Erbschaftsteuer: Private Steuerschulden des Todesjahres als Nachlassverbindlichkeiten

Abzug privater Steuerschulden für das Todesjahr des Erblassers

Erlass vom 18. Januar 2010, Az. 3 – 3810/28

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 4. Juli 2012, Az. II R 15/11 entschieden, dass die vom Erblasser herrührende Einkommensteuer des Todesjahres als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig ist. Die Entscheidung steht im Widerspruch zu R E 10.8 Abs. 3 ErbStR 2011 .

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder wird an R E 10.8 Abs. 3 ErbStR 2011 nicht mehr festgehalten.

Der Erlass vom 18. Januar 2010, Az. 3 – 3810/28 (ErbSt-Kartei BW § 10 ErbStG Karte 26) ist insoweit überholt; die Regelungen der Tz. 1 bis 3 gelten weiterhin.

Der Erlass ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden. Ich bitte, die Erbschaftsteuerfinanzämter entsprechend zu unterrichten und den Erlass in die Erbschaftsteuerkartei aufzunehmen (ErbSt-Kartei BW § 10 ErbStG Karte 28).

 

Erbschaftsteuerliche Berücksichtigung von privaten Steuererstattungsansprüchen und -schulden als Erwerb bzw. Nachlassverbindlichkeit(§ 10 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 1 ErbStG)

Nach dem Ergebnis einer Erörterung mit den für die Erbschaftsteuer zuständigen Vertretern der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bitte ich in der Frage der erbschaftsteuerlichen Berücksichtigung von privaten Steuererstattungsansprüchen und -schulden in allen noch offenen Fällen folgende Auffassung zu vertreten:

Die Einkommensteuer entsteht mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 1 EStG ).

 1. Steuererstattungsansprüche für Veranlagungszeiträume, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers endeten

Einkommensteuererstattungsansprüche aus Veranlagungszeiträumen, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers endeten, sind mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahrs entstanden. Sie gehören mit dem materiell-rechtlich zutreffenden Wert zum steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 ErbStG , ohne dass es auf ihre Durchsetzbarkeit (Festsetzung in einem Steuerbescheid) zum Todeszeitpunkt ankommt (BFH-Urteil vom 16. Januar 2008, II R 30/06 , BStBl II S. 626 ). Die Überzahlungen, die zu den Steuererstattungsansprüchen geführt haben, muss noch der Erblasser geleistet haben.

 2. Steuererstattungsansprüche für den Veranlagungszeitraum, in den der Todeszeitpunkt des Erblassers fällt

Einkommensteuererstattungsansprüche aus dem Veranlagungszeitraum, in den der Todeszeitpunkt des Erblassers fällt, entstehen erst mit Ablauf des Kalenderjahrs. Sie gehören daher nicht zum steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 ErbStG (BFH-Urteil vom 16.01.2008, II R 30/06 , BStBl 2008 II S. 626 ).

 3. Steuerschulden für Veranlagungszeiträume, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers endeten

Einkommensteuerschulden aus Veranlagungszeiträumen, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers endeten, sind mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahrs entstanden. Sie sind unabhängig davon, ob sie am Todeszeitpunkt des Erblassers bereits festgesetzt waren oder nicht, mit dem materiell-rechtlich zutreffenden Wert als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig.