflicht, die geplante Steuergestaltung anzuzeigen. Zusätzlich muss der Steuerpflichtige die Verwendung der Steuergestaltung anzeigen. In aller Regel müssen also zwei Meldungen für ein und denselben Sachverhalt abgegeben werden. Eine solche Aufteilung der Meldepflicht für grenzüberschreitende und nationale Beratung lehnen wir nachdrücklich ab. Sie potenziert die ohnehin zu erwartende Meldeflut und führt bei allen Beteiligten zu erheblich mehr Bürokratie. Der Referentenentwurf setzt sich nicht mit der Frage auseinander, ob die personelle Ausstattung der Verwaltung eine Bearbeitung der Meldungen überhaupt zulässt. Ein Vergleich mit zehntausenden eingehenden, nicht abschließend bearbeiteten, Geldwäschemeldungen bei der Financial Intelligence Unit (FIU) lässt begründete Zweifel aufkommen. Auch die beim Bundeszentralamt für Steuern eingehenden, aber derzeit nicht an die Bundesländer übertragbaren Daten aus dem Abkommen zum Internationalen Informationsaustausch stimmen diesbezüglich pessimistisch.

Der geplanten Einführung der Anzeigepflicht für rein nationale Gestaltungsmodelle treten wir entgegen.

Der Finanzverwaltung stehen aktuell ausreichend Instrumente zur Verfügung, um unerwünschte Gestaltungen aufzudecken. Die Regelung zur verbindlichen Auskunft des Fiskus könnte um einen Auskunftsanspruch ergänzt werden. Dies böte einen Anreiz, die Finanzverwaltung über Gestaltungen zu informieren und damit frühzeitig Rechtssicherheit auf beiden Seiten zu schaffen. Die Lösung darf nicht darin liegen, (Rechts-)Berater zum Erfüllungsgehilfen des Steuergesetzgebers zu machen. Insbesondere bei anwaltlicher Beratung muss sich der Mandant auf den Schutz des Mandatsgeheimnisses verlassen können. Dieser liefe leer, ganz gleich ob eine Meldung durch den Berater oder den Mandanten selbst erfolgen muss.

Die Umsetzung der Richtlinie muss ohne jegliche Erweiterung erfolgen.

„Die absolute Vertraulichkeit mandatsbezogener Kommunikation muss geschützt werden! Das Persönlichkeitsrecht der Mandanten und die Institution einer freien und unabhängigen Anwaltschaft dürfen nicht durch Meldepflichten ausgehöhlt werden. Wir lehnen eine Anzeigepflicht – für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gleichermaßen wie für Mandantinnen und Mandanten – daher nachdrücklich ab“, resümiert BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels.

Quelle: BRAK, Presseerklärung vom 01.02.2019

Keine Steuerpause bei der Erbschaftsteuer

Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren führen nicht zu einer Steuerpause. Auch die in der Zeit vom 1. Juli 2016 bis zum 9. November 2016 eingetretenen Erbfälle unterliegen der Erbschaftsteuer. Dies hat der 7. Senat des FG Köln mit seinem am 01. Februar 2019 veröffentlichten Urteil vom 08. November 2018 (7 K 3022/17) entschieden.

Die Klägerin erbte im August 2016 ein Netto-Kapitalvermögen von rund 65.000 Euro. Daraufhin setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer fest. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, dass für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis zum 9. November 2016 kein wirksames Erbschaftsteuergesetz bestanden habe und eine Festsetzung von Erbschaftsteuer daher nicht zulässig sei.

Dem ist der 7. Senat des Finanzgerichts Köln in seinem Urteil entgegengetreten. Die Festsetzung der Erbschaftsteuer sei rechtmäßig. Der Gesetzgeber habe mit dem am 9. November 2016 im Bundesgesetzblatt verkündeten ErbStAnpG 2016 eine umfassende und wirksame Rechtsgrundlage für die Besteuerung von Erbfällen und Schenkungen ab dem 1. Juli 2016 geschaffen. Die Neuregelungen entfalteten zwar in formeller Hinsicht eine echte Rückwirkung; diese Rückwirkung sei jedoch insbesondere unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Gesetzgebungsverfahrens zum ErbStAnpG verfassungsrechtlich zulässig.

Die Klägerin hat die zugelassene Revision beim Bundesfinanzhof in München eingelegt, die unter dem Aktenzeichen II R 1/19 geführt wird.

Zum Hintergrund

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 (1 BvL 21/12) die Fortgeltung des verfassungswidrigen Erbschaftsteuergesetzes angeordnet und den Gesetzgeber verpflichtet, bis spätestens zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu schaffen. Während des Gesetzgebungsverfahrens kam es zu Verzögerungen. Die Neuregelung wurde erst am 9. November 2016 mit Wirkung zum 1. Juli 2016 verkündet.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 01.02.2019 zum Urteil 7 K 3022/17 vom 08.11.2018 (nrkr – BFH-Az.: II R 1/19)

OVG Schleswig fordert neue Bemessungsmaßstäbe für die Erhebung von Zweitwohnungsteuern in Schleswig-Holstein

Der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts hat gestern in zweiter Instanz und nach siebenstündiger mündlicher Verhandlung den Klagen gegen die Erhebung von Zweitwohnungsteuern in zwei schleswig-holsteinischen Gemeinden stattgegeben. Die angefochtenen Steuerbescheide seien rechtswidrig, weil der von den Gemeinden zur Anwendung gebrachte Steuermaßstab gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.

Wie viele andere Gemeinden des Landes haben auch die Gemeinden Friedrichskoog (Amt Marne-Nordsee) und Timmendorfer Strand durch Satzung bestimmt, dass sich die Zweitwohnungsteuer nach der sog. „Jahresrohmiete“ bemisst. Diese wiederum ist laut Bewertungsgesetz anhand eines Mietspiegels aus dem Jahr 1967 auf den Zeitpunkt 1. Januar 1964 festzustellen und sodann anhand von Preisindizes für die Lebenshaltung hochzurechnen. Der 2. Senat ist zu der Auffassung gelangt, dass dieser Steuermaßstab zu einer ungerechtfertigten Gleichbehandlung führe, weil Zweitwohnungen trotz erheblicher Unterschiede im aktuellen Mietwert gleich hoch besteuert würden. In Anlehnung an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 zur Grundsteuer (Az. 1 BvL 11/14 u. a.) gelte auch für die Bemessung der Zweitwohnungsteuer, dass ein zum 1. Januar 1964 einheitlich festgestellter Mietwert die seitdem in über 50 Jahren erfolgte differenzierte Entwicklung wertbildender Merkmale von Immobilien (wie z. B. Ausstattung und Lage) nicht ausreichend berücksichtige und damit innerhalb desselben Satzungsgebietes zu einer „fortschreitenden Erweiterung und Vertiefung der Wertverzerrung“ führe.

Die betroffenen Gemeinden sind nunmehr gehalten, ihre Satzung über die Erhebung von Zweitwohnungssteuern jeweils zu ändern. Dem Einwand der beiden beklagten Kommunen, dass die beanstandeten Vorschriften ihrer Satzung bis zu einer Neuregelung fortgelten können sollten, wie dies vom Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Grundsteuer für die Vorschriften des Bewertungsgesetzes vorgesehen worden sei, ist der Senat nicht gefolgt. Dafür bestehe keine Bedürfnis. Die Gemeinden könnten ihre Satzungen rückwirkend ändern und die Zweitwohnungsteuer auf neuer Satzungsgrundlage auch für zurückliegende Jahre erneut erheben, solange die Steuerschuldner dadurch nicht schlechter gestellt würden. Als alternativer Steuermaßstab komme in Betracht, den bisher maßgeblichen Mietwert durch Berücksichtigung von Baujahr und Lage der Immobilien zu modifizieren, eine Schätzung aufgrund von aktuellen Vergleichsmieten im jeweiligen Satzungsgebiet vorzunehmen oder die Zweitwohnungsteuer vom Verkehrswert abzuleiten.

Mit der Zweitwohnungsteuer wird eine Einkommensverwendung besteuert, die über die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und ihren konkreten Ausdruck darin findet, dass jemand neben seiner Hauptwohnung eine weitere Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung nutzt bzw. für diese Zwecke vorhält.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen; die schriftlichen Urteilsgründe stehen noch aus (Az. 2 LB 90/18 und 2 LB 92/18).

Quelle: OVG Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 31.01.2019 zu den Urteilen 2 LB 90/18 und 2 LB 92/18 vom 30.01.2019

Kündigung von Bausparverträgen durch Bausparkasse kein Fall für Verbraucherzentrale

Klage der Verbraucherzentrale unzulässig

Der für Wettbewerbsrecht zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat mit Urteil vom 18.01.2019 eine Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen die Aachener Bausparkasse als unzulässig abgewiesen. Gegenstand des Verfahrens waren Schreiben, in denen die Bausparkasse ihre Sparer mit alten, hochverzinsten Verträgen aufforderte, in einen weniger günstigen Tarif zu wechseln. Anderenfalls könne sie wegen der nach Vertragsschluss eingetretenen Veränderung der finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen – gesunkene Marktzinsen – aus wichtigem Grund kündigen. Da der Bausparer dem Wechsel nicht zustimmte, kündigte die Bausparkasse im Anschluss den Vertrag. Die Verbraucherzentrale war der Auffassung, dass dieses Vorgehen wettbewerbsrechtlich unzulässig sei. Sie wollte der Bausparkasse daher generell verbieten, ihre Sparer auf diese Weise anzuschreiben und Kündigungen auszusprechen.

Bereits das Landgericht Aachen hatte die Klage – allerdings als unbegründet – abgewiesen. Auch vor dem Oberlandesgericht Köln hatte die Verbraucherzentrale keinen Erfolg. Der 6. Zivilsenat entschied, dass die Klage bereits unzulässig sei. Im wettbewerbsrechtlichen Verfahren zwischen der Verbraucherzentrale und der Bausparkasse sei nicht die rechtlich umstrittene Frage zu klären, ob die Bausparkasse Altverträge wegen des veränderten Zinsniveaus aus wichtigem Grund kündigen könne. Mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts dürfe der Bausparkasse nicht verboten werden, Vertragskündigungen aus wichtigem Grund auszusprechen. Würde der Bausparkasse untersagt, ihre Rechtsauffassung zu vertreten, wonach Kündigungen zulässig seien, würde damit auf den Ablauf etwaiger Rechtsstreite um die Wirksamkeit der Kündigungen eingewirkt. Auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens dürfe aber nicht dadurch Einfluss genommen und seinem Ergebnis vorgegriffen werden, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt werde. Ob die Ansicht der Bausparkasse richtig ist, sei allein in etwaigen Rechtsstreiten um die Wirksamkeit einer solchen Kündigung zu klären.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle: OLG Köln, Pressemitteilung vom 30.01.2019 zum Urteil 6 U 74/18 vom 18.01.2019

Anspruch auf Mindestlohn bei einem Praktikum – Unterbrechung des Praktikums

Praktikanten haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten und es eine Dauer von drei Monaten nicht übersteigt. Das Praktikum kann jedenfalls aus Gründen in der Person des Praktikanten/der Praktikantin rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird.

Die Klägerin vereinbarte mit der Beklagten, die eine Reitanlage betreibt, ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin. Das Praktikum begann am 6. Oktober 2015. Die Klägerin putzte und sattelte die Pferde, stellte sie auf ein Laufband, brachte sie zur Weide und holte sie wieder ab, fütterte sie und half bei der Stallarbeit. In der Zeit vom 3. bis 6. November 2015 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Ab dem 20. Dezember 2015 trat sie in Absprache mit der Beklagten über die Weihnachtsfeiertage einen Familienurlaub an. Während des Urlaubs verständigten sich die Parteien darauf, dass die Klägerin erst am 12. Januar 2016 in das Praktikum bei der Beklagten zurückkehrt, um in der Zwischenzeit auf anderen Pferdehöfen „Schnuppertage“ verbringen zu können. Das Praktikum bei der Beklagten endete am 25. Januar 2016. Die Beklagte zahlte der Klägerin während des Praktikums keine Vergütung.

Die Klägerin hat von der Beklagten für die Zeit ihres Praktikums Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in einer Gesamthöhe von 5.491,00 Euro brutto gefordert. Sie hat vorgetragen, die gesetzlich festgelegte Höchstdauer eines Orientierungspraktikums von drei Monaten sei überschritten. Daher sei ihre Tätigkeit mit dem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zu vergüten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Ein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn besteht nicht, weil das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten hat. Unterbrechungen des Praktikums innerhalb dieses Rahmens sind möglich, wenn der Praktikant/die Praktikantin hierfür persönliche Gründe hat und die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhängen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Praktikum wurde wegen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sowie auf eigenen Wunsch der Klägerin für nur wenige Tage unterbrochen und im Anschluss an die Unterbrechungen jeweils unverändert fortgesetzt. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf angemessene Vergütung nach dem Berufsbildungsgesetz hatte aus prozessualen Gründen keinen Erfolg.

Quelle: BAG, Pressemitteilung vom 30.01.2019 zum Urteil 5 AZR 556/17 vom 30.01.2019

Trends bei Betriebsprüfungen

Die Erfahrungen der jüngsten Betriebsprüfungen innerhalb der Ecovis-Gruppe zeigen: Die prüfenden Finanzämter lassen sich einiges einfallen, um an zusätzliche Steuereinnahmen zu kommen. Eine klare Aussage dazu, was bei Betriebsprüfungen genauer unter die Lupe genommen wird, lässt sich nur schwer treffen. Neben den individuellen betrieblichen Abläufen werden die Prüfungsschwerpunkte massiv durch die Prüfer beeinflusst. Auch die einzelnen prüfenden Finanzämter bilden individuelle Schwerpunkte. Bei einer Gesamtbetrachtung sind jedoch deutschlandweit einige klare Trends festzustellen.

 

Zu den traditionellen Prüfungsschwerpunkten zählt nach wie vor die Umsatzsteuer. Hier stehen die steuerfreien oder nicht steuerbaren Umsätze ganz klar im Fokus. Schnellere und umfangreichere Meldungen zwischen den Finanzbehörden der einzelnen Mitgliedsstaaten der EU ermöglichen dabei vermehrt Abgleich- und Kontrollmöglichkeiten.

„Unsere jüngsten Erfahrungen im Prüffeld der Umsatzsteuer zeigen, dass die umsatzsteuerliche Organschaft künftig mehr geprüft werden wird“, sagt Jeannette Olivie, Steuerberaterin bei Ecovis in Berlin. Nachdem der Bundesfinanzhof feststellte, dass Personengesellschaften nicht nur als Organträger in Betracht kommen, sondern auch Organgesellschaften sein können, wird auch hierin ein Schwerpunkt liegen. Noch kann man sich auf eine Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2018 berufen. Danach ist auf diesem Gebiet aber mit einem Anstieg an Beanstandungen zu rechnen“, erklärt Olivie.

Da das Reverse-Charge-Verfahren in immer mehr Unternehmen eine Rolle spielt und die Finanzbehörden hier schnell Mehrergebnisse erzielen können, zählt dieses bereits zu den Klassikern. Treu bleibt sich die Finanzverwaltung auch bei Gewinnverlagerungen. Die Prüfung von Rückstellungen, Teilwertabschreibungen und Zuaktivierungen führt meist nur zu Gewinnverschiebungen, die aber für die Prüfer häufig Mehrergebnisse für den Prüfungszeitraum bedeuten. „Diese Prüfungsklassiker werden daher so schnell nicht eingestellt“, meint Olivie.

Auslandssachverhalte im Trend

Auslandssachverhalte erfreuen sich bei Prüfern immer größerer Beliebtheit. Ab einem gewissen Umfang der Auslandsaktivitäten war das zwar schon immer ein Prüfungsschwerpunkt und spezialisierten Fachprüfern vorbehalten. Das ändert sich aber gerade. Zum einen wird hierfür mehr Personal eingestellt. Zum anderen werden mehr Prüfungshandlungen ohne spezifische Fachprüfer durchgeführt. Dazu kommen auch hier die bessere Kommunikation und der Datenabgleich zwischen den Behörden der beteiligten Länder. Zudem machen sich die strengeren Regelungen zur Dokumentation der Verrechnungspreise und zu den Meldeerfordernissen bemerkbar.

Informations- und Erfahrungsaustausch steigt

Bei der Datenanalyse handelt es sich noch nicht um ein Massenphänomen. Aber klar ist: Die Zahl der Feststellungen auf diesem Gebiet und die Qualität nehmen zu. Diese Entwicklungen werden auch durch einen besseren Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Länderfinanzbehörden beschleunigt. „Bei Datenanalysen ist zudem zu erkennen, dass sich die Prüfer meist nicht mehr mit den Daten der Finanzbuchhaltung zufriedengeben. Die Zahl der Fälle, in denen der Datenzugriff durch den Prüfer auf Vorsysteme wie Warenwirtschaft, ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) oder Lagerhaltung verlangt wird, steigt ebenfalls“, sagt Steuerexpertin Olivie, „und auch wenn es hier noch regional erhebliche Unterschiede gibt, kann man nicht von einer Eintagsfliege sprechen.“ Noch sind die meisten Prüfer mit der Vielzahl der unterschiedlich eingesetzten Systeme nicht vertraut. Die stetige Zunahme der modernen Techniken bei kleinen und mittleren Unternehmen lässt nicht auf eine Umkehr dieses Prozesses bei Großbetrieben hoffen.

Erbschaftsteuer im Fokus

Noch vor Jahren war es fast undenkbar, dass sich ein Betriebsprüfer mit dem Thema Erbschaftsteuer und Unternehmensbewertung beschäftigt hätte. Die steigende Zahl an Unternehmensnachfolgen, die komplexeren Bewertungsregelungen, die Quoten zum schädlichen Verwaltungsvermögen und die Überwachung von Haltefristen und Ausgangssummen schlagen sich mittlerweile auch in laufenden Prüfungen nieder. Die Finanzverwaltung hat für erbschaftsteuerliche Sachverhalte sogar Experten ausgebildet, die entweder selbst prüfen oder ihre Kollegen vor Ort unterstützen. „Ein weiterer Trend, den unsere internen Auswertungen ergeben haben, zeigt, dass bei der Gewerbesteuerzerlegung die Zahl der Beanstandungen zunimmt. Die Prüfer versuchen vermehrt, Gewinne in Gemeinden mit höheren Hebesätzen zu verlagern“, sagt Jeannette Olivie.

Was die prüfenden Finanzämter gern unter die Lupe nehmen

  • Umsatzsteuer: steuerfreie und nicht steuerbare Umsätze, Organschaften
  • Reverse-Charge-Verfahren
  • Gewinnverlagerung: Prüfung von Rückstellungen, Teilwertabschreibungen und Zuaktivierungen
  • Auslandssachverhalte
  • Finanzbuchhaltung mit Zugriff auf vorgelagerte Systeme wie Warenwirtschaft oder Lagerhaltung
  • Haltefristen, schädliches Verwaltungsvermögen oder Bewertungen sind Prüfungsgegenstand bei Unternehmensnachfolgen oder Erbschaften

(Presseinformation der Ecovis AG Steuerberatungsgesellschaft vom 14.01.2019)

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin