Dynamische Verdienstgrenzen bei Minijobs

Berlin: (hib/CHE) Die Höchstgrenzen für geringfügig entlohnte Beschäftigung (Mini-Jobs) und Beschäftigung in der Gleitzone (Midi-Jobs) sollen nach dem Willen der FDP-Fraktion dynamisch erhöht werden können. Dazu haben die Liberalen einen Gesetzentwurf (19/4764) vorgelegt, in dem sie kritisieren, dass diese Verdienstgrenzen seit 2013 nicht angehoben worden seien, weil die derzeit starren Regelungen keine automatische Anpassung an die allgemeine Lohnentwicklung zulassen würden. Mit jeder Erhöhung des Mindestlohns würden sich deshalb die Stunden, die Beschäftigte im Rahmen von Mini- oder Midi-Jobs arbeiten dürften, reduzieren. Sie könnten damit auch nicht von den Erhöhungen des allgemeinen Mindestlohns oder der Lohnentwicklung insgesamt profitieren, schreibt die Fraktion.

Sie schlägt deshalb vor, die Verdienstgrenzen an die Entwicklung des Mindestlohns zu koppeln. Im kommenden Jahr soll die Verdienstgrenze bei geringfügiger Beschäftigung auf das 60-fache des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns festgelegt werden und bei Beschäftigung in der Gleitzone auf das 145-fache des Mindestlohns. Durch diese Änderung werde ein Automatismus eingeführt, der eine Anpassung der bisher starren Grenzen bei jeder Anpassung des Mindestlohns zulasse, heißt es im Entwurf der Liberalen.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 743/2018

Umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen GmbH und GbR: finanzielle Eingliederung

Keine finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine GbR gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bei fehlender Beteiligung der GbR an der GmbH und bei nicht mehrheitlicher GbR-Beteiligung der Anteilseignerin der GmbH; zu den Anforderungen an einen Vertrauensschutz bei Änderung von Verwaltungsanweisungen (hier: Übergangsregelung im BMF-Schreiben vom 5. Juli 2011, BStBl I 2011, 703).

Mit Urteil vom 17. Mai 2018 hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Az. 4 K 38/17) entschieden, dass eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen einer GbR (als potenzielle Organträgerin) und einer GmbH (als potenzielle Organgesellschaft) nicht besteht, wenn die GbR nicht an der GmbH und die Alleingesellschafterin der GmbH nicht mehrheitlich an der GbR beteiligt ist; es hatte zudem Aspekte des Vertrauensschutzes bei geänderten Verwaltungsanweisungen zu würdigen.

Die Klägerin war eine GmbH. Ihre Gesellschafterin G war zu 1/3 (später 50 %) an einer GbR beteiligt. Der Zweck der GbR war die gemeinsame Interessensvertretung im Hinblick auf die Leistungen innerhalb einer Kooperation, welche die GbR-Gesellschafter im Rahmen ihrer Beteiligungen an der Klägerin, der B-GmbH und einer weiteren Gesellschaft – der C-GmbH – gemeinsam erbrachten. Durch einige weitere Verträge wurden Leistungsbeziehungen zwischen der Klägerin und der GbR sowie zwischen der GbR und der B-GmbH und C-GmbH geknüpft. Im Rahmen dieser Vereinbarungen erbrachte die Klägerin Leistungen, welche formal über die GbR abgewickelt wurden, welche also formal an die GbR erbracht und von dieser direkt an die B-GmbH weitergeleitet wurden.

Das Gericht entschied, dass es für das Vorliegen einer Organschaft zwischen der Klägerin und der GbR an der dafür erforderlichen finanziellen Eingliederung mangle. Der Organträger müsse über eine – hier fehlende – eigene Mehrheitsbeteiligung an der Organgesellschaft verfügen, die sich entweder aus einer unmittelbaren Beteiligung oder mittelbar aus einer über eine Tochtergesellschaft gehaltenen Beteiligung ergebe. Es reiche nicht aus, dass die Alleingesellschafterin der GmbH zu 1/3 (später 50 %) an der GbR beteiligt sei. Die mangelnde finanzielle Eingliederung könne auch nicht durch das BMF-Schreiben vom 5. Juli 2011 (BStBl I 2011, 703) überwunden werden. Danach konnte für einen gewissen Zeitraum noch vom Vorliegen einer Organschaft ausgegangen werden, wenn sich die Anteile an der potenziellen Organtochter zwar nicht im Besitz der Personengesellschaft befanden, jedoch den Gesellschaftern der Personengesellschaft selbst zustanden. Hierauf konnte sich die Klägerin bereits deshalb nicht berufen, weil die Anteile an der Klägerin nur der G und nicht „den Gesellschaftern“ der GbR zustanden.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.10.2018 zum Urteil 4 K 38/17 vom 17.05.2018

Im Inland belegene Windkraftanlage einer ausländischen Gesellschaft kann als inländische Betriebsstätte i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG angesehen werden

Eine im Inland belegene Windkraftanlage, die von einer Personengesellschaft mit Sitz im Ausland betrieben wird, ist eine inländische Betriebsstätte i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG, wenn die Betriebsführung durch Fremdpersonal erfolgt und die Stromlieferungen aufgrund eines langfristigen Vertrags nur an einen Abnehmer erbracht werden.

Mit Urteil vom 17. Mai 2018 hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Az. 4 K 47/17) entschieden, dass eine im Inland belegene Windkraftanlage einer ausländischen Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen als eine inländische Betriebsstätte i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG angesehen werden kann.

Die Klägerin war eine Kommanditgesellschaft dänischen Rechts, die im Inland eine Windkraftanlage betrieb. Der Sitz der Klägerin befand sich in Dänemark. Die kaufmännische Führung, die Buchführung und der Zahlungsverkehr der Klägerin wurden durch eine dänische Gesellschaft als Projektinitiatorin von Dänemark aus erledigt. Die Klägerin selbst verfügt weder über ein Büro noch über eigene Mitarbeiter. Die kaufmännischen Entscheidungen der Klägerin wurden durch den Direktor der Komplementärin getroffen, der Angestellter bei der dänischen Projektinitiatorin war und von deren Büroräumen aus handelte. Durch den Direktor der Komplementärin wurden zudem die von der Klägerin abgeschlossenen Verträge unterzeichnet. Die Wartung und Betriebsführung wurden von zwei GmbHs durchgeführt. Der Strom wurde aufgrund eines langfristigen Vertrags an nur eine dänische Abnehmerin geliefert.

Im Streitfall war es i. S. d. § 13b Abs. 7 Satz 5 UStG zweifelhaft, ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 13b Abs. 7 Satz 1 und 2 UStG erfüllte. Zwischen den Beteiligten war streitig, ob die im Inland belegene Windkraftanlage der Klägerin die Voraussetzungen an eine inländische Betriebsstätte und eine feste Niederlassung erfüllt und die Klägerin damit als im Inland ansässiger Unternehmer anzusehen ist. Nach Auffassung des Senats hatte die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 13b Abs. 7 Satz 5 UStG, da sie weder ein im Ausland ansässiger Unternehmer i. S. d. § 13b Abs. 7 Satz 1 UStG noch ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer i. S. d. § 13b Abs. 7 Satz 2 UStG war. Denn bei der von der Klägerin im Inland betriebenen Windkraftanlage handelte es sich um eine inländische Betriebsstätte, die im Streitjahr 2017 an den streitigen Stromlieferungen beteiligt war.

Der 4. Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen V R 20/18 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.10.2018 zum Urteil 4 K 47/17 vom 17.05.2018 (nrkr – BFH-Az.: V R 20/18)

Kein Unterhaltsvorschuss bei mangelnder Mitwirkung der Kindesmutter an der Bestimmung des Kindesvaters

Ein Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz scheidet aus, wenn die Kindesmutter nicht das ihr Mögliche und Zumutbare unternimmt, um die Person des Kindesvaters bestimmen zu können. Sofern die Kindesmutter im Fall von Geschlechtsverkehr mit einem Unbekannten keine Angaben zur Identifizierung des Kindesvaters machen kann, obliegt es ihr, Nachforschungen zu dessen Person zeitnah nach Bekanntwerden der Schwangerschaft anzustellen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Das klagende Jobcenter gewährt zwei nichtehelich geborenen Zwillingen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SBG II – (sog. Hartz IV). Deren Mutter beantragte Unterhaltsvorschuss für die Zwillinge. Dabei gab sie an, der Vater sei unbekannt. Nach Belehrung über ihre Mitwirkungspflichten erklärte sie, den mutmaßlichen Vater habe sie am Fastnachtssonntag in einer Gaststätte in Koblenz kennengelernt, als sie alkoholisiert gewesen sei. Zu dessen Person könne sie nur sagen, dass er Südländer sei. An den Namen könne sie sich nicht erinnern. Es habe sie nicht interessiert. Etwa zwei Wochen später habe sie die Schwangerschaft festgestellt. Der beklagte Landkreis lehnt den Antrag auf Unterhaltsvorschuss ab, weil die Kindesmutter bei der Feststellung des anderen Elternteils unzureichend mitgewirkt habe.

Daraufhin erhob das Jobcenter Klage mit dem Ziel, den beklagten Landkreis zur Bewilligung von Unterhaltsvorschuss für die Zwillinge zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht Koblenz wies die Klage ab. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Oberverwaltungsgericht zurück.

Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, den der Kläger nach dem SBG II für die Zwillinge geltend machen könne, bestehe nach dem Unterhaltsvorschussgesetz unter anderem dann nicht, wenn der Elternteil, bei dem das an sich anspruchsberechtigte Kind lebe – regelmäßig die Kindesmutter -, sich weigere, bei der Feststellung der Vaterschaft des anderen Elternteils mitzuwirken. Zur Mitwirkung gehörten Angaben zur Bestimmung der Person des Kindesvaters. Diese seien erforderlich, damit das Land Unterhaltsansprüche gegen den Kindesvater nach dem Unterhaltsvorschussgesetz auf sich überleiten und so Erstattung der vorgeleisteten Gelder von ihm verlangen könne. Die Mitwirkungspflichten träfen die Kindesmutter im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Hier sei die Kindesmutter ihren Mitwirkungspflichten nur unzureichend nachgekommen. Ihre Angaben zum Kindesvater seien zu vage, um Anhaltspunkte zu dessen Ermittlung liefern zu können. Die Kindesmutter habe nicht unverzüglich die Nachforschungen zur Ermittlung des Kindesvaters angestellt, die ihr ohne weiteres möglich gewesen seien. Nach Feststellung der Schwangerschaft habe sie versuchen müssen, den Kindesvater in der Gaststätte in Koblenz, dem Ort des angeblichen Kennenlernens, anzutreffen oder dort Informationen über ihn zu beschaffen. Die Erfolgsaussichten eines solchen Ermittlungsversuchs ließen sich nicht prognostizieren. Es sei nicht auszuschließen, dass der Kindesvater die Kindesmutter wiedererkenne. Auch sei es möglich, dass sich deren Erinnerungen am Ort des Geschehens klärten. Ermittlungen nach dem Kindesvater habe sie unverzüglich nach Feststellung der Schwangerschaft durchführen müssen, weil die Erinnerungen der Beteiligten und möglicher Zeugen im Laufe der Zeit nachließen und sich dadurch die Erfolgsaussichten solcher Ermittlungen verringerten. Der Hinweis der Mutter, sie sei überzeugte Single, rechtfertige es nicht, ihren Kindern trotz Verletzung der Mitwirkungspflicht Unterhaltsvorschuss zu zahlen. Denn die Frage der Lebensweise sei von der Obliegenheit zu trennen, zu Gunsten der Kinder Nachforschungen nach deren Vater anzustellen.

Quelle: OVG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 09.10.2018 zum Urteil 7 A 10300/18.OVG vom 24.09.2018

Risiken der Altersversorgung

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung ( 19/4673 ) eingebracht. Mit dem Gesetz soll unter anderem ein besserer Schutz von Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern durchgesetzt werden. Versorgungsanwärter und Versorgungsempfänger sollen besser informiert werden. Außerdem wird der Ausbau des Risikomanagements der Pensionskassen und Pensionsfonds geregelt. Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung müssen sich in Zukunft auch intensiver mit den Risiken auseinandersetzen, denen sie ausgesetzt sind oder sein können und mit der Frage, wie mit diesen Risiken umzugehen ist. „Die Richtlinie gibt damit wichtige Impulse für die Bewältigung von Herausforderungen wie zum Beispiel dem Niedrigzinsumfeld oder dem demographischen Wandel“, erläutert die Bundesregierung.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 09.10.2018

Leistungen einer Gebäudefeuerversicherung als außerordentlicher Ertrag

Leistungen einer Gebäudefeuerversicherung mindern weder die Anschaffungskosten einer im Zwangsversteigerungsverfahren ersteigerten Brandruine noch die Herstellungskosten für den Wiederaufbau des Gebäudes. Vielmehr handelt es sich um einen außerordentlichen Ertrag, wenn die vereinnahmte Zahlung den Buchwert der Forderung übersteigt.

Die insoweit erzielten außerordentlichen Erträge sind nicht in den Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einzubeziehen.

Der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hatte mit der Entscheidung vom 15. November 2017 (Az. 5 K 181/14) die Frage zu klären, wie eine mit einem Zuschlagsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren erworbene Versicherungsentschädigung ertragsteuerlich einzuordnen und zu bilanzieren ist sowie ob und in welcher Höhe der Gewerbeertrag gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gekürzt werden kann.

Zwischen den Beteiligten war insbesondere streitig, ob die Zahlung des Feuerversicherers die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten gemindert hat.

Die Klägerin war eine Grundstücksgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Im Jahre 2007 ersteigerte sie für 1.200.000 Euro im Wege der Zwangsvollstreckung ein Grundstück einschließlich aufstehender Brandruine und Erstattungsansprüchen gegenüber dem Brandversicherer des Gebäudes. Das FA berücksichtigte die 2008 gezahlten Versicherungsleistungen, soweit sie den Buchwert der Forderung überstiegen, als außerordentlichen Ertrag. Die Klägerin machte mit Einspruch und Klage geltend, die erhaltene Versicherungsentschädigung, die an die Wiederherstellung des Gebäudes geknüpft sei, stelle eine Anschaffungspreisminderung i. S. des § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB dar.

Dem ist der Senat nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. In Anwendung der Grundsätze des Urteils des BFH vom 1. Dezember 1992 (Az. IX R 333/87) hat die Zahlung des Feuerversicherers weder die Anschaffungskosten noch die Herstellungskosten für den Wiederaufbau des Gebäudes gemindert. Vielmehr hat der Senat – wie das FA – einen außerordentlichen Ertrag angenommen, der sich gewinnerhöhend auswirkte. Der Senat hat darüber hinaus entschieden, dass die auf die außerordentlichen Erträge aus der Versicherungsentschädigung entfallenden Beträge und ein weiterer vom Zwangsverwalter gezahlter Betrag im Jahr 2009 nicht in den Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einbezogen werden können. Insoweit wurde davon ausgegangen, die die außerordentlichen Erträge aus der Versicherungsentschädigung im Rahmen der Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermögens und nicht eigenen Grundbesitzes erfolge. Sie entstammten aus dem Erwerb der Kapitalforderung (Forderung gegen die Versicherung auf Versicherungsentschädigung) und seien dem Umstand geschuldet, dass die in 2008 und 2009 erzielten Einnahmen aus der Forderung die Anschaffungskosten überstiegen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.10.2018 zum Urteil 5 K 181/14 vom 15.11.2017 (rkr)

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mietzinsen im Zusammenhang mit vor dem Bilanzstichtag ausgeschiedenem Umlaufvermögen

Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1d GewStG, wenn sie zu Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens geführt haben, und diese („unterjährig“) vor dem Bilanzstichtag aus dem Betriebsvermögen ausscheiden.

Mit Urteil vom 21. März 2018 (Az. 1 K 243/15, veröffentlicht u. a. in EFG 2018, 1284) hat der 1. Senat des Finanzgerichts entschieden, dass Miet- und Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zu Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens führen, jedenfalls in den Fällen gem. § 8 Nr. 1d GewStG dem Gewinn (anteilig) hinzuzurechnen sind, in denen die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens vor dem Bilanzstichtag, also „unterjährig“, aus dem Betriebsvermögen ausscheiden.

Die Klägerin, eine Baugesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, hatte im Streitjahr 2008 in großem Umfang Zubehör für Baustelleneinrichtungen (Betonpumpen, Systemschalungen, Bauzäune, Unterkünfte etc.) angemietet und dafür Entgelte in einer Gesamthöhe von ca. 925.000 Euro entrichtet. Im Anschluss an eine Außenprüfung rechnete das Finanzamt die darin enthaltenen Finanzierungsentgelte gem. § 8 Nr. 1d GewStG dem Gewinn hinzu, soweit sie nicht von der Klägerin auf den 31. Dezember 2008 als Herstellungskosten für teilfertige Arbeiten aktiviert worden waren.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage. Auch soweit die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens vor dem Bilanzstichtag, also „unterjährig“ aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden seien, seien die Finanzierungsanteile in den Mieten/Pachten als Baustelleneinzelkosten zu qualifizieren, die zu Herstellungskosten des Umlaufvermögens führten. Unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Aktivierung verlören die Mieten/Pachten ihren Aufwandscharakter stets zu dem Zeitpunkt, zu dem sie als Herstellungskosten zu qualifizieren seien. Gem. § 253 HGB sei dies der Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen, also schon der Beginn der Herstellung des Wirtschaftsguts.

Dem ist der 1. Senat nicht gefolgt. Gem. § 8 Nr. 1d GewStG erfolge eine (anteilige) Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen, soweit die Beträge bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden seien. Das sei vorliegend der Fall gewesen, soweit eine Aktivierung bei den teilfertigen Arbeiten nicht erfolgt sei, weil die entsprechenden Wirtschaftsgüter schon vor dem Bilanzstichtag wieder aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden seien.

Allein dadurch, dass es sich bei den Mieten/Pachten um Herstellungskosten des Umlaufvermögens handele, verlören sie nicht ihren Charakter als Miet-/Pachtzinsen. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BFH zu Bauzeitzinsen (BFH-Urteile vom 10. März 1993 Az. I R 59/92 und vom 30. April 2003 Az. I R 19/02). Fraglich sei bereits, ob die BFH-Rechtsprechung, die sich auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beziehe, auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens übertragen werden könne. Jedenfalls könne dies aber nur insoweit in Betracht kommen, wie der Miet-/Pachtaufwand – auf der Grundlage einer saldierenden Betrachtung – am Bilanzstichtag durch die Aktivierung teilfertiger Arbeiten und den mit dieser Bestandserhöhung einhergehenden Ertrag egalisiert werde. Das sei bei Miet-/Pachtaufwand für Wirtschaftsgüter, die „unterjährig“ aus dem Betriebsvermögen ausschieden, aber gerade nicht der Fall. Zwar sei der Klägerin zuzugeben, dass die Differenzierung danach, ob ein Wirtschaftsgut vor oder nach dem Bilanzstichtag aus dem Betriebsvermögen ausscheide, hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung zu zufälligen Ergebnissen führen könne. Dem sei aber nicht durch eine einschränkende Auslegung der Hinzurechnungsvorschriften Rechnung zu tragen; vielmehr sei zu überdenken, ob die vom BFH bei den Bauzeitzinsen praktizierte saldierende Betrachtungsweise bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens überhaupt angebracht sei.

Der 1. Senat hat die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen III R 24/18 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.10.2018 zum Urteil 1 K 243/15 vom 21.03.2018 (nrkr – BFH-Az.: III R 24/18)

Vorsteuer: Immobilienvermietung durch Gemeinde einschließlich Lieferung von gemeindeeigen produzierter Wärme als einheitliche (Vermietungs-)Leistung

Bei der Vermietung von Immobilien einschließlich der Lieferung von – in einer eigenen Hackschnitzelheizung produzierten – Wärme handelt es sich um eine einheitliche (Vermietungs-) Leistung, sodass die Eingangsleistungen für die Errichtung der Heizung insoweit für steuerfreie Ausgangsumsätze verwendet wurden und der Vorsteuerabzug damit gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausscheidet.

Mit Urteil vom 17. Mai 2018 hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Az. 4 K 15/17) entschieden, dass der Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen für die Errichtung einer Heizungsanlage ausscheidet, soweit die in der Heizungsanlage produzierte Wärme an Personen geliefert wird, welche diese Wärme im Zusammenhang mit (umsatzsteuerfreien) Vermietungsleistungen des Heizungsinhabers beziehen.

Die Klägerin war eine Gemeinde, welche in den Jahren 2012 und 2013 eine Hackschnitzelheizungsanlage mit dazugehörigem Wärmenetz errichtete, um sowohl in der Gemeinde ansässige Gewerbebetriebe und Privathaushalte als auch gemeindeeigene Liegenschaften zu versorgen, wobei die gemeindeeigenen Liegenschaften teilweise (hoheitlich) selbst genutzt und teilweise vermietet werden. Die Wärmelieferungen an gemeindefremde Liegenschaften wurden unstreitig dem umsatzsteuerpflichtigen und damit den Vorsteuerabzug ermöglichenden Bereich zugeordnet. Die Wärmelieferungen an die gemeindeeigenen Liegenschaften, welche dem (hoheitlichen) selbst genutzten Bereich der Gemeinde dienten, wurden unstreitig dem nichtsteuerbaren – und damit den Vorsteuerabzug ausschließenden – Bereich zugeordnet. Streitig war zwischen den Beteiligten der Bereich der Liegenschaften, welche von der Gemeinde (umsatzsteuerfrei) fremdvermietet und zugleich mit Wärme aus der Hackschnitzelanlage beliefert wurden.

Das Gericht entschied, dass der Vorsteuerabzug insoweit gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausschied. Denn die Vermietungs- und Wärmeleistungen stellten nach Auffassung des Senats eine einheitliche Leistung dar, bei welcher die – steuerfreie und damit den Vorsteuerabzug ausschließende – Vermietungsleistung prägend ist.

Da der Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Belieferung von gemeindefremden Liegenschaften dagegen möglich war, waren die Beträge aufzuteilen. Die Aufteilung des Vorsteuerabzugs erfolgte dabei anhand eines Verteilungsschlüssels, der nach der gelieferten Wärmemenge in Kilowattstunden berechnet wurde.

Der 4. Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.10.2018 zum Urteil 4 K 15/17 vom 17.05.2018

Zum Vorsteuerabzug bei Abrissleistungen

Keine Vorsteuer aus Abrissleistungen, wenn zwar das abgerissene Gebäude zuvor umsatzsteuerpflichtig genutzt wurde, der Abriss jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit zukünftigen (beabsichtigten) steuerfreien Ausgangsumsätzen steht.

Mit Urteil vom 10. Mai 2018 hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Az. 4 K 10124/17) entschieden, dass einem Unternehmer kein Vorsteuerabzug aus einer Abrissleistung zusteht, wenn das Gebäude zwar früher umsatzsteuerpflichtig genutzt wurde, die Abrissleistung aber (auch) mit zukünftigen Leistungen im Zusammenhang stand und bei diesen zukünftigen Leistungen nicht belegt ist, dass sie zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem sich ein Gebäude für ein Autohaus mit dazugehöriger Reparaturwerkstatt und Tankstelle befand. Das Grundstück wurde in der Vergangenheit zunächst jahrzehntelang umsatzsteuerpflichtig vermietet. Aufgrund des maroden Zustandes des Gebäudes endete das letzte Mietverhältnis zum 3. Quartal 2012. Im März 2013 wurde eine Abbruchgesellschaft mit dem Abriss des Gebäudes beauftragt.

Die Klägerin war der Auffassung, dass sie die Vorsteuern aus der Abrissrechnung geltend machen könne. Das Gebäude sei immer und auch bis zuletzt umsatzsteuerpflichtig vermietet gewesen. Außerdem sei geplant, ein neues Gebäude zu errichten und dies steuerfrei zu vermieten. Das Finanzamt verneinte die Vorsteuerabzugsberechtigung, da nicht belegt sei, dass die geplante Nutzung tatsächlich steuerpflichtig erfolgen solle. Das Gericht lehnte den Vorsteuerabzug ab. Dabei ging es davon aus, dass ein umsatzsteuerrechtlich relevanter Zusammenhang der Abrisskosten nicht mit den früheren (umsatzsteuerpflichtigen) Umsätzen, sondern mit (zukünftigen) geplanten Umsätzen bestehe.

Bezüglich dieser zukünftigen Umsätze sei jedoch nicht hinreichend belegt, dass es sich dabei um den Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze handle.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.10.2018 zum Urteil 4 K 10124/17 vom 10.05.2018

Mehrwertsteuerbetrug: Rat einigt sich darauf, eine befristete generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft zu gestatten

Am 2. Oktober hat der Rat einem Vorschlag zugestimmt, der befristete Ausnahmen von den normalen MwSt-Regeln vorsieht.

Dank der vorgeschlagenen Richtlinie können die Mitgliedstaaten, die am stärksten von Mehrwertsteuerbetrug betroffen sind, eine befristete generelle Umkehrung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft anwenden.

Dieses sogenannte „Reverse-Charge“-Verfahren beinhaltet die Verlagerung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft vom Lieferer bzw. Dienstleister auf den Erwerber. Die Kommission hat den Vorschlag im Dezember 2016 auf Ersuchen der besonders von Mehrwertsteuerbetrug betroffenen
Mitgliedstaaten vorgelegt.

„Diese Richtlinie wird eine Lösung für Mitgliedstaaten bieten, die mit weitverbreitetem Karussellbetrug konfrontiert sind“, sagte Hartwig Löger, Minister der Finanzen Österreichs, das derzeit den Ratsvorsitz innehat. „Es handelt sich um eine – befristete – Ausnahmeregelung, die sich als effiziente Methode zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs erweisen könnte.“

Die Mitgliedstaaten werden die generelle Umkehrung der
Steuerschuldnerschaft nur auf inländische Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen oberhalb eines Schwellenwerts von 17 500 € je Umsatz, nur bis zum 30. Juni 2022 und unter sehr strengen technischen Voraussetzungen anwenden können. Insbesondere muss in einem Mitgliedstaat, der diese Maßnahme anzuwenden wünscht, der Anteil des Karussellbetrug an der Mehrwertsteuerlücke 25 % betragen. Dieser Mitgliedstaat muss unter anderem angemessene und effiziente elektronische Berichtspflichten für alle Steuerpflichtigen einrichten, insbesondere für diejenigen, auf die das Verfahren angewandt wird.

Die generelle Umkehrung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft kann nur dann von einem Mitgliedstaat angewandt werden, wenn er die einschlägigen Kriterien erfüllt und wenn sein Antrag vom Rat genehmigt wurde. Die Anwendung dieser Maßnahme unterliegt zudem strengen Schutzvorkehrungen der EU.

Schwachstellen im Mehrwertsteuersystem machen die Mitgliedstaaten anfällig für Betrug, was manchmal ernste Folgen für die Staatshaushalte hat. Dies gilt insbesondere für grenzüberschreitende Umsätze.

Eine häufige Betrugsform ist der „Karussell-“ oder „Missing-Trader“-Betrug, bei dem Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen gekauft und weiterverkauft werden, ohne dass Mehrwertsteuer entrichtet wird.

Das „Reverse-Charge“-Verfahren kann bereits vorübergehend, jedoch nicht generell angewandt werden. Nach den geltenden Vorschriften ist es auf eine im Voraus festgelegte Liste von Sektoren beschränkt. Es darf nur von einem Mitgliedstaat angewandt werden, der einen spezifischen Antrag gestellt und die Genehmigung des Rates dafür erhalten hat.

Die Richtlinie wird eine kurzfristige Lösung für die Eindämmung von Betrug durch die am stärksten davon betroffenen Mitgliedstaaten bieten, solange die Beratungen über ein neues und endgültiges Mehrwertsteuersystem , bei dem Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen im Bestimmungsland besteuert würden, noch andauern. Die Kommission hat kürzlich die Vorschläge vorgelegt, die auf die Ersetzung der derzeitigen „übergangsweise geltenden“ Mehrwertsteuerregelungen durch ein
endgültiges Mehrwertsteuersystem abstellen.

Verfahren

Auf einer Tagung des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ wurde eine Einigung erzielt. Die Richtlinie wird voraussichtlich ohne Aussprache angenommen, sobald das Europäische Parlament Stellung genommen hat.
Nach Anhörung des Europäischen Parlaments kann der Rat die Richtlinie nur einstimmig annehmen. (Rechtsgrundlage: Artikel 113 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.)

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Quelle: Rat der EU, Pressemitteilung v. 02.10.2018 (Ls)

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin