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Elternzeit: Urlaubsabgeltung darf nicht gekürzt werden

Elternzeit: Urlaubsabgeltung darf nicht gekürzt werden

Der Arbeitgeber darf den Erholungsurlaub eines Mitarbeiters kürzen, wenn dieser sich in Elternzeit befindet, und zwar für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel. Das geht allerdings nur, solange das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist. Für den Urlaubsabgeltungsanspruch gilt diese Kürzung nicht.

Hintergrund

Die Klägerin war ab April 2007 gegen eine monatliche Bruttovergütung von 2.000 EUR im Seniorenheim der Beklagten als Ergotherapeutin beschäftigt. Bei einer 5-Tagewoche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu. Die Klägerin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010 ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15.5.2012 in Elternzeit. Mit Schreiben vom 24.5.2012 verlangte sie von der Beklagten ohne Erfolg die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Im September 2012 erklärte die Beklagte die Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin wegen der Elternzeit.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert, die nachträgliche Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin für unwirksam erachtet und dieser deshalb Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.822 EUR brutto zugesprochen.

Entscheidung

Die Revision der Beklagten hatte beim Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Die Beklagte konnte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.5.2012 mit ihrer Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Klägerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern. Die gesetzliche Regelung, nach der der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Dies ist nicht der Fall, so stellt das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung klar, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat.

Auf Urlaubsabgeltung kann verzichtet werden

Auf Urlaubsabgeltung kann verzichtet werden

Kernfrage
Die gesetzlichen Urlaubsansprüche stellen unverzichtbare Ansprüche des Arbeitnehmers dar. Mit anderen Worten, ein Verzicht des Arbeitnehmers hierauf wäre unwirksam. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisse wandelt sich nicht genommener Urlaub in einen Abgeltungsanspruch um, der dann wie Lohn an den Arbeitnehmer auszuzahlen ist. Das Bundesarbeitsgerichts (BAG) hatte nunmehr – im Rahmen der Überprüfung einer sogenannten Ausgleichsquittung – darüber zu entscheiden, ob dieser Urlaubsabgeltungsanspruch ebenfalls ein unverzichtbarer Anspruch ist, weil er sich aus dem Urlaubsanspruch ableitet.

Sachverhalt
Der Kläger hatte sich nach langjähriger Erkrankung mit seinem Arbeitgeber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Form eines Auflösungsvertrages geeinigt. Bestandteil der Auflösung war auch eine Ausgleichsquittung, die vorsah, dass mit dem Auflösungsvertrag sämtliche wechselseitigen Ansprüche abgegolten und erledigt sein sollten. Nach Abschluss des Auflösungsvertrages klagte der Kläger seine nicht genommenen Urlaubsansprüche aus der Zeit seiner Krankheit als Urlaubsabgeltungsanspruch in Geld ein.

Entscheidung
Der Kläger unterlag vor dem BAG. Zwar sei es richtig, dass der Kläger wegen seiner Erkrankung seine Urlaubsansprüche nicht insgesamt verloren habe. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätten diese sich aber in Abgeltungsansprüche umgewandelt, die selbständige, vom Urlaubsanspruch unabhängige Ansprüche darstellen. Damit konnte der Arbeitnehmer auf diese Abgeltungsansprüche verzichten, was er mit der Ausgleichsquittung auch getan habe.

Konsequenz
Die Entscheidung beantwortet eine der letzten Fragestellungen rund um das Thema des Erhalts von Urlaubsansprüchen bei Langezeiterkrankten. Wird das Arbeitsverhältnis beendet, wandeln sich alle Urlaubsansprüche in Abgeltungsansprüche um und werden damit zu verzichtbaren Ansprüchen, die im Rahmen einer Ausgleichsquittung erledigt werden können.

Falschangaben über Urlaubsabgeltung im Kündigungsschreiben anfechtbar?

Falschangaben über Urlaubsabgeltung im Kündigungsschreiben anfechtbar?

Rechtslage

Teilt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer schriftlich mit, dass dem Arbeitnehmer bestimmte Ansprüche zustehen, dann kann dieser hierauf in der Regel vertrauen. Ausnahmen können dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer erkennen musste, dass die Mitteilung des Arbeitgebers falsch ist oder die Erklärung durch den Arbeitgeber angefochten wird. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hatte nunmehr über die rechtliche Einordnung der Mitteilung von Resturlaubsansprüchen in einem Kündigungsschreiben zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Arbeitgeber kündigte dem Arbeitnehmer und teilte diesem – auf Wunsch des Arbeitnehmers – im Kündigungsschreiben mit, dass eine Urlaubsabgeltung von 43 Tagen erfolge. Diese Urlaubsabgeltung klagte der Arbeitnehmer ein, nachdem der Arbeitgeber mit der Begründung, die Angabe im Kündigungsschreiben sei aufgrund einer Umstellung der Zeiterfassung unzutreffend erfolgt, lediglich 33 Urlaubstage abgelten wollte.

Entscheidung

Das LAG Köln gab dem Arbeitnehmer Recht. Die Angabe im Kündigungsschreiben stelle ein (deklaratorisches) Schuldanerkenntnis dar und begründe damit einen Anspruch auf die mitgeteilte Urlaubsabgeltung. Dieses Anerkenntnis habe mit der Begründung, das Zeiterfassungssystem habe eine fehlerhafte Berechnung erstellt, nicht angefochten werden können, weil nur ein unbeachtlicher Irrtum vorliege. Auch sei der Arbeitnehmer nicht aus allgemeinen Treueerwägungen gehindert, die volle Urlaubsabgeltung zu verlangen, selbst wenn nachträglich feststünde, dass die zunächst mitgeteilte Urlaubsabgeltung falsch sei. Insoweit habe der Arbeitnehmer auf die zuerst mitgeteilte Urlaubsabgeltung vertrauen dürfen.

Konsequenz

Die Mitteilung bestehender Ansprüche von Arbeitnehmern in Kündigungsschreiben wird als Schuldanerkenntnis gewertet werden müssen. Mit anderen Worten, teil der Arbeitgeber mit Kündigung das Bestehen konkreter Ansprüche mit, werden diese verbindlich. Insoweit bleibt es dabei, Kündigungsschreiben möglichst schlank auszugestalten und Ansprüche im Rahmen einer Auflösungsvereinbarung oder einem Vergleich zu regeln.

Geltendmachung von Urlaubsabgeltung im laufenden Urlaubsjahr?

Geltendmachung von Urlaubsabgeltung im laufenden Urlaubsjahr?

Kernfrage

Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses noch nicht genommener Urlaub ist nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes in Geld abzugelten. Nach bisherigem Verständnis war der Urlaubsabgeltungsanspruch zwar kein Urlaubsanspruch, sondern nur ein Geldanspruch; er wurde aber als Ersatz des Urlaubsanspruches verstanden. Damit fanden bisher die Fristenregelungen des Urlaubs mit der Folge Anwendung, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch mit dem Kalenderjahresende unterging. Für den Abgeltungsanspruch solcher Arbeitnehmer, die krankheitsbedingt ihren Urlaub nicht nehmen konnten und deren Arbeitsverhältnis endete, hatte die Rechtsprechung diese Auffassung bereits aufgegeben. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dies nunmehr auch für den Abgeltungsanspruch des arbeitsfähigen Arbeitnehmers, dessen Arbeitsverhältnis endete, getan.

Sachverhalt

Das Arbeitsverhältnis des klagenden Arbeitnehmers war durch Urteil im November zum Juli des Folgejahres für beendet erklärt worden. Im Folgejahr machte der Arbeitnehmer Urlaubsabgeltungsansprüche mit Rücksicht auf seinen Resturlaub aus dem Beendigungsjahr geltend, bliebt allerdings bis zum BAG ohne Erfolg.

Entscheidung

Das BAG gab seine bisherige Rechtsauffassung, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch als sogenannter Surrogatsanspruch den Fristen des Urlaubsanspruchs unterliege, auf und stellte den Abgeltungsanspruch zugunsten des Klägers fest. Maßgeblich sei, dass der Abgeltungsanspruch eben nicht dem Urlaubsanspruch entspreche, sondern ein selbstständiger Geldanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei. Entsprechend könnten auch nicht die Fristen des Urlaubsanspruchs Anwendung finden. Darüber hinaus sei kein sachlicher Grund ersichtlich, nach dem arbeitsfähige Arbeitnehmer im Hinblick auf die Urlaubsabgeltung anders behandelt werden könnten als arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer.

Konsequenz

Die Entscheidung ist dem Verständnis, dass Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch 2 selbstständige Ansprüche bilden, zutreffend. Für Arbeitgeber bedeutet sie allerdings ein wirtschaftliches Risiko; hier wird wohl lediglich eine wirksame arbeitsvertragliche Ausschlussklausel wenigstens insoweit Sicherheit bringen, als dass der Abgeltungsanspruch bis zum Ablauf der Ausschlussfrist geltend gemacht worden sein muss.

Schadensbegrenzung bei krankheitsbedingter Urlaubsabgeltung

Schadensbegrenzung bei krankheitsbedingter Urlaubsabgeltung

Kernfrage

Urlaubsansprüche, jedenfalls die gesetzlichen Mindestansprüche, die ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht geltend machen kann, bleiben erhalten und sind abzugelten; so der Europäische Gerichtshof (EuGH). Darüber hinaus entsteht der Urlaubsanspruch auch dann, wenn ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist, so das Bundesarbeitsgericht (BAG). Damit werden Urlaubsansprüche von langzeiterkrankten Arbeitnehmern zu einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko für die Arbeitgeber. Beim Europäischen Gerichtshof ist jetzt ein Verfahren anhängig, in dem zu klären ist, ob diese sich perpetuierende Kette von wachsenden und im Zweifel abzugeltenden Urlaubsansprüchen von Langzeiterkrankten begrenzt werden kann. Die Generalanwältin beim EuGH hat sich dafür ausgesprochen.

Sachverhalt

Der Kläger des deutschen Ursprungsverfahrens war 2002 nach einem Infarkt arbeitsunfähig erkrankt; allerdings einigten sich die Parteien erst 2008 auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eingeklagt hatte er die Abgeltung der Urlaubsansprüche für die Jahre 2002 bis 2008. Das zuständige Landesarbeitsgericht legte nun dem Europäischen Gerichtshof die Fragen zur Entscheidung vor, ob das Europäische Recht eine Ansammlung von Urlaubsabgeltungsansprüchen über mehrere Jahre hinweg gebiete und ob es den Mitgliedstaaten gestattet sei, eine zeitliche Begrenzung für diese Ansprüche von 18 Monaten vorzusehen.

Die Auffassung der Generalanwaltschaft

Zwar lehnt es die Generalanwaltschaft (wie der Europäische Gerichtshof auch) ab, dass Urlaubsabgeltungsansprüche langzeiterkrankter Arbeitnehmer insgesamt verfallen können. Sie hält aber eine zeitliche Begrenzung des Anwachsens solcher Ansprüche auf 18 Monate für zulässig. Eine entsprechende zeitliche Begrenzung stehe im Einklang mit Unionsrecht und schütze den Arbeitnehmer ausreichend. In Ermangelung einer europäischen Regelung sei es daher den Mitgliedstaaten möglich, entsprechende Begrenzungsregelungen vorzusehen.

Hintergrund

Die Auffassung der Generalanwältin ist zu begrüßen; ob der Europäische Gerichtshof ihr folgt, bleibt abzuwarten. Denn in seiner Entscheidung wird sich das Gericht mit der deutschen Urlaubssystematik beschäftigen müssen. Insbesondere wird er sich wohl zu Fragen der Abgrenzung von Erholungs- und Krankheitsurlaub sowie zu Fragen der Grenzen für die Abgeltung gesetzlicher Urlaubsansprüche im Fall der Beendigung von Arbeitsverhältnissen äußern müssen.