Schlagwort-Archive: Grunderwerbsteuergesetz

GrEStG: Kann Erbengemeinschaft selbstständiger Rechtsträger sein?

GrEStG: Kann Erbengemeinschaft selbstständiger Rechtsträger sein?

Kernfrage
Eine Erbengemeinschaft ist zivilrechtlich nicht rechtsfähig. Sie stellt keine eigenständige Rechtspersönlichkeit dar und ist somit auch nicht parteifähig, sondern handelt im Rechtssinn durch ihre einzelnen Mitglieder entsprechend deren Erbanteile. Der Bundesfinanzhof hat diesen zivilrechtlichen Grundsatz für Zwecke der Grunderwerbsteuer durchbrochen und die Erbengemeinschaft wie eine Gesellschaft behandelt.

Sachverhalt
Eine Erbengemeinschaft bestehend aus 2 jeweils hälftig beteiligten Erben war Inhaberin einer 85 %igen Beteiligung an einer GmbH. Die GmbH wiederum hielt Grundbesitz. Durch verschiedene gesellschaftsrechtliche Transaktionen – unter anderem eine Kapitalerhöhung, deren Konsequenzen streitig geblieben sind – war die Erbengemeinschaft zuletzt Alleingesellschafter der grundbesitzhaltenden GmbH geworden. Daraufhin setzte das Finanzamt gegen die Erbengemeinschaft Grunderwerbsteuer fest. Hiergegen wandten sich die Erben mit der Begründung, die Erbengemeinschaft sei nicht rechtsfähig, es sei darauf abzustellen, dass die GmbH Beteiligung den Erben zuzurechnen sei.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof urteilte, dass die Erbengemeinschaft in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Erwerberin im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes sein könne. Das Erreichen der Alleingesellschafterstellung bei der GmbH wiederum stelle in seiner wirtschaftlichen Bedeutung den Erwerb von Grundbesitz dar. Erlangt eine Erbengemeinschaft mehr als 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft, wird sie grunderwerbsteuerrechtlich ebenso behandelt, als habe sie das Grundstück von der Gesellschaft erworben. Auf die Erbteile der Miterben sei nicht abzustellen, weil die Erbengemeinschaft als einheitlicher Rechtsträger anzusehen sei. Wegen der auch in der Revision noch streitigen Fragen um die Kapitalerhöhung wurde die Sache im Übrigen zur erneuten Verhandlung an das Finanzgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurück verwiesen.

Konsequenz
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs durchbricht das zivilrechtliche Verständnis der Erbengemeinschaft und ihrer Rechts- beziehungsweise Parteifähigkeit für Zwecke der Grunderwerbsteuer. Hier muss die Erbengemeinschaft jetzt als einheitlicher Rechtsträger gesehen werden; ein Abstellen auf einzelne Erbteile ist nicht (mehr) möglich.

Ordnungsgemäße Anzeige nach dem Grunderwerbsteuergesetz

Ordnungsgemäße Anzeige nach dem Grunderwerbsteuergesetz

Hintergrund
Die 4-jährige steuerliche Festsetzungsfrist beginnt, wenn eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Im Rahmen der Grunderwerbsteuer (GrESt) bestehen Anzeigepflichten des Notars und der Vertragspartner auch für Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übertragung von mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft begründen, zu deren Vermögen ein Grundstück gehört.

Sachverhalt
Mit notarieller Urkunde vom 3.9.2007 erwarb der Kläger sämtliche Geschäftsanteile an einer GmbH, zu deren Vermögen Grundbesitz gehört. Mit Bescheid vom 3.11.2011 setzte das beklagte Finanzamt gegenüber dem Kläger Grunderwerbsteuer fest. Nach Eingang einer Mahnung des Finanzamts teilte der Kläger mit, er habe den Bescheid nicht erhalten. Der Bescheid wurde daher am 23.1.2012 erneut bekanntgegeben. Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger meint, dass die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Ausweislich der Steuerakten habe der Notar das Finanzamt (Körperschaftsteuerstelle) am 6.9.2007 über die Abtretung der Anteile in Kenntnis gesetzt. Aufgrund einer vorhergehenden Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile habe das Finanzamt gewusst, dass erneut Grunderwerbsteuer ausgelöst würde. Am 13.9.2007 erfolgte eine Kontrollmitteilung für Zwecke der Grunderwerbsteuer durch die Körperschaftsteuerstelle an die Grunderwerbsteuerstelle.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Bescheid ist innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen. Die erforderliche Anzeige nach dem Grunderwerbsteuergesetz ist schriftlich abzugeben und muss den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt haben. Dazu ist erforderlich, dass die Anzeige als solche nach dem Grunderwerbsteuergesetz gekennzeichnet ist und ihrem Inhalt nach ohne weitere Sachprüfung an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzuleiten ist. Eine Kontrollmitteilung der Körperschaftsteuerstelle für Zwecke der Grunderwerbsteuer ersetzt die ordnungsgemäße Anzeige nicht. Nicht das Finanzamt ist verpflichtet, anhand einer notariellen Übertragungsurkunde den grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang und das betroffene Grundstück zu ermitteln und die für die Steuerfestsetzung zuständige Stelle darauf hinzuweisen, sondern der Beteiligte des Erwerbsvorgangs.

Konsequenz
Vorliegend begann die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2010. Das Urteil verdeutlicht, dass die positive Kenntnis von dem grunderwerbsteuerrechtlichen Vorgang der zuständigen Finanzbehörde entscheidend ist. Eine ordnungsgemäße Anzeige ist daher unerlässlich.