Sozialversicherungspflicht von Hörfunkreportern: Neue Maßstäbe vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat in seinem Urteil vom 24. Oktober 2024 (Az. L 12 BA 9/23) Klarheit in die umstrittene Frage der Sozialversicherungspflicht von Hörfunkreportern gebracht. In einem wegweisenden Fall legte das Gericht Kriterien fest, wann eine Beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist und wann ein Werkvertrag vorliegt.


Hintergrund des Falls

Ein Hörfunkreporter beantragte bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV), seinen sozialversicherungsrechtlichen Status festzustellen. Der Reporter betrachtete sich als freier Autor mit vollständiger Gestaltungsfreiheit über seine Hörfunkbeiträge. Die DRV hingegen stufte ihn als abhängig Beschäftigten ein, da er:

  • seine Tätigkeit persönlich und zu festen Zeiten ausüben musste,
  • in die Arbeitsabläufe der Rundfunkanstalt eingebunden war,
  • Anspruch auf Urlaubsgeld und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hatte.

Die Landesrundfunkanstalt argumentierte, der Reporter habe sich freiwillig für zeitlich begrenzte Verpflichtungen entschieden und sei nicht in den Betrieb integriert.


Entscheidung des Gerichts

Das LSG stellte fest, dass die Sozialversicherungspflicht von der konkreten Art der Tätigkeit abhängt. Dabei differenzierte das Gericht zwischen zwei Szenarien:

  1. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung:
    Eine Sozialversicherungspflicht liegt vor, wenn der Reporter:
    • regelmäßig zu im Voraus vereinbarten Zeiten tätig wird,
    • pauschal für seine Dienste vergütet wird,
    • in die Arbeitsorganisation der Rundfunkanstalt eingebunden ist.
      Dies gilt auch dann, wenn die Tätigkeit einen hohen journalistisch-kreativen Eigenanteil aufweist.
  2. Kein Beschäftigungsverhältnis (Werkvertrag):
    Liegt der Schwerpunkt auf der Erstellung einzelner, klar abgrenzbarer Werke – wie Hörfunkbeiträge – und besteht dabei keine fortlaufende Eingliederung in den Betrieb, handelt es sich um einen Werkvertrag. In diesen Fällen besteht keine Sozialversicherungspflicht.

Das Gericht betonte, dass eine pauschale Einordnung auf Grundlage des bisherigen Abgrenzungskatalogs der Sozialversicherungsträger nicht immer angemessen sei. Vielmehr sei eine genaue Differenzierung nach der Art der Tätigkeit erforderlich.


Relevanz des Urteils

Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Beschäftigung von Hörfunkreportern und anderen freien Medienschaffenden:

  • Für Reporter: Sie müssen prüfen, ob ihre Tätigkeit im Rahmen von festen Dienstzeiten und Vorgaben erfolgt, oder ob sie eigenverantwortlich abgrenzbare Werke erstellen.
  • Für Rundfunkanstalten: Diese müssen klar dokumentieren, ob eine Tätigkeit auf Basis eines Werkvertrags oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses erfolgt.

Revision zugelassen

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falls hat der Senat die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob eine höhere Instanz die Kriterien weiter konkretisiert oder verändert.


Fazit

Das Urteil bringt mehr Klarheit in die Abgrenzung zwischen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und werkvertraglicher Tätigkeit bei Hörfunkreportern. Es zeigt jedoch auch, wie wichtig eine differenzierte Betrachtung der konkreten Tätigkeit ist, um rechtliche und finanzielle Risiken zu minimieren. Betroffene sollten ihre Verträge und Arbeitsweisen sorgfältig prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.