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Arbeitgeber muss Betriebsrat bei fristloser Verdachtskündigung anhören

Arbeitgeber muss Betriebsrat bei fristloser Verdachtskündigung anhören

Kernfrage

In Unternehmen, bei denen ein Betriebsrat besteht, können Kündigung nur dann wirksam erfolgen, wenn der Betriebsrat im Vorfeld angehört wurde. Dies gilt auch bei fristlosen Kündigungen, bei denen die Anhörung während der laufenden 2-Wochen-Frist, innerhalb derer eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden muss, zu erfolgen hat. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte nunmehr darüber zu entscheiden, in welchem Umfang der Betriebsrat angehört werden muss.

Sachverhalt

Der Kläger war langjährig beim Arbeitgeber beschäftigt und wurde wegen eines Diebstahlsverdachts fristlos gekündigt. Der Arbeitgeber hörte den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung zwar an, teilte diesem aber lediglich die konkreten Umstände mit, auf die die Kündigung gestützt worden war. Vorherige Abmahnungen, auf denen die fristlose Kündigung im Rahmen der Interessenabwägung auch beruhte, teilte der Arbeitgeber in der Anhörung nicht mit. Diese waren dem Betriebsrat aber – wenigstens teilweise – bekannt.

Entscheidung

Der Kläger gewann vor Gericht. Die erforderliche Betriebsratsanhörung entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben, so dass die Kündigung alleine aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen unwirksam war. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat bei einer fristlosen Kündigung über sämtliche Umstände anhören, die in die Entscheidung mit eingeflossen sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer zuvor langjährig beschäftigt war. Im Falle eines bisher unbeanstandeten Arbeitsverhältnisses spricht dieser Umstand nämlich regelmäßig gegen eine fristlose Kündigung. Im Umkehrschluss ist vorheriges Fehlverhalten ebenso mitzuteilen. Dies gilt selbst dann, wenn der Betriebsrat an vorherigen Abmahnungen teilweise beteiligt war.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt die Bedeutung des Betriebsrates insbesondere in Kündigungsfragen. Denn eine Kündigung ist unwirksam – und nicht mehr heilbar – wenn das gesetzlich vorgeschriebene Anhörungsverfahren nicht ordentlich durchgeführt worden ist; und zwar unabhängig davon, ob die Kündigung zulässig gewesen wäre. Besteht ein Betriebsrat, muss der Arbeitgeber möglichst weitreichend informieren.

Zur Bedeutung des Wortes „unverzüglich“ bei fristloser Kündigung eines Schwerbehinderten

Zur Bedeutung des Wortes „unverzüglich“ bei fristloser Kündigung eines Schwerbehinderten

Kernfrage

Kündigungen von schwerbehinderten Arbeitnehmern sind nur wirksam, wenn die Zustimmung des Integrationsamtes vorliegt. Bei fristlosen Kündigungen, die innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis vom fristlosen Kündigungsgrund ausgesprochen sein müssen, reicht es aus, wenn der Antrag auf Zustimmung zur fristlosen Kündigung innerhalb der zwei Wochen beim Integrationsamt eingeht. Stimmt das Amt zu, sieht das Gesetz vor, dass die Kündigung gegenüber dem Schwerbehinderten unverzüglich nach Erhalt der Zustimmung erfolgen muss. Das Arbeitsgericht Oberhausen hatte nun darüber zu entscheiden, was „unverzüglich“ in diesem Zusammenhang bedeutet.

Sachverhalt

Der schwerbehinderte Kläger hatte bei seinem Arbeitgeber Geld veruntreut. Als dies bekannt wurde, beantragte der Arbeitgeber die für eine wirksame fristlose Kündigung erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes. Die Zustimmung wurde auch erteilt, allerdings mehr als zwei Wochen nach Kenntniserlangung des Arbeitgebers vom außerordentlichen Kündigungsgrund. Der Arbeitgeber kündigte am Tag nach Erhalt der Zustimmung des Integrationsamtes das Arbeitsverhältnis fristlos. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Mit seiner Kündigungsschutzklage hatte der Kläger geltend gemacht, die fristlose Kündigung sei verfristet, insbesondere sei sie nicht unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes erfolgt. Das Arbeitsgericht urteilte jedoch, dass es ausreichend sei, wenn innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes die Zustimmung zur fristlosen Kündigung beim Integrationsamt beantragt sei; im Übrigen sei die Kündigung auch unverzüglich nach Erhalt der Zustimmung erfolgt. Ein Tag Verzögerung sei insoweit unschädlich.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht im Ergebnis nicht, sie zeigt aber, dass bei fristlosen Kündigungen Schwerbehinderter stets unmittelbarer Handlungsbedarf besteht. Die Betonung, dass ein Tag Verzögerung unschädlich sei, lässt darauf schließen, dass eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre, wenn eine zwei- oder dreitägige Verzögerung vorgelegen hätte.