Bearbeitungsgebühr für Kredit: Bei Geschäftskunden zulässig

Bearbeitungsgebühr für Kredit: Bei Geschäftskunden zulässig

Verlangt eine Bank für die Bearbeitung eines Kredits Gebühren, kann dies gegenüber Geschäftskunden zulässig sein.

Hintergrund

Die Bank hatte mit einer im Handelsregister eingetragenen Gesellschaft im Jahr 2005 einen Kreditrahmen über 900.000 EUR vereinbart. Diesen Kreditrahmen konnte die Gesellschaft nach ihrer Wahl über 2 Kontokorrentlinien sowie über eine Avallinie in Anspruch nehmen. In dem Vertragsformular wurde eine nicht laufzeitabhängige, sofort fällige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 9.000 EUR festgeschrieben.

Im Jahr 2015 forderte die Klägerin die Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr. Diese sei nicht rechtsverbindlich vereinbart worden, weil es sich nicht um eine individuelle Absprache, sondern um eine einseitige Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen handle. Die Regelung beinhalte eine unangemessene Benachteiligung der Kundin, sodass sie unwirksam sei. Der Bundesgerichtshof habe im Jahr 2014 abschließend geklärt, dass die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten durch Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulässig sei.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts gelten die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze in erster Linie für Verbraucher und sind auf AGB, die gegenüber Kaufleuten benutzt werden, nicht ohne weiteres übertragbar.

Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass ein Teil des Kredits als Avallinie ausgewiesen sei. Ein solcher Avalkredit sei rechtlich als Kreditleihe zu qualifizieren. Hierfür könne die Bank auch ohne entsprechende Vereinbarung Zinsen und eine angemessene Provision verlangen.

Die Bearbeitungsgebühr sei auch deshalb gerechtfertigt, weil der Bank Bearbeitungsaufwand auch im Interesse des Kunden entstehe. Bei einem Kredit im Rahmen eines Handelsgeschäfts prüfe die Bank beispielsweise die Bonität des Kunden nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse des Kunden. Dieser sei zur Buchführung und Bilanzierung verpflichtet. Die Bonitätskontrolle durch die Bank diene daher auch der Selbstkontrolle des Kunden. Auch insoweit sei hier die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr nicht mit einer Bearbeitungsgebühr gegenüber einem Verbraucher zu vergleichen, bei dem die Bank die Bonitätsprüfung allein im eigenen Interesse vornehme.

Übernahme einer Bürgschaft: Achtung Fremdvergleich

Übernahme einer Bürgschaft: Achtung Fremdvergleich

Wann ist bei einer Bürgschaft von einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auszugehen? Das entscheidet sich nach den vereinbarten Bedingungen der Bürgschaftsübernahme.

Hintergrund

Die klagende K-GmbH, die zu 90 % von M (= Mutter) gehalten wird, betreibt den Handel mit iranischen Firmen. Geschäftsführer ist V (= Vater). S-1 (= Sohn von M und V) wurde Einzelprokura erteilt. In 2000 gründete V mit S-2 (= Sohn von M und V) die F-GmbH mit gleichem Unternehmenszweck. S-2 und S-1 waren die Geschäftsführer. In 2004 bürgte die K-GmbH für 2 durch die F-GmbH ausgestellte Wechsel über 230.000 EUR, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten. Seit 2003 gewährte die K-GmbH der F-GmbH verzinste Darlehen. Diese wurden bei Fälligkeit nur teilweise zurückgezahlt, vielfach wurden die Verträge verlängert. In 2009 meldete die F-GmbH Insolvenz an. Daraufhin wurde die K-GmbH aus der Bürgschaft in Anspruch genommen.

Bei einer Betriebsprüfung der K-GmbH wurde der Aufwand aus der Bürgschaft in 2009 i. H. v. 230.000 EUR aufgrund des fehlenden betrieblichen Bezugs als verdeckte Gewinnausschüttung dem Gewinn hinzugerechnet. Dagegen wendete sich die K-GmbH.

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Darlehensgewährung sind aufgrund der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit sinngemäß anwendbar. Bei einer Bürgschaftsübernahme für einen von einem Dritten an einen Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person gewährten Kredit entscheidet sich die Frage nach der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis nach den vereinbarten Bedingungen der Bürgschaftsübernahme, insbesondere nach Vergütung, Sicherheiten und Inanspruchnahmerisiko.

Im vorliegenden Fall findet die Vermögensminderung durch die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis. Die Übernahme der Bürgschaft ohne Besicherung lässt sich nur durch die familiäre Verbundenheit der Gesellschafter der Klägerin und der F-GmbH erklären. Die Existenzsicherung der F-GmbH war für die Klägerin in 2004 wirtschaftlich auch nicht derart bedeutend, dass sie deren Zusammenbruch unbedingt vermeiden musste. Darüber hinaus hätte ein fremder Dritter beim Bestehen von Darlehensforderungen zunächst auf deren Ausgleich bestanden.

Durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung für 2016 bei 1,1 Prozent

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das Jahr 2016 wurde im Bundesanzeiger veröffentlicht. Aus der Differenz der prognostizierten Einnahmen und Ausgaben der GKV im kommenden Jahr (rund 14 Milliarden Euro ohne Berücksichtigung von Finanz-Reserven) ergibt sich ein durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz in Höhe von 1,1 Prozent, der um 0,2 Prozentpunkte moderat höher liegt als im laufenden Jahr. Wie hoch der individuelle Zusatzbeitragssatz einer Krankenkasse ab 2016 für ihre Mitglieder tatsächlich ausfällt, legt die jeweilige Krankenkasse selbst fest und richtet sich unter anderem danach, wie wirtschaftlich eine Krankenkasse arbeitet und inwieweit die Krankenkassen ihre zum Teil erheblichen Finanz-Reserven im Sinne der Versicherten einsetzen. Die derzeit 123 Krankenkassen verfügen insgesamt über Finanz-Reserven von rund 15 Milliarden Euro, die sich unterschiedlich auf die einzelnen Versicherungsträger verteilen.

„Angesichts unserer älter werdenden Gesellschaft und des medizinischen Fortschritts müssen wir mit steigenden Gesundheitskosten rechnen und zugleich die Beitragsentwicklung in Schach halten. Deshalb werden wir die Zusatzbeiträge, die die Kassen jetzt festlegen, weiter im Auge behalten. Eine gute Versorgung gibt es aber nicht zum Nulltarif. Bei all unseren Gesetzesvorhaben geht es daher immer darum, Patientinnen und Patienten auch in Zukunft Spitzenmedizin und gute Pflege zur Verfügung zu stellen und unser Gesundheitswesen zugleich nachhaltig finanzierbar zu gestalten“, bekräftigte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe seine Ankündigung vom 23.10.2015.

Das vollständige Interview mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe über Leistungsverbesserungen für Patienten und die Beitragsentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung finden Sie auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums.

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz wurde nach Auswertung der Prognose des Schätzerkreises zur Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) errechnet. Für das Jahr 2016 geht der Schätzerkreis insgesamt von Einnahmen in Höhe von 206,2 Milliarden Euro aus. Dem werden die voraussichtlichen Ausgaben der Krankenkassen von 220,6 Milliarden Euro gegenübergestellt. Die Finanz-Reserven der Krankenkassen in Höhe von derzeit gut 15 Milliarden Euro fließen in diese Rechnung nicht ein und stehen damit zum Teil für Spielräume bei der Festlegung ihres kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes zur Verfügung.

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz ist ein wichtiger Gradmesser für die Haushaltsplanungen und individuellen Beitragssatzentscheidungen der Krankenkassen, die in den nächsten Wochen anstehen. Zugleich trägt er zur Transparenz für die Mitglieder der GKV bei: Die Krankenkassen sind im Falle der erstmaligen Erhebung oder Erhöhung eines Zusatzbeitrags gesetzlich verpflichtet, ihre Mitglieder vorab in einem gesonderten Schreiben auf das bestehende Sonderkündigungsrecht hinzuweisen sowie auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes und die Übersicht des GKV-Spitzenverbands zu den Zusatzbeitragssätzen aller Krankenkassen. Krankenkassen, deren kassenindividueller Zusatzbeitragssatz den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz übersteigt, müssen dabei ausdrücklich auf die Möglichkeit hinweisen, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln.

Weitere Informationen finden Sie unter www.bundesversicherungsamt.de undwww.bundesgesundheitsministerium.de.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium, Pressemitteilung vom 28.10.2015

 

Zum Weltspartag: Erhöhung des Sparerfreibetrags geboten

Es wird Zeit für eine Entlastung der Sparer! Das fordert der Bund der Steuerzahler zum Weltspartag. In einem ersten Schritt sollte der Sparerfreibetrag von derzeit 801 Euro auf mindestens 1.050 Euro angehoben werden. Das wäre schnell und unbürokratisch möglich! Die Sparer brauchen ein Signal, dass sich Sparen und private Altersvorsorge auch in einem schwierigen Umfeld noch lohnt.

Denn am Weltspartag 2015 gibt es für Sparer keinen Grund zum Feiern. Im Gegenteil: Die extrem niedrigen Zinsen haben die Bundesbürger viel Geld gekostet. Häufig reichen die Erträge nicht einmal aus, um den Wert des Gesparten zu erhalten. Statt Vermögen aufzubauen, schrumpft sogar der Kapitalstock. Der Staat allerdings profitiert vom billigen Geld der Notenbanken. Seit 2010 haben die öffentlichen Haushalte rund 100 Milliarden Euro Zinsausgaben gespart.

Bei dieser Schieflage erschwert der Staat die Situation der Sparer noch zusätzlich. Denn Kapitalerträge, die 801 Euro im Jahr übersteigen, sind in voller Höhe zu versteuern. Auch Kursgewinne sind davon nicht ausgenommen: Werden Aktien oder Wertpapiere mit Gewinn verkauft, greift der Fiskus ebenfalls zu. Früher war das nur bei Verkäufen im ersten Jahr der Fall.

Besonders beim Sparerfreibetrag besteht Handlungsbedarf. Waren 1999 noch Kapitalerträge bis 3.119 Euro pro Jahr von der Steuer befreit, sind es heute lediglich 801 Euro. Zudem ist der Sparerfreibetrag seit 2009 nicht mehr an die Inflation angepasst worden. Die Politik muss die Sparer endlich ernst nehmen und handeln!

Zum Hintergrund:
Der Sparerfreibetrag bzw. Sparerpauschbetrag beläuft sich auf derzeit 801 bzw. 1.602 Euro pro Jahr (Ledige/Verheiratete). Kapitalerträge, die den Sparerpauschbetrag übersteigen, werden mit Abgeltungsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag belastet. Der effektive Steuersatz liegt damit in der Regel bei 26,4 Prozent. Wenn zusätzlich noch Kirchensteuer anfällt, steigt die Steuerlast auf rund 29 Prozent.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 30.10.2015

 

Ermäßigter Steuersatz neben steuerfreier Rücklage

Mit Urteil vom 23.09.2015 (Az. 10 K 4079/14 F) hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz für Betriebsaufgabegewinne (sog. Fünftelregelung) auch dann Anwendung findet, wenn für den Teil des Gewinns, der auf die Veräußerung eines Kapitalgesellschaftsanteils entfällt, eine steuerfreie Rücklage gebildet wird.

Geklagt hatte der Gesellschafter einer GbR, die ein Grundstück an eine GmbH verpachtet hatte, zu deren Gesellschaftern ebenfalls der Kläger gehörte. Nach den Grundsätzen der sog. Betriebsaufspaltung gehörten das Grundstück und die GmbH-Beteiligung zum (Sonder-) Betriebsvermögen. Im Streitjahr wurde die GbR aufgelöst und der Kläger veräußerte seine GmbH-Beteiligung. Für den Teil des hierdurch entstandenen Betriebsaufgabegewinns, der auf die GmbH-Beteiligung entfiel, bildete der Kläger eine gewinnmindernde Rücklage und beantragte für den verbleibenden Gewinn die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, was das Finanzamt ablehnte.

Der 10. Senat des Finanzgerichts Münster gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Die Rücklagenbildung stehe, so der Senat, der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf den verbleibenden Teil des Aufgabegewinns nicht entgegen, denn der anteilige Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung werde nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung ohnehin nicht ermäßigt besteuert. Zu einer „Doppelbegünstigung“ durch Anwendung des ermäßigten Steuersatzes einerseits und Bildung einer steuerfreien Rücklage andererseits könne es deshalb nicht kommen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 02.11.2015 zum Urteil 10 K 4079/14 vom 23.09.2015

 

Jährliche Inflation im Euroraum auf 0,0 % gestiegen

Schnellschätzung – Oktober 2015

Die jährliche Inflation im Euroraum im Oktober 2015 wird auf 0,0 % geschätzt, ein Anstieg gegenüber -0,1 % im September 2015. Dies geht aus einer von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, veröffentlichten Schnellschätzung hervor.

Im Hinblick auf die Hauptkomponenten der Inflation im Euroraum wird erwartet, dass Nahrungsmittel, Alkohol & Tabak im Oktober die höchste jährliche Rate aufweisen (1,5 % gegenüber 1,4 % im September), gefolgt von Dienstleistungen (1,3 % gegenüber 1,2 % im September), Industriegütern ohne Energie (0,4 % gegenüber 0,3 % im September) und Energie (-8,7 % gegenüber -8,9 % im September).

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage von Eurostat.

Quelle: Eurostat, Pressemitteilung vom 30.10.2015

 

Bekämpfung der Steuerhinterziehung – EU und Liechtenstein unterzeichnen neues Steuertransparenzabkommen

Die EU und Liechtenstein haben am 28.10.2015 ein neues Steuertransparenzabkommen unterzeichnet, das einen weiteren wichtigen Schritt bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung darstellt.

Im Rahmen des neuen Abkommens werden Liechtenstein und die EU-Mitgliedstaaten ab 2017 automatisch Informationen über die Finanzkonten ihrer jeweiligen Gebietsansässigen austauschen. Die Regelung gilt damit ab dem Jahr, in dem der automatische Austausch nach demselben Standard auch zwischen den Mitgliedstaaten erfolgt.

Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll erklärte hierzu: „Die EU und Liechtenstein senden heute ein klares Signal: Wir arbeiten Hand in Hand, um die Steuertransparenz auf internationaler Ebene zu verbessern. Wir ziehen an einem Strang, um für mehr Offenheit und Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden zu sorgen und der Steuerhinterziehung ein Ende zu setzen.“

Im Rahmen des neuen Abkommens erhalten die Mitgliedstaaten die Namen, Anschriften, Steuer-Identifikationsnummern und Geburtsdaten ihrer Gebietsansässigen mit Konten in Liechtenstein sowie andere Finanzdaten und Informationen über Kontensalden. Diese Regelung steht im Einklang mit dem neuen weltweiten Standard der OECD/G20 für den automatischen Informationsaustausch.

Der verstärkte Informationsaustausch wird es den Steuerbehörden erleichtern, Steuerhinterzieher aufzuspüren, und gleichzeitig davor abschrecken, Einkünfte und Vermögen im Ausland zu verbergen. Im Mai dieses Jahres hat die EU bereits ein ähnliches Abkommen mit der Schweiz unterzeichnet. Verhandlungen mit Andorra, San Marino und Monaco stehen vor dem Abschluss.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 28.10.2015

 

Kindergeldanspruch während eines mehrjährigen Auslandsstudiums

Der III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 23. Juni 2015 III R 38/14 entschieden, dass Eltern für ein Kind, das sich während eines mehrjährigen Studiums außerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums aufhält, weiterhin Kindergeld beziehen können, wenn das Kind einen Wohnsitz im Haushalt der Eltern beibehält.

Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger mit chinesischer Herkunft. Sein 1994 geborener Sohn absolvierte nach dem Ende seiner schulischen Ausbildung zunächst einen einjährigen Sprachkurs in China und entschied sich nach dessen Ende für ein im September 2013 beginnendes vierjähriges Bachelorstudium in China. Während des Studiums wohnte der Sohn in einem Studentenwohnheim. Verwandtschaftliche Beziehungen bestanden am Studienort nicht. In den Sommersemesterferien 2013 und 2014 kehrte der Sohn für jeweils ca. sechs Wochen nach Deutschland zurück und war während dieser Zeiten in der elterlichen Wohnung in seinem Kinderzimmer untergebracht. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab September 2013 auf, da sie davon ausging, dass der Sohn seinen Wohnsitz vom Inland nach China verlegt habe.

Wie bereits zuvor das Finanzgericht (FG) folgte der BFH der Auffassung der Familienkasse nicht. Voraussetzung eines Kindergeldanspruchs ist u. a., dass das Kind einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat hat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet. Der BFH ging insoweit davon aus, dass der Sohn zumindest während des Streitzeitraums (September 2013 bis März 2014) trotz seines Studiums in China einen inländischen Wohnsitz beibehalten hat. Da vorübergehende, weniger als einjährige Auslandsaufenthalte grundsätzlich nicht zum Wegfall des Inlandswohnsitzes führen, sah der BFH den vor dem Studium durchgeführten Sprachkurs als unproblematisch an. Aber auch im Hinblick auf das Studium selbst billigte der BFH im Ergebnis die Würdigung des FG, dass noch keine Wohnsitzverlagerung nach China stattgefunden hat. Maßgeblich war insofern, dass der Sohn mindestens die Hälfte seiner ausbildungsfreien Zeit in Deutschland verbrachte und seine Wohnverhältnisse sowie persönlichen Bindungen einen stärkeren Bezug zum Inland als zum Studienort aufwiesen. Für unerheblich hielt der BFH dagegen, ob der Kläger oder sein Sohn über ausländische Wurzeln verfügten.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 74/15 vom 28.10.2015 zum Urteil III R 38/14 vom 23.06.2015

 

Einigung des Rates zum Austausch über Steuerabsprachen „verpasste Gelegenheit“

Die Einigung der EU-Mitgliedstaaten zum automatischen Informationsaustausch über grenzübergreifende Steuervorbescheide („tax rulings“) zugunsten multinationaler Konzerne ist eine „verpasste Gelegenheit“, einen großen Schritt vorwärts im Kampf gegen aggressive Steuerplanung und unfairen Steuerwettbewerb zu machen, so die Abgeordneten, die am 27.10.2015 die entsprechende Stellungnahme des Parlaments verabschiedet haben.

Die Abgeordneten kritisieren, dass die am 6. Oktober erzielte Einigung sowohl den Anwendungsbereich der entsprechenden Richtlinie in unzulässiger Weise einschränkt als auch die Befugnisse der EU-Kommission, die dort enthaltenen Bestimmungen durchzusetzen.

Der Rat „Wirtschaft und Finanzen“ (ECOFIN) hatte den Gesetzesvorschlag der EU-Kommission für mehr Transparenz und Informationsaustausch am 6. Oktober stark abgeschwächt, bevor der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Parlaments seine Stellungnahme am 13. Oktober annahm.

„Der erste Schritt, hin zu fairem Steuerwettbewerb ist mehr Transparenz und eine systematischere und verbindlichere Vorgehensweise beim Informationsaustausch über Steuervorbescheide. Damit soll sichergestellt werden, dass Gewinne auch wirklich dort besteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden“, so der Berichterstatter Markus Ferber (EVP, DE), der den Bericht federführend betreut hat. „Denn niemand hat Verständnis dafür, wenn multinationalen Konzernen eine derartige steuerliche Sonderbehandlung zuteil wird. Aggressive Steuerplanung und missbräuchliche Steuerpraktiken entziehen den öffentlichen Kassen unverzichtbare Mittel etwa für die Infrastruktur, Flüchtlingshilfen, Kitas, Kindergärten, Schulen, Universitäten, ÖPNV oder den Kultursektor“, fügte er hinzu.

Die Stellungnahme des Parlaments wurde mit 572 Stimmen angenommen, bei 90 Gegenstimmen und 30 Enthaltungen.

Kritikpunkte der Abgeordneten

  • Eingeschränkter Anwendungsbereich – Die Abgeordneten hätten es vorgezogen, dass die neuen Regeln für alle nationalen Steuervorbescheide gelten, und nicht nur für „grenzüberschreitende Steuervorbescheide und Vorabverständigungsvereinbarungen“, so wie es die Mitgliedstaaten beschlossen hatten, weil, so die Abgeordneten, nationale Regelungen auch grenzüberschreitende Wirkungen haben.
  • Ausgrenzung der EU-Kommission – Die Kommission darf die ausgetauschten Informationen in keiner Weise nutzen und ist lediglich befugt, zu überprüfen, ob sie den Vorgaben der Richtlinie entsprechen.
  • Ohne Rückwirkung – Der Rat hat sich darauf geeinigt, dass die Richtlinie nur für neue Steuervorbescheide ab dem 31. Dezember 2016 gilt, mit einigen Ausnahmen für jene Absprachen, die zwischen 2012 und 2016 getroffen, abgeändert oder erneuert wurden.

Absprachen mit Fiat und Starbucks unterstreichen Notwendigkeit von Transparenz
Erst letzte Woche hatte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager die Steuervereinbarungen zwischen Luxemburg und Fiat Finance sowie zwischen den Niederlanden und Starbucks als illegal erklärt.

„Die Kommission soll die in der Datenbank hinterlegten Informationen auch für beihilferechtliche Verfahren nutzen dürfen“, so Ferber. „Doch genau das lehnen die Mitgliedstaaten ab und nehmen damit der EU-Kommission ihre schärfste Waffe, Verfahren wegen illegaler staatlicher Beihilfe einzuleiten, aus der Hand. Doch um Steuerdumping aufzudecken und zu überprüfen, ob die europäischen Beihilferegeln eingehalten werden, muss die Kommission Zugriff auf diese Daten haben.“

Die nächsten Schritte
Der Entwurf der Richtlinie des Rates steht auf einer der nächsten Ratssitzungen zur Verabschiedung auf der Tagesordnung, nach der heute angenommenen Stellungnahme des Parlaments.

Die neuen Vorschriften greifen ab dem 1. Januar 2017. Bis dahin gelten die bestehenden Regeln zum Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten.

Quelle: EU-Parlament, Pressemitteilung vom 27.10.2015

 

Die Prüfungsergebnisse zählen – BdSt weist auf wichtiges Kindergeldurteil hin

Gute Neuigkeiten für Studenten und Eltern: Kindergeld wird so lange gezahlt, bis die Prüfungsergebnisse vorliegen. Denn die universitäre Ausbildung endet erst dann, wenn dem Studenten die Ergebnisse mitgeteilt werden und nicht schon mit der letzten Prüfung. Dies hat das Finanzgericht Sachsen aktuell in einem Kindergeldfall entschieden (Urteil vom 17. Juni 2015 – 4 K 357/11). Damit schafft das Gericht Rechtssicherheit für Eltern, deren Kinder länger auf ihre Noten warten müssen.

Im Fall hatte die Studentin ihre Diplomarbeit abgegeben, aber die Prüfungsergebnisse erst sechs Monate später erhalten. Während dieser Wartezeit war sie weiterhin an der Universität immatrikuliert und jobbte nebenbei im Schnitt knapp 15 Stunden in der Woche. Die Familienkasse strich das Kindergeld, weil sich das „Kind“ nach Ablegen der Prüfung nicht mehr in einer Berufsausbildung befände und damit die Voraussetzungen für die Gewährung des Kindergelds nicht mehr vorlägen, so das Argument der Familienkasse. Falsch, urteilte das Sächsische Finanzgericht. Die Berufsausbildung endet grundsätzlich erst mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse. Etwas anderes gilt nur, wenn das „Kind“ vor Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse bereits eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt oder das 25. Lebensjahr vollendet hat.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 25.10.2015 zum Urteil 4 K 357/11 des FG Sachsen vom 17.06.2015

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin