Rücknahme des Antrags auf ermäßigte Besteuerung eines Veräußerungsgewinns

Finanzgericht Düsseldorf, 13 K 3624/11 E

Datum:
19.11.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 3624/11 E
Tenor:

Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 23.03.2009 und der Einspruchsentscheidung vom 15.09.2011 wird der Beklagte verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 16.02.2009 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer 2002 ohne Anwendung der Tarifbegünstigung gem. § 34 Abs. 3 EStG festgesetzt wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob die Kläger einen Antrag auf ermäßigte Besteuerung eines Veräußerungsgewinns nach § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zurücknehmen konnten.

3Die Klägerin und ihr am „…“.2008 verstorbener Ehemann, der Vater des Klägers, erklärten im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2002 laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Ehemanns der Klägerin aus einer Beteiligung an der „T-KG“ von

4-835.697 € und einen Veräußerungsgewinn, für den der ermäßigte Steuersatz des § 34 Abs. 3 EStG beantragt wurde, von 1.134.763 €. Der Beklagte führte die Veranlagung mit Einkommensteuerbescheid 2002 vom 16.3.2005 erklärungsgemäß durch und setzte die Einkommensteuer auf 90.029 € fest.

5Aufgrund einer Mitteilung für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 5.1.2009 erließ der Beklagte am 16.2.2009 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2002, mit dem er laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb von -871.604 € und weiterhin einen Veräußerungsgewinn von 1.134.763 €, der nach § 34 Abs. 3 EStG versteuert wurde, ansetzte und die Einkommensteuer auf 81.323 € festsetzte.

6Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 13.3.2009 Einspruch ein und beantragten, hinsichtlich der außerordentlichen Einkünfte die Einkommensteuer 2002 nicht nach dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 3 EStG zu bemessen.

7Mit Schreiben vom 23.3.2009, das keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, führte der Beklagte aus, dass er das Begehren auf verbösernde Festsetzung der Einkommensteuer 2002 mit der Folge eines im Saldo höheren Vorteils wegen Berücksichtigung in einem Folgejahr nach pflichtgemäßem Ermessen ablehne.

8Dagegen legten die Kläger mit Schreiben vom 27.5.2009 Einspruch ein und machten geltend, dass der Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung jederzeit widerrufen werden könne.

9Der Beklagte wies den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 mit Einspruchsentscheidung vom 15.9.2011 als unbegründet zurück.

10Den Einspruch gegen die Ablehnung vom 23.3.2009 verwarf der Beklagte mit Einspruchsentscheidung ebenfalls vom 15.9.2011 als unzulässig. Er führte aus, dass es sich bei dem Schreiben vom 23.3.2009 nicht um einen Verwaltungsakt handele.

11Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 17.10.2011 Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 16.2.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.9.2011 erhoben.

12Sie machen geltend, dass es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 23.3.2009 um einen Verwaltungsakt handele. In der Sache seien die Kläger zu einer Änderung ihrer Wahlrechtsausübung nach § 34 Abs. 3 EStG berechtigt gewesen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Kläger wird auf Schriftsätze vom 28.11.2011 und 11.11.2013 Bezug genommen.

13Die Kläger beantragen sinngemäß,

14unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 23.3.2009 und der Einspruchsentscheidung vom 15.9.2011 den Beklagten zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid 2002 mit der Maßgabe zu ändern, dass der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG keine Anwendung findet.

15Der Beklagte beantragt,

16              die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

17Er macht geltend, sein Schreiben vom 23.3.2009 habe keine Verwaltungsaktqualität. Es handele sich nicht um eine endgültige Entscheidung in Form der Ablehnung des gestellten Antrags, sondern sei so zu verstehen, dass der Beklagte nicht bereit gewesen sei, dem Änderungsbegehren zuzustimmen und dem Einspruch abzuhelfen. Einer Änderung des Einkommensteuerbescheids 2002 stehe § 351 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) entgegen. Insbesondere sei die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Wahlrecht zwischen getrennter Veranlagung und Zusammenveranlagung nicht auf das Wahlrecht gem. § 34 Abs. 3 EStG übertragbar, weil die Kläger nicht die vollständig neue Veranlagung mit der Aufhebung des ursprünglichen Steuerbescheids, sondern die Änderung des bisherigen Bescheids begehrten. Aus der in der Gesetzesbegründung enthaltenen Formulierung „soweit es nach den Vorschriften der AO zulässig ist“ ergebe sich, dass der Gesetzgeber im Falle des § 34 Abs. 3 EStG nicht von der Anwendung des § 351 Abs. 1 AO habe absehen wollen. Eine Rücknahme des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG sei nur möglich, wenn die Steuerermäßigung aufgrund der Änderung des Bescheids vollkommen ins Leere liefe, da dies zu einer nicht vertretbaren Härte für den Steuerpflichtigen führen würde, oder wenn die eingetretene Änderung entscheidungserheblich für die Antragstellung gewesen sei. Der Einkommensteuerbescheid 2002 könne zudem nicht gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden, weil kein rückwirkendes Ereignis vorliege.

18Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 7.11.2013 und 11.11.2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

19Entscheidungsgründe:

201. Angesichts des Einverständnisses der Beteiligten hält der Senat es für sachgerecht, gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

212. Das Gericht legt die Klage dahingehend aus, dass die Kläger sich gegen den Ablehnungsbescheid vom 23.3.2009 und die zugehörige Einspruchsentscheidung vom 15.9.2011 wenden. Dies ergibt sich aus den Ausführungen der Kläger im Klageschriftsatz vom 17.10.2011, dass ihrem Antrag auf Nichtberücksichtigung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG nicht entsprochen worden sei.

223. Die Klage ist zulässig.

23a) Bei der Klage handelt es sich um eine Verpflichtungsklage i. S. des § 40 Abs. 1 2. Alternative FGO, d. h. eine Klage, die auf Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts gerichtet ist. Der im „Einspruch“ vom 13.3.2009 enthaltene Antrag der Kläger auf Festsetzung der Einkommensteuer 2002 ohne Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG ist der Sache nach ein (Verpflichtungs)Antrag auf Erlass eines geänderten Einkommensteuerbescheids 2002.

24b) Im Streitfall ist auch ein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren durchgeführt worden.

25Gem. § 44 Abs. 1 FGO ist eine Verpflichtungsklage nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

26Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Beklagte hat den Antrag vom 13.3.2009 mit Schreiben vom 23.3.2009 abgelehnt. Den wegen der unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung fristgerecht mit Schreiben vom 27.05.2009 dagegen eingelegten Einspruch hat der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 15.09.2011 als unzulässig verworfen.

27Das Schreiben des Beklagten vom 23.3.2009 ist – entgegen der Ansicht des Beklagten – als ablehnender Bescheid auszulegen.

28Bei der Auslegung einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung kommt es nicht darauf an, was die Finanzbehörde damit gewollt hat. Vielmehr ist ausschlaggebend, wie der Adressat nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Maßgebend ist die Sicht eines objektiven Betrachters. Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde. Dies gilt auch für die Frage, ob einer Erklärung Regelungscharakter zukommt (BFH-Urteil vom 24.6.2008 IX R 64/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 2008, 1676, unter II.1.a aa; BFH-Urteil vom 19.5.2004 III R 18/02, Bundessteuerblatt –BStBl– II 2004, 980, unter II.2.b).

29Danach handelt es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 23.3.2009 um einen Verwaltungsakt. Die Ausführungen des Beklagten in diesem Schreiben „Das Begehren auf verbösernde Festsetzung der Einkommensteuer 2002 mit der Folge eines im Saldo höheren Vorteils wegen Abzuges in einem Folgejahr nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO lehne ich nach pflichtgemäßen Ermessen hiermit ab.“ konnte nach dem objektiven Empfängerhorizont nur als verbindliche Ablehnung des Antrags verstanden werden.

304. Die Klage ist auch begründet.

31Der Ablehnungsbescheid vom 23.3.2009 und die Einspruchsentscheidung vom 15.9.2011 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 101 Satz 1 FGO). Der Beklagte war verpflichtet, dem Antrag auf Festsetzung der Einkommensteuer 2002 ohne Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG zu entsprechen.

32a) Die Kläger waren berechtigt, ihr Wahlrecht gem. § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG dahingehend auszuüben, dass die Einkommensteuer 2002 ohne Anwendung des ermäßigten Steuersatzes festgesetzt werden sollte.

33Gem. § 34 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 EStG in der im Jahr 2002 geltenden Fassung kann auf Antrag die auf Veräußerungsgewinne i. S. des § 16 EStG entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Diese Ermäßigung kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen (§ 34 Abs. 3 Satz 4 EStG).

34§ 34 Abs. 3 Satz 1 EStG eröffnet ein Wahlrecht, dessen Ausübung nach dem klaren Gesetzeswortlaut zeitlich nicht befristet ist. Unbefristete Wahlrechte können grundsätzlich bis zur Bestandskraft der jeweiligen Steuerbescheide ausgeübt werden und sind erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des entsprechenden Bescheids verbraucht. Unanfechtbar ist eine Steuerfestsetzung, wenn sie nicht mehr mit ordentlichen Rechtsbehelfen des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren (§§ 347 f. AO) oder mit Rechtsbehelfen des Steuerprozesses (§§ 40 f., 115 f. FGO) angefochten werden kann (BFH-Urteil vom 30.08.2001 IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, unter II.2.a). Deshalb kann der Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG bis zur Rechts- oder Bestandskraft des Bescheids gestellt oder zurückgenommen werden (vgl. Graf in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 34 Rz. 42; Sieker in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 34 C 26; Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 34 EStG Rz. 83; Gänger in Bordewin/Brandt, EStG, § 34 Rz. 7; Wacker in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 34 Rz. 55).

35Danach konnten die Kläger ihren Antrag auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gem. § 34 Abs. 3 EStG mit dem „Einspruch“ vom 13.03.2009 zurücknehmen. Denn der nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheid 2002 vom 16.2.2009 ist erst mit Ablauf der Monatsfrist des § 355 Abs. 1 AO – wieder – bestandskräftig geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte das Wahlrecht frei ausgeübt werden.

36b) Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Rücknahme des Antrags auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes die Vorschrift des § 351 Abs. 1 AO nicht entgegen.

37Gem. § 351 Abs. 1 AO können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht.

38Bezüglich der Wahl der Veranlagungsart bei Ehegatten hat der BFH wiederholt entschieden, das Wahlrecht könne bis zur Unanfechtbarkeit eines Berichtigungs- oder Änderungsbescheids in vollem Umfang – und nicht nur, soweit die Änderung reicht – ausgeübt werden. § 351 Abs. 1 AO begrenze schon nach seinem Wortlaut nur den Umfang der Anfechtung eines Steuerbescheids. Das Begehren auf Änderung der Veranlagungsart sei jedoch nicht als Anfechtung zu verstehen, sondern als ein auf Durchführung einer erneuten Veranlagung gerichtetes Verpflichtungsbegehren, das die Besteuerungsgrundlagen unberührt lasse und nur die Rechtsfolgen der §§ 26a bis 26c EStG auslöse (BFH-Urteil vom 25.6.1993 III R 32/91, BStBl II 1993, 824, unter 2.; BFH-Urteil vom 20.1.1999 XI R 31/96, BFH/NV 1999, 1333, unter II.B.2.a; BFH-Urteil vom 24.1.2002 III R 49/00, BStBl II 2002, 408, unter II.3.).

39Diese Grundsätze sind nach Ansicht des Senats auch auf das Wahlrecht nach § 34 Abs. 3 EStG anzuwenden (ebenso Wacker in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 34 Rz. 55). Der Antrag und die Rücknahme des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG sind ebenfalls nicht als Anfechtung der Besteuerungsgrundlagen zu verstehen, sondern als ein auf Anwendung oder (im Fall der Rücknahme des Antrags) auf Nichtanwendung des ermäßigten Steuersatzes gerichtetes Verpflichtungsbegehren, das die Besteuerungsgrundlagen unberührt lässt. Das ergibt sich im Streitfall schon daraus, dass die Beteiligungseinkünfte des Ehemanns der Klägerin einheitlich und gesondert festgestellt werden, mit der Folge, dass eine Änderung der Besteuerungsgrundlagen nur im Wege der Anfechtung des Grundlagenbescheids zu erreichen ist, wohingegen der Antrag auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei der Festsetzung der persönlichen Einkommensteuer gestellt oder zurückgenommen werden muss. Die Ausübung und die Nichtausübung des Wahlrechts auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gehört in diesem Sinne nicht zu den nach Maßgabe des § 351 Abs. 1 AO materiell bestandskräftig gewordenen Besteuerungsgrundlagen (so auch zu § 34 Abs. 1 EStG a. F. Finanzgericht –FG– Schleswig-Holstein, Urteil vom 2.10.2003 5 K 394/02, Entscheidung der Finanzgerichte –EFG– 2004, 349, FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 18.2.2005 III 157/04, EFG 2005, 965, unter 2.b aa).

40Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes. Zwar hat der Gesetzgeber ausgeführt, dass der Antrag ohne Unwiderruflichkeit im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens oder, soweit es nach den Vorschriften der AO zulässig sei, im Rahmen der Änderung von Steuerbescheiden zurückgenommen werden könne (BT-Drucks. 14/2683, 115 f.). Dass der Gesetzgeber damit auf die Regelung des § 351 Abs. 1 AO Bezug genommen hat, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung jedoch nicht. Die Gesetzesbegründung enthält auch keinen Hinweis darauf, dass eine Rücknahme des Antrags nur möglich sein soll, wenn es ansonsten zu nicht vertretbaren Härten für den Steuerpflichtigen käme oder die Änderung des Bescheids entscheidungserheblich für die Antragstellung wäre. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch § 34 Abs. 3 i. V. m. 52 Abs. 47 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes 2001/2002 das erst durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 geschaffene Erfordernis der Unwiderruflichkeit des Antrags rückwirkend wieder aufgehoben, weil dieses zu nicht vertretbaren Härten für den Steuerpflichtigen geführt hatte (vgl. BT-Drucks. 14/2683, 115).

41c) Es kann dahinstehen, ob im Fall der Rücknahme des Antrags gem. § 34 Abs. 3 EStG die Regelung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO entsprechend anwendbar ist (bejahend für die Ausübung des Wahlrechts gem. § 6c EStG: BFH-Urteil vom 30.8.2001 IV R 30/99, BStBl II 2002, 49, unter 3.). Denn die materielle Reichweite eines Wahlrechts hängt nicht vom Bestehen einer Änderungsnorm ab und die effektive Durchsetzung eines bestehenden Rechts entspricht dem aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes folgenden Grundsatz einer rechtsschutzgewährenden Anwendung und Auslegung der Verfahrensvorschriften (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 2.10.2003 5 K 394/02, EFG 2004, 349).

425. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

436. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

447. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Frage, ob § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG ein unbefristetes Wahlrecht eröffnet, das ohne Einschränkung durch § 351 AO auch noch nach Ergehen eines Änderungsbescheids ausgeübt werden kann, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt.