Schuldzinsen für fremdfinanzierte Immobilie nach Veräußerung

Schuldzinsen für fremdfinanzierte Anschaffungskosten einer Immobilie nach Veräußerung dieser Immobilie als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften
aus Vermietung und Verpachtung;

Anwendung des BFH-Urteils – IX R 67/10 – vom 20. Juli 2012 (BStBl 2013 I. S. XX)
GZ IV C 1 – S 2211/11/10001 :001
DOK 2013/0146961

In dem o. g. Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) abweichend von der bisherigen BFHRechtsprechung
und Auffassung der Finanzverwaltung entschieden, dass Schuldzinsen für ein
zur Anschaffung eines Mietobjekts aufgenommenes Darlehen nach einer gemäß § 23
Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG steuerbaren Veräußerung dieser Immobilie als Werbungskosten
bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können,
wenn und soweit der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der Darlehensverbindlichkeit
ausreicht.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der
Länder gelten für die Anwendung des o. g. BFH-Urteils folgende Grundsätze:
Voraussetzung für den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
ist, dass die nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG steuerbare Immobilienveräußerung
innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt ist, der Veräußerungserlös
nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen, und die Absicht, (weitere)
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, nicht bereits vor der Veräußerung
des Immobilienobjekts aus anderen Gründen (vgl. BMF-Schreiben vom 8. Oktober 2004,
BStBl I S. 933) weggefallen ist.

Der Werbungskostenabzug ist mangels Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung zu verneinen, soweit die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten
entfallen, die durch den Veräußerungspreis der Immobilie hätten getilgt werden können (sog.
Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung).
Der Werbungskostenabzug ist ebenfalls in den Fällen einer nach § 23 Absatz 1 Satz 1
Nummer 1 EStG nicht steuerbaren Immobilienveräußerung außerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist
zu versagen.

Für Grundstücksveräußerungen, bei denen die Veräußerung auf einem vor dem 1. Januar
1999 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt
beruht (sog. Altfälle) und die daher nicht unter den Anwendungsbereich des § 23 Absatz 1
Satz 1 Nummer 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 fallen,
gilt die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung fort. Danach ist für Schuldzinsen, die auf
die Zeit nach der Aufgabe der Vermietungsabsicht oder -tätigkeit entfallen, kein nachträglicher
Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
vorzunehmen. Denn die Schuldzinsen stehen gem. bisheriger BFH-Rechtsprechung nicht
mehr mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang im Sinne von § 9 Absatz 1
Satz 3 Nummer 1 EStG, sondern sind Gegenleistung für die Überlassung von Kapital, das im
privaten Vermögensbereich nicht mehr der Erzielung von Einkünften dient (BFH-Urteil
– IX R 15/90 – vom 12. November 1991, BStBl 1992 II S. 289).

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht und steht auf der
Internetseite des Bundesministeriums der Finanzen www.bundesfinanzministerium.de zur
Ansicht und zum Abruf bereit.