Staatliche Beihilfen: Kommission genehmigt deutsche Regelung zur Förderung grüner Fernwärme

Die Europäische Kommission hat entsprechend der EU-Beihilfevorschriften eine mit 2,98 Milliarden Euro ausgestattete deutsche Regelung genehmigt. Sie soll grüne Fernwärme auf Basis von erneuerbaren Energieträgern und Abwärme fördern. Die Maßnahme wird dazu beitragen, den Nationalen Energie- und Klimaplan Deutschlands umzusetzen. Zudem unterstützt sie die strategischen Ziele der EU im Zusammenhang mit dem europäischen Grünen Deal – insbesondere auch zum Ziel der EU, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Die Beihilfe soll in Form von direkten Zuschüssen gewährt werden.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager sieht die deutsche Regelung als hilfreich an, um den Fernwärmesektor in Deutschland grüner zu machen. Die Regelung unterstütze „den Bau effizienterer Fernwärmesysteme und die Dekarbonisierung bestehender Fernwärmesysteme. Deutschland wird den Anteil von erneuerbaren Energien und Abwärme im Wärmesektor so erhöhen und damit seine CO2-Emissionen erheblich senken können.“

Die deutsche Förderregelung im Detail

Im Juni 2022 hat Deutschland bei der Kommission eine geplante Förderregelung für grüne Fernwärme auf Basis von erneuerbaren Energien und Abwärme angemeldet.

Die Regelung ist bis zum 30. August 2028 befristet. Sie steht sowohl Fernwärmenetzbetreibern als auch Betreibern offen, die diese Dienstleistung bislang nicht am Markt anbieten. Die Beihilfe soll in Form von direkten Zuschüssen gewährt werden. Im Rahmen der Maßnahme werden Durchführbarkeitsstudien und Umstellungspläne für den Bau bzw. die Dekarbonisierung von Fernwärmenetzen unterstützt. Nach der Regelung können Fernwärmenetzbetreiber auch Investitionsbeihilfen erhalten für:

  • den Bau neuer Fernwärmesysteme, bei denen erneuerbare Energien und Abwärme einen Anteil von mindestens 75 Prozent ausmachen,
  • die Dekarbonisierung und Modernisierung bestehender Fernwärmesysteme für den Betrieb mit erneuerbaren Energieträgern und Abwärme sowie
  • die Installation von Anlagen zur Wärmeerzeugung aus erneuerbaren und solarthermischen Quellen, Wärmepumpen und Wärmespeichern sowie die Einbindung von Abwärme in die Fernwärmesysteme.

Darüber hinaus sind Betriebsbeihilfen für die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Quellen mittels Solarthermie-Anlagen und Wärmepumpen möglich.

Die Förderung für Durchführbarkeitsstudien und Umstellungspläne kann bis zu 50 Prozent der dafür entstehenden Kosten betragen. Bei den Investitionsbeihilfen soll der Beihilfebetrag je Empfänger bis zu 40 Prozent der beihilfefähigen Investitionskosten decken können. Im Falle von Betriebsbeihilfen wird die Beihilfe auf Basis der Wärmemenge berechnet, die aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird. Die Bewilligungsbehörde stellt sicher, dass die Beihilfe die Finanzierungslücke (d. h. den Beihilfebetrag, der für eine andernfalls ausgebliebene Investition den Ausschlag gibt) nicht übersteigt.

Erwartet wird, dass durch diese landesweite Regelung pro Jahr eine Kapazität von annähernd 681 MW für die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Quellen installiert wird. Dadurch würden die Treibhausgasemissionen alljährlich um rund 4 Millionen Tonnen CO2 sinken.

Bewertung durch die Kommission

Die Kommission hat die Regelung nach den EU-Beihilfevorschriften geprüft, insbesondere nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Er ermöglicht es den EU-Ländern, die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige unter bestimmten Voraussetzungen zu fördern. Auch nach den Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 wurde die Regelung von der Kommission geprüft.

Bei ihrer Prüfung gelangte die Kommission zu folgendem Ergebnis:

  • Die Beihilfen sind für die Dekarbonisierung des Fernwärmesektors in Deutschland erforderlich und angemessen und entfalten einen „Anreizeffekt“. Da fossile Brennstoffe gegenüber erneuerbaren Energien und Abwärme einen Kostenvorteil aufweisen, würden Investitionen in Fernwärmeanlagen ohne die Beihilfe auf fossile Brennstoffe setzen und so den aktuellen Energiemix in Deutschland abbilden, der durch einen hohen Anteil an Gasheizkesseln und KWK-Anlagen gekennzeichnet ist. Außerdem dürften Investitionen in neue Fernwärmenetze und in die Dekarbonisierung bestehender Netze wegen der hohen Kosten und geringen Erträge solcher Investitionen ohne die Regelung wohl ausbleiben. Für die Begünstigten der Regelung bestünden ohne die Beihilfen keine ausreichenden Planungsanreize für den Bau neuer Fernwärmenetze und die kosteneffiziente Dekarbonisierung bestehender Netze.
  • Die Beihilfen sind verhältnismäßig und auf das erforderliche Minimum begrenzt. Die Höhe der Beihilfen beruht zwar nicht auf einer individuellen Berechnung der Finanzierungslücke je Empfänger – die Bewilligungsbehörde muss jedoch dafür Sorge tragen, dass die Unterstützung die Finanzierungslücke nicht übersteigt. Dazu unterliegt die Förderung der Wärmeerzeugung einem jährlichen Monitoring durch die Bewilligungsbehörde.
  • Die positiven Auswirkungen der Beihilfen auf die Dekarbonisierung der Fernwärmesysteme in Deutschland überwiegen etwaige Negativwirkungen auf Wettbewerb und Handel zwischen Mitgliedstaaten. Mit der Regelung wird die Dekarbonisierung des Fernwärmesektors in Deutschland gefördert. Dadurch werden die Treibhausgasemissionen im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal verringert, ohne dass der Wettbewerb im Binnenmarkt übermäßig verzerrt wird.

Daher hat die Kommission die von Deutschland angemeldete Maßnahme nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 02.08.2022