Regelungen gegen sog. Share Deals bei der Grunderwerbsteuer vom Bundestag beschlossen

Der Bundestag hat am 21.04.2021 Maßnahmen gegen sog. Share Deals, bei denen Investoren beim Kauf von Immobilien die Grunderwerbsteuer umgehen können, beschlossen. Grundlage war der Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (19/13437) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (19/28528). Zum Gesetzentwurf lag auch die Stellungnahme des Bundesrates mit der Gegenäußerung der Bundesregierung vor (19/13546).

Ziel des Gesetzes sei die Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen in der Grunderwerbsteuer durch verschiedene Einzelmaßnahmen, schreibt die Bundesregierung in ihrem Entwurf. Die Praxis habe gezeigt, dass es besonders im Bereich hochpreisiger Immobilientransaktionen immer wieder gelingt, durch gestalterische Maßnahmen – wie sog. Share Deals – die Grunderwerbsteuer zu vermeiden. „Die hiermit einhergehenden Steuermindereinnahmen sind von erheblicher Bedeutung. Es ist nicht weiter hinnehmbar, dass die durch Gestaltungen herbeigeführten Steuerausfälle von denjenigen finanziert werden, denen solche Gestaltungen nicht möglich sind.“

Um künftig „missbräuchlicher Steuergestaltungen in der Grunderwerbsteuer“ einzudämmen, wurde die 95-Prozent-Grenze in den Ergänzungstatbeständen auf 90 Prozent abgesenkt. Zudem wurden ein Ergänzungstatbestand zur Erfassung von Anteilseignerwechseln in Höhe von mindestens 90 Prozent bei Kapitalgesellschaften eingeführt und die Fristen von fünf auf zehn Jahre verlängert. Die Ersatzbemessungsgrundlage auf Grundstücksverkäufe wird darüber hinaus im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen angewendet. Ferner werden die Vorbehaltensfrist in Paragraf 6 des Grunderwerbsteuergesetzes auf 15 Jahre verlängert und die Begrenzung des Verspätungszuschlags aufgehoben.

Das Gesetz tritt am 1. Juli 2021 in Kraft. Der Bundestag fügte darüber hinaus eine Börsenklausel und eine Anwendungsregelung zum § 1 Abs. 2b des Grunderwerbsteuergesetzes ein. Die bereits im Jahressteuergesetz 2020 umgesetzten Änderungen zur Festsetzung des Verspätungszuschlags wurden gestrichen.

Anträge der Opposition abgelehnt

Abgelehnt wurden vier Anträge der Opposition: den AfD-Antrag „Änderung des Steuerrechts – Besteuerung der sogenannten Share Deals im Immobilienbereich“ (19/13532) lehnten alle übrigen Fraktionen ab. Beim FDP-Antrag „Gestaltungsmissbrauch durch Share Deals verhindern“ (19/15053) enthielt sich die AfD, die übrigen Fraktionen außer den Antragstellern stimmten dagegen. Beim Antrag der Linken, die „Share Deals – Steuervermeidung bei Immobiliengeschäften bekämpfen“ wollte (19/10067), enthielten sich die Grünen, die übrigen Fraktionen außer den Antragstellern votierten dagegen. Zu diesen drei Anträgen lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vor (19/28528).

Direkt abgestimmt wurde ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Keine Spekulation mit Land und Immobilien – Steuerschlupfloch Share Deals schließen“ (19/16501). FDP und Linksfraktion enthielten sich, während die übrigen Fraktionen außer den Antragstellern dagegen stimmten.

Abgelehnter Antrag der AfD

Die AfD-Fraktion forderte in ihrem abgelehnten Antrag (19/13532) die Regierung auf, die Voraussetzungen zu schaffen und Maßnahmen zu ergreifen, um die Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung der Entlastung von Familien einheitlich auf bundesweit maximal 3,5 Prozent zu begrenzen. Den Länderfinanzausgleich wollte die Fraktion dahingehend reformieren, dass Fehlanreize zur Erhöhung der Grunderwerbsteuer abgeschafft werden. Ferner wollte die AfD auch Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Grunderwerbsteuer im Rahmen von Anteilskäufen an Gesellschaften nur dann anfällt, wenn ein Anteil von mehr als 50 Prozent an einem „echten“ Immobilienunternehmen erworben wird.

Echte Immobilienunternehmen in diesem Sinne seien Unternehmen, bei denen der Verkehrswert des Immobilienvermögens 80 Prozent oder mehr des für den Anteilserwerb vereinbarten Kaufpreises ausmacht. Der Kaufpreis sei dabei um den Kassenbestand zu vermindern, soweit dieser durch Gesellschafterdarlehen und/oder Darlehen verbundener Unternehmen abgedeckt ist. Die Höhe der zu zahlenden Steuer sollte sich nach dem gegebenenfalls anteiligen Wert des so erworbenen Immobilienvermögens richten.

Abgelehnter Antrag der FDP

Den Gestaltungsmissbrauch durch sogenannte Share Deals wollte die FDP-Fraktion verhindern. In ihrem abgelehnten Antrag (19/15053) warf sie der Bundesregierung vor, mit ihrem Regierungsentwurf zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes keine effektive Bekämpfung von Gestaltungsmissbrauch im Zusammenhang mit Share Deals erreichen zu können.

Die FDP forderte, dass eine Steuerpflicht beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen nur dann entstehen sollte, wenn eine Gesellschaft erworben wird, die nicht operativ tätig ist und deren Vermögen überwiegend (mindestens 50 Prozent) aus dem Eigentum an Grundstücken besteht. Grunderwerbsteuer sollte anfallen, sobald ein Erwerber mindestens eine Beteiligung von 50 Prozent plus einem Gesellschaftsanteil an einer grundbesitzenden Gesellschaft erwirbt. Interne Umstrukturierungen von Gesellschaftsanteilen sollten nach Ansicht der FDP von der Grunderwerbsteuer befreit sein.

Abgelehnter Antrag der Linken

Auch Die Linke wollte sogenannte Share Deals bekämpfen und dazu ein gestuftes quotales Besteuerungssystem für unmittelbare und mittelbare Anteilsänderungen an grundbesitzenden Personen- und Kapitalgesellschaften einführen. In ihrem abgelehnten Antrag (19/10067) forderte sie die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Damit sollte der Erwerb einer Anteilsmehrheit an einer grundbesitzenden Gesellschaft zu einer Besteuerung des Immobilienwertes im Umfang der erreichten relativen Beteiligung beziehungsweise der überschrittenen Beteiligungsschwelle führen.

Gelten sollte das neue Besteuerungssystem ab einer Mindestbeteiligung von mehr als 50 Prozent. „Wird beispielsweise eine Beteiligung von 58 Prozent an der grundbesitzenden Gesellschaft erworben, ist der zu besteuernde Immobilienwert mit 50 Prozent anzusetzen, bei einer Beteiligung von zum Beispiel 81 Prozent mit 80 Prozent“, erläuterte die Fraktion. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass auch der Erwerb einer Anteilsmehrheit durch mehrere Personen oder Gesellschaften gemeinsam entsprechend deren kumulierter Beteiligungsquote besteuert wird. 

Abgelehnter Antrag der Grünen

Das Steuerschlupfloch Share Deals wollten Bündnis 90/Die Grünen mit ihrem abgelehnten Antrag (19/16501) schließen. Ziel sei es, die Spekulation mit Land und Immobilien einzudämmen. Wie die Abgeordneten erläuterten, würden bei Millionendeals, in denen große Wohnungsbestände oder Gewerbekomplexe übertragen werden, oft nur 94,9 Prozent der Anteile in andere Hände übergehen, sodass man gerade unter der Grenze der Steuerpflicht bei der Grunderwerbsteuer bleibe. Zwischen 1999 und 2017 seien zwei Drittel der Wohnungsportfolios mit über 800 Wohneinheiten als Share Deals verkauft worden. Bei der Hälfte von ihnen seien weniger als 95 Prozent der Anteile erworben worden, sodass keine Grunderwerbsteuer gezahlt worden sei. Unter Berufung auf Schätzungen bezifferten die Grünen den Steuerausfall  auf eine Milliarde Euro jährlich.

Die Fraktion forderte als weiteren Grundtatbestand neben dem klassischen Eigentumsübergang von Immobilien mit Rechtsträgerwechsel ein rechtsformunabhängiges Besteuerungssystem für die Übertragung von Anteilen an Grundbesitz in den Gesellschaften. Danach sollte es eine quotale Besteuerung des unmittelbaren oder mittelbaren Erwerbs von Anteilen ab einer kumulierten Anteilshöhe von mehr als 50 Prozent in entsprechender Höhe des erworbenen Prozentsatzes geben. (hle/sas/21.04.2021)

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 21.04.2021