Vorläufige Festsetzung (§ 165 Abs. 1 AO) der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) – vorläufige Feststellungen nach § 13a Abs. 1a ErbStG und nach § 13b Abs. 2a ErbStG

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 BvL 21/12 – (BStBl II 2015 S. 50) entschieden, dass § 13a und § 13b ErbStG, jeweils in Verbindung mit § 19 Abs. 1 ErbStG, mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar sind. Es hat den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen. Bis zu dieser Neuregelung bleibt das bisherige Recht weiter anwendbar.

Im Hinblick auf diese Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung sind im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtliche Festsetzungen nach dem 31. Dezember 2008 entstandener Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer), sämtliche Feststellungen nach § 13a Abs. 1a ErbStG sowie sämtliche Feststellungen nach § 13b Abs. 2a ErbStG gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO in vollem Umfang vorläufig durchzuführen.

In die Bescheide sind folgende Erläuterungstexte aufzunehmen:

Erbschaftsteuerbescheid (Schenkungsteuerbescheid)
„Die Festsetzung der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) ist gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO im Hinblick auf die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 – 1 BvL 21/12 – (BStBl 2015 II S. 50) angeordnete Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung in vollem Umfang vorläufig. Sollte aufgrund der gesetzlichen Neuregelung dieser Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern sein, wird die Aufhebung oder Änderung von Amts wegen vorgenommen.“

Feststellungen nach § 13a Abs. 1a ErbStG bzw. nach § 13b Abs. 2a ErbStG
„Die in diesem Bescheid getroffenen Feststellungen nach § 13a Abs. 1a ErbStG oder § 13b Abs. 2a ErbStG sind gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO im Hinblick auf die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 – 1 BvL 21/12 – (BStBl II 2015 S. 50) angeordnete Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung in vollem Umfang vorläufig. Sollte aufgrund der gesetzlichen Neuregelung dieser Feststellungsbescheid aufzuheben oder zu ändern sein, wird die Aufhebung oder Änderung von Amts wegen vorgenommen.“

Im Übrigen gelten die in dem BMF-Schreiben vom 16. Mai 2011 (BStBl I S. 464) getroffenen Regelungen entsprechend.

Die gleich lautenden Erlasse vom 12. März 2015 (BStBl I S. 222) werden aufgehoben.

Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Erlass (Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder) 3-S033.8/69 vom 05.11.2015

 

Vorläufige Steuerfestsetzung (§ 165 Abs. 1 AO) im Hinblick auf anhängige Muster-verfahren

Kürzung der Beiträge zur Krankenversicherung i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG um Bonuszahlungen der Krankenkasse für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65a SGB V)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die Anlage zum BMF-Schreiben vom 16. Mai 2011 (BStBl I S. 464), die zuletzt durch BMF-Schreiben vom 17. August 2015 (BStBl I S. 577) neu gefasst worden ist, mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst:

„Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit und verfassungskonforme Auslegung der Norm vorläufig vorzunehmen:

1. Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer und der darauf entfallenden Nebenleistungen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5b EStG)

2.a) Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG) – für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2014 –

2.b) Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 EStG) – für Veranlagungszeiträume ab 2015 –

3.a) Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) – für die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2009 –

3.b) Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG (§ 10 Abs. 3 EStG) – für Veranlagungszeiträume ab 2010 –

3.c) Beschränkte Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG – für Veranlagungszeiträume ab 2010 –

4. Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005

5. Besteuerung der Einkünfte aus Leibrenten im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005

6. Höhe der kindbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG

7. Höhe des Grundfreibetrags (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG)

8. Berücksichtigung von Beiträgen zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG)

9. Abzug einer zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit oder Pflege als außergewöhnliche Belastung.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 1 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten folgenden Bescheiden beizufügen: Sämtlichen Einkommensteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume ab 2008, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfassen, sämtlichen Körperschaftsteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume ab 2008 sowie sämtlichen Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften, soweit diese Bescheide Feststellungszeiträume ab 2008 betreffen und für die Gesellschaft oder Gemeinschaft ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wurde.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 2 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume ab 2004 beizufügen. Ferner ist er im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Ablehnungen einer Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags (§ 10d Abs. 4 EStG) beizufügen, wenn der Ablehnungsbescheid einen Feststellungszeitpunkt nach dem 31. Dezember 2003 betrifft und die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben beantragt wurde.

Für eine Aussetzung der Vollziehung in den Fällen der Nr. 2 gilt Folgendes:

  • Ein mit einem zulässigen Rechtsbehelf angefochtener Einkommensteuerbescheid für einen Veranlagungszeitraum ab 2004 ist auf Antrag in der Vollziehung auszusetzen, soweit die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder sein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben strittig ist und bei einer Berücksichtigung dieser Aufwendungen die Einkommensteuer herabzusetzen wäre. Die Vollziehungsaussetzungsbeschränkung gemäß § 361 Abs. 2 Satz 4 AO und § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO gilt nicht (AEAO zu § 361, Nr. 4.6.1, vierter Absatz).

    Ein Einkommensteuerbescheid, der die Steuer auf 0 Euro festsetzt, ist kein vollziehbarer Verwaltungsakt (AEAO zu § 361, Nr. 2.3.2, erster Beispielsfall) und kann auch nicht im Hinblick auf die Bindungswirkung der Besteuerungsgrundlagen für eine Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags in der Vollziehung ausgesetzt werden, da § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG zwar § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO, nicht aber § 361 Abs. 3 Satz 1 AO und § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO für entsprechend anwendbar erklärt.

  • Die Ablehnung der Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags (§ 10d Abs. 4 EStG) ist auf Antrag in der Vollziehung auszusetzen, wenn sie einen Feststellungszeitpunkt nach dem 31. Dezember 2003 betrifft, die Ablehnung der Feststellung mit einem zulässigen Rechtsbehelf angefochten wurde und der Steuerpflichtige die Feststellung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben beantragt hatte. Weitere Voraussetzung für eine Aussetzung der Vollziehung ist, dass im Zeitpunkt der Entscheidung über den Vollziehungsaussetzungsantrag erkennbar ist, dass sich eine Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags in den Folgejahren steuerlich auswirken würde. Solange dies nicht der Fall ist, sind Anträge auf Aussetzung der Vollziehung wegen eines fehlenden Rechtsschutzinteresses abzulehnen. Zur Tenorierung einer Bewilligung der Aussetzung der Vollziehung gelten die Ausführungen im dritten Satz der Nr. 5.3 des AEAO zu § 361 entsprechend.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 3 Buchst. c ist in Fällen unbeschränkter Steuerpflicht im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2010 beizufügen.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 4 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2005 beizufügen. In die Bescheide ist zusätzlich folgender Erläuterungstext aufzunehmen: „Der Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten stützt sich auch auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AO und umfasst deshalb auch die Frage einer eventuellen einfachgesetzlich begründeten steuerlichen Berücksichtigung.“

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 5 erfasst sämtliche Leibrentenarten im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 6 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2001 mit einer Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG sowie den mit derartigen Einkommensteuerfestsetzungen verbundenen Festsetzungen des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer beizufügen.1

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 7 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2001 beizufügen.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 8 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen beizufügen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfassen.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 9 ist in Fällen unbeschränkter Steuerpflicht im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen beizufügen.

Außerdem sind im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtliche Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2010 hinsichtlich der Kürzung der Beiträge zur Basiskrankenversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG um Bonuszahlungen der Krankenkasse für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65a SGB V) gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AO vorläufig vorzunehmen, falls Beiträge im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG um Beitragserstattungen, Prämienzahlungen oder Bonuszahlungen einer gesetzlichen Krankenversicherung gekürzt wurden. In dem Steuerbescheid ist darauf hinzuweisen, dass der Vorläufigkeitsvermerk nicht die Frage einer Kürzung der Beiträge zur Basiskrankenversicherung um erstattete Beiträge und um Prämienzahlungen nach § 53 SGB V umfasst.

Ferner sind im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtliche Festsetzungen des Solidaritätszuschlags für die Veranlagungszeiträume ab 2005 hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorzunehmen.“

(1) Soweit Einkommensteuerfestsetzungen von bayerischen Finanzämtern durchgeführt werden, erstreckt sich der Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Höhe der kindbezogenen Freibeträge auch auf die nach § 51a Abs. 2 EStG modifizierte Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0338 / 07 / 10010 vom 05.11.2015

Kassen-Manipulationen nicht erfasst

Übersicht mit Angaben zu Systemen anderer Länder

Die Höhe der Steuerausfälle durch manipulierte Registrierkassen kann nicht angegeben werden. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/6481) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/6118) unter Bezugnahme auf Angaben aus Baden-Württemberg schreibt, gibt es hierzu im Rahmen von Betriebsprüfungen keine statistischen Erfassungen. Die Antwort enthält eine Übersicht mit Angaben zu Systemen anderen Länder zur Verhinderung von Steuerhinterziehung durch Manipulationen an Registrierkassen.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 04.11.2015

 

Vorrang von verschiedenen, im Konkurrenzverhältnis stehenden Steuerbefreiungsvorschriften bei der Umsatzsteuer

Änderung des Abschn. 15.13 Abs. 5 UStAE

Kommt für einen Umsatz neben der Befreiungsvorschrift des Art. 67 Abs. 3 des Zusatz-abkommens zum NATO-Truppenstatut (NATO-ZAbk) grundsätzlich auch eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG in Betracht, stellt sich im Hinblick auf den Vorsteuerabzug die Frage nach dem Vorrang der einzelnen Steuerbefreiungsvorschriften. Zum Konkurrenzverhältnis zweier Steuerbefreiungsvorschriften hat der BFH unter Zugrundelegung der Urteilsgrundsätze des EuGH-Urteils vom 7. Dezember 2006, C-240/05, Eurodental, mit Urteil vom 22. August 2013, V R 30/12, BStBl 2014 II S. 133, entschieden, dass die Spezialvorschrift vorrangig anzuwenden ist.

Bei den Steuerbefreiungen nach den in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften (z. B. Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk) handelt es sich um Spezialvorschriften, die vorrangig vor den allgemeinen Steuerbefreiungen nach § 4 UStG anzuwenden sind. Die Steuerbefreiungen nach den in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften sind als Spezialvorschriften anzusehen, weil es sich um selbständige Befreiungstatbestände außerhalb des Umsatzsteuergesetzes handelt, die den Befreiungstatbeständen des Umsatzsteuergesetzes systematisch vorgehen. In der Folge tritt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG bei Anwendung dieser Spezialvorschriften der Ausschluss des Vorsteuerabzugs für steuerfreie Umsätze (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG) nicht ein.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 21. Oktober 2015 – III C 2 – S 7243/07/10002-03 (2015/0946162), BStBl I S. XXX, geändert worden ist, in Abschnitt 15.13 Abs. 5 nach Satz 2 folgender Satz 3 angefügt:

3Abweichend davon geht eine Befreiung nach den in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften (z. B. nach Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk) als selbständiger Befreiungstat-bestand außerhalb des UStG den Befreiungstatbeständen des UStG mit der Folge vor, dass für diese Umsätze ein Ausschluss des Vorsteuerabzugs nicht eintritt.“

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7304 / 15 / 10001 vom 04.11.2015

 

Verlust aus GmbH-Beteiligung: Keine Anschaffungskosten bei Zuführung von Eigenkapital, um Sicherheiten abzulösen

Der Kläger war an einer GmbH zu mehr als 1 % beteiligt. Für Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft stellte er Sicherheiten (Grundschuld und Bürgschaft) zur Verfügung. Die GmbH geriet 2008 in die Krise und stellte 2009 ihren operativen Geschäftsbetrieb ein. Um eine Liquidation zu verhindern, veräußerte der Kläger – in Abstimmung mit der Bank – das mit der Grundschuld belastete Grundstück und zahlte den Erlös in die Kapitalrücklage ein. Die GmbH überwies den Betrag an die Bank, die daraufhin auf weitere Forderungen verzichtete. Im Anschluss veräußerte der Kläger seinen Anteil an der GmbH. Den Verlust aus der Veräußerung machte er in seiner Einkommensteuererklärung geltend. Dabei behandelte er die Einzahlung in die Kapitalrücklage als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Dem ist das Finanzamt nicht gefolgt.

Die hiergegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht Düsseldorf abgewiesen. Nachträgliche Anschaffungskosten erkannte es nicht an, soweit die Einzahlung in die Kapitalrücklage zur Ablösung der vom Kläger gewährten Sicherheiten verwendet worden ist. Zwar seien Zahlungen in die Kapitalrücklage grundsätzlich als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigungsfähig. Dies gelte jedoch dann nicht ohne Weiteres, wenn die Zahlungen dazu dienten, die Inanspruchnahme des Gesellschafters als Sicherungsgeber abzuwenden. Der Aufwand sei dann durch die Ablösung der Sicherheiten veranlasst und teile deren steuerliche Beurteilung.

Die Ablösung weder der Grundschuld noch der Bürgschaft habe nachträgliche Anschaffungskosten auslösen können. Denn der Kläger habe keinen werthaltigen Rückgriffsanspruch gegen die GmbH besessen. Die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts seien insoweit – im Streitfall im Hinblick auf die Bürgschaft – weiter anzuwenden. Dies gelte ungeachtet der Tatsache, dass das im GmbH-Gesetz verankerte Eigenkapitalersatzrecht mit Wirkung zum 1. November 2008 abgeschafft worden sei. Da der Kläger die Bürgschaft vor diesem Zeitpunkt gewährt habe und die GmbH auch vorher in die Krise geraten sei, müssten die bis dahin gültigen steuerlichen Folgen des Eigenkapitalersatzrechts fortgelten. Durch das „Stehenlassen“ der Bürgschaft im Jahr 2008 unterfalle diese den alten Regeln.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf, Mitteilung vom 04.11.2015 zu den Urteilen 11 K 3617/13 und 11 K 3615/13 vom 18.12.2014

 

„Gesundheitstelefon“ nicht umsatzsteuerbefreit

Die Klägerin betreibt für gesetzliche Krankenkassen ein sog. „Gesundheitstelefon“, über das Versicherte medizinisch beraten werden. Zudem führt sie sowohl für gesetzliche Krankenkassen als auch für Pharmaunternehmen sog. Patientenbegleitprogramme durch. Daran nehmen Patienten teil, die unter chronischen oder lang andauernden Krankheiten leiden und deren gesundheitliche Situation durch eine laufende Betreuung verbessert werden soll. Auch diese Betreuungsleistung wird telefonisch erbracht. Die Beratung erfolgt durch Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte; in mehr als einem Drittel der Fälle wird ein Arzt hinzugezogen. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass ihre Leistungen umsatzsteuerfrei seien, und stellte entsprechende Rechnungen. Dem ist das Finanzamt entgegengetreten.

Die Klage beim Finanzgericht Düsseldorf hatte keinen Erfolg. Die telefonischen Beratungsleistungen der Klägerin seien weder in Form des Gesundheitstelefons noch in Form der Patientenbegleitprogramme Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin. Sie dienten nicht in hinreichendem Maße der Diagnose, Behandlung und – soweit möglich – Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Denn sie beruhten nicht auf medizinischen Feststellungen, die von entsprechendem Fachpersonal getroffen worden seien. Vielmehr basierten sie allein auf den – u. U. laienhaften – Angaben des Anrufers zu dem Krankheitsbild, zu dem dieser sich weiter informieren möchte. Vor diesem Hintergrund wiesen auch die Krankenkassen in ihren Internet-Auftritten ausdrücklich darauf hin, dass „ein medizinisches Informationsgespräch den Besuch beim Arzt nicht ersetzen“ könne.

Die Beratungsleistungen hätten auch keinen hinreichend engen Bezug zu der von den behandelnden Ärzten der Anrufer durchgeführten Heilbehandlung. Zudem seien sie einer Beratung im Rahmen eines konkreten Arzt-Patientenverhältnisses nicht gleichartig. Deshalb stehe auch der Grundsatz der steuerlichen Neutralität einer Versagung der Steuerbefreiung nicht entgegen.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf, Mitteilung vom 04.11.2015 zum Urteil 1 K 1570/14 vom 14.08.2015

 

Jahresabschluss bis Ende 2015 offenlegen – Ordnungsgeldverfahren vermeiden!

Bis zum Jahresende müssen etwa 1,1 Millionen Unternehmen ih­ren Jahresabschluss offengelegt haben. Grundsätzlich ist der Jahresab­schluss in elektronischer Form beim Bundesanzeiger einzureichen.

Bestimmte Unternehmen, insbesondere Kapitalgesellschaften sowie Per­sonenhandelsgesellschaften ohne eine natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter (z.B. GmbH & Co. KG), sind verpflichtet, re­gelmäßig ihre Jahresabschlüsse offenzulegen. Grundlage für die Offenle­gungspflicht sind EU-rechtliche Vorgaben. Darüber hinaus sind nach den Vorgaben des Gesetzes über Vermögensanlagen (VermAnlG) nunmehr auch Emittenten von Vermögensanlagen unabhängig von ihrer Rechts­form (also z.B. auch Einzelkaufleute) offenlegungspflichtig. Die Jahres­abschlussunterlagen für ein am 31. Dezember 2014 endendes Bilanzge­schäftsjahr müssen bis spätestens Ende 2015 elektronisch beim Bundes­anzeiger eingereicht werden.

Während über 90 Prozent der mehr als 1,1 Mio. betroffenen Unterneh­men ihrer gesetzlichen Pflicht ordnungsgemäß nachkommen, gab es beim Jahresabschluss 2013 immerhin noch ca. 190.000 Unternehmen, die nicht oder erst verspätet offengelegt haben. Diese Zahlen nannte der Präsident des Bundesamts für Justiz, Heinz-Josef Friehe. Gegen die säumigen Un­ternehmen muss das Bundesamt für Justiz Ordnungsgeldverfahren einlei­ten.

Nicht selten handelt es sich hier um Unternehmen, die schon in früheren Jahren mit der Offenlegung in Verzug waren. Woran es liegt, dass viele Unternehmen wiederholt die Fristen überschreiten, kann das Bundesamt für Justiz häufig nur vermuten: Meistens dürfte es darauf beruhen, dass die betroffenen Unternehmen die gesetzlichen Fristen zur Aufstellung und auch zur Offenlegung des Jahresabschlusses nicht fest genug „im Blick“ haben.

Solche Nachlässigkeit kann teuer werden. Das Ordnungsgeld beträgt grundsätzlich mindestens 2.500 Euro; wenn der Jahresabschluss trotz Festsetzung eines Ordnungsgeldes weiter nicht offen gelegt wird und deshalb Ordnungsgelder wiederholt verhängt werden müssen, kommen rasch auch größere Summen zusammen. Nachdrücklich weist Friehe da­her auf das bevorstehende Jahresende hin, mit dem bei den meisten Un­ternehmen auch das Geschäftsjahr endet und somit der Jahresabschluss des Vorjahres spätestens offenzulegen ist.

Unternehmen, die sich schon heute in einem Ordnungsgeldverfahren be­finden, sollten möglichst umgehend die Offenlegung nachholen oder jedenfalls den Kontakt zum Bundesamt für Justiz suchen. Die gesetzlichen Fristen können zwar nicht verlängert werden. Doch je eher eine Offenle­gung nachgeholt wird, desto besser lassen sich die Belastungen zumin­dest begrenzen. Verhängte Ordnungsgelder muss das Bundesamt für Jus­tiz erforderlichenfalls auch zwangsweise durchsetzen. Gerade in den Fäl­len, in denen wiederholt und für mehrere Geschäftsjahre nicht offenge­legt wird, können entsprechende Maßnahmen nicht nur gegen das Unter­nehmen, sondern auch gegen den oder die gesetzlichen Vertreter der Ge­sellschaft persönlich gerichtet werden. Die Betroffenen haften dann auch mit ihrem Privatvermögen dafür, dass die Offenlegung des Jahresab­schlusses erfolgt.

Kleinstunternehmen haben es seit einer Reform im Jahr 2012 besonders einfach, ihren Pflichten zu genügen: Sie brauchen nur ihre Bilanz einzu­reichen und nutzen auch zunehmend die Möglichkeit, diese lediglich zu hinterlegen. Begünstigt sind solche Unternehmen, die zumindest zwei der drei folgenden Schwellenwerte nicht überschreiten: 350.000 Euro Bi­lanzsumme, 700.000 Euro Umsatzerlöse, 10 Arbeitnehmerin­nen/Arbeitnehmer. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Inter­netseite des Bundesanzeigers (www.bundesanzeiger.de).

Hintergrund: Das Verfahren beim Bundesamt für Justiz

Versäumt ein offenlegungspflichtiges Unternehmen die gesetzliche Of­fenlegungsfrist oder legt es unvollständig offen, leitet das Bundesamt für Justiz in Bonn von Amts wegen ein Ordnungsgeldverfahren ein. Diese Aufgabe nimmt das Bundesamt bereits seit dem Jahr 2008 wahr.

Das Verfahren beginnt mit der Aufforderung, innerhalb von sechs Wo­chen den gesetzlichen Offenlegungspflichten nachzukommen oder durch Einspruch zu rechtfertigen, warum dies unterlassen worden ist. Die Auf­forderung ist verbunden mit der Androhung eines Ordnungsgeldes, das nach den gesetzlichen Vorgaben mindestens 2.500 Euro betragen muss und bis zu 25.000 Euro je Ordnungsgeld erreichen kann. Kommt das Un­ternehmen der Aufforderung nicht nach, ist das Ordnungsgeld festzuset­zen.

Ordnungsgeldandrohungen und -festsetzungen werden so lange wieder­holt, bis das Unternehmen seine Pflicht erfüllt hat. Der angedrohte und festgesetzte Betrag wird dabei grundsätzlich schrittweise erhöht.

Das Unternehmen kann also ein Ordnungsgeld noch vermeiden, wenn es innerhalb der gesetzten Sechswochenfrist die Offenlegung nachholt. Die Gebühren und Auslagen des Verfahrens entstehen allerdings bereits durch die Einleitung des Verfahrens, d.h. mit der Androhung des Ord­nungsgeldes, und sind daher auf jeden Fall zu zahlen. Bei verspäteter Offenlegung, die aber noch vor Festsetzung des Ordnungsgeldes erfolgt, setzt das Bundesamt das Ordnungsgeld herab, und zwar für Kleinstunter­nehmen auf 500 Euro und für kleine Unternehmen auf 1.000 Euro.

War ein Unternehmen unverschuldet gehindert, in der Sechswochenfrist Einspruch einzulegen oder die Offenlegung nachzuholen, wird auf An­trag des Unternehmens Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Das Unternehmen muss nach Wegfall des Hindernisses innerhalb von zwei Wochen die Wiedereinsetzung schriftlich beim Bundesamt für Jus­tiz beantragen und innerhalb von sechs Wochen die versäumte Handlung (Offenlegung oder Einspruchseinlegung) nachholen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind vom Unternehmen darzulegen und – zum Beispiel durch eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers – glaubhaft zu machen. Häufig werden praktische Schwierigkeiten oder auch krankheitsbedingte Verzögerungen angeführt. Die Rechtsprechung stellt insoweit allerdings hohe Anforderungen an die Organisationspflich­ten der Unternehmen. Danach sind diese grundsätzlich verpflichtet, auch in derartigen Ausnahmesituationen eine reibungslose Fortführung der Geschäfte und insbesondere die Erfüllung gesetzlicher Pflichten sicher­zustellen.

Weitere Informationen zum Ordnungsgeldverfahren sind auf der Inter­netseite des Bundesamts für Justiz unter www.bundesjustizamt.de veröf­fentlicht.

Banken für Erhalt der Abgeltungsteuer

Die deutschen Banken setzen sich für den Erhalt der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge ein. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am 02.11.2015 erklärte die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Spitzenverbände der deutschen Finanzinstitute, die von Kapitalerträgen pauschal einbehaltene Steuer in Höhe von 25 Prozent sorge in einem millionenfachen Massenverfahren in den weit überwiegenden Fällen für eine definitive Besteuerung und sorge für ein funktionierendes Steuerregime für Kapitaleinkünfte. Auch die Kunden seien zufrieden. Zum Steuersatz von 25 Prozent kommen noch der Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer dazu.
Damit nahmen die Banken Stellung zu zwei Oppositionsanträgen. Die Fraktion Die Linke fordert die Abschaffung der Abgeltungsteuer. Die Besteuerung von Kapitalerträgen soll stattdessen wieder mit dem persönlichen Steuersatz der Steuerpflichtigen erfolgen, heißt es in einem Antrag (18/2014) der Fraktion. Die Einführung der im Vergleich zum persönlichen Steuersatz niedrigen Abgeltungsteuer sei mit Eindämmung der Steuerflucht begründet worden. Diese Begründung sei aber durch das faktische Ende des Bankgeheimnisses auf internationaler Ebene hinfällig geworden. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Antrag (18/6064), dass sämtliche Kapitalerträge im Rahmen der jährlichen Steuererklärung beim Finanzamt anzugeben sind. Veräußerungsgewinne sollen grundsätzlich progressiv besteuert werden.

Eine Abschaffung der Abgeltungsteuer würde ein „bewährtes, transparentes Besteuerungssystem zerstören“, argumentierten die Banken, die auch darauf hinwiesen, dass die deutsche Steuerhöhe im Vergleich mit anderen EU-Mitgliedsstaaten an der oberen Grenze liege. Außerdem würden Kapitalerträge in Deutschland „brutto“ besteuert: Kosten wie Depotgebühren, Vermögensverwaltungskosten, und Fahrtkosten zur Hauptversammlungen seien nicht absetzbar, Veräußerungsverluste könnten mit anderen Kapitalerträgen nur eingeschränkt verrechnet werden. Die Banken rechneten in ihrer schriftlichen Stellungnahme vor, dass die tatsächliche Besteuerung der Kapitalerträge bei Berücksichtigung einer Inflationsrate von zwei Prozent in Normalzinszeiten 61,53 Prozent betrage. In Niedrigzinszeiten bei 0,8 Prozent Inflation würden die Sparer sogar Geld verlieren (Substanzbesteuerung). Dividenden für Aktionäre würden bereits heute wegen steuerlicher Vorbelastungen auf Unternehmensebene mit 48,33 Prozent besteuert.

Die Deutsche Steuergewerkschaft schloss sich dagegen den Forderungen der Opposition an. Zwar entlaste die Abgeltungsteuer die Verwaltung, aber der Preis sei die Gerechtigkeit, wenn aktive Erwerbstätigkeit mit Höchststeuersätzen belegt würden und passive Kapitalnutzung nur mit 25 Prozent. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bezeichnet die Abschaffung der Abgeltungsteuer als „sinnvolle Reformoption“. Ihre Geschäftsgrundlage falle zunehmend weg und Kleinanleger würden diskriminiert, weil für sie das Halb- und Teileinkünfteverfahren nicht gelte.

Wie die Banken zeigte sich dagegen auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft skeptisch. Erst wenn ein echter Gleichklang der Verfahren zum internationalen Datenaustausch hergestellt sei, könne eine Diskussion über die Zukunft der Abgeltungsteuer geführt werden. In der Anhörung ging es auch um den geplanten Datenaustausch. Grundlage war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze (18/5920, 18/6290). Finanzinstitute müssen danach künftig einmal im Jahr bestimmte Daten von Konten übermitteln, damit die Bundesrepublik Deutschland ihrer Verpflichtung zum Austausch von Informationen über Finanzkonten mit anderen Ländern nachkommen kann. Zur Begründung heißt es, in den zurückliegenden Jahren hätten sich grenzüberschreitender Steuerbetrug und grenzüberschreitende Steuerhinterziehung zu einer erheblichen Herausforderung für die Steuerverwaltungen der einzelnen Staaten entwickelt. „Der gestiegenen Anzahl von Möglichkeiten, international investieren und sich aufgrund fehlender steuerrechtlicher Transparenz einer korrekten Besteuerung entziehen zu können, kann mit einem zeitnahen Austausch steuerrelevanter Informationen zwischen den Finanzverwaltungen der einzelnen Staaten begegnet werden“, erwartet die Bundesregierung. Zudem ging es in der Anhörung um einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/6065), die fordert, dass die Banken alle Kapitalerträge für das Besteuerungsverfahren ab 2016 an das Bundeszentralamt für Steuern beziehungsweise an die zuständigen Finanzbehörden melden müssen – und zwar unabhängig von Wohnsitz und Steuerpflicht des Anlegers. Zugleich wird gefordert, dass die gemeldeten Daten durch das „strikte deutsche Steuergeheimnis“ geschützt werden, „um sicherzustellen, dass diese Daten nicht für andere Zwecke verwendet werden oder an andere Stellen weitergeleitet werden“.

Die Deutsche Steuergewerkschaft begrüßte den geplanten Datenaustausch, der von ihr seit vielen Jahren gefordert werde. Sie sprach sich aber für regelmäßige Prüfungen der Banken durch das Bundeszentralamt für Steuern aus. Eine „Prüfungsberechtigung“ sei zu wenig. Professor Heribert Anzinger (Universität Ulm) erklärte, in der Gesamtschau erweise sich der automatische Informationsaustausch im Verhältnis zu den bisher entdeckten Quellensteuermodellen „als das zur Verwirklichung der mit ihm verbundenen Ziele wirksamere und gegenüber den Finanzinstituten mildere Mittel“. Allerdings würden riesige Datenmengen zusammengetragen. Es würden Fehler entstehen, und daher sei ein Auskunftsrecht für die Betroffenen notwendig. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bezeichnete den Informationsaustausch als wichtigen Erfolg für die internationale Steuerpolitik: „Unlauterer“ Steuerwettbewerb durch kleinere Länder und Steueroasen werde unterbunden.

Professor Michael Hendricks (Flick-Gocke-Schaumburg) zeigte sich besorgt, dass übermittelte Daten in falsche Hände geraten könnten. Es müsse zudem sichergestellt werden, dass die Daten nicht durch den Empfängerstaat selbst für Zwecke genutzt werden, die mit den grundlegenden Ordnungsvorstellungen Deutschlands nicht zu vereinbaren seien. Insgesamt bewertete Hendricks den Entwurf als „wichtige und sachgerecht ausformulierte Initiative im Kampf gegen Steuerhinterziehung und für eine höhere Transparenz“. Markus Henn (Netzwerk Steuergerechtigkeit und WEED – Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung) begrüßte den Informationsaustausch als längst überfälliges Mittel, ernsthaft international gegen Steuerhinterziehung vorzugehen. Er wies darauf hin, dass es in Deutschland riesige Finanzvermögen (2,5 bis 3 Billionen Euro) gebe, „die potenziell auch der Steuerhinterziehung dienen, da sie in Deutschland nicht besteuert und auch bislang nicht an die Heimatländer der Steuerausländer/innen gemeldet werden“. Im Unterschied von Hendricks, der sich strikt für das Prinzip gegenseitiger Meldungen als Voraussetzung für den Informationsaustausch ausgesprochen hatte, sprach sich Henn für einen Verzicht zum Beispiel bei Entwicklungsländern aus. Auf die Gegenseitigkeit könne dann verzichtet werden, wenn diese Länder nicht in der Lage seien, selbst Daten zu melden.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 02.11.2015

Automatischer Informationsaustausch mit den Vereinigten Staaten von Amerika

Anwendungsfragen im Zusammenhang mit dem FATCA-Abkommen

Mit Schreiben vom 3. November 2015 hat das BMF ein Anwendungsschreiben im Zusammenhang mit dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 31. Mai 2013 geschlossenen FATCA-Abkommen an die obersten Finanzbehörden der Länder übersandt.

Im Einzelnen werden dort folgende Punkte behandelt:

I. Anwendungsbereich
II. Finanzinstitute
III. Finanzkonten
IV. Kontoinhaber
V. Meldepflichtige Kontoinhaber
VI. Sorgfaltspflichten
VII. Meldung
VIII. Übergangsregelung bei der Berichtspflicht bei Zahlung nicht teilnehmender Finanzinstitute für 2014 und 2015 (NPFFI)
IX. Anwendung des Artikels 7 des FATCA-Abkommens (Meistbegünstigung)
X. Anwendungsregelung
XI. Amtlich vorgeschriebener Datensatz

Das vollständige Anwendungsschreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben IV B 6 – S-1316 / 11 / 10052 :133 vom 03.11.2015

 

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