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Handelt es sich bei einem Gehaltsverzicht eines Gesellschafters um Arbeitslohn?

Handelt es sich bei einem Gehaltsverzicht eines Gesellschafters um Arbeitslohn?

Eine verdeckte Einlage führt nur dann zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der Gesellschafter nach Entstehung seines Gehaltsanspruchs aus gesellschaftsrechtlichen Gründen auf diesen verzichtet.

Hintergrund

X war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH und an dieser mit 35 % beteiligt. In seiner Einkommensteuererklärung erklärte X einen Bruttoarbeitslohn von rund 45.000 EUR sowie Werbungskosten von 10.000 EUR. In der Lohnsteuerbescheinigung war dagegen ein Bruttoarbeitslohn von 68.000 EUR ausgewiesen. Diesen legte das Finanzamt der Steuerberechnung zugrunde. Die Differenz ergab sich daraus, dass X wegen finanzieller Schwierigkeiten der GmbH für 4 Monate auf sein Gehalt verzichtet hatte. Das Finanzgericht folgte diesem Argument und gab der Klage des X statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob dieses Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

Verzichtet ein Gesellschafter auf seinen Vergütungsanspruch, kann dies zum Zufluss des Forderungswerts führen, soweit damit eine verdeckte Einlage erbracht wird. Als verdeckte Einlagen sind allerdings nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft vermehrt haben. Ob das der Fall ist, bestimmt sich nach Bilanzrecht. Abzustellen ist deshalb darauf, inwieweit Posten in die Bilanz hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bilanz zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wäre.

Hat X vor Entstehung des jeweiligen Gehaltsanspruchs verzichtet, wurde er von vornherein unentgeltlich tätig, sodass es nicht zu einer Vermögensmehrung bei der GmbH kam. Bei einem Verzicht auf einen bereits entstandenen Anspruch aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erbringt der Geschäftsführer eine zum Zufluss führende verdeckte Einlage.

Das Finanzgericht muss jetzt festzustellen, wie die Gehälter bei der GmbH ausgezahlt wurden bzw. wann die Anweisung erging, die streitigen Monatsgehälter ausnahmsweise nicht auszuzahlen. Ferner ist ein Fremdvergleich vorzunehmen. Liegen danach verdeckte Einlagen vor, sind diese mit dem Teilwert zu bewerten.

Zum Zufluss von Arbeitslohn bei Gehaltsverzicht

Zum Zufluss von Arbeitslohn bei Gehaltsverzicht

Kernproblem

Bei der Zahlung vom Arbeitslohn ist der Arbeitgeber grundsätzlich zum Einbehalt und zur Abführung von Lohnsteuer verpflichtet. Die Verpflichtung besteht jedoch erst in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt. Ein Zufluss liegt unstreitig vor, wenn der Lohn in bar ausgezahlt oder auf ein Konto des Arbeitnehmers überwiesen wird. Besonderheiten bestehen indes beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, bei dem ein Zufluss bereits fingiert wird, wenn er im Zeitpunkt der Fälligkeit über die geschuldete Vergütung verfügen kann. Die genauen Anwendungsvoraussetzungen dieser Fiktion waren nunmehr Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, an der er und seine Ehefrau mit je 50 % beteiligt waren. Gemäß seinem Geschäftsführungsvertrag stand dem Kläger in den Jahren 1998-2001 jeweils Weihnachtsgeld zu, das ihm allerdings tatsächlich nicht ausgezahlt wurde und bei der GmbH auch nicht als (Lohn-)Aufwand passiviert wurde. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass dem Kläger aufgrund seiner beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer-Stellung das vertraglich zugesagte Weihnachtsgeld bei Fälligkeit als zugeflossen gelte. Folglich nahm das Finanzamt die GmbH mit Haftungsbescheid für Lohn- und Kirchensteuer in Anspruch, soweit für das Weihnachtsgeld keine Lohnsteuer einbehalten worden war. Die hiergegen gerichtete Klage war sowohl beim Finanzgericht als auch beim BFH erfolgreich.

Entscheidung des BFH

Nach Auffassung des BFH ist die Zuflussfiktion bei Fälligkeit des Weihnachtsgeldes vorliegend überhaupt nicht anwendbar, da der Kläger kein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer sei. Eine solche Stellung liege regelmäßig nur dann vor, wenn er die Mehrheit der Stimmrechte besitze und deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben könne. Gesellschafter mit weniger als 50 % der Gesellschaftsanteile können zwar einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt werden, wenn er mit anderen, gleichgerichtete materielle (finanzielle) Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirke, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen. Allein der Umstand, dass die Gesellschafter Eheleute sind, könne eine entsprechende Vermutung nach gefestigter Rechtsprechung nicht begründen. Des Weiteren sei durch den Gehaltsverzicht auch keine Zufluss begründende verdeckte Einlage bewirkt, da das streitige Weihnachtsgeld zu keinem Zeitpunkt als Aufwand bei der GmbH berücksichtigt worden war und somit zu keiner Mehrung ihres Vermögens geführt hat.

Konsequenzen

Zwar ist das Urteil für den Steuerpflichtigen vorteilhaft, da die Rechtsprechung den Anschein vermittelt, dass das willentliche Unterlassen der Einbuchung einer Verbindlichkeit den Zufluss von Arbeitslohn verhindern kann. Dennoch ist in der Praxis Vorsicht vor einer solchen „Gestaltung“ zu empfehlen, da die Verbindlichkeit sowohl nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung als auch steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften zwingend hätte eingebucht werden müssen. Hierauf ist der BFH in seinem Urteil nicht eingegangen.