BFH zur Betriebsstättenzurechnung und Abgeltungswirkung bei gewerblich geprägter KG im Nicht-DBA-Fall

Eine für die Praxis der Besteuerung von Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht bedeutsame Rechtsfrage hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 29. November 2017 I R 58/15 beantwortet.

So kann nicht nur eine „gewerbliche“, sondern auch eine vermögensverwaltend tätige, aber i. S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) „gewerblich geprägte“ inländische Kommanditgesellschaft (KG) ihren ausländischen Gesellschaftern (hier: chilenische Kapitalgesellschaften) eine inländische Betriebsstätte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i. V. m. § 2 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG -) vermitteln. Damit ist beim Bezug von (inländischen) Dividenden durch die KG die Abgeltungswirkung für den Kapitalertragsteuerabzug (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG) insoweit ausgeschlossen. Folge hiervon ist, dass die ausländischen Gesellschafter der KG nach Maßgabe ihrer beschränkten Steuerpflicht veranlagt werden und auf die hierbei sich ergebende Körperschaft- oder Einkommensteuerschuld die auf die Dividenden erhobene Kapitalertragsteuer angerechnet und ggf. auch erstattet wird.

Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt: Übt der Gesellschafter einer solchen (inländischen) KG im Ausland eine (weitere) eigene unternehmerische Tätigkeit aus, ist zu prüfen, ob die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens der inländischen Betriebsstätte der KG oder aber der durch die eigene Tätigkeit des Gesellschafters im Ausland begründeten ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Maßstab hierfür ist das Veranlassungsprinzip. Dies gilt auch bei Sitz/Ansässigkeit der Gesellschafter in einem Staat, mit dem kein Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung abgeschlossen ist (z. B. Chile).

Diese Prüfung nach dem Veranlassungsprinzip (entscheidend ist das „auslösende Moment“ für den Erwerb der Beteiligung) erfordert eine Abwägung, ob das Innehaben der Beteiligung, aus der die KG die Dividende erzielt hatte, überwiegend mit der branchenähnlichen (ausländischen) betrieblichen Tätigkeit der Gesellschafter im Zusammenhang stand. Dazu waren bisher keine Feststellungen vom Finanzgericht (FG) getroffen worden, sodass die Sache vom BFH an das FG zurückverwiesen wurde.

I R 58/15 – Betriebsstättenzurechnung und Abgeltungswirkung bei gewerblich geprägter KG im Nicht-DBA-Fall

 

 Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 18/18 vom 04.04.2018 zum Urteil I R 58/15 vom 29.11.2017
 

Besteuerung von Versorgungsbezügen eines Tarifbeschäftigten bei einer gesetzlichen Krankenversicherung

 Die Versorgungsbezüge eines Tarifbeschäftigten bei einer gesetzlichen Krankenversicherung (Körperschaft des öffentlichen Rechts) werden nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b EStG i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert.
Wenn das Verbot der Doppelbesteuerung beachtet wird, werden die Rentenbezüge aus einem Altersvorsorgevertrag mit der VBL, die umlagefinanziert sind, mit dem Ertragsanteil besteuert.

Mit Urteil vom 6. Dezember 2017 hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Az. 3 K 184/14) entschieden, dass die Versorgungsbezüge eines Tarifbeschäftigten bei einer gesetzlichen Krankenversicherung (Körperschaft des öffentlichen Rechts) nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b EStG i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert werden. Darüber hinaus werden die Rentenbezüge aus einem Altersvorsorgevertrag mit der VBL, die umlagefinanziert sind, mit dem Ertragsanteil besteuert, wenn das Verbot der Doppelbesteuerung beachtet wird.

Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einer Tätigkeit als Studienrat. Die Klägerin vollendete am xx.xx.2012 ihr 65. Lebensjahr und erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowohl aus einer aktiven Tätigkeit als Fachreferentin bei der A als auch in Form von Versorgungsbezügen. Darüber hinaus bezog sie ab August 2012 sonstige Einkünfte in Form von Leibrenten. Die eine Leibrente wurde von der Deutschen Rentenversicherung des Bundes nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG und eine weitere von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder – VBL – nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG i. V. m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG gezahlt.

Die Versorgungsbezüge sind nach Auffassung des Senats gem. § 19 Abs. 2 EStG i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und die Rentenbezüge aus dem Altersvorsorgevertrag mit der VBL nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG i. V. m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu besteuern.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören u. a. auch Ruhegelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen. Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, die als Ruhegehalt oder als gleichartiger Bezug auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften gewährt werden, sind gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG Versorgungsbezüge.

Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstverhältnissen, die als Ruhegeld oder als gleichartiger Bezug nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften gewährt werden, sind gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG Versorgungsbezüge. Von diesen Versorgungsbezügen bleiben nach § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG zu entnehmen. Soweit es sich um Versorgungsbezüge i. S. des § 19 Abs. 2 EStG handelt, ist für Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG ein Pauschbetrag von 102 Euro abzuziehen, wenn nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 7. Februar 2013 VI R 83/10, BStBl II 2013, 573).

Die seit August 2012 ausbezahlte VBL-Betriebsrente ist eine Betriebsrente aus der umlagefinanzierte betriebliche Altersvorsorge der VBL. Diese Betriebsrentenanteile sind mit dem Ertragsanteil zu versteuern, wenn diese Beiträge vom Arbeitnehmer (der Klägerin) – wie im Streitfall – individuell versteuert wurden (vgl. § 22 Nr. 5 Satz 2 i. V. m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG). Die Beiträge der A (Arbeitgeber der Klägerin) wurden als Arbeitslohn versteuert. Die Beiträge, die die Klägerin persönlich entrichtet hat, sind vom versteuerten Einkommen bezahlt worden.

Eine Doppelbesteuerung liegt im Streitfall nach dem nach der Überzeugung des Gerichts anzuwendenden Nominalwertgrundsatz nicht vor.

Das BVerfG hat die „doppelte Besteuerung“ weder begrifflich noch rechnerisch konkretisiert und damit auch zur Frage der Anwendbarkeit des Nominalwertprinzips nicht Stellung genommen. Der 1. Senat des BVerfG hat zwar die Nominalwertbetrachtung für die Berechnung der Kapitalrückzahlungsanteile im Jahr 1980 abgelehnt (BVerfG-Beschluss vom 26. März 1980 1 BvR 121, 122/76, BVerfGE 54, 11, BStBl II 1980, 545). Demgegenüber hat der 2. Senat des BVerfG in seinem Rentenurteil (BVerfG-Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618) dargelegt, es entspreche der ökonomischen Logik einer Ertragsanteilsbesteuerung, die nominellen Werte der geleisteten Beiträge zu den nominellen Werten der Rentenbezüge in Relation zu setzen. Es ist damit davon auszugehen, dass der 2. Senat des BVerfG die in diesem Urteil formulierte Forderung, das Verbot der Doppelbesteuerung strikt zu beachten, auf der Basis der Anwendung des Nominalwertprinzips aufgestellt hat. Im System einer modernen Volkswirtschaft, die notwendig eine Geldwirtschaft ist, stellt das Nominalwertprinzip ein tragendes Ordnungsprinzip der geltenden Währungsordnung und Wirtschaftspolitik dar (BVerfG-Beschluss vom 19. Dezember 1978 1 BvR 335/76, 1 BvR 427/76, 1 BvR 811/76, BVerfGE 50, 57, m. w. N.). Eine Indexbindung in Steuergesetzen wie auch in anderen Gesetzen wird vom BVerfG grundsätzlich als währungspolitisch bedenklich und unerwünscht angesehen. Eine Indexierung im Steuerrecht wäre insbesondere mit der Gefahr verbunden, dass die Indexklausel auf andere Rechtsgebiete übergreifen und die Inflationsbekämpfung erschweren könnte (BVerfG-Kammerbeschluss vom 15. Dezember 1989 2 BvR 436/88, Der Betrieb 1990, 969).

Innerhalb der Ertragsteuersenate des BFH besteht ebenfalls Einigkeit darüber, dass dem EStG das Nominalwertprinzip zugrunde liegt (vgl. z. B. BFH-Entscheidungen vom 14. Mai 1974 VIII R 95/72, BFHE 112, 546, BStBl II 1974, 572; vom 27. Juni 1996 VIII B 102/95, BFH/NV 1996, 921, m. w. N.; vom 1. März 2001 IV R 90/99, BFH/NV 2001, 904; vom 12. November 2007 IV B 36/07, BFH/NV 2008, 766; vom 26. November 2008 X R 15/07, BStBl II 2009, 710; vom 11. Dezember 2008 VI R 9/05, BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385).

Den in der Rechtsprechung des BVerfG und des BFH entwickelten Grundsätzen zur Anwendung des Nominalwertprinzips folgend, liegt im Streitfall, auch unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung der Klägerin, keine Doppelbesteuerung vor (s. o. unter 2 b) aa)). Die Berücksichtigung des Verbraucherpreisindex scheidet nach der Rechtsprechung des BVerfG aus, da sie die Inflationsbekämpfung erschweren könnte und deshalb im Steuerrecht nicht vorgesehen ist.

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 29.03.2018 zum Urteil 3 K 184/14 vom 06.12.2017 (rkr)

 

Umsatzsteuer: Keine Umsatzsteuerermäßigung für Bindung selbst gefertigter Bilder durch einen Fotografen zu einem Fotobuch – Behandlung als Gesamtleistung

Die Leistungen eines Fotografen fallen auch dann nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Anlage 2 lfd. Nr. 49, wenn er die Bilder mittels Klemmlasche zu einem „Fotobuch“ bindet; dies gilt auch für Zeiträume vor dem 1. Januar 2017.

Mit Beschluss vom 2. Februar 2018 hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Az. 4 V 150/17) entschieden, dass die Umsätze eines Fotografen nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Anlage 2 lfd. Nr. 49 (Bücher, Zeitungen etc.) fallen – und zwar auch dann nicht, wenn er die Bilder mit einer Klemmlasche zu einer Art „Fotobuch“ bindet.

Die Klägerin betrieb ein Fotostudio. Für die streitgegenständlichen Leistungen führte sie in den öffentlich zugänglichen Räumen anderer Geschäftsleute (z. B. in Modegeschäften) Fotoshootings durch. Das Team der Antragstellerin kam dazu mit entsprechender Ausrüstung in die Räumlichkeiten; es frisierte, schminkte und fotografierte die Kunden in den Geschäftsräumen vor verschiedenen Kulissen und mit unterschiedlicher Beleuchtung. Anschließend wurden die Bilder gemeinsam angeschaut, und die Kunden konnten sich individuell ein Bild oder mehrere Bilder aussuchen. Die Fotos wurden ausgedruckt und als „Fotobuch“ – mit einer Klemmlasche verbundene, jederzeit herausnehmbare Bilder – an die Kunden gegen Entgelt übergeben.

Das Gericht entschied, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 UStG nicht erfüllt waren; insbesondere erbrachte die Antragstellerin bei summarischer Prüfung keine Leistungen i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. der Anlage 2 lfd. Nr. 49. Diese auf Lieferungen anwendbare Vorschrift greife – ungeachtet der Frage, wie die von der Antragstellerin ausgehändigten Werke bei isolierter Betrachtung zu qualifizieren seien – bereits deshalb nicht, weil die Antragstellerin ihren Kunden gegenüber jeweils ein Bündel von Leistungen erbracht habe, welches sich als einheitliche (sonstige) Leistung sui generis (§ 3 Abs. 9 UStG) und nicht als Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) darstelle. Vertrauensschutzgesichtspunkte zugunsten der Antragstellerin seien nicht – auch nicht im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom 20. April 2016 (BStBl I 2016, 483) – zu berücksichtigen.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 29.03.2018 zum Beschluss 4 V 150/17 vom 02.02.2018 (rkr)

 

Kindergeld: Anerkennung einer Berufsausbildung ohne Einbindung in eine schulische Mindestorganisation – Fernstudium

Eine Berufsausbildung ist auch dann anzuerkennen, wenn der Schüler nicht in eine schulische Mindestorganisation eingebunden ist. Eine Mindeststundenanzahl für den Unterricht an einer schulischen Einrichtung ist bei Schulungsmaßnahmen im Inland nicht gefordert.

Mit Urteil vom 18. Januar 2018 hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Az. 3 K 154/16) entschieden, dass eine Berufsausbildung auch dann anzuerkennen ist, wenn der Schüler nicht in eine schulische Mindestorganisation eingebunden ist. Eine Mindeststundenanzahl für den Unterricht an einer schulischen Einrichtung ist bei Schulungsmaßnahmen im Inland nicht gefordert.

Die Tochter der Klägerin hatte sich im Wege von Fernunterricht zur Tierphysiotherapeutin ausbilden lassen. Dabei nahm sie einmal im Monat an einem Wochenendseminar teil. Den Rest der Ausbildung absolvierte sie im Alleinstudium. Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist ein Kind kindergeldrechtlich zu berücksichtigen, das für einen Beruf ausgebildet wird. In Berufsausbildung befindet sich, wer seine Berufsziele noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft darauf vorbereitet (BFH-Urteil vom 24. Juni 2004 III R 3/03 in BFHE 206, 413, BStBl II 2006, 294, m. w. N.). Einzubeziehen sind alle Maßnahmen, die dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen dienen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufes geeignet sind (BFH-Urteile vom 16. April 2002 VIII R 58/01, BFHE 199, 111, BStBl II 2002, 523; vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848). Sie müssen nicht zwingend in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sein, auch muss die Ausbildungsmaßnahme nicht überwiegend Zeit und Arbeitskraft des Kindes in Anspruch nehmen (BFH-Urteil in BFHE 189, 88, BStBl II 1999, 701). Das Tatbestandsmerkmal der Berufsausbildung enthält kein einschränkendes Erfordernis eines zeitlichen Mindestumfangs von Ausbildungsmaßnahmen. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um Ausbildungsmaßnahmen handelt, die als Grundlage für den angestrebten Beruf geeignet sind.

Bereitet sich ein Kind ohne regelmäßigen Besuch einer Ausbildungsstätte selbstständig auf Prüfungen u. ä. vor, sind an den Nachweis und die Ernsthaftigkeit der Vorbereitung grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (BFH-Urteil vom 18. März 2009 III R 26/06, BFHE 225, 331, BStBl II 2010, 296; BFH-Beschluss vom 9. November 2012 III B 98/12, BFH/NV 2013, 192 f.). Zweifel gehen nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des Kindergeldberechtigten.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat davon ausgegangen, dass sich die Tochter der Klägerin über den Monat August 2016 hinaus (noch) in Ausbildung befand.

Im Streitfall war der Senat davon überzeugt, dass die Tochter der Klägerin ihr Studium nachhaltig und ernsthaft betrieben hat. Der Umstand, dass das Institut C keine staatlich anerkannte Hochschule ist, ändert an dieser Beurteilung nichts. Das Institut ist unstreitig von der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht zum Abhalten von Lehrgängen zugelassen. Die IHK zertifiziert einzelne Lehrgänge, u. a. auch den Lehrgang der Tochter der Klägerin zum Tierphysiotherapeuten. Darüber hinaus hat der Senat als Indiz für die Ernsthaftigkeit des Betreibens der Ausbildung durch die Tochter der Klägerin auch den Umstand gewertet, dass diese eine nicht unerhebliche Studiengebühr bezahlt, um 10 überhaupt an den Lehrgängen teilnehmen zu können. Dass die Tochter der Klägerin einen Betrag in Höhe von X.XXX,XX Euro für die Freizeitgestaltung zahlt, hielt der Senat für abwegig. Es sei auch schwer vorstellbar, dass das Kind aus reinem Freizeitvergnügen den Skelettaufbau von Pferden und Hunden gelernt hat, um sich dann einer Lernkontrolle zu unterziehen.

Zwar möge der Beruf „Tierphysiotherapeut“ kein staatlich anerkannter Beruf und die Berufsbezeichnung auch nicht besonders geschützt sein. Dennoch sei gerichtsbekannt, dass dieses Berufsfeld existiere und die Tochter der Klägerin nach entsprechendem Abschluss also als Tierphysiotherapeutin arbeiten könne.

Die Ausbildung beinhaltet nach dem Akteninhalt zumindest die Physis von Pferden und Hunden. Auf diese Kenntnisse aus diesem Fernstudium kann sich auch ein Studium der Tiermedizin an einer Hochschule bzw. Universität anschließen und darauf aufbauen. Die Tochter der Klägerin erfülle die allgemeinen Zugangsvoraussetzungen. Sie habe ihre Schulausbildung mit dem Abitur abgeschlossen. Da nach der ständigen Rechtsprechung des BFH alle Maßnahmen miteinzubeziehen seien, die dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen dienen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufes geeignet seien, gehe der Senat im Streitfall davon aus, dass sich die Tochter der Klägerin in einer Berufsausbildung befinde, da sie ihre Berufsziele noch nicht erreicht habe, sich aber ernsthaft darauf vorbereite (BFH-Urteil vom 24. Juni 2004 III R 3/03 in BFHE 206, 413, BStBl II 2006, 294, m. w. N.).

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 29.03.2018 zum Urteil 3 K 154/16 vom 18.01.2018 (rkr)

 

Einlösungen von Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen in Gold sind keine privaten Veräußerungsgeschäfte

Der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hat mit Urteil vom 6. September 2017 (Az. 5 K 152/16) entschieden, dass bei dem Erwerb von Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen und einer nachfolgenden Geltendmachung des in der Inhaberschuldverschreibung verbrieften (Sachlieferungs-)Anspruchs auf Lieferung physischen Goldes – anders als beim Verkauf der Inhaberschuldverschreibung – allein in der Einlösung der Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibung, verbunden mit der Auslieferung des physischen Goldes, keine Veräußerung im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu sehen ist.

 

Die Kläger, zusammen veranlagte Eheleute, erwarben jeweils Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen. Bei Xetra-Gold handelt es sich um ein börsenfähiges Wertpapier in Form einer nennwertlosen, in ihrer Laufzeit unbefristeten Inhaberschuldverschreibung. Jede Teilschuldverschreibung von Xetra-Gold gewährte dem Inhaber das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold, das jederzeit, unter Einhaltung einer Lieferfrist von 10 Tagen, gegenüber der Hausbank geltend gemacht werden konnte. Daneben bestand die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu veräußern. Innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ließen sich die Kläger – wie in den Emissionsbedingungen der Inhaberschuldverschreibungen Xetra-Gold vorgesehen – das Gold physisch ausliefern. Es wurde danach in einem Depot verwahrt und nicht mehr veräußert.

Das Finanzamt setzte zunächst im streitgegenständlichen ESt-Bescheid 2011 im Hinblick auf die Differenz zwischen Anschaffungskosten und Wert des Goldes bei Auslieferung Einkünfte aus Kapitalvermögen für die Kläger an. Unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 12. Mai 2015 (VIII R 4/15, BFHE 250, 75; BStBl II 2015, 835) änderte der Beklagte dies später jedoch dahingehend, dass Gewinne aus dem Ankauf der Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen und der Auslieferung des Goldes als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG angesetzt wurden. Die Kläger beantragten später für den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden ESt-Bescheid 2011 eine Änderung dahingehend, dass keine Einkünfte hinsichtlich des Erwerbs der Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen und der späteren Auslieferung des physischen Goldes angesetzt werden. Zur Begründung trugen sie vor, dass sie mit den Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen lediglich ihr Recht auf Aushändigung des Goldes wahrgenommen hätten. Darin sei kein Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG zu sehen. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren verfolgten die Kläger ihr Begehren im Rahmen eines Klageverfahrens weiter.

Nach Auffassung des 5. Senats des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts stand den Klägern der geltend gemachte Anspruch auf Änderung des streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheides 2011 nach § 164 Abs. 2 AO zu. Denn es liege keine Veräußerung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Es habe weder eine Veräußerung des physischen Goldes noch der Rechte aus der Inhaberschuldverschreibungen stattgefunden. Mit der Auslieferung des Goldes werde der ursprüngliche Sachlieferungsanspruch gemäß den Emmissionsbedingungen der Schuldverschreibung erfüllt. Anders als bei einer Verwertung der Inhaberschuldverschreibung am Markt werde mit der Einlösung nicht das Recht aus der Inhaberschuldverschreibung veräußert, sondern lediglich der ihr originär innewohnende Sachlieferungsanspruch geltend gemacht und mit Auslieferung des Goldes erfüllt. Auch mit der Auslieferung des physischen Goldes trage der Erwerber der Inhaberschuldverschreibung immer noch das Risiko eines fallenden Goldpreises, sodass vor diesem Hintergrund von einer Realisierung des Kursgewinns im Sinne einer Verwertung des Sachlieferungsanspruchs nicht die Rede sein könne. Erst dann, wenn das physisch gelieferte Gold innerhalb der Spekulationsfrist veräußert werde, liege nach Auffassung des Senats ein Veräußerungstatbestand im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG vor.

Zwar habe der Bundesfinanzhof in mehreren Entscheidungen vom 12. Mai 2015 entschieden, dass „im Ergebnis der Erwerb und die Einlösung oder der Verkauf von Xetra-Gold wie ein unmittelbarer Erwerb und unmittelbarer Verkauf physischen Goldes zu beurteilen sei“ und zur Stützung dieser Auffassung darauf hingewiesen, dass der Bundesfinanzhof derartige Goldgeschäfte im Geltungsbereich der Vorgängerregelung stets als private Veräußerungsgeschäfte im Sinne von §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG angesehen habe (vgl. BFH- Urteile VIII R 19/14, BFH/NV 2015, 1559; VIII R 35/14, BFHE 250, 71, BStBl II 2015, 834; VIII R 4/15, BFHE 250, 75, BStBl II 2015, 835). Soweit sich der BFH insoweit auf sein Urteil vom 24. Januar 2012 (X R 62/10; BFHE 236, 262, BStBl II 2012, 564) beziehe, so liege dieser Entscheidung jedoch eine mit dem Streitfall nicht vergleichbare Fallkonstellation zugrunde. Denn in dem vom BFH im Jahr 2012 entschiedenen Fall sei es nicht lediglich um die Geltendmachung des Sachlieferungsanspruches und die Rückgabe der Inhaberschuldverschreibungen gegangen. Vielmehr seien in diesem Fall der dortigen Klägerin nach Erwerb des Goldsachlieferungsanspruchs für den Verkauf von 16.000 Goldunzen ein bestimmter Betrag bei der Bank, bei der sie auch den Sachlieferungsanspruch erworben habe, gutgeschrieben worden und gleichzeitig aufgrund einer Vereinbarung vom selben Tage 16.000 kanadische Goldmünzen geliefert worden, wofür ihr Konto entsprechend belastet worden sei. Der der Inhaberschuldverschreibung innewohnende ursprüngliche Sachlieferungsanspruch sei damit durch Zahlung eines Entgelts oder durch Umwandlung in einen Lieferungsanspruch eines Aliuds (kanadische Goldmünzen) verwertet worden.

Schließlich könne die Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem Wert des gelieferten Goldes auch nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt werden. Es liege weder die Veräußerung einer sonstigen Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vor noch sei ein anderer Tatbestand im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 oder 8 bis 11 EStG erfüllt. Insoweit wurde vom 5. Senat auf die Ausführungen des BFH in seiner Entscheidung vom 12. Mai 2015 VIII R 19/14 (BFH/NV 2015, 1559) Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts wurde durch das beklagte Finanzamt Revision eingelegt. Der BFH hat über die Revision – in für Revisionsverfahren erstaunlich kurzer Bearbeitungszeit – bereits mit Urteil vom 6. Februar 2018 (IX R 33/17, DStR 2018, 562) entschieden und die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Damit wurde die Rechtsauffassung des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts bestätigt.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 29.03.2018 zum Urteil 5 K 152/16 vom 06.09.2017

 

Umsatzsteuer: Kurse eines Diplom-Sozialpädagogen zur Förderung behinderter Menschen sind nicht von der Umsatzsteuer befreit

Mit Urteil vom 28. November 2017 hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Az. 4 K 127/13) entschieden, dass die Umsätze eines Diplom-Sozialpädagogen in Form von Kursen zur Förderung behinderter Menschen (Musikkurse mit Kleinstinstrumenten/Didgeridoo) nicht von der Umsatzsteuer befreit sind.

Der Kläger arbeitete als freiberuflicher Sozialpädagoge insbesondere für gemeinnützige Organisationen und erbrachte dabei Leistungen, die sich vorrangig an behinderte und großenteils unter Betreuung stehende Menschen richteten. Er arbeitete dabei mit einem pädagogischen Ansatz, in welchem er einige Instrumente wie z. B. Trommeln/Didgeridoo oder andere Kleinstinstrumente vorhielt, um mit den Menschen, je nach deren individuellem Bedarf, Übungen durchzuführen.

Das Gericht entschied, dass keine Norm über eine Befreiung von der Umsatzsteuer für die Tätigkeit eingriff. Die Gründe des Senats waren dabei vielgestaltig, da eine mögliche Befreiung aus verschiedenen Gesichtspunkten in Betracht kam. Insbesondere untersuchte der Senat folgende Vorschriften:

  • § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG,
  • § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG,
  • Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL,
  • § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG,
  • § 4 Nr. 16 Buchst. h UStG,
  • Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL,
  • § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG,
  • § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG,
  • Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL,
  • § 4 Nr. 25 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG,
  • Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 4 K 127/13 zum Urteil 4 K 127/13 vom 28.11.2017 (rkr)

 

Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen

Auswirkungen der BFH-Urteile vom 23. August 2017 (I R 52/14, X R 38/15)

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze der BFH-Urteile vom 23. August 2017 (Az. I R 52/14, X R 38/15, BStBl II 2018 S. xxx) nicht über die entschiedenen Einzelfälle hinaus anzuwenden.

Begründung

Die Finanzverwaltung sieht sich an die mit BMF-Schreiben vom 27. April 2017 (BStBl I S. 741) veröffentlichte Vertrauensschutzregelung im Umgang mit Altfällen (Schuldenerlass bis einschließlich 8. Februar 2017) durch den Willen des Gesetzgebers weiterhin gebunden. In der Begründung zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD zum Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen wird ausdrücklich auf diese Vertrauensschutzregelung Bezug genommen (vgl. BT-Drs. 18/12128, S. 33). Demnach ist für Schulderlasse bis (einschließlich) zum 8. Februar 2017 aus Vertrauensschutzgründen entsprechend dem o. g. BMF-Schreiben weiterhin nach dem BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I S. 240 (sog. Sanierungserlass)) zu verfahren.

Der Deutsche Bundestag hat sich diesem Vorschlag angeschlossen und die Verfahrensweise der Verwaltung gebilligt, für Altfälle den Sanierungserlass weiterhin anzuwenden. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags hat damit im Rahmen seines Berichtes die in der Gesetzesbegründung ausdrücklich genannte Vertrauensschutzregelung der Verwaltung mittels sog. beredtem Schweigens des Gesetzgebers akzeptiert.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt zusammen mit den BFH-Urteilen vom 23. August 2017 (Az. I R 52/14, X R 38/15) veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 – S-2140 / 13 / 10003 vom 29.03.2018

 

Besteuerung bei Firmensitz-Verlagerung

Verlagerungen von Firmensitzen ins Ausland ändern nichts an der Besteuerung dieser Unternehmen in Deutschland. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort ( 19/1346 ) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/1046) mit. Zu möglichen Folgen für die Mitbestimmung bei ins Ausland verlagerten Unternehmen kann die Bundesregierung keine Angaben machen. Statistiken darüber würden nicht geführt. Verwiesen wird auf den Koalitionsvertrag, wonach bei grenzüberschreitenden Sitzverlagerungen von Gesellschaften die nationalen Vorschriften über die Mitbestimmung gesichert werden sollen. Von der EU-Kommission fordert die Regierung, dass sie eine „Sitzverlegungsrichtlinie“ vorlegt.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 03.04.2018

 

Keine Klageerhebung mit einfacher E-Mail

Eine Klage kann nicht wirksam mit einfacher E-Mail erhoben werden. Das gilt auch dann, wenn der E-Mail eine unterschriebene Klageschrift als Anhang beigefügt ist. Dies hat der 10. Senat des Finanzgerichts Köln mit seinem am 03.04.2018 veröffentlichten Urteil vom 25.01.2018 (Az. 10 K 2732/17) entschieden.

Der Kläger hatte beim Finanzgericht Köln per E-Mail ohne Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur Klage erhoben. Der E-Mail war im Anhang eine PDF-Datei beigefügt, die eine mit einer eingescannten Unterschrift des Klägers versehene Klageschrift enthielt. Im Finanzgericht wurde die E-Mail nebst Anhang ausgedruckt und in den Geschäftsgang gegeben.

Der 10. Senat des Finanzgerichts Köln hat die Klage mangels Formwirksamkeit als unzulässig abgewiesen. Die Anforderungen an eine „schriftliche“ Klageerhebung seien nicht erfüllt, wenn dem Gericht lediglich der Ausdruck einer Klageschrift vorliege, die als PDF-Anhang mit einer einfachen elektronischen Nachricht (E-Mail) übermittelt worden sei. Für elektronische Dokumente sei die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur gesetzlich vorgeschrieben. Zudem dürfe die Zulässigkeit einer Klageerhebung nicht davon abhängig gemacht werden, ob der E-Mail-Anhang bei Gericht ausgedruckt werde oder nicht.

Der Kläger hat gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die unter dem Aktenzeichen VI B 14/18 beim Bundesfinanzhof in München geführt wird.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 03.04.2018 zum Urteil 10 K 2732/17 vom 25.01.2018 (nrkr – BFH-Az.: VI B 14/18)

 

Abgasskandal: Rücktritt vom Kaufvertrag trotz Nachbesserung möglich

Der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat in einem Beschluss vom 27.03.2018 darauf hingewiesen, dass die Rückabwicklung des Kaufvertrags über ein Fahrzeug, das vom Hersteller mit einer Software für die Motorsteuerung versehen worden war, auch dann in Betracht kommt, wenn der Kunde ein Software-Update hat installieren lassen und das Fahrzeug anschließend genutzt hat.

Der Käufer hatte von der Verkäuferin, die ein Audi Zentrum betreibt, im Januar 2015 einen gebrauchten Audi A 4 2,0 TDI Ambition erworben. Im September 2016 erfolgte das Software-Update durch die Verkäuferin; im Dezember 2016 trat der Kunde vom Kaufvertrag zurück.

Der Senat führt aus, das Fahrzeug sei schon wegen des Einsatzes der Steuerungsoftware mangelhaft gewesen; diese sah für den Betrieb des Pkw auf dem Emissionsprüfstand einen speziellen Betriebsmodus vor, ohne dass die für die Erteilung der Betriebszulassung zuständige Behörde hiervon in Kenntnis gesetzt war.

Der Käufer trage die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlschlagen einer vorgenommenen Nachbesserung nur dann, wenn er eine ihm als (Nach-)Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen habe. Stehe jedoch – wie hier – ein Sachmangel bei Gefahrübergang fest, sei der Anspruch des Käufers auf Übergabe und Übereignung einer mangelfreien Sache zunächst nicht vollumfänglich erfüllt worden. Werde dem Käufer die als Nachbesserung in Betracht kommende Leistung – hier das Software-Update – nicht unter Anerkennung des ursprünglichen Mangels als Nacherfüllung angeboten und lasse der Käufer die Leistung auch deshalb durchführen, weil er eine Gefährdung der Betriebszulassung befürchten müsse, verbleibe es dagegen bei der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast des Schuldners bzw. Verkäufers für das Gelingen der (Nach-)Erfüllung.

Zudem seien den Kunden die zur Beurteilung des Erfolgs der Nachbesserung notwendigen Details nicht bekannt gewesen. Das spreche dafür, dass der Käufer die erfolgte Nachbesserung inhaltlich nicht habe billigen wollen, sondern an der Durchführung des Software-Updates nur deshalb mitgewirkt habe, um das Fahrzeug weiterhin nutzen zu können.

Der Käufer müsse allerdings konkrete Sachmängel darlegen, die auf das Software-Update zurückgehen sollen. Dem habe der Kläger genügt, indem er nachteilige Auswirkungen des Software-Updates auf die Motorleistung, den Verbrauch, die CO2-Emissionen und die Lebensdauer des Pkw bzw. seiner Teile (Verschleiß) behauptet habe.

Einer Nachfristsetzung habe es hier nicht bedurft. Eine erneute Nachbesserung hätte es u. a. erfordert, dass der Hersteller eine neue Lösung zur Einhaltung der Stickstoffoxid-Emissions-Grenzwerte unter Beibehaltung der bisherigen Leistungs- und Verbrauchswerte sowie unter Schonung der Bauteile des Fahrzeugs entwickelt, erprobt und nach Erwirkung einer neuerlichen Freigabe des Kraftfahrtbundesamtes in der erforderlichen Menge hätte herstellen lassen. Den Käufern, könne es nicht zugemutet werden, sich erneut auf eine ungewisse Nachbesserung mit unbekanntem Inhalt in einem nicht prognostizierbaren zeitlichen Rahmen einlassen zu müssen.

Der Senat hat eine Beweiserhebung angeordnet, zu deren Vorbereitung er dem Verkäufer aufgegeben hat, die Wirkungsweise der ursprünglich, d. h. vor dem Software-Update, zur Motorsteuerung eingesetzten Software in beiden Betriebsmodi sowie des Software-Updates und des im Zusammenhang damit eingebauten Strömungsgleichrichters darzulegen. Sodann soll mit Hilfe eines Sachverständigen insbesondere darüber Beweis erhoben werden, ob das Software-Update nachteilige Auswirkungen auf die Leistung, den Verbrauch, die Stickstoffoxid- und die CO2-Emissionen und die Lebensdauer des Fahrzeugs bzw. einzelner Bauteile hat.

Quelle: OLG Köln, Pressemitteilung vom 29.03.2018 zum Beschluss 18 U 134/17 vom 27.03.2018

 

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