Kindesunterhalt: Neue Unterhaltsleitlinien des OLG Köln ab 01.01.2019

Die Familiensenate des Oberlandesgerichts Köln haben ihre neuen Unterhaltsleitlinien bekannt gegeben.

Die wichtigsten Änderungen betreffen die vom Oberlandesgericht Düsseldorf bereits veröffentlichte Aktualisierung der Düsseldorfer Tabelle zum Kindesunterhalt (vgl. Anhänge I. und II. der Leitlinien). Der Mindestunterhalt für Kinder der ersten Altersstufe ist von 348 Euro auf 354 Euro, für Kinder der 2. Altersstufe von 399 Euro auf 406 Euro und der dritten Altersstufe von 467 Euro auf 476 Euro angehoben worden. Dies führt zu einer Änderung der Bedarfssätze auch in den höheren Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle. Die Bedarfssätze für volljährige Kinder der vierten Altersstufe bleiben hingegen unverändert; hier beträgt der Mindestsatz weiterhin 527 Euro.

Auf den Bedarf eines Kindes ist das Kindergeld anzurechnen, und zwar bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte, bei volljährigen Kindern in vollem Umfang. Ab dem 1. Juli 2019 erhöht sich das Kindergeld für ein erstes und zweites Kind von derzeit 194 Euro auf 204 Euro, für ein drittes Kind von derzeit 200 Euro auf 210 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind von derzeit 225 Euro auf 235 Euro. Die Zahlbeträge bis zum 30. Juni 2019 ergeben sich aus der Zahlbetragstabelle II.1. und diejenigen ab dem 1. Juli 2019 aus der Zahlbetragstabelle II.2.

Weitere Änderungen in den Kölner Unterhaltsleitlinien finden sich in Ziffern 2.8 (Pflegegeld), 18 (Ansprüche nach § 1615l BGB) und 21.5 (Anpassung des Selbstbehalts).

Die Unterhaltsleitlinien sind von den Familiensenaten des Oberlandesgerichts Köln erarbeitet worden, um Anwendungshilfen für häufig wiederkehrende unterhaltsrechtliche Fallgestaltungen zu geben und in praktisch bedeutsamen Unterhaltsfragen eine möglichst einheitliche Rechtsprechung im gesamten Gerichtsbezirk zu erzielen. Die Leitlinien können die Familienrichter allerdings nicht binden. Sie sollen die angemessene Lösung des Einzelfalls – dies gilt auch für die „Tabellensätze“ – nicht antasten.

Quelle: OLG Köln, Pressemitteilung vom 27.12.2018

Gesetzliche Änderungen zum Jahreswechsel 2019

Der Mindestlohn steigt. Beim Beitragssatz der Krankenversicherung zahlen Beschäftigte und Arbeitgeber wieder den gleichen Anteil. Es gibt mehr Pflegestellen und Erleichterungen für pflegende Angehörige. Mieter werden besser vor zu starken Mieterhöhungen nach Modernisierung geschützt. Das und mehr ändert sich im Jahr 2019 – ein Überblick.

1. Arbeit und Soziales

Mindestlohn steigt

Der gesetzliche Mindestlohn steigt in zwei Schritten: Ab Januar 2019 beträgt er 9,19 Euro pro Stunde und 9,35 Euro ab 2020. Vor allem Beschäftigte im Osten Deutschlands und Frauen profitieren von den Erhöhungen. Sie arbeiten besonders häufig im Niedriglohnbereich.

Brückenteilzeit: Arbeitszeit passend zum Leben

Arbeitszeit die zum Leben passt – das ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Ab 1. Januar können Beschäftigte befristet in Teilzeit arbeiten und danach wieder zur vorherigen Arbeitszeit zurückkehren. Die Neuregelung gilt auch für Beschäftigte, die bisher unbefristet in Teilzeit arbeiten und ihre Arbeitszeit aufstocken wollen.

Qualifizieren für den digitalen Wandel

Mit dem Qualifizierungschancengesetz werden alle Beschäftigten unterstützt, sich weiterzubilden und so auf den zunehmend digitalisierten Arbeitsmarkt vorzubereiten. Arbeitgeber können Lohnkostenzuschüsse erhalten, wenn sie Beschäftigte zur Weiterbildung freistellen.

Zudem sinkt der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung auf 2,5 Prozent.

Bessere Chancen für Langzeitarbeitslose

Intensive Betreuung, individuelle Beratung und wirksame Förderung: Mit diesen Mitteln hilft die Bundesregierung Langzeitarbeitslosen, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Arbeitgeber, die Langzeitarbeitslose sozialversichert beschäftigen, können Lohnkostenzuschüsse erhalten.

Regelsätze erhöht

Die Regelsätze in der Sozialhilfe und beim Arbeitslosengeld II steigen. Ab 1. Januar erhalten Alleinlebende 424 Euro – acht Euro mehr als bisher. Die Regelsätze für Kinder und Jugendliche erhöhen sich ebenfalls. Damit wird ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet.

Rente sicher und gerecht – für alle Generationen

Mit dem Rentenpaket bleiben Rentenniveau und Beiträge stabil. So profitieren auch künftig alle Generationen von einer verlässlichen und soliden Alterssicherung. Das Paket sieht zudem Verbesserungen bei Mütter- und Erwerbsminderungsrente vor und entlastet Geringverdiener bei den Sozialbeiträgen.

Beitragsbemessungsgrenzen steigen

Ab Januar 2019 steigen die Beitragsbemessungsgrenzen für die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung. Die Rechengrößen werden damit wie in jedem Jahr an die Entwicklung der Löhne und Gehälter angepasst. Das ist notwendig, um die soziale Absicherung stabil zu halten.

2. Gesundheit

Gesetzliche Krankenversicherung: finanzielle Entlastung und einfacherer Zugang

Arbeitgeber und Beschäftigte zahlen ab 1. Januar 2019 die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wieder zu gleichen Teilen. Das gilt nicht nur – wie bisher – für den allgemeinen Beitragssatz. Dies gilt auch für den individuellen Zusatzbeitrag, den jede Krankenkasse selbst bestimmt.

Selbstständige, die wenig verdienen, müssen zudem weniger für ihre Krankenversicherung zahlen: Der Mindestbeitrag zur Krankenkasse und zur sozialen Pflegeversicherung sinkt für sie um mehr als die Hälfte.

Ehemalige Soldatinnen und Soldaten auf Zeit erhalten ein Beitrittsrecht zur freiwilligen Versicherung in der GKV. Zudem gibt es nach dem Ende ihrer Dienstzeit einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen als Ersatz für die bisherige Beihilfe.

Pflegekräfte spürbar entlasten

Ab dem 1. Januar 2019 kann mehr Pflegepersonal eingestellt werden, denn die Krankenkassen finanzieren zusätzliche 13.000 Pflegestellen in der Altenpflege und jede zusätzliche Pflegestelle im Krankenhaus. Zudem können bessere Arbeitsbedingungen durch Digitalisierung, betriebliche Gesundheitsförderung und bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen werden, da Einrichtungen hierbei finanziell unterstützt werden.

Pflege zuhause erleichtern

Für pflegende Angehörige wird es leichter, medizinische Rehabilitationsleistungen in Anspruch zu nehmen. Die pflegebedürftige Person kann gleichzeitig in der Reha-Einrichtung betreut werden. Andernfalls müssen Kranken- und Pflegekasse die Betreuung organisieren.

Für Pflegebedürftige ab Pflegegrad 3 und Menschen mit Behinderungen werden Taxifahrten zu einer ambulanten Behandlung einfacher. Sie gelten mit der ärztlichen Verordnung als genehmigt.

Personaluntergrenzen in pflegeintensiven Bereichen

In vier pflegesensitiven Krankenhausbereichen gelten ab dem 1. Januar 2019 Pflegepersonaluntergrenzen: Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie, Unfallchirurgie.

Gute Pflege stabil finanzieren

Zum 1. Januar 2019 steigt der Beitrag zur Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte. Damit lässt sich sicherstellen, dass alle Mehrausgaben in der Pflegeversicherung solide finanziert werden können – sowohl bereits beschlossene Leistungsausweitungen als auch künftige Vorhaben.

3. Verbraucherschutz

Mehr Rechte für Mieter

Die Mietpreisbremse soll zum 1. Januar 2019 transparenter und wirksamer werden. Vermieter müssen Auskunft geben, wenn sie eine deutlich höhere als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Mieter werden besser vor zu starken Mieterhöhungen nach Modernisierung geschützt.

Es wird einfacher, zu viel gezahlte Miete vom Vermieter zurückzufordern. Künftig genügt eine einfache Rüge – etwa der Satz „Ich rüge die Höhe der Miete“.

Versicherungen: Transparenz durch Pflicht-Infoblatt

Beim Abschluss einer Haftpflicht-, Hausrat- oder Berufsunfähigkeitsversicherung ist ab 1. Januar ein neues Informationsblatt Pflicht.

Versicherungsunternehmen müssen Kunden darin rechtzeitig vorm Unterschreiben auf maximal drei Seiten informieren: über die Art der Versicherung, den Umfang der gedeckten Risiken, Prämien und deren Zahlungsweise sowie über Ausschlüsse. Auch sind Laufzeit sowie Anfangs- und Enddatum des Vertrags anzugeben und die Pflichten des Kunden aufzuführen, um Schäden vom Versicherer erstattet zu bekommen.

Paketversand EU-weit transparenter und preisgünstiger

Hohe und unterschiedliche Lieferpreise bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen sind bisher eines der Haupthindernisse für Online-Shopper und -Einzelhändler. Verbraucher und Online-Einzelhändler haben ab dem 1. Januar 2019 die Möglichkeit, auf einer speziellen Webseite Preise zu überprüfen und nach den besten Angeboten zu suchen. Kurierdienste müssen Kunden klare Informationen über Lieferpreise und -konditionen geben. Die nationalen Postbehörden werden Daten von Versandunternehmen sammeln, um den Markt zu überwachen und unangemessen hohe Tarife zu bewerten.

Quecksilber lose bei Zahnmedizin verboten

Ab dem 1. Januar 2019 darf Dentalamalgam nur noch in verkapselter Form verwendet werden. Die Verwendung von Quecksilber in loser Form durch Zahnärzte ist verboten.

4. Energie

Ökostrom-Umlage sinkt 2019

Ab dem 1. Januar 2019 beträgt die Umlage für Ökostrom, die sogenannte „EEG-Umlage“ nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 6,405 ct/kWh (Cent pro Kilowattstunde). Die Umlage ist Teil des Strompreises und fördert Anlagen, die Strom aus Wind, Wasser und Sonne produzieren. Berechnet wird sie als Differenz zwischen dem Preis, den Erzeuger für ihren Strom bekommen, und den garantierten Abnahmepreisen für Ökostrom. Je billiger der Strom für die Energiekonzerne ist, desto höher die Umlage – und umgekehrt. Verbraucher zahlen die EEG-Umlage über die Stromrechnung.

5. Steuern und Finanzen

Kinderfreibetrag, Kindergeld und Grundfreibetrag steigen

Das Kindergeld steigt zum 1. Juli 2019 auf 204 Euro. Bereits zum 1. Januar 2019 wird der steuerliche Kinderfreibetrag auf 7.620 Euro erhöht und zum 1. Januar 2020 auf 7.812 Euro. Auch der Grundfreibetrag für Erwachsene wird höher. Familien werden damit um rund zehn Milliarden Euro jährlich entlastet.

6. Umwelt

Mehr Recycling, weniger Abfall

220,5 Kilogramm Verpackungsmüll ist 2016 pro Person angefallen. Damit liegt Deutschland deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 167,3 Kilo. Mit dem neuen Verpackungsgesetz wird die Recyclingquote deutlich erhöht, vor allem für Kunststoff, Glas, Eisen, Aluminium, Papier, Getränkekartons und Verbundverpackungen. Erstmals werden finanzielle Anreize für ökologische Verpackungen gesetzt. Der Wettbewerb wird fairer, weil auch der Online-Handel sich zukünftig finanziell am Entsorgungssystem beteiligen muss. Ein neues bundesweites Verpackungsregister gibt jedermann die Möglichkeit, sich online zu informieren. Mehrweg und Einweg wird zukünftig am Supermarktregal kenntlich gemacht und erleichtert so Verbrauchern ihre Wahl.

7. Landwirtschaft

Änderung des Tierschutzgesetzes

Ferkel sollen noch bis Ende 2020 betäubungslos kastriert werden können. Dies ist notwendig, weil derzeitige Alternativen zur betäubungslosen Kastration den Praxisanforderungen nicht ausreichend genügen. Die kommenden zwei Jahre sollen genutzt werden, um die Umstellung auf praxistaugliche Alternativen zu ermöglichen. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist die kürzlich erfolgte Zulassung für das Tierarzneimittels Isofluran.

8. Asylrecht

Pflicht zur Mitwirkung

Künftig sind Schutzberechtigte verpflichtet, bei Widerrufs- und Rücknahmeverfahren in Asylsachen mitzuwirken. Nach drei Jahren müssen die im Asylverfahren getroffenen Entscheidungen überprüft werden. Das entsprechende Gesetz ist am 12. Dezember 2018 in Kraft getreten.

9. Verkehr

Lkw-Maut: Höhere Mautsätze ab Januar 2019

Zum 1. Januar 2019 steigen die Mautsätze für Lkw auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen. Dies geht aus dem aktuellen Wegekostengutachten hervor, das Grundlage des 5. Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes ist.

Quelle: BMWi, Pressemitteilung vom 27.12.2018

Risiko Generationswechsel – Ausführungsregelungen der Erbschaftsteuer fehlen immer noch

Weihnachten ist nicht nur eine Zeit schöner Überraschungen. Für viele Familienbetriebe ist es auch eine Zeit großer Herausforderungen, weil zum Jahreswechsel die Unternehmensübergabe ansteht. Wie der Stabwechsel steuerlich behandelt wird, ist leider auch Ende 2018 nicht klar. Mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten des neuen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes fehlen weiterhin die Richtlinien mit den notwendigen Ausführungsregelungen. Damit besteht noch immer keine Rechtssicherheit für eigentümer- und familiengeführte Unternehmen sowie ihre Nachfolger. Die Probleme, die tatsächliche Erbschaft- oder Schenkungsteuerlast zu ermitteln, sind deshalb groß.

Die positiven Punkte der Neuregelung drohen zu verpuffen

Immerhin hat das neue Gesetz die Grundlage der Erbschaft- und Schenkungsteuer – nämlich die Bewertung von Unternehmen – realistischer gestaltet. Bei dem häufig angewendeten „Vereinfachten Ertragswertverfahren“ wurde der entscheidende Multiplikator des durchschnittlichen Jahresertrags von knapp 18 auf 13,75 gesenkt. Das führt die der Besteuerung zugrundeliegenden Unternehmenswerte zumindest etwas näher an die Praxis heran.

Andere positive Aspekte der Neuregelung verpuffen allerdings. Das gilt beispielsweise für die Berücksichtigung der für Familienunternehmen typischen Verfügungsbeschränkungen. Sind etwa die Entnahme von Gewinnen und die Abfindungen beim Ausscheiden eines Gesellschafters vertraglich begrenzt, kann ein Abschlag von bis zu 30 Prozent auf den Wert des begünstigten Betriebsvermögens vorgenommen werden. Das Problem: Der Gesetzestext für die maximal mögliche Gewinnentnahme wurde nicht präzise ausformuliert und ist deshalb in der Praxis kaum anwendbar. Unklar bleibt deshalb, wie der „steuerrechtliche Gewinn“ zu bestimmen ist. Die meisten Gesellschaftsverträge beziehen sich selbst nicht auf diese Abgrenzung, sondern naheliegenderweise auf den handelsrechtlichen Gewinn.

Richtlinie der Verwaltung muss Klarheit schaffen

Zu solchen Fragen müssen die Ausführungsregelungen der Finanzverwaltung endlich Rechtssicherheit schaffen. Beispielsweise ist auch noch offen, wie Umschichtungen in verbundenen Unternehmen zu behandeln sind. Bei Unternehmensverbünden müssen für die Bewertung sog. Verbundvermögensaufstellungen erstellt werden. Unklar ist hier, wie diese konkret aussehen sollen, beziehungsweise auf welcher Basis sie erstellt werden können. Ein weiteres Problem: Manche Nachfolger werden gezwungen sein, einen Teil des Vermögens zu veräußern, um die nach der Neuregelung anfallende Erbschaftsteuer zahlen zu können. Bei Veräußerungen fallen aber Ertragsteuern an. Werden diese Belastungen bei der Festsetzung der zu zahlenden Erbschaftsteuer berücksichtigt? So gibt es noch viele unbeantwortete Fragen, die die Freude über die Übernahme eines Unternehmens trüben können.

Unternehmen in Zukunft steuerlich entlasten

Unter dem Strich muss damit gerechnet werden, dass Nachfolger durch die Neuregelungen insgesamt auf jeden Fall steuerlich stärker belastet werden. Familienunternehmen sind aber der Markenkern des erfolgreichen Wirtschaftsstandortes Deutschland. Gerade sie haben in schwierigen Zeiten alle Kräfte mobilisiert und an Standort samt Mitarbeitern festgehalten.

Aktuell stehen Wirtschaft und Gesellschaft weiter vor großen Herausforderungen. Die fortschreitende Globalisierung, die Digitalisierung von Unternehmen und Verwaltung sowie die Integration von Flüchtlingen gehören dazu. Um dies zu meistern, sind aber dauerhaft gute wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen notwendig. Dazu gehört ein Steuersystem, das die hiesigen Betriebe auch im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligt. Deshalb sollten Steuerentlastungen und Steuerreformen für Unternehmen ganz oben auf der wirtschaftspolitischen Agenda stehen.

Quelle: DIHK, Mitteilung vom 20.12.2018

Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften

Mit dem Gesetz sollen die noch in diesem Jahr fachlich gebotenen und zwingend notwendigen Rechtsänderungen im Steuerrecht erfolgen. Hierzu gehören notwendige Anpassungen an EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie die Umsetzung von Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs. Außerdem enthält das Gesetz Folgeänderungen und Anpassungen aufgrund von vorangegangenen Gesetzesänderungen und setzt weiteren kurzfristigen fachlichen und redaktionellen Änderungsbedarf um.

Hervorzuheben sind folgende Regelungen:

  • Verhinderung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren auf elektronischen Marktplätzen im Internet (§§ 22f und 25e – neu – UStG)
  • Verfassungskonforme Regelung des Verlustabzugs bei Kapitalgesellschaften (Anwendung des § 8c Abs. 1 Satz KStG gemäß § 34 Abs. 6 KStG)
  • Folgeänderungen zum Investmentsteuerreformgesetz 2018, z. B. Teilfreistellung nach InvStG und Organschaft (§ 15 KStG)

Der Gesetzentwurf wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens von „Jahressteuergesetz 2018“ in „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ umbenannt.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 14.12.2018

Das Gesetz zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (FamEntlastG)

Familien halten unsere Gesellschaft zusammen. Familien zu stärken und zu entlasten, ist deshalb ein wichtiges Ziel. Eltern sind wegen des Unterhalts, der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder nicht im gleichen Maße finanziell leistungsfähig wie kinderlose Menschen. Deshalb müssen Familienleistungen bei der Bemessung der Einkommensteuer angemessen berücksichtigt werden. Bei einer angemessenen und gerechten Besteuerung ist auch das mit steigenden Preisen verbundene höhere Existenzminimum der steuerpflichtigen Menschen und ihrer Kinder zu berücksichtigen sowie die Wirkung der kalten Progression. Anderenfalls würde es allein durch die allgemeine Inflation zu einer höheren individuellen Besteuerung kommen.

Im steuerlichen Familienleistungsausgleich sorgen Kinderfreibeträge und Kindergeld für eine angemessene Besteuerung von Familien. Um Familien zu stärken und zu entlasten, wird das Kindergeld pro Kind ab 1. Juli 2019 um 10 Euro pro Monat erhöht. Zudem steigt der steuerliche Kinderfreibetrag entsprechend. Zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums der steuerpflichtigen Bürgerinnen und Bürger und zum Ausgleich der kalten Progression werden außerdem der Grundfreibetrag angehoben und die Eckwerte des Einkommensteuertarifs für die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020 nach rechts verschoben.

Das Gesetz zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Familienentlastungsgesetz – FamEntlastG) setzt entsprechende Vereinbarungen des Koalitionsvertrags um.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 06.12.2018

Anspruch auf Zusatzversorgung der technischen Intelligenz

Für einen Anspruch auf Zusatzversorgung der technischen Intelligenz müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss der Ingenieur oder Techniker am 30.06.1990 einer ingenieur-technischen Beschäftigung nachgegangen sein.

Der Kläger hatte eine Hochschulausbildung in Informationselektronik erfolgreich abgeschlossen und war ab 1973 tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kombinat VEB Keramische Werke, das später zum Kombinat VEB Elektronische Bauelemente gehörte. Ab 1979 war der Kläger dort als Abteilungsleiter tätig, kurzzeitig auch als Hauptabteilungsleiter. 1990 erfolgte zunächst die Ausgliederung einer eigenständigen GmbH, im Anschluss daran die Umwandlung des verbliebenen VEB in zwei weitere Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eingetragen ins amtliche Register am 27.06. bzw. 03.07.1990. Am 19.09.1990 wurde der VEB aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft mit Wirkung zum 03.07.1990 von Amts wegen gelöscht, Rechtsnachfolger wurden die beiden GmbHen. Mit Aufhebungsvertrag vom November 1990 wurde das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet mit der GmbH, die bereits am 27.06.1990 eingetragen worden war. Die Beklagte lehnte die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ab. Die VEB sei schon vor dem 01.07.1990 privatisiert gewesen. Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Bundessozialgericht hat das Urteil des LSG aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das LSG zurückverwiesen.

Das Bayerische LSG hat nun in seinem Urteil vom 12.12.2018 der Berufung stattgegeben und zugunsten des Klägers entschieden.

Bei der ursprünglich rechtswidrigen Spaltung des VEB in mehrere Kapitalgesellschaften bestanden zum Stichtag 30.06.1990 mehrere Rechtssubjekte, da jedenfalls eine der neuen Kapitalgesellschaften bis dahin in das amtliche Register eingetragen und dadurch der Entstehungsmangel geheilt war.

Da am 30.06.1990 sowohl ein volkseigener Betrieb als auch eine privatrechtliche Kapitalgesellschaft bestanden, ist für den Anspruch auf Zusatzversorgung der technischen Intelligenz entscheidend, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers beim VEB am Stichtag gemäß dem Arbeitsrecht der DDR aufgelöst war. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand aber zum maßgeblichen Zeitpunkt fort.

Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle: LSG Bayern, Pressemitteilung vom 21.12.2018 zum Urteil L 1 RS 3/13 vom 12.12.2018

Gibraltar muss Steuernachzahlungen von illegal begünstigten multinationalen Unternehmen eintreiben

Die Europäische Kommission ist nach einer eingehenden Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Körperschaftsteuerbefreiung für Zinsen und Tantiemen in Gibraltar sowie fünf Steuervorbescheide einen Verstoß gegen die EU-Beihilfevorschriften darstellen. Die Begünstigten müssen nun Steuernachzahlungen von rund 100 Mio. Euro an Gibraltar leisten.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte: „Unsere Untersuchung hat ergeben, dass Gibraltar mehreren multinationalen Unternehmen durch eine Körperschaftsteuerbefreiung und durch fünf Steuervorbescheide unfaire und selektive Steuervergünstigungen gewährt hat. Diese steuerliche Vorzugsbehandlung ist nach den EU-Beihilfevorschriften unzulässig, und deshalb muss Gibraltar nun die nicht gezahlten Steuern einziehen. Gleichzeitig begrüße ich die umfassenden Maßnahmen, die Gibraltar ergriffen hat, um die unzulässigen Steuerbefreiungen aufzuheben, seine Vorgehensweise bei Steuervorbescheiden anzupassen und seine Vorschriften über die Verrechnungspreisgestaltung zu stärken. Somit dürften diese Probleme der Vergangenheit angehören.“

Im Oktober 2013 leitete die Kommission eine eingehende Untersuchung des Körperschaftsteuerrechts von Gibraltar ein, um zu prüfen, ob die in den Jahren 2011 bis 2013 angewandte Körperschaftsteuerbefreiung von Einkünften aus Zinsen (vor allem für konzerninterne Darlehen) und Tantiemen bestimmte Kategorien von Unternehmen selektiv begünstigte und damit gegen die EU-Beihilfevorschriften verstieß.

Im Oktober 2014 weitete die Kommission ihre beihilferechtliche Untersuchung auf die Steuervorbescheide Gibraltars aus und konzentrierte sich dabei vor allem auf 165 Steuervorbescheide, die zwischen 2011 und 2013 erteilt worden waren. Die Kommission hatte Bedenken, dass mit diesen Steuervorbescheiden staatliche Beihilfen gewährt wurden, da bei Erteilung der Bescheide nicht genügend Informationen vorlagen, um sicherzustellen, dass die betreffenden Unternehmen zu den gleichen Bedingungen wie andere Unternehmen besteuert werden, deren Einkünfte in Gibraltar erwirtschaftet wurden oder von dort stammten.

Nach den EU-Beihilfevorschriften dürfen die Mitgliedstaaten keine unfairen, nur bestimmten Unternehmen vorbehaltenen Steuervorteile gewähren. Die Mitgliedstaaten dürfen bestimmte Unternehmen nicht besser behandeln als andere, da dies den Wettbewerb verfälschen und gegen die EU-Beihilfevorschriften verstoßen würde.

Die Europäische Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass die Körperschaftsteuerbefreiung für Zinsen und Tantiemen in Gibraltar in den Jahren 2011 bis 2013 sowie fünf dort ausgestellte Steuervorbescheide selektive steuerliche Vergünstigungen bieten und einen Verstoß gegen die EU-Beihilfevorschriften darstellen.

Steuerbefreiung für Einkünfte aus Zinsen und Tantiemen

Nach dem in Gibraltar geltenden Territorialitätsprinzip sollten Unternehmen Körperschaftsteuern auf Einkünfte zahlen, die in Gibraltar angefallen sind oder von dort stammen. Die Untersuchung der Kommission ergab jedoch, dass Unternehmen, die Einkünfte aus Zinsen oder Tantiemen erzielten, ohne triftigen Grund von der Besteuerung in Gibraltar befreit waren.

Diese Maßnahme begünstigte Unternehmen, die multinationalen Konzernen angehören und mit bestimmten Funktionen betraut sind (Unternehmen, die z. B. konzerninterne Darlehen gewähren oder Rechte des geistigen Eigentums nutzen). Die Kommission kam daher zu dem Schluss, dass die Steuerbefreiung darauf ausgerichtet war, Gibraltar für multinationale Unternehmen attraktiv zu machen, und dass sie tatsächlich dazu führte, dass eine begrenzte Zahl von Unternehmen multinationaler Konzerne weniger Körperschaftsteuer entrichten musste.

Diese selektive steuerliche Behandlung verschaffte multinationalen Unternehmen einen selektiven Vorteil gegenüber anderen Unternehmen. Dadurch verfälschte sie den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt und verstieß gegen die EU-Beihilfevorschriften. Die Kommission kam daher zu dem Schluss, dass die von Gibraltar zwischen 2011 und 2013 gewährte Steuerbefreiung für Unternehmen mit Einkünften aus Zinsen und Tantiemen nach den EU-Beihilfevorschriften unzulässig ist und von den Unternehmen Steuernachzahlungen verlangt werden müssen.

Die Kommission begrüßt, dass Gibraltar die unzulässige Steuerbefreiung bereits im Juli 2013 für Zinserträge und im Januar 2014 für Tantiemen abgeschafft hat.

Steuervorbescheide von Gibraltar zwischen 2011 und 2013

Nach sorgfältiger Prüfung von 165 von Gibraltar erteilten Steuervorbescheiden kam die Kommission zu dem Schluss, dass durch fünf Steuervorbescheide‚ die Gibraltar in den Jahren 2011 und 2012 großen multinationalen Unternehmen erteilt hatte, unzulässige staatliche Beihilfen gewährt wurden.

Die fünf beanstandeten Steuervorbescheide betreffen die steuerliche Behandlung bestimmter Einkünfte niederländischer Kommanditgesellschaften in Gibraltar. Nach den in Gibraltar und den Niederlanden geltenden Steuervorschriften sollten die Gewinne, die eine Kommanditgesellschaft in den Niederlanden erzielt, auf der Ebene der Gesellschafter besteuert werden. In den fünf in Rede stehenden Fällen waren die Gesellschafter der niederländischen Kommanditgesellschaften in Gibraltar steuerlich ansässig und hätten dort besteuert werden müssen.

Nach den fünf beanstandeten Steuervorbescheiden mussten die Unternehmen aber keine Steuern auf die von den niederländischen Kommanditgesellschaften erzielten Tantiemen und Zinseinkünfte entrichten, während Unternehmen mit anderen Einkünften keine Steuerbefreiung erhielten.

Noch nach der Annahme von Gesetzesänderungen, durch die Einkünfte aus passiven Zinsen (2013) und Tantiemen (2014) steuerpflichtig wurden, befreite Gibraltar diese Einkünfte auf der Grundlage der weiterhin geltenden Vorbescheide von der Körperschaftsteuer.

Da diese Befreiungen den Begünstigten einen ungerechtfertigten selektiven Vorteil verschafften, kam die Kommission zu dem Schluss, dass die fünf Steuervorbescheide gegen die EU-Beihilfevorschriften verstießen und dass der gewährte Vorteil zurückgefordert werden muss.

Im Gegensatz dazu hat die Kommission nach einer eingehenden Prüfung der Situation der einzelnen Adressaten bei den 160 anderen Vorbescheiden keinen selektiven Vorteil festgestellt und ist deshalb zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Vorbescheide nicht gegen die EU-Beihilfevorschriften verstoßen.

Zudem änderte Gibraltar während der Untersuchung der Kommission seine Steuervorschriften, um sein Steuervorbescheidverfahren zu verbessern, seine Vorschriften über die Verrechnungspreisgestaltung zu stärken, umfassendere Verpflichtungen für die Steuerpflichtigen vorzusehen (z. B. die Abgabe jährlicher Steuererklärungen, die Bereitstellung aussagekräftiger Informationen in Anträgen auf Vorbescheide) und die Transparenz bei der Umsetzung des Systems der territorialen Besteuerung zu verbessern. Die Kommission begrüßt diese verbesserten Vorschriften, die im Oktober 2018 in Kraft getreten sind.

Rückforderung

Nach den EU-Beihilfevorschriften müssen nicht mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen grundsätzlich zurückgefordert werden, um die durch die Beihilfe verursachte Verfälschung des Wettbewerbs zu beseitigen. Durch die Rückforderung wird das betreffende Unternehmen nicht bestraft, und es werden keine Geldbußen verhängt. Die Rückforderung stellt lediglich die Gleichbehandlung gegenüber anderen Unternehmen wieder her.

Gibraltar muss nun die nicht gezahlten Steuern von folgenden Unternehmen einziehen:

den Unternehmen, die von Gibraltar zwischen 2011 und 2013 von der Körperschaftsteuer auf Zinsen und Tantiemen befreit waren. Die Steuerverwaltung Gibraltars muss nun die einzelnen Unternehmen, die diese Befreiung in Anspruch genommen haben, und die genauen Beträge, die von den einzelnen Unternehmen einzuziehen sind, anhand der im Beschluss der Kommission festgelegten Methode ermitteln.

den Unternehmen, denen im Rahmen der fünf Steuervorbescheide eine unzulässige steuerliche Behandlung gewährt worden war, d. h. von i) Ash (Gibraltar) One Ltd, ii) Ash (Gibraltar) Two Ltd, iii) Heidrick & Struggles (Gibraltar) Holdings Ltd, iv) Heidrick & Struggles (Gibraltar) Ltd und v) MJN Holdings (Gibraltar) Ltd. Diese Unternehmen müssen von nun an wie jedes andere Unternehmen Steuern auf ihre Gewinne in Gibraltar zahlen. Die Forderungsbeträge hängen von der steuerlichen Situation der einzelnen Beihilfeempfänger ab und müssen nun von der Steuerverwaltung Gibraltars anhand der im Beschluss der Kommission festgelegten Methode ermittelt werden.

Auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Informationen geht die Kommission davon aus, dass sich die nicht entrichtete Steuer insgesamt auf rund 100 Mio. Euro belaufen dürfte.

Hintergrundinformationen zum Steuersystem Gibraltars

Gibraltar ist in Steuerangelegenheiten autonom und hat daher ein vom Vereinigten Königreich getrenntes Einkommensteuerrecht.

Das Einkommensteuergesetz von 2010, das am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, sieht eine Besteuerung nach dem Territorialitätsgrundsatz vor, d. h. nur Einkommen, das in Gibraltar angefallen ist oder von dort stammt, ist steuerpflichtig. Die Besteuerung von (Passiv-)Zinsen für konzerninterne Darlehen und von Tantiemen war dagegen nicht vorgesehen. Im Jahr 2013 führte Gibraltar jedoch Änderungen ein, durch die solche Einkünfte ab dem 1. Juli 2013 (Zinsen) bzw. dem 1. Januar 2014 (Tantiemen) körperschaftsteuerpflichtig wurden.

Die Kommission hat das Körperschaftsteuersystem Gibraltars in der Vergangenheit bereits mehrfach geprüft. 1999 leitete die Kommission eine Untersuchung zu einer Steuerregelung ein, nach der Unternehmen, die keine Handels- oder Geschäftstätigkeit in Gibraltar ausübten und deren Eigentümer nicht in Gibraltar ansässig waren, von der Körperschaftsteuer befreit waren. Unternehmen, die diese Voraussetzungen erfüllten, aber eine Repräsentanz in Gibraltar unterhielten, zahlten eine Steuer von 2 % bis 10 % auf die Gewinne. Gibraltar schaffte diese Regelung, die als Fördermaßnahme für Offshore-Unternehmen angesehen wurde, später ab.

Im August 2002 meldete das Vereinigte Königreich eine geplante Körperschaftsteuerreform an, die für alle Unternehmen in Gibraltar gelten sollte und eine Lohnsummensteuer, eine Gewerbegrundbenutzungssteuer und eine Eintragungsgebühr vorsah. Im März 2004 stellte die Kommission fest, dass die geplante Steuerreform bestimmten Unternehmenskategorien unter Verstoß gegen die EU-Beihilfevorschriften einen selektiven Vorteil verschaffte. Im November 2011 bestätigte der Gerichtshof der Europäischen Union diese Entscheidung der Kommission, indem er urteilte, dass sich aus den Auswirkungen der Steuermaßnahmen insgesamt ein selektiver Vorteil für „Offshore-Unternehmen“ ergibt, die in Gibraltar weder Mitarbeiter noch Geschäftsräume haben.

Hintergrundinformationen zur beihilferechtlichen Prüfung von Steuervorbescheiden durch die Kommission

Nach Artikel 355 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union finden die Verträge einschließlich der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Gibraltar Anwendung.

Solange das Vereinigte Königreich ein EU-Mitgliedstaat ist, hat es alle mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte und Pflichten. Insbesondere das EU-Wettbewerbsrecht, einschließlich der Beihilfevorschriften, gilt weiterhin uneingeschränkt für das Vereinigte Königreich und ist dort anwendbar, bis das Vereinigte Königreich nicht mehr Mitglied der EU ist. Sobald das Vereinigte Königreich nicht mehr Mitglied der EU ist, wird die Anwendung der EU-Beihilfevorschriften im Vereinigten Königreich durch das Austrittsabkommen geregelt, das auf der Ebene der Verhandlungsführer vereinbart und vom Europäischen Rat am 25. November gebilligt wurde, aber noch von der Union geschlossen und vom Vereinigten Königreich ratifiziert werden muss, bevor es in Kraft treten kann.

Steuervorbescheide an sich stellen nach den EU-Beihilfevorschriften kein Problem dar, wenn sie lediglich bestätigen, dass steuerliche Vereinbarungen zwischen verschiedenen Unternehmen einer Unternehmensgruppe mit den einschlägigen Steuervorschriften im Einklang stehen. Steuervorbescheide, die bestimmten Unternehmen einen selektiven Vorteil verschaffen, können hingegen den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verfälschen und damit gegen die EU-Beihilfevorschriften verstoßen.

Seit Juni 2013 führt die Kommission beihilferechtliche Prüfungen der von den Mitgliedstaaten erteilten Steuervorbescheide für einzelne Unternehmen durch. Im Dezember 2014 weitete sie diese Untersuchung auf alle Mitgliedstaaten aus.

Folgende Prüfungen von Steuervorbescheiden hat die Kommission bereits abgeschlossen:

  • Im Oktober 2015 stellte die Kommission fest, dass Luxemburg und die Niederlande Fiat bzw. Starbucks selektive Steuervorteile gewährt hatten. Auf diese Kommissionsbeschlüsse hin musste Fiat in Luxemburg 23,1 Mio. EUR und Starbucks in den Niederlanden 25,7 Mio. EUR nachzahlen.
  • Im Januar 2016 stellte die Kommission fest, dass Belgien im Rahmen seiner „Mehrgewinn“-Steuerregelung mindestens 35 multinationalen Unternehmen (überwiegend EU-Unternehmen) selektive Steuervorteile gewährt hatte, die nach den EU-Beihilfevorschriften unzulässig waren. Der Gesamtbetrag, der von den 35 Unternehmen eingezogen werden muss, wird einschließlich Zinsen auf rund 900 Mio. EUR veranschlagt. Belgien hat bereits mehr als 90 % der unzulässigen Beihilfen zurückgefordert.
  • Im August 2016, stellte die Kommission fest, dass Irland Apple unzulässige Steuervergünstigungen gewährt hat. Daraufhin forderte Irland 14,3 Mrd. Euro von Apple zurück.
  • Im Oktober 2017 stellte die Kommission fest, dass Luxemburg Amazon unzulässige Steuervergünstigungen gewährt hat. In der Folge forderte Luxemburg 282,7 Mio. Euro von Amazon zurück.
  • Im Juni 2018 stellte die Kommission fest, dass Luxemburg Engie unzulässige Steuervergünstigungen von 120 Mio. Euro gewährt hat. Das Rückforderungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
  • Im September 2018 hat die Kommission festgestellt, dass die Nichtbesteuerung bestimmter Gewinne von McDonald’s in Luxemburg keine unzulässige staatliche Beihilfe bewirkte, da sie mit dem luxemburgischen Steuerrecht und dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Luxemburg und den USA im Einklang stand.

Zudem untersucht die Kommission derzeit die Steuervorbescheide, die die Niederlande Inter IKEA erteilt haben, und eine Steuerregelung für multinationale Unternehmen im Vereinigten Königreich.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses unter der Nummer SA.34914 im Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter State Aid Weekly e-News.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 19.12.2018

Social Media-Tätigkeit kann sozialversicherungsfrei sein

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat jüngst die Sozialversicherungspflicht feststellende Bescheide sowie ein klageabweisendes Urteil des SG Köln aufgehoben bzw. geändert (Az. L 8 R 934/16).

Die Klägerin war als Content Managerin für die Entwicklung und Betreuung der Social Media-Präsenzen der beigeladenen GmbH des öffentlichen Rundfunks auf der Basis eines Honorar- bzw. Rahmenvertrages tätig. Für die Zeiten dieser Tätigkeit nahm der beklagte Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung an.

Das LSG hat demgegenüber festgestellt, dass die Klägerin in der streitigen Auftragsbeziehung in diesen Zweigen der Sozialversicherung nicht versicherungspflichtig gewesen ist. Zwar handele es sich nicht um Einzelaufträge, sondern um eine Tätigkeit im Rahmen eines einheitlichen Auftragsverhältnisses. Denn mangels ausreichender eigener Kompetenz im Bereich Social Media habe die GmbH für die gesamte Vertragslaufzeit auf eine kontinuierliche Dienstleistung der Klägerin zurückgreifen müssen. Mit dem Bereich der Neuen Medien seien technische Anforderungen verbunden, die sich, ebenso wie die hinter den jeweiligen Medien stehenden Algorithmen, regelmäßig veränderten und daher ständige aktuelle Präsenz der dafür Zuständigen verlangten.

Im Rahmen der Gesamtabwägung sprächen die vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächliche Umsetzung allerdings in überwiegendem Maße für eine selbständige Tätigkeit. Die Klägerin sei in dem streitigen Zeitraum nicht in einem Maß weisungsgebunden in die Arbeitsorganisation der GmbH eingegliedert gewesen, wie dieses für eine abhängige Beschäftigung prägend sei. Angesichts dessen berechtige das weitgehende Fehlen eines unternehmerischen Risikos der Klägerin und einer eigenen Betriebsstätte in der Gesamtschau nicht zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung.

Quelle: LSG Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 21.12.2018 zum Urteil L 8 R 934/16 vom 20.06.2018

Keine Berichtigungs- oder Änderungsmöglichkeit für das Finanzamt bei Fehlern in elektronisch übermittelten Lohnsteuerdaten

Die Tücken, die sich ergeben können, wenn Daten zum Teil elektronisch übermittelt und zugleich die Steuererklärung in Papierform vorgelegt wird, zeigt ein Fall, der dem 3. Senat zur Entscheidung vorlag.

Der Kläger bezog im Streitjahr Versorgungsbezüge. In den beiden ihm übersandten Lohnsteuerbescheinigungen war ein Bruttoarbeitslohn von 29.221 Euro sowie von 9.740 Euro und hierin enthaltene Versorgungsbezüge in identischer Höhe eingetragen. Bei den vom Arbeitgeber an das Finanzamt übermittelten Lohnsteuerdaten fehlte die Angabe der Versorgungsbezüge in Höhe von 9.740 Euro (Bruttoarbeitslohn insgesamt: 38.961 Euro, Versorgungsbezüge 29.221 Euro). In der persönlich beim Beklagten abgegebenen Steuererklärung war in Anlage N ein Bruttoarbeitslohn von 38.961 Euro eingetragen. Die Zeile 11 „steuerbegünstigte Versorgungsbezüge, in Zeile 6 enthalten“ enthielt versehentlich keine Eintragung. Die Sachbearbeiterin des Beklagten überprüfte die ihr ausgehändigten Belege, hakte die einzelnen Positionen ab und gab die Belege anschließend zurück. Die ihr vom Kläger vorgelegten Lohnsteuerbescheinigungen überprüfte sie wegen der elektronischen Datenübermittlung vor der Rückgabe nicht mehr. Der in der Eingangsstelle tätige Beamte ergänzte später die fehlende Angabe der Versorgungsbezüge in der Anlage N aufgrund der elektronisch übermittelten Daten um den Betrag 29.221 Euro. Im Einkommensteuerbescheid berücksichtigte der Beklagte dann einen Bruttoarbeitslohn von 38.961 Euro, einen Freibetrag für Versorgungsbezüge, aber auch den Arbeitnehmer-Pauschbetrag und den Altersentlastungsbetrag. Nachdem der Arbeitgeber die übermittelten Daten korrigiert und der Kläger den Beklagten entsprechend informiert hatte, änderte dieser den Einkommensteuerbescheid und ließ nun den Arbeitnehmer-Pauschbetrag und den Altersentlastungsbetrag unberücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Das Gericht hat eine Änderung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit i. S. von § 129 AO ebenso verneint wie eine Änderung gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen nachträglichen Bekanntwerdens neuer Tatsachen. Weil das Finanzamt den Fehler aus der Einkommensteuererklärung – keine Versorgungsbezüge – nicht mechanisch übernommen, sondern die fehlende Angabe durch eigene, allerdings unzutreffende, Sachverhaltsermittlung in Form des Abgleichs der Erklärung mit den elektronischen Daten ergänzt habe, fehle es an einer offenbaren Unrichtigkeit. Insoweit hat sich der Senat dem Urteil des BFH vom 16. Januar 2018 (VI R 41/16, BStBl II 2018 S. 378) angeschlossen.

Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sah das Gericht ebenfalls nicht als erfüllt an. Zwar habe der Kläger versehentlich die Eintragung zu den Versorgungsbezügen in der Anlage N zur Einkommensteuererklärung unterlassen, er habe aber der Erklärung die Lohnsteuerbescheinigung mit dem zutreffenden Betrag beigefügt. Demgegenüber habe der Bearbeiter des Beklagten, der die Einkommensteuererklärung angenommen habe, die Lohnsteuerbescheinigung ungeprüft wieder aushändigt, weil das FA generell nur die elektronisch übermittelten Daten übernehme. Vor diesem Hintergrund überwiege der Pflichtverstoß des Beklagten und hindere nach Treu und Glauben eine Korrektur des Bescheides.

Quelle: FG Hamburg, Mitteilung vom 21.12.2018 zum Gerichtsbescheid 3 K 69/18 vom 04.10.2018 (rkr)

Vorsteuerabzug für die Anschaffung von Luxusfahrzeugen: Lamborghini Aventador

Der 2. Senat hatte über den Vorsteuerabzug für die Anschaffung eines Lamborghini Aventador (Bruttokaufpreis 298.475 Euro) durch ein Reinigungsunternehmen zu befinden. Das Fahrzeug wurde vollständig dem unternehmerischen Bereich zugeordnet, die Privatnutzung des Gesellschafter-Geschäftsführers nach der 1 %-Methode versteuert. Die Gesellschaft erzielte in den Streitjahren ein Betriebsergebnis von rd. 90.000 Euro bzw. rd. 100.000 Euro. Die Klägerin berief sich darauf, dass der Lamborghini zwar ein teures, gleichwohl serienmäßig hergestelltes Fahrzeug sei. Dem Geschäftsführer sei es in der Vergangenheit immer wieder gelungen, über seine Sportwagenkontakte neue Kunden zu gewinnen. Überdies sei die Nutzung des Fahrzeugs lohnversteuert worden, sodass lediglich der Differenzbetrag von unter 1.000 Euro zwischen monatlicher Afa und Lohnsteuer in Rede stehe. Jedenfalls müsse ein Vorsteuerbetrag für ein angemessenes Fahrzeug, beispielsweise einen Mercedes Benz der S Klasse, berücksichtigt werden.

Das Gericht hat jeglichen Vorsteuerabzug unter Hinweis auf § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG verneint, weil es sich bei den Aufwendungen ihrer Art nach um unangemessenen Repräsentationsaufwand handele. Der Lamborghini Aventador, bei seiner Markteinführung dargestellt als „Supersportwagen, unter dessen transparenter Motorhaube ein 6,5 Liter-V-12 Mittelmotor-Herz mit 515 kW/700 PS pocht, das den 1.575 Kilogramm schweren Italiener in nur 2,9 Sekunden auf Tempo 100 katapultiert“, sei seinem Erscheinungsbild nach der Prototyp eines Sportwagens, der trotz serienmäßiger Herstellung im Straßenbild Aufsehen errege, der sportlichen Betätigung diene und geeignet sei, ein Affektionsinteresse des Halters auszulösen und typisierend den privaten Interessen des Gesellschafter-Geschäftsführers zu dienen. Eine „Saldierung“ der Afa-Beträge mit der Lohnsteuer des Geschäftsführers hat das Gericht ebenfalls abgelehnt, dem Abzugsverbot unterliege auch solcher unangemessener Repräsentationsaufwand, den ein Steuerpflichtiger über seinen Arbeitnehmer im betrieblichen Interesse mache.

Quelle: FG Hamburg, Mitteilung vom 21.12.2018 zum Urteil 2 K 116/18 vom 11.10.2018 (rkr)

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin