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Haftung der handelnden Personen bei Vorrats- und Mantelgesellschaft

Haftung der handelnden Personen bei Vorrats- und Mantelgesellschaft

Rechtslage

Bei der Verwendung einer Vorratsgesellschaft oder eines gebrauchten GmbH-Mantels sind die Gründungsvorschriften des GmbH-Gesetzes sowie die Vorschriften der registergerichtlichen Kontrolle entsprechend anzuwenden. Die Geschäftsführer haben bei der Anmeldung der „(Re-) Vitalisierung“ zu versichern, dass die Stammeinlagen erbracht sind und zu ihrer freien Verfügung stehen. Nicht nur die Gründungs- und Handelndenhaftung, sondern auch die Unterbilanz- oder Vorbelastungshaftung ist zu beachten. Die Haftung im Stadium der wirtschaftlichen Neugründung ist zeitlich begrenzt durch die Offenlegung gegenüber dem Handelsregister.

Sachverhalt

Der Beklagte ist Geschäftsführer einer GmbH, die am 25.10.2006 als Vorratsgesellschaft ins Handelsregister eingetragen wurde. Bereits am 10.10.2006 wurden die Geschäftsanteile der Gesellschaft übertragen. Zugleich wurden der Unternehmensgegenstand, die Firma und der Gesellschaftssitz geändert, der Geschäftsführer abberufen und der Beklagte zum neuen Geschäftsführer bestellt. Der Beklagte meldete diese Änderungen am gleichen Tag beim Handelsregister an und versicherte, dass das Stammkapital vorhanden sei und sich in seiner freien Verfügungsgewalt befinde. Eine Eintragung dieser Anmeldung unterblieb. Im Jahr 2007 erbrachte die Klägerin Leistungen für die GmbH, deren Bezahlung sie vom Beklagten persönlich begehrt.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Haftung des Beklagten abgelehnt. Im Falle einer wirtschaftlichen Neugründung durch die Verwendung einer Vorratsgesellschaft oder die Aktivierung eines leeren „GmbH-Mantels“ kommt eine Außenhaftung als Handelndenhaftung nur dann in Betracht, wenn die Geschäfte vor Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung aufgenommen wurden, ohne dass dem alle Gesellschafter zugestimmt haben – etwa weil die Geschäftsführer ihre Vertretungsmacht überschritten haben. Waren im Zeitpunkt der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung die Angaben des Geschäftsführers hinsichtlich des Stammkapitals falsch, kann ebenfalls eine entsprechende Haftung ausgelöst werden. Beide Haftungstatbestände hat der BGH im vorliegenden Fall verneint. Im Übrigen fehlte es an einer wirtschaftlichen Neugründung, da die Änderungen bereits vor Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister beschlossen und auch vollzogen wurden.

Konsequenz

Das Urteil fügt sich in die bisherige Rechtsprechung des BGH zur Vorratsgründung und zum Mantelkauf ein. Eine Abgrenzung der wirtschaftlichen Neugründung von einer Umstrukturierung kann im Einzelfall problematisch sein, insbesondere dann, wenn weder eine vollständige Vermögenslosigkeit der GmbH vorliegt, noch das Unternehmen gänzlich eingestellt wurde.