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Elterngeld: Wann der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht berücksichtigt wird

Elterngeld: Wann der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht berücksichtigt wird

 Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag kann nicht für das Elterngeld beansprucht werden, wenn ein Arbeitnehmer bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit Werbungskosten abgezogen hat, die über dem Pauschbetrag liegen.

Die zusammen veranlagten Eheleute bezogen beide Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Hinzu kam für den Ehemann 1.359 EUR und für die Ehefrau 761 EUR Elterngeld. Bei der Veranlagung zog das Finanzamt die erklärten 1.142 EUR Werbungskosten von den Einnahmen des Ehemannes aus nichtselbstständiger Arbeit ab, bei den Einnahmen der Ehefrau aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigte es statt der erklärten Werbungskosten von 329 EUR den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von damals 920 EUR.

Für die Ermittlung des besonderen Steuersatzes beim Progressionsvorbehalt erfasste das Finanzamt anschließend das Elterngeld beider Ehegatten jeweils in voller Höhe. Damit waren die Eheleute nicht einverstanden. Sie machten vielmehr geltend, dass das Elterngeld des Mannes bei der Berechnung des Progressionsvorbehalts um 920 EUR zu mindern sei, weil dessen Arbeitnehmer-Pauschbetrag noch nicht verbraucht sei. In erster Instanz gab das Finanzgericht der Klage der Eheleute Recht.

Entscheidung

In der anschließenden Revision machte der Bundesfinanzhof aber nicht mit und hob das Urteil des Finanzgerichts auf. Begründung: Das Elterngeld darf nicht um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemindert werden, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte Werbungskosten abgezogen wurden, die den Pauschbetrag überstiegen.

Zwar spreche der Gesetzeswortlaut weder für noch gegen die Auffassung des Finanzgerichts. Die Auslegung der Vorinstanz würde jedoch den Zweck der Regelung verfehlen. Denn der Gesetzgeber habe dort zwar die Minderung des Elterngelds um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag vorgesehen, weil das Elterngeld typischerweise Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit ersetze. Wenn ein Arbeitnehmer aber aus zwei Arbeitsverhältnissen Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit erhalte, könne er nicht bei einem die tatsächlich entstandenen Werbungskosten und beim anderen den Pauschbetrag abziehen.

Alleine das spricht nach Auffassung des Bundesfinanzhofs dagegen, einem Arbeitnehmer den Abzug der tatsächlichen Werbungskosten von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit und gleichzeitig den Abzug des Pauschbetrags vom Elterngeld zu gewähren. Darüber hinaus würden Arbeitnehmer mit Werbungskosten oberhalb des Pauschbetrags gegenüber Arbeitnehmern mit Werbungskosten unterhalb des Pauschbetrags begünstigt, wenn man bei Ersteren die Minderung des Elterngelds um die Pauschale zuließe.

Doppeltes Elterngeld bei Zwillingen

Wer sein Kind selbst betreut und keine volle Erwerbstätigkeit ausübt, kann bei Vorliegen weiterer Voraus­setzungen grundsätzlich bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes Elterngeld erhalten. Die Eltern haben für das Kind ‑ unter Berücksichtigung von zwei Partnermonaten ‑ insgesamt Anspruch auf höchstens vierzehn Monatsbeträge. Die Höhe der Leistung orientiert sich an dem vor der Geburt des Kindes erzielten Erwerbseinkommen des jeweiligen Berechtigten. Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich das Elterngeld um je 300 Euro für das zweite und jedes weitere Kind. Ob Eltern von Zwillingen, die beide die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, einen oder zwei Elterngeldansprüche für jeweils 12 bzw. 14 Lebensmonate der Kinder haben, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt.

Der 10. Senat des Bundessozialgerichts hat am 27. Juni 2013 entschieden, dass nach der Grund­konzeption des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) jeder Elternteil für jedes Kind die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen kann. Der Elterngeldanspruch ist allerdings für die Eltern zusammen auf die ersten 12 oder (mit zwei Partnermonaten) 14 Lebensmonate des betreffenden Kindes be­grenzt. Dabei kann ein Elternteil allein höchstens 12 Monatsbeträge erhalten. Für Eltern von Mehrlingen gilt insoweit nichts anderes. Jedem Elternteil stehen also bis zu 12 Monatsbeträge Elterngeld für das eine und (als Partnermonate) zwei Monatsbeträge für das jeweils andere Zwillingskind zu. § 2 Abs 6 BEEG sieht bei Mehrlingsgeburten lediglich eine Erhöhung des Elterngeldes um je 300 Euro für das zweite und jedes weitere Kind vor, verdrängt jedoch nicht einen auf Einkommensersatz gerichteten Elterngeldanspruch für Mehrlingskinder. Ein mehrfacher Einkommensersatz für densel­ben Berechtigten wird durch § 3 Abs 2 BEEG ausgeschlossen.

Az.: B 10 EG 3/12 R                           R. E.   ./.   Freistaat Bayern
Az.: B 10 EG 8/12 R                           A. E.   ./.   Freistaat Bayern

Hinweise zur Rechtslage:


Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in der Fassung vom 5.12.2006

§ 1 Berechtigte
(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer
1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

§ 2 Höhe des Elterngeldes
(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. (…)

(6) Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich das nach den Absätzen 1 bis 5 zustehende Elterngeld um je 300 Euro für das zweite und jedes weitere Kind.

§ 4 Bezugszeitraum
(1) Elterngeld kann in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. (…)

(2) Elterngeld wird in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt. Die Eltern haben insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Die Eltern können die jeweiligen Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen.

Elterngeld als Einkommen bei „Hartz IV“

Die Berücksichtigung von Elterngeld seit dem 01.01.2011 als ein die Leistung minderndes Einkommen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz IV“) ist rechtmäßig und verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Dies entschied der 6. Senat des Landessozialgerichts in einem heute veröffentlichten Urteil.

Die Kläger wandten sich mit ihrer Klage insbesondere gegen die Berücksichtigung des Elterngeldes als Einkommen, da damit der Sinn und Zweck dieser Leistung unterlaufen werde und es zu einer verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung von Beziehern von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende komme. Gefordert wurden monatlich um 300,00 € höhere Leistungen. Dem sind das Sozialgericht Koblenz und auch das Landessozialgericht nicht gefolgt. Das Elterngeld dürfe, wie auch das Kindergeld, abzüglich einer Versicherungspauschale, als Einkommen berücksichtigt werden. Dies entspreche dem ab dem 01.01.2011 geltenden Recht. Die Gesetzesbegründung habe die Anrechnung des Elterngeldes damit gerechtfertigt, dass die Bedarfe sowohl des Kindes als auch des betreuenden Elternteiles im System der Grundsicherung durch die Regelleistung und die Zusatzleistungen gedeckt seien und dem Elternteil keine Erwerbstätigkeit zugemutet werde. Der Gesetzgeber habe mit dem Elterngeld einen Anreiz schaffen wollen, eine Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes zu unterbrechen. Dies sei Eltern, die Grundsicherungsleistungen bezögen, nicht möglich, so dass ihnen die Leistung auch nicht teilweise anrechnungsfrei belassen werden sollte. Diese Entscheidung ist aus Sicht des zuständigen Senats des Landessozialgerichts sachlich gerechtfertigt und die Gesetzesänderung, die mit Wirkung für die Zukunft in bestehende Rechtsverhältnisse eingegriffen hat, genügt dem rechtsstaatlichen Vertrauensprinzip.

Urteil vom 12.03.2013, Aktenzeichen L 6 AS 623/11

Elterngeld als Einkommensersatzleistung ist verfassungsgemäß

Elterngeld als Einkommensersatzleistung ist verfassungsgemäß

Kernaussage

Die Ausgestaltung des Elterngelds als Einkommensersatzleistung ist verfassungsgemäß. Sie verstößt weder gegen den grundgesetzlich verankerten allgemeinen Gleichheitssatz, noch gegen das Grundrecht auf Förderung der Familie.

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin widmet sich der Erziehung ihrer 5 Kinder, während ihr Mann erwerbstätig ist. Für das 2007 geborene Kind wurde ihr Elterngeld in Höhe des Mindestbetrags von 300 EUR gezahlt. Hierzu vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass das Elterngeld durch seine Ausgestaltung als Entgeltersatzleistung Eltern benachteilige, die vor der Geburt kein Erwerbseinkommen hatten. Ihre Klage auf Elterngeld in Höhe des Maximalbetrags von 1.800 EUR blieb vor dem Bundessozialgericht erfolglos. Das Bundesverfassungsgericht hat die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Entscheidung

Es liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor. Die Differenzierung in der Höhe des Elterngelds ist gerechtfertigt, da der Gesetzgeber bei jüngeren Berufstätigen spezifische Hindernisse bei der Familiengründung erkannte und hier Anreize setzte. Für eine Rechtfertigung spricht auch, dass auch Eltern ohne vorgeburtliches Einkommen einen gewissen Betrag erhalten. Außerdem war die Gestaltung des Elterngelds im Hinblick auf den aus dem Gleichheitssatz folgenden Auftrag des Gesetzgebers, die Gleichbehandlung der Geschlechter durchzusetzen, gerechtfertigt. Denn auch Väter nehmen durch das Elterngeld verstärkt Erziehungsverantwortung war. Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das Grundrecht auf Förderung der Familie vor. Zwar ist das Grundrecht in seiner Schutz- und Förderdimension berührt. Allerdings liegt eine Rechtfertigung vor. Der Gesetzgeber verfolgt den legitimen Zweck, eine Hinauszögerung des Kinderwunsches aufgrund finanzieller Unsicherheiten infolge des Einkommenswegfalls zu verhindern. Dabei hat der Gesetzgeber seinen ihm im Rahmen der Familienförderung zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten.

Konsequenz

Das Elterngeld bleibt weiterhin von Gesetzes wegen als Einkommensersatz ausgestaltet. Es beträgt mindestens 300 EUR, maximal 1.800 EUR je Monat und wird für maximal 12 (bzw. 14) Monate gezahlt. Die Berechnung erfolgt anhand des laufenden durchschnittlichen monatlichen Nettogehalts des Elternteils, der nach der Geburt des Kindes nicht voll erwerbsfähig ist.