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Gleicher Job, weniger Lohn? Das ist Diskriminierung

Gleicher Job, weniger Lohn? Das ist Diskriminierung

Zahlt ein Unternehmen weiblichen Mitarbeitern weniger Lohn als seinen männlichen Mitarbeitern, stellt dies eine Diskriminierung dar. Die Folge für den Arbeitgeber: Er muss die Lohndifferenz und Entschädigung zahlen.

Hintergrund

Die Klägerin war seit dem Oktober 1994 als Produktionsmitarbeiterin bei einem Schuhhersteller beschäftigt. Sie erhielt bis zum 31.12.2012 einen geringeren Stundenlohn als männliche Mitarbeiter in vergleichbarer Tätigkeit. Die Sonderzahlungen (Anwesenheitsprämie, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) berechnete das Unternehmen ebenfalls auf der Grundlage des niedrigeren Stundenlohns.

Bei einer Betriebsversammlung im September 2012 wurde diese Ungleichbehandlung öffentlich angesprochen. Die Klägerin verlangte im November 2012 die Nachzahlung des Differenzlohns in Höhe von 9.229,90 EUR zzgl. einer Entschädigung wegen Diskriminierung von mindestens 7.452,32 EUR.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht bewertete die niedrigere Entlohnung eindeutig als eine unmittelbar geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung und gab deshalb der Klage auf Zahlung der Vergütungsdifferenz in vollem Umfange statt. Anspruchsgrundlagen dafür ergeben sich zum einen aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, dem Benachteiligungsverbot des Bürgerlichen Gesetzbuches und aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Entgegen der Ansicht des beklagten Unternehmens waren diese Ansprüche nicht verfallen. Schadensersatzansprüche sind innerhalb einer Frist von 2 Monaten schriftlich geltend zu machen, der Nachvergütungsanspruch sei seinem Wesen nach aber kein Schadenersatz-, sondern ein Erfüllungsanspruch, der nicht der kurzen Verfallsfrist unterliege. Darüber hinaus beginnt die Ausschlussfrist erst mit Kenntnis von der Benachteiligung zu laufen. Kenntnis habe die Betroffene aber erst in der Betriebsversammlung im September 2012 erlangt, sodass bei Geltendmachung der Ansprüche mit Schreiben vom 9.11.2012 die Ansprüche noch nicht ausgeschlossen gewesen seien.

Neben dem Anspruch auf Zahlung der Differenzbezüge war der betroffenen Arbeitnehmerin ein Entschädigungsanspruch wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung zu gewähren. Entscheidend war für das Gericht u. a., dass es sich um eine unmittelbare Benachteiligung handelte und der Verstoß vorsätzlich erfolgte.

Falschauskunft des Arbeitgebers kann Indiz für Diskriminierung sein

Falschauskunft des Arbeitgebers kann Indiz für Diskriminierung sein

Kernfrage

Bei Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über Diskriminierungshandlungen sieht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zugunsten des Arbeitnehmers eine Beweislastumkehr dergestalt vor, dass der Arbeitnehmer lediglich Indizien vortragen muss, um die Diskriminierungshandlung glaubhaft zu machen. Der Arbeitgeber muss dann den vollen Beweis führen, dass die Diskriminierung gerade nicht vorgelegen hat. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jüngst darüber zu befinden, ob eine falsche Auskunft des Arbeitgebers bereits als Indiz für eine Diskriminierung ausreicht.

Sachverhalt

Eine türkischstämmige Arbeitnehmerin, die überdurchschnittliche Zeugnisse besaß, war nach 2 Befristungen nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen worden. Begründet wurde dies mit Leistungsmängeln der Arbeitnehmerin. Diese nahm den Arbeitgeber auf Schadensersatz und Entschädigung wegen einer Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft in Anspruch. Zur Begründung führte sie aus, die Begründung ihrer Nichtübernahme mit Leistungsmängeln sei angesichts ihrer Zeugnisse falsch. Außerdem arbeite beim Arbeitgeber kein anderer Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund. Zudem habe der Arbeitgeber zunächst behauptet, der Arbeitsplatz falle aufgrund einer Fusion weg.

Entscheidung

Im Ergebnis hob das BAG zwar „nur“ die Vorentscheidung auf und verwies zur erneuten Verhandlung zurück. Allerdings gaben die Richter dem erstinstanzlichen Landesarbeitsgericht auf, darüber Beweis zu erheben, ob das erteilte Zeugnis oder die Begründung der Nichtübernahme mit Leistungsmängeln falsch ist. Auch die Frage, ob zunächst eine Fusion zur Begründung herangezogen worden sei, müsse geklärt werden. Jedenfalls sei eine Falschauskunft grundsätzlich geeignet, eine Diskriminierung zu indizieren.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht nicht. Angesichts eines offensichtlich vorliegenden Diskriminierungsmerkmals in der Person des Arbeitnehmers wird eine Falschauskunft immer eine Diskriminierung nahe legen. Das heißt, die einmal abgegebene Begründung muss zutreffend sein.

Diskriminierung nach AGG: innerhalb von 2 Wochen geltend machen

Diskriminierung nach AGG: innerhalb von 2 Wochen geltend machen

Kernfrage

Bewerber, die glauben, wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aufgrund von Diskriminierung Ersatzansprüche gegen den potentiellen Arbeitgeber zu haben, müssen diese Ansprüche schriftlich geltend machen. Das AGG sieht hierfür eine Frist von zwei Wochen vor. Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob diese – im entschiedenen Fall bei Anzeige abgelaufene Frist – durch tarifvertragliche Fristen, innerhalb derer ein Anspruch geltend gemacht werden muss, verdrängt bzw. ergänzt werden kann.

Sachverhalt

Der Kläger hatte sich unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung auf eine Lehrerstelle beworben. Dennoch wurde er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt Anfang September eine Absage. Mit einem im November beim potentiellen Arbeitgeber eingegangenen Schreiben machte der Kläger Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend, weil die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Behinderung bestehe. Ferner sei gegen die nach dem Schwerbehindertenrecht bestehende Pflicht zur Einladung zum Vorstellungsgespräch verstoßen worden. Der Arbeitgeber wandte hiergegen ein, dass Ansprüche, selbst wenn sie bestünden, verfallen seien, weil der Kläger die gesetzliche Anzeigepflicht nicht eingehalten habe und die tarifvertragliche Verfallfrist von sechs Monaten nicht anwendbar sei.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht. Ansprüche seien bereits wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Zwei-Wochen-Frist ausgeschlossen. Die Frist gelte für jede Person, die Ansprüche nach dem AGG geltend mache und sei auch in der Länge nicht zu beanstanden. Die Frist beginne mit Kenntnis von den Indizien einer Diskriminierung zu laufen (hier: Erhalt des Ablehnungsschreibens). Eine Verlängerung der Frist aufgrund tarifvertraglicher Anspruchsfristen käme nicht in Betracht.

Konsequenz

Mit der Entscheidung bestätigt das Bundesarbeitsgericht die im AGG enthaltene Zwei-Wochen-Frist als Ausschlussfrist. Die Nichteinhaltung dieser Frist führt zum Verlust des Anspruchs.

Falsche Anrede bei Absage keine Diskriminierung

Falsche Anrede bei Absage keine Diskriminierung

Rechtslage

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gewährt einem aufgrund einer diskriminierenden Entscheidung abgelehnten Bewerber einen Schadensersatzanspruch. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hatte nunmehr darüber zu befinden, ob bei einem Bewerber mit Migrationshintergrund bereits bei einer falschen Anrede eine Diskriminierung vorliegen könnte.

Sachverhalt

Die Klägerin hat – an ihrem Namen erkennbar – einen Migrationshintergrund. Ihre Bewerbung war vom beklagten Arbeitgeber abgelehnt worden, wobei das Ablehnungsschreiben mit „Sehr geehrter Herr …“ begann. Die Klägerin leitete aus der falschen Anrede eine Diskriminierung wegen ihrer ethnischen Herkunft ab. Die eingereichte Bewerbung sei eindeutig gewesen. Die falsche Anrede belege damit, dass ihre Bewerbung wegen des an ihrem Namen erkennbaren Migrationshintergrunds von vornherein aussortiert und keines Blickes gewürdigt worden sei. Sie unterlag vor dem Arbeitsgericht.

Entscheidung

Das Gericht urteilte, dass es für den Nachweis einer Benachteiligung aufgrund der Beweiserleichterungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zwar ausreiche, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine solche Benachteiligung ergibt. Der Vortrag der Klägerin reiche hierfür aber nicht aus. Die Verwechslung in der Anrede lasse keine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft vermuten, weil es mindestens genauso wahrscheinlich sei, dass es sich um einen schlichten Fehler bei der Bearbeitung des Schreibens handele.

Konsequenz

Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig, sie zeigt aber – es war ein Urteil erforderlich – welche Reichweite die Beweiserleichterungsregelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes haben können.