Schlagwort-Archive: ärztliche Leistungen

Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ärztliche Leistungen bei Schönheitsoperationen, Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütungen

 Bezug: Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 12.01.2012 – 6 K 1917/07, Revisionsverfahren V R 16/12

1. Tätigkeit eines ästhetisch-plastischen Chirurgen und bei Schönheitsoperationen

Die Frage, ob die Tätigkeit eines ästhetisch-plastischen Chirurgen bei sog. Schönheitsoperationen als ärztliche Heilbehandlung anzusehen ist und damit zur Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG führt, war Gegenstand einer Erörterung zwischen dem Bund und den obersten Finanzbehörden der Länder.

Dabei wurde Folgendes beschlossen:

 1.1 Allgemeines

Eine generelle Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ästhetisch-plastische Leistungen eines Chirurgen (Schönheitsoperationen) kommt  nicht  in Betracht.

Es hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, ob diese Leistung der medizinischen Betreuung eines Menschen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dient und somit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (z. B. bei Eingriff wegen psychischer Belastung, nicht jedoch bei rein kosmetischen Eingriffen).

 1.2 Vergleichbare Leistungen anderer Einrichtungen

Wenn Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerpflichtig sind, ist eine Umsatzsteuerpflicht vergleichbarer Leistungen auch bei Krankenhäusern, Diagnosekliniken usw. anzunehmen, da nach § 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG n. F. (früher: § 4 Nr. 16 UStG ) ebenfalls nur Heilbehandlungen begünstigt werden sollen.

 1.3 Beispiele für steuerpflichtige Umsätze

Steuerpflichtig sind z. B. folgende Leistungen, sofern sie kosmetischer Natur sind und kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (vgl. Tz. 1.1):

Fettabsaugung, Faltenbehandlung, Brustvergrößerung, Brustverkleinerung, Lifting, Nasenkorrekturen, Hautverjüngung (Lasertherapie), Lippenaufspritzung, Botox-Behandlung (Verminderung von Falten durch Einspritzen eines stark verdünnten Nervengiftes Botulinum-Toxin), Permanent Make-up, Anti-Aging Behandlung, Bleaching (Bleichen der Zähne) und Dentalkosmetik.

 1.4 Bestätigung der genannten Grundsätze durch die Rechtsprechung

Der BFH hat die vorgenannten Grundsätze in dem Revisionsverfahren V R 27/03 mit Urteil vom 15.07.2004 , BStBl 2004, II 862 (Vorinstanz: FG Berlin, Urteil vom 12.11.2002 – 7 K 7264/02 ; EFG 2003, 418 ) bestätigt. Die gegen dieses Urteil am 04.10.2004 eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 04.07.2006 – 1 BvR 2241/04 nicht zur Entscheidung angenommen.

 1.5 Nachweis der medizinischen Indikation durch den Unternehmer

Der Unternehmer trägt die objektive Beweislast dafür, dass das Hauptziel der Leistung der Schutz oder die Wiederherstellung der Gesundheit ist (vgl. BFH-Beschluss vom 18.02.2008 – V B 35/06 , BFH/NV 2008, 1001 –1003).

Indiz hierfür kann die regelmäßige Übernahme der Kosten durch Krankenversicherungen sein.

Es führt jedoch nicht zwingend zur Steuerpflicht, wenn die Krankenversicherung nicht zur Kostenübernahme verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.2008 – XI R 53/06 , BStBl 2008 II, 647 ).

Mit Urteil vom 12.01.2012 – 6 K 1917/07 hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass ästhetischplastische Operationen nur dann steuerbefreit sind, wenn die medizinische Indikation im jeweiligen Einzelfall – ggf. durch Einzelgutachten mit Einverständnis des Patienten – nachgewiesen wird.

Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. V R 16/12 anhängig.

 2. Ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen und der Empfängnisverhütung

Die umsatzsteuerliche Behandlung ärztlicher Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen und der Empfängnisverhütung war Thema einer Besprechung der Umsatzsteuerreferatsleiter. Danach sind sowohl die Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen als auch alle ärztlichen Leistungen zur Empfängnisverhütung unabhängig von der jeweiligen Verhütungsmethode unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei.

Einrichtungen i. S. d. § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen zählen zu den in § 4 Nr. 14 Buchstabe b Doppelbuchst. bb UStG genannten Zentren. Zwar erfolgt bei diesen Einrichtungen die für die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift notwendige Teilnahme an der vertragsärzlichen Versorgung nicht durch ein Zulassungs- oder Ermächtigungsverfahren (wie in § 95 SGB V gefordert), sondern durch eine vertragliche Regelung (Vergütungsvereinbarung) nach § 75 Abs. 9 SGB V ; eine solche Vereinbarung stellt als Sonderfall der vertragsärztlichen Versorgung jedoch gleichwohl die erforder-liche Teilnahme an dieser her.

Die bisherige Rdvfg. vom 11.03.2010 – S 7170 A – 69 – St 112 ist überholt.

Umsatzsteuer für ärztliche Leistungen

Umsatzsteuer für ärztliche Leistungen

Rechtslage

Ärzten ist selten bewusst, dass ihre Leistungen durchaus der Umsatzsteuer unterliegen können. Zwar existiert eine Steuerbefreiung für ärztliche Leistungen, diese betrifft aber nur solche Leistungen, die der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten dienen. Leistungen, die diese Kriterien nicht erfüllen, unterliegen dagegen der Umsatzsteuer.

Neue Verwaltungsanweisung

In Ergänzung zum Umsatzsteuer-Anwendungserlass listet die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. einen Katalog ärztlicher Leistungen auf und erläutert, ob diese umsatzsteuerpflichtig oder von der Umsatzsteuer befreit sind. Hierbei wird insbesondere auf ärztliche Gutachten, Berufsuntauglichkeitsuntersuchungen und ähnliche Leistungen eingegangen, die im Hinblick auf die Umsatzsteuer als kritisch einzustufen sind.

Konsequenz

Ärzte, insbesondere solche, die Gutachten erstellen, sollten die Verfügung zum Anlass nehmen, ihre Leistungen hinsichtlich ihrer Steuerfreiheit zu überprüfen. Werden steuerpflichtige Leistungen erbracht, so besteht nur dann die Verpflichtung zur Abführung von Umsatzsteuer, wenn diese Umsätze die Grenze für Kleinunternehmer (17.500 EUR) überschreiten. Ergibt sich eine Umsatzsteuerpflicht, so verteuert dies regelmäßig die ärztlichen Leistungen, soweit sie gegenüber Privaten erbracht werden. Allerdings können sich im Einzelfall auch Vorteile ergeben, da die Steuerpflicht den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen, z. B. für Investitionen, eröffnet. Vorsorglich sollten Ärzte über entsprechende Umsatzsteuerklauseln in den vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Auftraggebern sicherstellen, dass sie etwa entstehende Umsatzsteuer abrechnen können. Ansonsten wird diese aus dem Nettohonorar herausgerechnet.