Private Nutzung des Dienstwagens: Reichweite des Anscheinsbeweis

Private Nutzung des Dienstwagens: Reichweite des Anscheinsbeweis

Kernproblem
Die Rechtsprechung zur Dienstwagenbesteuerung beim Arbeitnehmer hat im vergangenen Jahr wesentliche Änderungen gebracht. Aufpassen müssen solche Arbeitnehmer, denen die Privatnutzung des Dienstwagens eingeräumt wurde, hiervon aber keinen Gebrauch machen und davon ausgehen, das hätte keine steuerliche Relevanz. Hier sagt der Bundesfinanzhof (BFH), dass allein die Möglichkeit der Privatnutzung zu einem geldwerten Vorteil führt. Dagegen kann sich das Finanzamt nicht mehr darauf berufen, dass der Beweis des ersten Anscheins immer für die Privatnutzung des Dienstwagens spricht. Diese Fälle betrafen vor allen Dingen Gesellschafter-Geschäftsführer oder familienangehörige Angestellte, denen zwar die Privatnutzung des Dienstwagens auf dem Papier untersagt war, hiervon aber nach Vermutung des Finanzamts mangels Überwachung des Nutzungsverbots regelmäßig Gebrauch machten.

Sachverhalt
Dem Sohn des Betriebsinhabers wurde ein Audi A6 Kombi zur dienstlichen Nutzung überlassen. Das Kennzeichen trug die Initialen des Sohnes, der als Privatwagen einen Porsche 911 fuhr. Vertraglich existierten lediglich ein über 20 Jahre alter Ausbildungsvertrag und eine Zusatzvereinbarung aus dem Jahr 1995, in der das private Nutzungsverbot eines Dienstwagens geregelt wurde. Weitere Verträge waren nach Auffassung des Vaters für den Sohn als künftigen Geschäftsinhaber nicht erforderlich. In der Lohnsteuer-Außenprüfung 2007 bis 2009 warf der Prüfer die fehlende Überwachung des Nutzungsverbots vor und setzte einen geldwerten Vorteil an. Der Vater argumentierte, die Einhaltung des Verbots mit dem Blick aus dem Fenster überwacht zu haben. Einspruch und Klage blieben erfolglos, die Revision wurde jedoch zugelassen.

Entscheidung
Der BFH sah die Revision als begründet an. Allein die Möglichkeit des Sohnes, als faktischer Geschäftsführer über das Fahrzeug zu bestimmen und daraus auf eine private Nutzungsbefugnis zu schließen, reiche nicht aus. Arbeitslohn liege nur insoweit vor, wie der Sohn zur Privatnutzung befugt sei. Das Finanzgericht habe daher zu prüfen, ob die Erlaubnis dafür gegebenenfalls aufgrund konkludent geschlossener Vereinbarung erfolgte. Zumindest reiche der Beweis des ersten Anscheins oder die fehlende Überwachung in Ermangelung einer Kontrollinstanz nicht aus. Auch wenn wie im Streitfall bei einer Zuwiderhandlung des Nutzungsverbots keine arbeits- oder strafrechtlichen Konsequenzen zu erwarten seien, rechtfertige dies keinen steuerstrafrechtlichen Generalverdacht.

Konsequenz
In der Beratungspraxis wird man sich darauf einstellen müssen, dass sich der Lohnsteuerprüfer verstärkt auf die Suche nach den Privatfahrten mit dem Dienstwagen machen wird.