Pokergewinne können zu gewerblichen Einkünften führen

Der 14. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 12. Oktober 2018 (Az. 14 K 799/11 E,G) entschieden, unter welchen Voraussetzungen die Teilnahme an Pokerturnieren, Internet-Pokerveranstaltungen und Cash-Games zu einer gewerblichen Tätigkeit führt.

Der Kläger begann im Jahr 2003 mit dem Pokerspiel und nahm in den Streitjahren 2004 bis 2007 an Pokerturnieren, Internet-Pokerveranstaltungen und Cash-Games teil. Bis Ende August 2005 war er nichtselbständig tätig, nahm dann unbezahlten Urlaub und beendete sein Angestelltenverhältnis im Januar 2007. Die Pokergewinne erklärte er gegenüber dem Finanzamt nicht als Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuererklärung. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt demgegenüber zu der Auffassung, dass der Kläger als Berufspokerspieler sowohl gewerbliche Einkünfte als auch umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt habe und erließ entsprechende Steuerbescheide, wobei er die Besteuerungsgrundlagen schätzte.

Das Klageverfahren bezüglich der Umsatzsteuerbescheide (Az. 15 K 798/11 U) hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 15. Juli 2014 jedoch mit Urteil vom 30. August 2017 (Az. XI R 37/14) auf und führte aus, dass zwischen der Teilnahme an Pokerspielen und den im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeldern kein unmittelbarer Zusammenhang bestehe.

Dementsprechend vertrat der Kläger auch im Klageverfahren wegen Einkommen- und Gewerbesteuer die Auffassung, dass er nicht gewerblich tätig geworden sei. Vielmehr handele es sich bei Poker um ein reines Glücksspiel. Demgegenüber verwies das Finanzamt auf eine Studie des Forschungsinstituts für Glücksspiel und Wetten, wonach der Ausgang des Pokerspiels nicht nur vom Glück, sondern auch von den Fähigkeiten, Kenntnissen und dem Grad der Aufmerksamkeit des jeweiligen Spielers abhänge.

Der 14. Senat des Finanzgerichts Münster gab der Klage im Hinblick auf die Streitjahre 2004 bis 2006 statt. Er führte aus, dass der Kläger in den ersten Jahren nach Aufnahme des Pokerspiels noch nicht als geübter Pokerspieler angesehen werden könne. Auch die vom Finanzamt angeführte Studie weise ausdrücklich darauf hin, dass ein Anfänger auf gute Karten und glückliche Spielverläufe angewiesen sei, wenn er dauerhaft gewinnen wolle. Die Gewinne des Klägers in diesen Jahren seien damit eher auf „Anfängerglück“ zurückzuführen. Überdies habe sich der Kläger in der Vereinbarung mit seiner Arbeitgeberin die Möglichkeit gesichert, seine zunächst durch die Beurlaubung unterbrochene nichtselbständige Tätigkeit wieder aufnehmen zu können.

Demgegenüber war der Senat davon überzeugt, dass der Kläger ab dem Streitjahr 2007 als „Berufspokerspieler“ gewerblich tätig war. Ab diesem Jahr sei er seiner Spielertätigkeit intensiv und erfolgreich nachgegangen und habe später sogar eine Wohnung in der Nähe eines Spielcasinos angemietet. Zwischenzeitlich habe der Kläger über eine umfangreiche Turniererfahrung sowie über umfangreiche Kenntnisse und geschulte Fähigkeiten verfügt, sodass seine Gewinne nicht mehr allein vom Glück abhingen. Mangels ordnungsgemäßer Buchführung schätzte der Senat die Einkünfte für das Jahr 2007 (mindestens) in Höhe der vom Finanzamt angesetzten Beträge. Er hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.11.2018 zum Urteil 14 K 799/11 vom 12.10.2018

Lohnsteuerabzug im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale

Das neue BMF-Schreiben zum Lohnsteuerabzug im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale wurde aktualisiert und ersetzt ab dem Kalenderjahr 2019 das frühere BMF-Schreiben vom 7. August 2013 (BStBl I S. 951).

Die Aktualisierung berücksichtigt neben den zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen auch die Erfahrungen zur Fehleranfälligkeit bei der ELStAM-Bildung (z. B. unzutreffende Steuerklassenbildung) sowie Mitteilungen aus der Finanzamtspraxis aufgrund von Arbeitgeberanfragen.

Insbesondere wird hingewiesen auf die ergänzten Regelungen zur technischen Anwendung des ELStAM-Verfahrens mit Hinweisen auf die Registrierung unter „Mein ELSTER“, auf das unternehmensbezogene ELStAM-Zertifikat, auf die Folgerungen und die Korrekturmöglichkeiten aufgrund einer Falschanmeldung als Haupt- oder Nebenarbeitgeber sowie auf die Möglichkeit des Arbeitgebers, bei einem Verlust der ELStAM-Daten seiner Arbeitnehmer eine eigenständige Datenlieferung zu erhalten.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2363 / 13 / 10003-02 vom 08.11.2018

Kalte Progression betrifft 32 Millionen

Berlin: (hib/HLE) Von der kalten Progression bei der Einkommensteuer sind in diesem Jahr 32,1 Millionen Steuerzahler betroffen. Wie die Bundesregierung in dem als Unterrichtung (19/5450) vorgelegten Bericht über die Wirkung der kalten Progression im Verlauf des Einkommensteuertarifs für die Jahre 2018 und 2019 (Dritter Steuerprogressionsbericht) mitteilt, ist jeder Steuerpflichtige von der kalten Progression mit durchschnittlich 104 Euro im Jahr betroffen. Zugrunde gelegt wurde eine Inflationsrate von 1,74 Prozent.

Als kalte Progression werden laut Unterrichtung Steuermehreinnahmen bezeichnet, „die entstehen, soweit Einkommenserhöhungen die Inflation ausgleichen und es in Folge des progressiven Einkommensteuertarifs bei somit unverändertem Realeinkommen zu einem Anstieg der Durchschnittsbelastung kommt. Einkommenssteigerungen, die über die Inflationsrate hinausgehen, erhöhen demgegenüber die steuerliche Leistungsfähigkeit.“

Im Jahr 2019 sollen von der kalten Progression rund 32,8 Millionen Steuerpflichtige betroffen sein. Das Volumen soll 116 Euro pro Steuerpflichtigen betragen. Zugrunde gelegt wurde eine Inflationsrate von 1,94 Prozent.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 872/2018

BFH: Korrektur unzutreffender Rechtsanwendung beim Bauträger

Ist ein Bauträger rechtsirrig davon ausgegangen, als Leistungsempfänger Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen zu sein, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung ohne Einschränkung geltend machen. Mit Urteil V R 49/17 vom 27. September 2018 verwirft der Bundesfinanzhof (BFH) dabei eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF).

Die Entscheidung des BFH betrifft nahezu die gesamte Bauträgerbranche, die in der Vergangenheit Wohnungen ohne Vorsteuerabzug errichtet und umsatzsteuerfrei verkauft („geliefert“) hat. Die Finanzverwaltung ist hier über einen mehrjährigen Zeitraum bis zum Februar 2014 davon ausgegangen, dass diese Bauträger Steuerschuldner für die von ihnen bezogenen Bauleistungen seien. Diese Verwaltungspraxis hatte der BFH mit einem im November 2013 veröffentlichten Urteil verworfen ( Pressemitteilung Nr. 80 vom 27. November 2013 ). Vordergründig eröffnete sich dadurch die Möglichkeit eines Wohnungsbaus ohne Umsatzsteuerbelastung: Bauunternehmer konnten im Hinblick auf die ausdrückliche Weisungslage der Finanzverwaltung darauf vertrauen, die von ihnen erbrachten Bauleistungen nicht versteuern zu müssen – der Bauträger war entgegen der Annahme der Finanzverwaltung nach der BFH-Rechtsprechung von vornherein kein Steuerschuldner.

Der Gesetzgeber hat hierauf im Jahr 2014 mit einer Neuregelung reagiert, die seitdem die Steuerschuldnerschaft im Baubereich eindeutig regelt. Zudem wurde der Vertrauensschutz beim Bauunternehmer für die Vergangenheit gesetzlich eingeschränkt. Letzteres hat der BFH bereits im Wesentlichen gebilligt ( Pressemitteilung Nr. 20 vom 5. April 2017 ).

Ungeklärt war bislang, ob die Finanzverwaltung zur Verhinderung von Steuerausfällen, die in einstelliger Milliardenhöhe befürchtet werden, berechtigt ist, Erstattungsverlangen der Bauträger für Leistungsbezüge bis zum Februar 2014 nur nachzukommen, wenn der Bauträger Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder für die Finanzverwaltung eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger besteht (so BMF-Schreiben vom 26. Juli 2017, BStBl I 2017 S. 1001, Rz 15a). Diese Einschränkungen sind nach dem Urteil des BFH rechtswidrig.

Zentrale Streitfrage war dabei, ob der Bauträger treuwidrig handelt, wenn er von seinem Finanzamt die Rückgängigmachung der bei ihm rechtswidrig vorgenommenen Besteuerung verlangt, ohne Umsatzsteuer an die Bauunternehmer zu zahlen, von denen er Bauleistungen bezogen hat. Dies verneint der BFH. Die Annahme eines treuwidrigen Urteils kommt danach nicht in Betracht, wenn die Finanzverwaltung aufgrund einer rechtlichen Fehlbeurteilung die entscheidende Ursache für eine unzutreffende Besteuerung gesetzt hat.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 60/18 vom 14.11.2018 zum Urteil V R 49/17 vom 27.09.2018

BFH: EuGH-Vorlage zur Steuersatzermäßigung für die Vermietung von Bootsliegeplätzen

Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht es als möglich an, dass die im Umsatzsteuerrecht geltende Steuersatzermäßigung für die kurzfristige Vermietung von Campingflächen auch auf die Vermietung von Bootsliegeplätzen anzuwenden ist. Er hat daher mit Beschluss vom 2. August 2018 V R 33/17 den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung gebeten, ob ein Hafen bei gleicher Funktion wie ein Campingplatz zu behandeln ist.

Der Kläger, ein eingetragener Verein, dessen Zweck die Förderung des Segel- und Motorwassersports ist, überließ Bootsliegeplätze in seinem Hafen gegen ein sog. Hafengeld Wassersportlern, die dort mit ihrem Boot ankern und übernachten konnten. Das Hafengeld umfasste auch die Nutzung ähnlicher (Sanitär-) Einrichtungen wie auf Campingplätzen und in sog. Wohnmobilhäfen.

Die Klage, mit der der Kläger die Steuersatzermäßigung in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für die kurzfristige Vermietung von Campingflächen auch für die von ihm ausgeführten Umsätze geltend machte, hatte keinen Erfolg.

Demgegenüber sieht es der BFH als möglich an, dass es der in der Europäischen Grundrechtscharta verankerte allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 20 EUGrdRCh), der im Steuerrecht im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt, gebietet, die Steuersatzermäßigung für Campingplätze und damit für sog. „Wohnmobilhäfen“ auch auf die Überlassung von Bootsliegeplätzen anzuwenden, soweit diese gleichartige Umsätze ausführen. Da diese Frage die Auslegung des Unionsrechts betrifft, war dem BFH eine eigene Sachentscheidung verwehrt und eine Vorlage an den EuGH erforderlich.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 59/18 vom 14.11.2018 zum Beschluss V R 33/17 vom 02.08.2018

BMF greift Rechtsprechung zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung auf

Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung?

Ja, das geht. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung – auch der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden (vgl. EuGH, Urteil C-518/14 vom 15.09.2016 ; BFH, Urteil V R 26/15 vom 20.10.2016 ). Der BFH hat in seinem o. g. Urteil Mindestangaben konkretisiert, die eine Rechnung enthalten muss, um berichtigungsfähig zu sein. Diese müssen zudem festgelegte Mindestanforderungen erfüllen.

Die Finanzverwaltung hat jüngst einen Entwurf mit den Konsequenzen, die sie aus der Rechtsprechung zieht, vorgelegt. Sie erläutert insbesondere anhand von Beispielen, wann die Mindestanforderungen an die einzelnen Rechnungsangaben erfüllt sind. Der DStV begrüßt das Entwurfsschreiben in seiner Stellungnahme S 13/18 . Er regt u. a. noch folgende Verbesserungen an:

Auch Kassenbons sollten rückwirkend berichtigungsfähig sein

Zu den Mindestangaben einer Rechnung zählen für eine Berichtigungsfähigkeit auch Angaben zum Leistungsempfänger. Der Entwurf des BMF-Schreibens äußert sich bislang nicht zur Ausgabe von Kassenbons. Kassenbons weisen regelmäßig keinen Leistungsempfänger aus. Daher ist fraglich, ob sie insoweit berichtigungsfähig sind. Relevant wird dies in den Fällen, in denen Unternehmer bei Ladenkäufen die Höchstgrenze für Kleinbetragsrechnungen (ab 01.01.2018: 250 Euro) übersteigen.

Der DStV regt an, die Bedeutung des Kassenbons für die Praxis stärker zu berücksichtigen. Es handelt sich um ein weit verbreitetes Rechnungsformat. Daher sollten Kassenbons aus Sicht des DStV rückwirkend berichtigt werden können.

Rückwirkende Rechnungsberichtigung sollte Änderungsmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ermöglichen

Der Entwurf des BMF-Schreibens bestimmt, dass rückwirkende Rechnungsberichtigungen kein rückwirkendes Ereignis im Sinne der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellen sollen. An dieser Stelle geht die Finanzverwaltung über die Grundsätze des genannten BFH-Urteils hinaus.

Aus nationaler Sicht stellt eine ordnungsgemäße Rechnung eine materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug dar. Daher ist es aus Sicht des DStV durchaus vertretbar, die rückwirkende Rechnungsberichtigung als rückwirkendes Ereignis einzustufen.

Sollte die Änderung von Steuerbescheiden mangels weiterer anwendbarer Korrekturnormen ausgeschlossen sein, bleibt den Steuerpflichtigen ein Rettungsanker: Sie können in den meisten Fällen mit der Anforderung einer Stornorechnung und dem Erhalt einer neuen Rechnung den Vorsteuerabzug erreichen. Diese Rechnungen entfalten nach dem BMF-Entwurf eindeutig keine Rückwirkung auf die ursprüngliche Rechnung.

BMF sollte sich klar zur EuGH-Rechtsprechung „Barlis“ positionieren

Das BMF kündigt ein zweites Schreiben zu weiteren höchstrichterlichen Entscheidungen die Rechnungsstellung betreffend an.

Der DStV regt an, insbesondere das EuGH-Urteil in der Rechtssache Barlis ( Urteil C-516/14 vom 15.09.2016 ) aufzuarbeiten. Der EuGH entschied hier, dass der Vorsteuerabzug nicht allein deshalb verweigert werden darf, wenn eine Rechnung nicht alle formellen Voraussetzungen erfüllt. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Finanzverwaltung über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen.

Aus Sicht des DStV stellt sich vor diesem Hintergrund insbesondere die Frage, ob und in welchen Fällen eine Rechnungsberichtigung überhaupt noch notwendig wird.

Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.

Existenzminimum ab 2019 9.168 Euro

Berlin: (hib/HLE) Das sächliche Existenzminimum für einen Alleinstehenden beträgt im nächsten Jahr 9.168 Euro. Für das Jahr 2020 wurde dieser Wert mit 9.408 Euro berechnet. Bis zu dieser Höhe müssen Einnahmen steuerfrei sein. Diese Zahlen enthält der von der Bundesregierung als Unterrichtung (19/5400) vorgelegte Bericht über die Höhe des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kinder für das Jahr 2020 (12. Existenzminimumbericht). Der Bericht wird von der Regierung alle zwei Jahre vorgelegt. Für Ehepaare wird das Existenzminimum für 2020 mit 15.540 Euro angegeben und für Kinder mit 4.896 (2019) beziehungsweise 5.004 Euro (2020).

Zur Ermittlung der Beträge heißt es in dem Bericht, es werde bei Alleinstehenden von einer Wohnung mit einer Wohnfläche von 40 Quadratmetern ausgegangen. Die aufgrund der Wohngeldstatistik ermittelte Bruttokaltmiete einer solchen Wohnung wird für 2019 mit 289 Euro im Monat und für 2020 mit 296 Euro im Monat angegeben. Für Verheiratete wird eine Wohnung von 60 Quadratmetern als angemessen angesehen. Als Bruttokaltmiete für Ehepaare wurden 444 Euro (2020) ermittelt.

Ergänzend weist die Bundesregierung darauf hin, dass Bezieher niedriger Erwerbseinkommen zur Verringerung ihrer Wohnkosten Anspruch auf Wohngeld hätten, soweit sie nicht Anspruch auf ergänzende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch hätten. „Wohnkosten, die die im steuerlichen Existenzminimum berücksichtigten Beträge übersteigen, werden durch Wohngeld abgedeckt, soweit Höchstbeträge, die in Abhängigkeit von Haushaltsgröße und Mietenstufe festgelegt sind, nicht überschritten werden“, heißt es dazu in dem Bericht.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 866/2018

Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung vom Deutschen Bundestag beschlossen

Der Bundestag hat am 30. November 2018 die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung und der Ausweitung der Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) beschlossen.

Die Entscheidung erfolgte auf der Grundlage des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs „zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung“ (19/4948, 19/5419, 19/5647 Nr. 17) und einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (19/6146) und eines Berichts des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung (19/6147). Der Gesetzentwurf wurde in geänderter Fassung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen bei Stimmenthaltung der AfD und Die Linke angenommen.

Abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/6162) bei Enthaltung der Linksfraktion, der u. a. einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung und Qualifizierung einfordert. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag der FDP-Fraktion (19/4213), der die Entfristung der sog. 70-Tage-Regelung bei kurzfristiger Beschäftigung fordert. Lediglich die AfD unterstützte die Vorlage der Liberalen. Auch keine Mehrheit fand ein Antrag der Fraktion Die Linke (19/5524) bei Enthaltung der Grünen, in dem eine Ausweitung der Qualifizierung und eine Stärkung der Arbeitslosenversicherung gefordert wird.

Beitrag soll 2019 von 3,0 auf 2,6 Prozent abgesenkt werden

Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung 2019 von 3,0 auf 2,6 Prozent gesenkt werden. Außerdem sieht das „Qualifizierungschancengesetz“ eine Ausdehnung der Weiterbildungsförderung vor. Sie soll dem Gesetzentwurf zufolge unabhängig von Alter, Ausbildung und Betriebsgröße für jene Beschäftigten ermöglicht werden, deren Tätigkeiten durch Technologien ersetzt werden oder in sonstiger Weise vom Strukturwandel betroffen sein werden oder die eine Weiterbildung in einem Engpassberuf anstreben.

Die Förderung soll auch für aufstockende Leistungsbezieher im SGB II (Zweites Buch Sozialgesetzbuch) gelten. Für alle anderen Bezieher von Arbeitslosengeld II soll es eine bessere Weiterbildungsberatung durch die BA geben. Bedingung der Kostenübernahme durch die BA ist jedoch eine Kofinanzierung durch den Arbeitgeber.

FDP: Kurzfristige Beschäftigung weiterhin 70 statt 50 Tage

Die FDP-Fraktion nimmt in ihrem Antrag Bezug auf die Ende 2018 auslaufende Sonderregel, nach der eine kurzfristige Beschäftigung statt 50 Tage 70 Tage dauern darf. Aus Sicht der Liberalen hat die Lockerung der zeitlichen Begrenzung nicht zu einer Zunahme der kurzfristigen Beschäftigung geführt und sich in den vergangenen Jahren bewährt.

Die Dauer von 70 Arbeitstagen oder drei Monaten entspreche zum Beispiel genau dem Zeitraum, in dem insbesondere landwirtschaftliche Betriebe auf saisonale Erntehelfer angewiesen seien, heißt es in dem Antrag.

Linke: Leistungszugang für Arbeitslosengeld-II-Bezieher verbessern

Die Linksfraktion fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Zugang zu aktiven Leistungen der Arbeitsmarktpolitik auch für jene Erwerbslose verbessert, die bereits Arbeitslosengeld II beziehen. Außerdem soll ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung verankert werden. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Bezug von Arbeitslosengeld II, die sich in Weiterbildung befinden, sollen einen Zuschuss erhalten, der nicht auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts anrechenbar sein soll.

Darüber hinaus sollen Beschäftigte im Fall einer drohenden Arbeitslosigkeit einen Freistellungsanspruch für Berufs- und Weiterbildungsberatung erhalten.

Verzicht auf Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages

Auf die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages solle verzichtet werden, um damit Armut vermeidende Leistungsverbesserungen durchzusetzen, heißt es in dem Antrag. Unter anderem soll die Rahmenfrist, innerhalb derer man Ansprüche auf Arbeitslosengeld erwerben muss, von zwei auf drei Jahre verlängert werden.

Ferner soll ein Anspruch auf zwei Monate Arbeitslosengeld bereits ab vier Monaten Beschäftigung eingeführt werden. Zeiten der Qualifizierung und Weiterbildung bis zu einer Dauer von 24 Monaten sollen die Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldbezuges nicht mindern, fordert die Linksfraktion.

Gesetzentwurf der FDP zur Beitragssenkung

Der Bundestag hat darüber hinaus einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Senkung des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung (19/434) abgelehnt. Nach dem Willen der Fraktion soll der Beitragssatz durch Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) von drei auf 2,5 Prozent des Bruttolohns gesenkt werden.

Die Vorlage fand keine Mehrheit gegen das Votum der Fraktionen CDU/CSU, SPD, Die Linke und Grüne gegen die Stimmen der Fraktionen der AfD und FDP. Zur Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (19/877) vor.

Antrag der Linken zum Streikrecht bei Ryanair

Schließlich wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Linksfraktion bei Stimmenthaltung der Fraktionen AfD und Grüne einen Antrag der Fraktion Die Linke (19/5055) abgelehnt, in dem gefordert wird, ein Streikrecht bei der Luftfahrtgesellschaft Ryanair durchzusetzen und generell die Mitbestimmungsrechte bei Luftfahrtunternehmen zu stärken. Die Linke kritisiert, dass die Gründung eines Betriebsrates in Luftfahrtunternehmen für im Flugbetrieb Beschäftigte nur per Tarifvertrag möglich sei. Weil sich Ryanair dem mit allen Mitteln widersetze, laufe das Mitbestimmungsrecht vollends ins Leere. Die Strategie von Ryanair, sich so weiterhin Wettbewerbsvorteile auf dem Rücken der Beschäftigten und auf Kosten der Flugsicherheit zu sichern, dürfe aber nicht zum Erfolg führen, heißt es in dem Antrag.

Die Linke fordert deshalb die Streichung des Paragrafen 117 des Betriebsverfassungsgesetzes, damit die in Deutschland stationierten Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen uneingeschränkte betriebliche Mitbestimmungsrechte erhalten. Außerdem sollen jene Unternehmen, die sich nicht an die ILO-Kernarbeitsnormen (ILO: Internationale Arbeitsorganisation) halten, insbesondere an die zur Vereinsfreiheit und zum Recht auf Kollektivhandlungen, die Start- und Landerechte in Deutschland entzogen werden. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (19/6134) zugrunde.

Änderungsantrag der Linken zum Gesetzentwurf

In zweiter Lesung des Gesetzentwurfs wurde ein Änderungsantrag der Linken (19/6208) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie der FDP bei Enthaltung der AfD und Unterstützung der Grünen abgelehnt. Ziel ist es zu verhindern, dass die Beschäftigten von Ryanair und anderen Verkehrsfluggesellschaften ohne Not weitere vier Monate ohne den Schutz eines Betriebsrats bleiben.

Die dazu erforderliche Änderung des Paragrafen 117 des Betriebsverfassungsgesetzes soll nach dem Willen der Linken zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.

Antrag der Grünen zur Hofabgabeklausel

Schließlich stimmt der Bundestag auch über einen gemeinsamen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/4856) und Die Linke ab, die sog. Hofabgabeklausel endgültig abzuschaffen. Die Vorlage wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen AfD, FDP, Die Linke und Grüne abgelehnt. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (19/5139) zugrunde.

Die Grünen fordern in dem Antrag einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der die Pflicht zur Hofabgabe als Voraussetzung für einen Rentenanspruch nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (sog. Hofabgabeklausel) endgültig und in vollem Umfang streicht.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 30.11.2018

Rentenversicherungsbericht 2018 und Dritter Bericht zur Anhebung der Regelaltersgrenze beschlossen

„Die Sicherungslinien wirken“

Das Bundeskabinett hat am 28.11.2018 den Rentenversicherungsbericht 2018 sowie den dritten Bericht zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre beschlossen. Gemäß ihrer gesetzlichen Verpflichtung informiert die Bundesregierung mit dem Rentenversicherungsbericht jährlich über die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Bericht zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 beruht ebenfalls auf einem gesetzlichen Auftrag und dokumentiert die Entwicklung der Arbeitsmarktlage sowie die wirtschaftliche und soziale Situation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil:

„Der Rentenversicherungsbericht belegt, dass die Rentenfinanzen gut aufgestellt sind. Wir sehen zudem, dass die doppelte Sicherungslinie, die wir mit dem Rentenpakt einführen, wirkt. Bis zum Jahr 2025 beugt sie beim Sicherungsniveau einem Absinken unter 48 Prozent vor und verhindert beim Beitragssatz ein Überschreiten der Marke von 20 Prozent. All das bringt Verlässlichkeit für die gesetzliche Rente. Diesen Weg werden wir in den nächsten Jahren weitergehen, beispielsweise mit der Grundrente und der Absicherung von Selbständigen. Der beste Weg zu einer guten Absicherung im Alter ist und bleibt jedoch gute Arbeit und ein Erwerbsleben mit möglichst wenig Unterbrechungen. Auch deshalb ist das Qualifizierungschancengesetz wichtig. Denn es trägt nicht zuletzt zu einer besseren Alterssicherung vieler Beschäftigter bei.“

Zum Rentenversicherungsbericht 2018:

Angesicht der weiterhin positiven wirtschaftlichen Entwicklung zeigt der Rentenversicherungsbericht eine erfreuliche Finanzentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die wesentlichen Ergebnisse des Rentenversicherungsberichtes sind:

  • Für Ende 2018 wird eine Nachhaltigkeitsrücklage von rund 38 Milliarden Euro geschätzt.
  • Das Sicherungsniveau vor Steuern beträgt derzeit 48,1 Prozent. Ein Absinken des Sicherungsniveaus unter 48 Prozent wird bis zum Jahr 2025 durch die Sicherungslinie verhindert, die durch das Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt wird und die erstmals im Jahr 2021 greift.
  • Der Beitragssatz bleibt bis zum Jahr 2023 stabil bei 18,6 Prozent stabil. Anschließend steigt der Beitragssatz auf 19,9 Prozent im Jahr 2024 und würde im Jahr 2025 die Sicherungslinie von 20 Prozent überschreiten. Daher greift die Sicherungslinie und hält den Beitragssatz bei 20 Prozent stabil.
  • Längerfristig bleiben demographische Herausforderungen bestehen. Nach dem Jahr 2025 steigt der Beitragssatz weiter bis auf 22,1 Prozent im Jahr 2030. Zum Ende des Vorausberechnungszeitraums im Jahr 2032 beträgt er 22,5 Prozent. Ab dem Jahr 2026 sinkt das Sicherungsniveau vor Steuern unter 48 Prozent. Zum Ende des Vorausberechnungszeitraums im Jahr 2032 beträgt es 44,9 Prozent.

Zum dritten Bericht zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre:

Das Bundeskabinett hat am 28.11.2018 auch den dritten Bericht gemäß § 154 Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre beschlossen. Die Bundesregierung berichtet darin über die Entwicklung der Arbeitsmarktlage sowie die wirtschaftliche und soziale Situation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anhand zentraler Indikatoren.

Im Ergebnis hält die Bundesregierung die im Jahr 2007 beschlossene Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre weiterhin für notwendig und für vertretbar. Die stufenweise Einführung über den langfristigen Zeitraum bis zum Jahr 2031 schafft Planungssicherheit und verhindert, dass Beschäftigte und Unternehmen überfordert werden.

Die wesentlichen Ergebnisse des Berichtes zur Anhebung der Altersgrenze sind:

  • Die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat sich in den vergangenen Jahren ausgesprochen dynamisch entwickelt. Die Erwerbstätigenquote in der Altersgruppe der 60- bis 64-Jährigen ist seit 2000 stärker gestiegen als in allen anderen EU-Ländern, und zwar von 20 Prozent auf gut 58 Prozent im Jahr 2017.
  • Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter von 60 bis 64 Jahren ist seit dem Jahr 2000 bis 2017 um rund 1,5 Millionen auf 2,1 Millionen gestiegen. dieser Zuwachs geht mit einer steigenden Beschäftigungsquote einher, die bei den 60- bis 64-Jährigen mittlerweile rund 40 Prozent beträgt.
  • Immer mehr Unternehmen stellen sich den Herausforderungen des demografischen Wandels, zum Beispiel durch eine stärkere Einbindung Älterer in betriebliche Weiterbildung oder durch eine altersgerechte Ausstattung der Arbeitsplätze.

Quelle: BMAS, Pressemitteilung vom 28.11.2018

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin