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Liquidation der Gesellschaft: Zur Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung

Liquidation der Gesellschaft: Zur Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung

Kernaussage
Die Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung finden auch in der Liquidation der Gesellschaft Anwendung. Dies führt zu erheblichen Haftungsrisiken, sofern die wirtschaftliche Neugründung nicht gegenüber dem Registergericht offengelegt wird. Es besteht dann nämlich eine Unterbilanzhaftung, bezogen auf die Deckungslücke zwischen Stammkapital und dem Vermögen im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung.

Sachverhalt
Im Juli 2002 wurde die GmbH durch den Ehemann der Beklagten mit einem Stammkapital von 25.000 EUR gegründet. Im Dezember 2004 wurde die Auflösung der Gesellschaft beschlossen, weshalb im Jahr 2005 der Geschäftsbetrieb ruhte. Im März 2006 wurde die Fortsetzung der GmbH beschlossen und die Geschäfte wurden wieder aufgenommen. Im Mai 2006 trat der Ehemann seinen Geschäftsanteil an die Beklagte ab, die sodann in einer Gesellschafterversammlung die Änderung der Firma der GmbH beschloss. Im Dezember 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er ist der Auffassung, die Beklagte hafte wegen fehlender Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung für die Differenz zwischen dem Stammkapital und dem im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorhandenem Vermögen. Der Bundesgerichtshof hob die stattgebenden Entscheidungen der Untergerichte auf und verwies die Sache zurück.

Entscheidung
Auch bei der Reaktivierung von Liquidationsgesellschaften besteht die Gefahr einer Umgehung der Gründungsvorschriften. Entsprechend einer werbenden Gesellschaft kommt eine wirtschaftliche Neugründung allerdings nur bei der Wiederbelebung einer inaktiven Liquidationsgesellschaft in Betracht. Allein die Zweckänderung von der Abwicklungsgesellschaft hin zu einer werbenden Gesellschaft ist als solche keine wirtschaftliche Neugründung. Werden während der Abwicklungsphase noch nennenswerte Liquidationstätigkeiten wahrgenommen, die auf den Schluss der Liquidation zusteuern, kann nicht von einem Gesellschaftsmantel ausgegangen werden. Auf ein nach außen gerichteten Geschäftsbetrieb komme es insoweit nicht an. Eine Haftung besteht zudem nur im Falle einer Unterbilanz im Zeitpunkt der Anmeldung der Fortsetzung der Gesellschaft zum Handelsregister.

Konsequenz
Bei der Verwendung des „Mantels“ einer inaktiven Abwicklungsgesellschaft sind wie bei der Wiederbelebung einer ehemals werbenden Gesellschaft die Gründungsvorschriften zu beachten. Stets ist zu prüfen, ob die Gründungsvorschriften entsprechend Anwendung finden

Anspruch auf Rechnungslegung für nicht beteiligten Gesellschafter bei Liquidation einer GbR

Anspruch auf Rechnungslegung für nicht beteiligten Gesellschafter bei Liquidation einer GbR

Kernaussage

Der Anspruch auf Rechnungsabschluss schließt den Anspruch auf Rechnungslegung ein, wenn der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nicht an der Liquidation beteiligt und auch sonst nicht über den Vermögensstand der Gesellschaft unterrichtet ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist die Alleinerbin des im Februar 2005 verstorbenen Erblassers. Dieser betrieb zusammen mit der Beklagten in Form einer GbR einen Handel mit Antiquitäten und Schmuck. Im August 2004 beschlossen die Gesellschafter einstimmig, die Gesellschaft zu liquidieren. Ab November wurden die Geschäfte abgewickelt. Mit der Klage verlangte die Klägerin zunächst die Hälfte des sich aus der Abfindungsbilanz zum Todestag des Erblassers ergebenen Wertes des Gesellschaftsvermögens. Hierzu beruft sie sich auf eine Bestimmung des Gesellschaftsvertrages, wonach die GbR im Falle des Todes eines Gesellschafters unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird und die Erben eine Abfindung entsprechend dem Anteil am Gesellschaftsvermögen erhalten sollen. Nach rechtlichem Hinweis in der Berufungsinstanz begehrt die Klägerin im Wege der Stufenklage hilfsweise die Rechnungslegung über die durchgeführte Liquidation und Auskehrung der Hälfte des Liquidationsüberschusses. Das Berufungsgericht wies die Klage in der Hauptsache ab, da der Zahlungsanspruch auf Grundlage der Abfindungsbilanz eine werbende Gesellschaft voraussetze. Der Hilfsantrag sei ferner als Klageänderung unzulässig.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Klage auf der ersten Stufe statt. Die Klageänderung ist aufgrund der unwiderleglichen Vermutung der Einwilligung des Gegners zulässig, denn zu den Hilfsanträgen der Klägerin wurde verhandelt, ohne dass die Beklagte dies beanstandete. Der Rechnungslegungsanspruch ist begründet, da die Klägerin als Alleinerbin des Mitgesellschafters der Beklagten an dessen Stelle in die Liquidationsgesellschaft eingetreten ist und somit einen Anspruch auf Auskehrung der Hälfte des Liquidationsüberschusses hat. Die an der Liquidation nicht beteiligte und auch sonst über den Vermögensstand der Gesellschaft nicht unterrichtete Klägerin hat gegen die, die Abwicklung betreibende, Beklagte einen Anspruch auf Rechnungsabschluss, der den Anspruch auf Rechnungslegung in sich trägt.

Konsequenz

Im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft ist in der Regel im Wege der Stufenklage vorzugehen, sofern der Zahlungsanspruch noch nicht beziffert werden kann. Die Verjährung der Ansprüche kann somit verhindert werden.