Kindergeldanspruch: Wohnsitz im Inland als Voraussetzung

Kindergeldanspruch: Wohnsitz im Inland als Voraussetzung

 

Wer während eines befristeten Auslandsaufenthalts das angemietete Einfamilienhaus zusammen mit Lebensgefährtin und gemeinsamem Kind als einzige Wohnung ständig nutzt, hat weiterhin im Inland einen Wohnsitz. Das gilt insbesondere dann, wenn Miet- und Versorgungsverträge unverändert fortgeführt werden und das Haus in einem ständig nutzungsbereiten Zustand beibehalten wird.

 

Hintergrund

Der Kläger nahm ab 1.12.2014 eine auf 3 Jahre befristete Beschäftigung im Ausland auf. Der Familienkasse teilte er mit, dass der Wohnsitz sowie der Lebensmittelpunkt der Eltern und der Kinder in Deutschland unter der gemeldeten Adresse bleiben. Denn die Entsendung war auf 3 Jahre befristet. Die Familienkasse hob jedoch die Kindergeldfestsetzung ab 1.12.2014 auf. Sie war der Ansicht, dass das alleinige “Innehaben einer Wohnung” für das Beibehalten eines Wohnsitzes nicht ausreicht. Vielmehr muss der Steuerpflichtige die Wohnung jährlich mindestens regelmäßig zweimal zu Wohnzwecken für einige Wochen nutzen. Nach der Entsendung plante der Kläger, an die ursprüngliche Tätigkeitsstätte zurückzukehren. Der Wohnsitz im Inland sollte dann wieder alleiniger Wohnsitz werden.


Entscheidung

Das Finanzgericht folgte den Argumenten des Klägers und gab der Klage statt. Bis zum Beginn seines Auslandseinsatzes hatte der Kläger einen Wohnsitz im Inland gehabt. Diesen gab er nicht mit Beginn seines Auslandseinsatzes auf. Das galt nach Ansicht der Richter auch, obwohl seine Familie mit ihm gegangen war. Denn der Kläger hatte das Einfamilienhaus unverändert und vollständig eingerichtet behalten sowie die Versorgungsverträge weiterlaufen lassen. Damit hatte der Kläger das Einfamilienhaus für eine jederzeitige Nutzung während des Auslandseinsatzes bereitgehalten.

Aus den Verwaltungsvorschriften war nicht zu entnehmen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung jährlich regelmäßig zweimal zu Wohnzwecken über einige Wochen nutzen muss, damit er seinen Wohnsitz im Inland beibehält.

Insolvenzverfahren: Wann ist eine Kündigung des Insolvenzverwalters wirksam?

Insolvenzverfahren: Wann ist eine Kündigung des Insolvenzverwalters wirksam?

 

Ein Insolvenzverwalter darf sich nicht darauf verlassen, dass eine Kündigung, die bereits ausgesprochen wurde, tatsächlich wirksam ist. Deshalb muss er nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit erneut kündigen, um damit die Entstehung eines Anspruchs auf Annahmeverzugslohn als Neumasseverbindlichkeit zu verhindern.

 

Hintergrund

Die Arbeitnehmerin war als Filialleiterin bei einer Drogeriekette beschäftigt. Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet worden war, kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis. Gleichzeitig stellte er sie von der Pflicht zur Arbeit frei. Danach zeigte der Insolvenzverwalter die drohende Massenunzulänglichkeit an, da die vorhandene Masse nicht ausreichte, um die Masseverbindlichkeiten und die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken.

In einem Kündigungsschutzprozess wurde die Kündigung der Arbeitnehmerin für unwirksam erklärt. Das Arbeitsverhältnis endete erst nach einer weiteren Kündigung des Insolvenzverwalters. Von dem Insolvenzverwalter forderte sie die Zahlung von Annahmeverzugslohn für den Zeitraum zwischen dem frühestmöglichen Kündigungstermin und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

 

Entscheidung

Vor dem Bundesarbeitsgericht bekam die Arbeitnehmerin recht. Ihr stand eine Annahmeverzugsvergütung trotz zuvor erfolgter Freistellung und streitiger Kündigung als Neumasseforderung zu.

Die Insolvenzordnung legt den Termin fest, bis zu dem der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis spätestens beendet haben muss, um Neumasseverbindlichkeiten zu vermeiden. Bei dem von der Arbeitnehmerin geltend gemachten Annahmeverzugslohn für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem ihr der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte, handelte es sich folglich um eine Neumasseverbindlichkeit.

Die Richter betonten, dass der Insolvenzverwalter das Risiko trägt, dass sich diese Kündigung als unwirksam erweist und damit Neumasseverbindlichkeiten begründet werden. Das Gleiche gilt, wenn der Insolvenzverwalter erstmals nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigt und diese Kündigung unwirksam ist.

Massenentlassungen: Kein Kündigungsschutz für Schwangere

Massenentlassungen: Kein Kündigungsschutz für Schwangere

 

In bestimmten Fällen ist auch die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin zulässig – so z. B. bei Massenentlassungen. Dies hat aktuell der Europäische Gerichtshof entschieden.

 

Hintergrund

Eine spanische Arbeitnehmerin war in der Provinz Katalonien bei einer Bank tätig. Im Zusammenhang mit einem Massenentlassungsverfahren hatte der Arbeitgeber auch ihr gegenüber die Kündigung ausgesprochen. Die maßgeblichen Kriterien dafür, welchen Arbeitnehmern gekündigt werden sollte und welche in dem Unternehmen weiter beschäftigt werden, hatte der Arbeitgeber zuvor mit der Arbeitnehmervertretung vereinbart und der Bankangestellten mitgeteilt. Gegen die Kündigung wehrte sich die Arbeitnehmerin mit ihrer Klage.

Das zuständige spanische Gericht wandte sich an den Europäischen Gerichtshof mit der Frage, wie in dem konkreten Fall die EU-Richtlinie zum Kündigungsschutz für Schwangere auszulegen ist.

 

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof hielt die Kündigung der schwangeren Arbeitnehmerin aufgrund einer Massenentlassung für zulässig. Dabei kam es wesentlich auf die Gründe an, aus denen die Kündigung erfolgte. So war zwar eine Kündigung, deren Gründe mit der Schwangerschaft der betroffenen Arbeitnehmerin zusammenhängen, europarechtlich verboten. Aus anderen Gründen, die nichts mit der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin zu tun hatten, konnte dagegen eine Kündigung erfolgen.

Kündigungen aufgrund einer Massenentlassung, deren Kündigungsgrund nicht in der Person des Arbeitnehmers liegt, zählen somit laut Europäischem Gerichtshof zu den nach der EU-Richtlinie zulässigen Ausnahmefällen.

Studium nach Ausbildung: Müssen das die Eltern noch finanzieren?

Studium nach Ausbildung: Müssen das die Eltern noch finanzieren?

 

Absolviert ein Kind nach dem Besuch der Realschule, dem Abschluss einer Lehre und einem weiteren Schulbesuch auch noch ein Studium, stellt sich die Frage, ob die Eltern auch dafür noch Unterhalt zahlen müssen. Das Oberlandesgericht Oldenburg bejahte eine Unterhaltspflicht der Eltern.

 

Hintergrund

Die Tochter der Klägerin schloss die Realschule erfolgreich ab und absolvierte im Anschluss daran eine Ausbildung. Ursprünglich wollte sie danach im Ausbildungsberuf arbeiten, entschloss sich dann jedoch dazu, sowohl die Fachoberschule zu durchlaufen als auch ein Fachhochschulstudium anzugehen. Während des Studiums erhielt sie finanzielle Unterstützung: BAföG in Höhe von 413 EUR pro Monat.

Das BAföG-Amt verlangte von der Klägerin die Rückzahlung dieser Unterstützung. Seiner Ansicht nach war die Mutter unterhaltspflichtig, da der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf umfasst.

Die Klägerin verweigerte die Zahlung.

 

Entscheidung

Das Oberlandesgericht entschied, dass die Klägerin als Mutter die Ausbildungskosten bis einschließlich des Fachhochschulstudiums tragen musste. Voraussetzung für einen Unterhaltsanspruch der Tochter ist insbesondere, dass zwischen Ausbildung und Studium ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht. Ausbildung und Studium müssen sich also inhaltlich sinnvoll ergänzen.

Dies sahen die Richter vorliegend als erfüllt an.

Zwar verlangt der Bundesgerichtshof nach seiner derzeitigen Rechtsprechung bei einer Konstellation wie dieser einen früheren und für die Eltern erkennbaren Studienentschluss bereits zu Beginn der Ausbildung. Dass der Studienentschluss von vornherein oder jedenfalls noch vor Beendigung der Lehre gefasst wird, verlangt der Bundesgerichtshof allerdings nicht. Er kann deshalb noch nach der Lehre gefasst werden.

Sportveranstaltung des Arbeitgebers: Wann liegt ein Arbeitsunfall vor?

Sportveranstaltung des Arbeitgebers: Wann liegt ein Arbeitsunfall vor?

 

Ob eine vom Arbeitgeber organisierte Sportveranstaltung eine versicherte Tätigkeit darstellt, hängt insbesondere davon ab, ob die Gemeinschaft oder der Wettkampfcharakter im Vordergrund steht.

 

Hintergrund

Ein Arbeitgeber organisierte ein Volleyballturnier. An diesem nahmen 150 bis 200 Beschäftigte teil. Darüber hinaus waren auch Familienmitglieder und weitere Zuschauer eingeladen. Bei dem Turnier zog sich eine Arbeitnehmerin eine Knieverletzung zu. Diesen machte sie als Arbeitsunfall geltend.

 

Entscheidung

Die Klage der Arbeitnehmerin hatte keinen Erfolg, das Sozialgericht verneinte einen Arbeitsunfall. Damit eine versicherte Tätigkeit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung angenommen werden kann, muss sich die entsprechende Veranstaltung an alle Betriebsangehörigen richten, um die Zusammengehörigkeit zu fördern. Wenn allerdings auch andere Personen neben den Beschäftigten eingeladen werden und ein Rahmenprogramm für die nicht sportinteressierten Arbeitnehmer fehlt, ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Denn dadurch ist ein Teil der Beschäftigten von vornherein von der Veranstaltung ausgeschlossen. Stehen zudem Freizeit und Unterhaltung bzw. sportliche Interessen im Vordergrund, fehlt es ebenfalls an einem betrieblichen Zusammenhang, um einen Arbeitsunfall bejahen zu können. Da es sich im vorliegenden Fall um eine rein sportliche Veranstaltung mit Wettkampfcharakter handelte und die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls nicht im Vordergrund stand, war die Teilnahme keine versicherte Tätigkeit. Damit war die Knieverletzung der Arbeitnehmerin kein Arbeitsunfall.

Konkretisierung der Belegvorhaltepflicht

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens gilt im Rahmen der Abgabe der Steuererklärungen ab dem Veranlagungszeitraum 2017 an Stelle der bisherigen Belegvorlagepflicht die Beleg vorhalte pflicht.

Detaillierte, katalogisierte, auf den Einzelfall bezogene und dennoch allgemein gültige Konkretisierungen zur Belegvorhaltepflicht kann die Thüringer Steuerverwaltung nicht zur Verfügung stellen. Grundsätzlich gilt jedoch Folgendes:

Die Thüringer Steuerverwaltung empfiehlt im Unterschied zu einzelnen anderen Bundesländern nicht, dass mit der Steuererklärung grundsätzlich und immer auf die Einreichung jeglicher Belege verzichtet werden soll.

Durch die Belegvorhaltepflicht werden Art, Umfang und Tiefe der Prüfung der jeweiligen Steuererklärung nicht geändert. An der bereits bestehenden risikoorientierten Bearbeitungsweise wird auch zukünftig festgehalten.

Daraus ergeben sich folgende, allgemein zu beachtende Hinweise:

Auf Beraterseite bestehen Erfahrungen, bei welchen Sachverhalten in der Vergangenheit Belege angefordert wurden. Es ist deshalb grundsätzlich zielführend, in gleichgelagerten Fällen auch in Zukunft schon mit der Steuerklärung die Belege einzureichen, die erfahrungsgemäß nachgefordert werden.

Allgemein gilt, dass je bedeutender der steuerliche Sachverhalt ist, umso sinnvoller ist es, den Beleg sofort einzureichen, da die Anforderungen an die Belegvorlage mit der steuerlichen Bedeutung steigen. Dies ist z. B. der Fall bei einem Sachverhalt, wenn er

  • neu bzw. erstmalig oder einmalig ist,
  • einen außergewöhnlichen (Geschäfts-) Vorfall darstellt,
  • sich gegenüber dem Vorjahr erheblich ändert oder
  • eine spürbare steuerliche Auswirkung nach sich zieht.

Ganz allgemein und grundsätzlich kann tendenziell die Wahrscheinlichkeit einer Rückfrage/Beleganforderung durch Beachtung folgender Hinweise reduziert werden:

  • Machen Sie möglichst genaue und aussagekräftige Angaben.
  • Geben Sie keine Gesamtsummen an, sondern – wenn möglich – die Einzelpositionen und nutzen Sie die Mehrfachzeilenindices.
  • Prüfen Sie auch die allgemeinen Angaben zur steuerpflichtigen Person/zu den steuerpflichtigen Personen auf Aktualität (z. B. hinsichtlich der Bankverbindung).
  • Geben Sie die Daten kennzifferngerecht in die Steuererklärung ein.
  • Sofern Sie mit der Steuererklärung Belege angekündigt haben, reichen Sie diese bitte zeitnah ein.
  • Legen Sie Anträge und sonstige Schreiben nicht den Belegen bei, sondern senden Sie diese zur schnelleren Zuordnung getrennt.
  • Reichen Sie authentifizierte Erklärungen nicht zusätzlich in Papierform ein.
  • Reichen Sie die Erklärungen eines Steuerfalls nach Möglichkeit gemeinsam ein.
  • Reichen Sie Belege – bis zur Möglichkeit einer digitalen Belegübermittlung – in Papierform ein.
Thüringer Landesfinanzdirektion

Einkommensteuerliche Behandlung der Abgaben der Notare an die Notarkasse (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG )

Ich bitte, den Teil der Abgaben der Notare an die Notarkasse, der als Beitrag für die eigene Ruhestands- und Hinterbliebenenversorgung anzusehen und somit im Rahmen der Sonderausgaben abzugsfähig ist, wie folgt anzusetzen:

 2005  5.253 €  (FMS vom 25.01.2006, Az.: 32 – S 2221 – 001 – 2 625/06 )
 2006  5.306 €  (FMS vom 22.03.2007, Az.: 32 – S 2221 – 001 – 10 652/07 )
 2007  5.346 €  (FMS vom 21.02.2008, Az.: 32 – S 2221 – 001 – 6 465/08 )
 2008  5.412 €  (FMS vom 09.03.2009, Az.: 32 – S 2221 – 001 – 7 908/09 )
 2009  5.578 €  (FMS vom 11.02.2010, Az.: 32 – S 2221 – 001 – 5 679/10 )
 2010  5.668 €  (FMS vom 01.03.2011, Az.: 32 – S 2221 – 001 – 8 123/11 )
 2011  5.680 €  (FMS vom 14.02.2012, Az.: 32 – S 2221 – 001 – 5 093/12 )
 2012  5.818 €  (FMS vom 07.02.2013; Az.: 32 – S 2221 – 001 – 5 188/13 )
 2013  6.047 €  (FMS vom 27.02.2014; Az.: 32 – S 2221 – 001 – 7 921/14 )
 2014  6.226 €  (FMS vom 02.02.2015; Az.: 32 – S 2221 – 1/10/1 )
 2015  6.335 €  (FMS vom 29.01.2016; Az.: 32 – S 2221 – 1/10/3 )
 2016  6.479 €  (FMS vom 25.01.2017; Az.: 32 – S 2221 – 1/10/6 )
 2017  6.633 €  (FMS vom 30.01.2018; Az.: 32 – S 2221 – 1/10/8 )

 

Leistet ein Notar in Einzelfällen geringere Abgaben an die Notarkasse, so ist der insgesamt gezahlte Betrag als auf die eigene Ruhestands- und Hinterbliebenenversorgung entfallend zu behandeln.

Soweit die Notarkasse in den einzelnen Jahren einen Teil der geleisteten Abgaben den Notaren zurückerstattet, mindern diese Rückerstattungsbeiträge die als Betriebsausgaben zu berücksichtigenden Ausgaben.

Bayerisches Landesamt für Steuern – S 2221.1.1-2/57 St32

 

Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG ) – Nutzung der Anlage EÜR und elektronische Übermittlungspflichten ab dem Veranlagungszeitraum 2017

Laut BMF-Schreiben vom 09.10.2017 (BStBl 2017 I S. 1381 ) ist ab dem Veranlagungszeitraum 2017 die Regelung, nach der bei Betriebseinnahmen von weniger als 17.500 Euro der Steuererklärung anstelle des Vordrucks Anlage EÜR eine formlose Gewinnermittlung beigefügt werden durfte, nicht mehr anzuwenden. Nach Wegfall dieser Nichtbeanstandungsregelung sind ab dem VZ 2017 grundsätzlich alle Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, zur Nutzung der Anlage EÜR (incl. Anlage AVEÜR) und zu deren authentifizierter Übermittlung verpflichtet. Formlose Gewinnermittlungen genügen diesen Anforderungen nicht.

Auf Bund-Länder-Ebene wurden für die Nutzung und elektronische Übermittlung der Anlage EÜR ab dem VZ 2017 folgende Ausnahmeregelungen getroffen:

Sowohl bei einer  Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG als auch bei Unterschreiten der 410-Euro-Grenze des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG und gleichzeitigem Vorliegen mindestens eines Veranlagungsgrunds nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 bis 7 EStG   ist zwar die Anlage EÜR (in Papierform) zu verwenden, es besteht jedoch grundsätzlich keine Verpflichtung zur Übermittlung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes durch Datenfernübertragung. Wird hingegen in diesen Fällen die Einkommensteuererklärung freiwillig durch Datenfernübertragung übermittelt, so muss auch die Anlage EÜR elektronisch übermittelt werden.

Ehrenamtlich Tätige , deren Einnahmen nach den §§ 3 Nr. 26, 26a oder 26b EStG insgesamt steuerfrei bleiben, sind – unabhängig vom Bestehen einer individuellen Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung – nicht verpflichtet, eine Anlage EÜR (weder in Papierform noch als Datensatz) an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Übersteigen die Einnahmen die Freibeträge oder werden anstelle bzw. zusätzlich zu den Freibeträgen die tatsächlich angefallenen Betriebsausgaben abgezogen, ist wiederum zwingend die Anlage EÜR zu nutzen. Eine Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Anlage EÜR ergibt sich hier aber nur, wenn die ermittelten Einkünfte (Einnahmen nach Abzug von Freibeträgen und/oder Betriebsausgaben) die Grenze von 410 Euro überschreiten.

Kommt eine Veranlagung nach § 46 EStG nicht in Betracht , muss eine Anlage EÜR weder auf dem Papiervordruck noch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz übermittelt werden.

Bei  Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung nach § 149 Abs. 1 S. 2 AO   ist auf die vorgeschriebene Verwendung der Anlage EÜR hinzuweisen, jedoch besteht eine Verpflichtung zur Übermittlung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes durch Datenfernübertragung nur bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Übermittlung der Einkommensteuererklärung nach § 25 Abs. 4 S. 1 EStG . Ich empfehle, bereits in das Aufforderungsschreiben zu einer Anforderung nach § 149 Abs. 1 S. 2 AO einen Hinweis aufzunehmen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Absatz 4 Satz 1 EStG sowohl die Steuererklärung als auch die Anlage EÜR (§ 60 Absatz 4 EStDV ) nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln sind.

Auf Antrag ist entsprechend § 150 Abs. 8 AO eine Ausnahme von der elektronischen Übermittlungspflicht zudem für  Härtefälle  möglich.

Gemeinnützige Körperschaften i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG   müssen für ihre Zweckbetriebe oder steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe, deren Einnahmen insgesamt 35.000 Euro nicht überschreiten, keine formale Gewinnermittlung erstellen. Folgerichtig besteht in diesen Fällen auch weder eine Pflicht zur Benutzung des Vordrucks Anlage EÜR (in Papierform) noch eine Verpflichtung zur Übermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung.

OFD Nordrhein-Westfalen v. 

Streitpunkt Heizkosten: Der Bundesgerichtshof urteilt mieterfreundlich

Streitpunkt Heizkosten: Der Bundesgerichtshof urteilt mieterfreundlich

 

Wenn ein Mieter die Richtigkeit einer Betriebskostenabrechnung bestreitet, muss der Vermieter nachweisen, dass die Abrechnung korrekt ist. Dabei muss er dem Mieter Einsicht in die Ablesebelege der anderen Mieter gewähren, auch wenn kein besonderes Interesse vorliegt.

 

Hintergrund

Die Mieter einer Dreizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 94 Quadratmetern sollen Heizkosten nachzahlen. Das Haus hat insgesamt eine Wohnfläche von 720 Quadratmetern, die Mieter leisten monatliche Betriebskostenvorauszahlungen von 200 EUR.

In der jährlichen Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2013 entfielen auf die Wohnung Heizkosten von 3.500 EUR, für das Jahr 2014 3.900 EUR. Die Verbrauchswerte machten 42 bzw. 47 % der jeweils insgesamt gemessenen Verbrauchseinheiten aus. Die Nachforderung der Vermieterin belief sich auf etwa 5.000 EUR.

Die Abrechnungswerte wurden von den Mietern als nicht plausibel bestritten. Ihrer Forderung, die Ablesebelege zu den Verbrauchseinheiten der übrigen Wohnungen zur Überprüfung vorzulegen, kam die Vermieterin nicht nach.

 

Entscheidung

Anders als die Vorinstanzen wies der Bundesgerichtshof die Zahlungsklage der Vermieterin als unbegründet ab. Denn bei einer Nachforderung von Betriebskosten liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Forderung, also für die richtige Erfassung, Zusammenstellung und Verteilung der angefallenen Betriebskosten auf die einzelnen Mieter, beim Vermieter.

Darüber hinaus hätte die Vermieterin den Mietern Einsicht in die Ablesebelege der anderen Wohnungen gewähren müssen. Dadurch hätten sich die Mieter Klarheit verschaffen können, ob der Gesamtverbrauchswert mit der Summe der Verbrauchsdaten aller Wohnungen übereinstimmt, ob die Werte plausibel sind oder ob sonst Bedenken bestehen, dass die Kosten richtig verteilt waren. Die Mieter mussten kein besonderes Interesse an der Belegeinsicht in die Verbrauchswerte der anderen Wohnungen darlegen. Hierfür reichte ein allgemeines Interesse, die Abrechnung inhaltlich zu kontrollieren.

Solange aber ein Vermieter unberechtigt eine Belegeinsicht verweigert, muss der Mieter eine geforderte Nachzahlung nicht leisten.

Erlass von Schenkungsteuer nur unter engen Voraussetzungen

Erlass von Schenkungsteuer nur unter engen Voraussetzungen

 

Grundsätzlich kommt zwar ein Erlass von Schenkungsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen in Betracht. Dies gilt jedoch nicht, wenn Schenkungsteuer aus Vorerwerben abgezogen werden soll.

 

Hintergrund

Der Vater des Klägers war Gesellschafter einer KG und schenkte dem Kläger seit 1988 immer wieder Anteile an der Gesellschaft. Die Schenkungsteuer auf die Erwerbe wurde vom Finanzamt festgesetzt. Die letzte Schenkung erfolgte in 2008. Das Finanzamt setzte die Schenkungsteuer darauf unter Berücksichtigung der Vorschenkungen und unter Berücksichtigung der Steuer auf die Vorerwerbe fest. Nachdem der Einspruch gegen den Bescheid keinen Erfolg gehabt hatte, beantragte der Kläger die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen. Insbesondere war er der Ansicht, dass bei der Berechnung der Vorerwerbe die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht zutreffend umgesetzt worden war, vor allem weil die Steueranrechnung aufgrund der Vorerwerbe unbillig niedrig war. Mit der Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Grundsätzlich sind die Finanzbehörden befugt, Steuern niedriger festzusetzen, wenn deren Erhebung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre. Diese Unbilligkeit kann sich aus sachlichen oder persönlichen Billigkeitserwägungen ergeben. Im vorliegenden Fall waren allein sachliche Erwägungen zu prüfen. Ein Erlass aus sachlichen Erwägungen kommt dann in Betracht, wenn die Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber im Einzelfall den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft. Dies ist der Fall, wenn der Gesetzgeber die Frage gemäß der abweichenden Steuerfestsetzung oder dem Erlass entscheiden würde. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Denn der Gesetzgeber hat die Steueranrechnung auf Vorerwerbe bewusst so gefasst, wie er es getan hat. Eine Korrektur dieser Rechtslage im Billigkeitswege kam deshalb nicht in Betracht, auch wenn sie im vorliegenden Einzelfall für den Steuerpflichtigen nachteilig war.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin