Richter im Homeoffice und Videostreams für alle?

Der Rechtsausschuss des Bundestags hat am 15. November 2023 Änderungen am Gesetzentwurf zur Videokonferenztechnik in der Zivil- und Fachgerichtsbarkeit beschlossen. Unter anderem sollen die Verhandlungsleitung und Urteilsverkündung des oder der Vorsitzenden aus dem Homeoffice möglich werden; außerdem in Erprobungsfällen Streams von Verhandlungen für die Öffentlichkeit.

Was ist neu?

  • Der oder die Vorsitzende einer Videoverhandlung kann künftig auch von einem anderen Ort als der Gerichtsstelle aus leiten.
  • Auch eine Urteilsverkündung – etwa direkt im Anschluss an die Verhandlung – soll per Video möglich werden.
  • In Erprobungsfällen sollen der Öffentlichkeit per Stream eine unmittelbare Teilnahme an der Videokonferenz ermöglicht werden.
  • Wird ein Antrag auf Videoverhandlung abgelehnt, muss diese Entscheidung künftig einzelfallbezogen begründet werden.
  • Lehnt der oder die Vorsitzende einen Antrag auf Videoverhandlung ab, so kann der Adressat oder die Adressatin gegen diese Anordnung innerhalb einer Frist von zwei Wochen ohne Begründung Einspruch einlegen.
  • Auch eine Inaugenscheinnahme im Wege der Videobeweisaufnahme soll künftig zugelassen werden.
  • Zudem soll das Gericht diese auch anordnen können.
  • Die Stellung von Anträgen und Abgabe von Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle soll per Bild- und Tonübertragung ermöglicht werden.
  • Die Regelungen zur vorläufigen Protokollaufzeichnung sollen erweitert werden.

Welche Auswirkungen hat das?

Die Änderungen sollen den Einsatz von Videokonferenztechnik in der Zivil- und Fachgerichtsbarkeit erleichtern und flexibler gestalten. So sollen Verfahren künftig schneller, flexibler, kostengünstiger und ressourcenschonender durchgeführt werden. Zudem soll Menschen mit Behinderungen der Zugang zur Justiz erleichtert werden.

Kritik

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hatte sich in ihren Stellungnahmen zum Regierungs- und Referentenentwurf gegen eine Anordnung von Videoverhandlungen von Amts wegen ausgesprochen. Die BRAK befürchtet, dass dies zu einer Beeinträchtigung der Rechte der Parteien führen könnte.

Weiterer Verfahrensgang

Die zweite und dritte Lesung im Bundestag sind für Freitag, 17. November 2023, vorgesehen. Es ist davon auszugehen, dass das Gesetz dann beschlossen wird.