Schadensbegrenzung bei krankheitsbedingter Urlaubsabgeltung

Schadensbegrenzung bei krankheitsbedingter Urlaubsabgeltung

Kernfrage

Urlaubsansprüche, jedenfalls die gesetzlichen Mindestansprüche, die ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht geltend machen kann, bleiben erhalten und sind abzugelten; so der Europäische Gerichtshof (EuGH). Darüber hinaus entsteht der Urlaubsanspruch auch dann, wenn ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist, so das Bundesarbeitsgericht (BAG). Damit werden Urlaubsansprüche von langzeiterkrankten Arbeitnehmern zu einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko für die Arbeitgeber. Beim Europäischen Gerichtshof ist jetzt ein Verfahren anhängig, in dem zu klären ist, ob diese sich perpetuierende Kette von wachsenden und im Zweifel abzugeltenden Urlaubsansprüchen von Langzeiterkrankten begrenzt werden kann. Die Generalanwältin beim EuGH hat sich dafür ausgesprochen.

Sachverhalt

Der Kläger des deutschen Ursprungsverfahrens war 2002 nach einem Infarkt arbeitsunfähig erkrankt; allerdings einigten sich die Parteien erst 2008 auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eingeklagt hatte er die Abgeltung der Urlaubsansprüche für die Jahre 2002 bis 2008. Das zuständige Landesarbeitsgericht legte nun dem Europäischen Gerichtshof die Fragen zur Entscheidung vor, ob das Europäische Recht eine Ansammlung von Urlaubsabgeltungsansprüchen über mehrere Jahre hinweg gebiete und ob es den Mitgliedstaaten gestattet sei, eine zeitliche Begrenzung für diese Ansprüche von 18 Monaten vorzusehen.

Die Auffassung der Generalanwaltschaft

Zwar lehnt es die Generalanwaltschaft (wie der Europäische Gerichtshof auch) ab, dass Urlaubsabgeltungsansprüche langzeiterkrankter Arbeitnehmer insgesamt verfallen können. Sie hält aber eine zeitliche Begrenzung des Anwachsens solcher Ansprüche auf 18 Monate für zulässig. Eine entsprechende zeitliche Begrenzung stehe im Einklang mit Unionsrecht und schütze den Arbeitnehmer ausreichend. In Ermangelung einer europäischen Regelung sei es daher den Mitgliedstaaten möglich, entsprechende Begrenzungsregelungen vorzusehen.

Hintergrund

Die Auffassung der Generalanwältin ist zu begrüßen; ob der Europäische Gerichtshof ihr folgt, bleibt abzuwarten. Denn in seiner Entscheidung wird sich das Gericht mit der deutschen Urlaubssystematik beschäftigen müssen. Insbesondere wird er sich wohl zu Fragen der Abgrenzung von Erholungs- und Krankheitsurlaub sowie zu Fragen der Grenzen für die Abgeltung gesetzlicher Urlaubsansprüche im Fall der Beendigung von Arbeitsverhältnissen äußern müssen.