BFH-Urteile vom 25. September 2024 (II R 15/21 und II R 49/22), veröffentlicht am 06.02.2025
Wer Anteile an einer Kapitalgesellschaft verschenkt, sollte die steuerlichen Konsequenzen genau kennen. Besonders wichtig ist die korrekte Bewertung der Anteile, da diese die Höhe der Schenkungsteuer bestimmt. Zwei aktuelle Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) haben wichtige Klarstellungen zur Bewertungspraxis geliefert.
In diesem Beitrag erfahren Sie, was Sie bei der Bewertung von Unternehmensanteilen beachten müssen und wie Sie teure Fehler vermeiden.
🧾 Wie wird der Wert der Anteile ermittelt?
Die Bewertung des Anteils ist entscheidend für die Berechnung der Schenkungsteuer. Je nach Verfügbarkeit von Marktdaten kommen unterschiedliche Bewertungsmethoden zum Einsatz:
- Börsenkurs:
Wenn der Anteil an der Kapitalgesellschaft börsennotiert ist, gilt der Börsenkurs als Maßstab. - Ertragswertverfahren:
Ist kein Börsenkurs verfügbar, wird in der Regel der Ertragswertverfahren ermittelt. Hierbei werden die Ertragsaussichten der Gesellschaft bewertet. - Gemeiner Wert aus Verkäufen unter fremden Dritten:
Alternativ kann der Wert abgeleitet werden, wenn Verkäufe zwischen fremden Dritten innerhalb der letzten 12 Monate stattgefunden haben.
⚖️ Was sagen die aktuellen BFH-Urteile?
Die BFH-Urteile vom 25. September 2024 (II R 15/21 und II R 49/22), veröffentlicht am 06. Februar 2025, bringen neue Klarheit in die Bewertungspraxis:
✅ 1. Verkäufe unter fremden Dritten sind maßgeblich:
Wenn in den letzten 12 Monaten Verkäufe der Anteile zwischen fremden Dritten stattgefunden haben, darf der Wert der Anteile aus diesen Transaktionen abgeleitet werden. Dies gilt auch dann, wenn der abgeleitete Wert niedriger als der Substanzwert ist.
🚫 2. Verkäufe unter Familienmitgliedern zählen nicht:
Verkäufe zwischen Familienmitgliedern werden nicht anerkannt. Der BFH begründet dies damit, dass solche Transaktionen nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr stattfinden und daher kein objektiver Marktpreis vorliegt.
❌ 3. Pauschale Wertabschläge sind unzulässig:
- Der BFH lehnt pauschale Abschläge, wie etwa einen generellen „Holdingabschlag“, ausdrücklich ab.
- Wertabschläge dürfen nur dann angesetzt werden, wenn sie objektiv begründet und individuell auf den Anteil bezogen sind.
- Beispielsweise könnten sich Abschläge aus vertraglichen Beschränkungen (z. B. Vinkulierungsklauseln) oder geringerer Marktfähigkeit der Anteile ergeben.
📉 Was bedeutet das für die Schenkungsteuer?
Die richtige Bewertung des Anteils hat direkten Einfluss auf die Höhe der Schenkungsteuer. Je niedriger der angesetzte Wert, desto geringer die Steuerlast. Doch Vorsicht: Eine unbegründete Wertminderung führt zu Steuernachforderungen und möglichen Zuschlägen.
📌 Praxisbeispiel:
Sie möchten Ihrem Sohn 20 % der Anteile an Ihrer GmbH schenken. Hierfür haben Sie zwei Vergleichswerte:
- Der Substanzwert der GmbH-Anteile beträgt 500.000 €.
- Vor sechs Monaten fand ein Verkauf von 20 % der Anteile an einen fremden Dritten für 420.000 € statt.
Nach den neuen BFH-Urteilen dürfen Sie für die Schenkungsteuer den niedrigeren Wert von 420.000 € ansetzen.
Allerdings ist es nicht zulässig, pauschal einen „Holdingabschlag“ von 10 % auf die 420.000 € anzurechnen. Ein Abschlag wäre nur dann erlaubt, wenn Sie konkret nachweisen können, dass der zu verschenkende Anteil aufgrund besonderer Einschränkungen, wie z. B. einer Vinkulierungsklausel, weniger wert ist.
📝 Wichtige Tipps für die Praxis:
- Aktuelle Vergleichstransaktionen prüfen: Wenn Verkäufe an fremde Dritte stattgefunden haben, nutzen Sie diese für die Bewertung.
- Gutachten erstellen lassen: Lassen Sie den Wert der Anteile durch ein steuerliches Gutachten belegen, um Streitigkeiten mit dem Finanzamt zu vermeiden.
- Wertabschläge sorgfältig begründen: Legen Sie dar, warum bestimmte Abschläge gerechtfertigt sind (z. B. durch Gesellschafterverträge oder Marktanalysen).
- Verkäufe an Familienmitglieder vermeiden: Verkäufe innerhalb der Familie werden nicht anerkannt und führen zu Problemen bei der Bewertung.
💡 Fazit:
Die neuen BFH-Urteile schaffen Klarheit:
- Verkäufe unter fremden Dritten innerhalb eines Jahres sind maßgeblich für die Bewertung.
- Pauschale Wertabschläge, wie ein genereller Holdingabschlag, sind nicht zulässig.
- Verkäufe zwischen Familienmitgliedern haben keine Aussagekraft für den gemeinen Wert.
Unser Tipp: Besonderheiten bei der Schenkung
Bei der schenkweisen Übertragung von GmbH-Anteilen können diese als begünstigungsfähiges Betriebsvermögen gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG gelten, wenn der Schenker zum Zeitpunkt der Schenkung zu mindestens 25% beteiligt war. In diesem Fall kann eine erbschaft- und schenkungsteuerliche Verschonung von 85% oder auf Antrag eine vollständige Verschonung von 100% in Betracht kommen.
Planen Sie Schenkungen von Unternehmensanteilen vorausschauend und dokumentieren Sie die Bewertung sorgfältig. Eine rechtzeitige steuerliche Beratung schützt Sie vor unerwarteten Nachzahlungen.
Haben Sie Fragen zur steuerlichen Bewertung Ihrer Unternehmensanteile? Kontaktieren Sie uns – wir beraten Sie umfassend und individuell! 🚀