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Berichtigung bei Fehlbeurteilung des Vorsteuerabzugs

Berichtigung bei Fehlbeurteilung des Vorsteuerabzugs

Darf das Finanzamt einen rechtlich unzutreffend gewährten Vorsteuerabzug in den Folgejahren korrigieren oder kann es nur eine rückwirkende Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung vornehmen? Eine Antwort darauf lieferte jetzt das Thüringer Finanzgericht.

Hintergrund
Ein Unternehmer erwarb in 2002 ein Fahrzeug und machte die entstandene Umsatzsteuer in voller Höhe als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt stimmte der Umsatzsteuererklärung zu, obwohl nach damaliger Rechtslage nur ein Vorsteuerabzug von 50 % zulässig war. Da der Unternehmer das Fahrzeug in der Folgezeit nicht seinem Unternehmensvermögen zuordnete (= materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug), berichtigte das Finanzamt die Vorsteuer für die Folgejahre; entsprechende Änderungsbescheide ergingen in 2009. Eine Änderung der ursprünglich fehlerhaften Umsatzsteuerfestsetzung 2002 war wegen abgelaufener Festsetzungsfrist nicht mehr möglich.

Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt nicht zur Vorsteuerberichtigung berechtigt war. Denn vorliegend hatte sich nicht die rechtliche Beurteilung der Ausgangsumsätze als steuerpflichtig/steuerfrei geändert, sondern das Finanzamt hatte versucht, eine frühere rechtliche Fehlbeurteilung zu korrigieren. Eine Berichtigung aus diesen Gründen hielt das Finanzgericht aber nicht für zulässig, da § 15a Abs. 1 UStG lediglich eine geänderte Verwendung von Wirtschaftsgütern erfasst und nicht die Fehlbeurteilung eines Vorsteuerabzugs. Letztere kann allenfalls über die allgemeinen Änderungsvorschriften der Abgabenordnung korrigiert werden (Änderung der ursprünglich fehlerhaften Steuerfestsetzung), was im Urteilsfall jedoch nicht mehr zulässig war.

Bundesfinanzministerium folgt der neuen Systematik des Vorsteuerabzugs

Bundesfinanzministerium folgt der neuen Systematik des Vorsteuerabzugs

Rechtslage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte Ende 2010 sowie in 2011 mehrere Grundsatzurteile zum Vorsteuerabzug gefällt. Diese orientierten sich an den europarechtlichen Vorgaben. Sie wichen zum Teil erheblich von der bisherigen, insbesondere durch die Finanzverwaltung vertretenen, Rechtsauffassung ab.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zu den Urteilen in einem umfangreichen Schreiben Stellung bezogen. Besteht demnach ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der bezogenen Leistung und einem (beabsichtigten) Ausgangsumsatz, so entscheidet allein die umsatzsteuerliche Behandlung dieses Ausgangsumsatzes über den Vorsteuerabzug. Mittelbar verfolgte Zwecke sind ohne Bedeutung. Nur wenn ein direkter Zusammenhang zu einem konkreten Ausgangsumsatz fehlt, kann sich ein Vorsteuerabzug nach der Gesamttätigkeit ergeben. Dies gilt aber nur, wenn die bezogene Leistung Bestandteil des Preises der vom Unternehmer erbrachten Leistungen ist.

Konsequenz

Das BMF folgt weitestgehend der Rechtsprechung des BFH. Die Unternehmen müssen nun die neue Systematik beim Vorsteuerabzug spätestens ab dem 1.4.2012 beachten. Diese schränkt im Vergleich zur bisher gängigen Praxis den Vorsteuerabzug dadurch ein, dass nunmehr mittelbar verfolgte Zwecke unberücksichtigt bleiben. So berechtigen Beratungskosten, die in Verbindung mit dem steuerfreien Verkauf einer Beteiligung angefallen sind, nicht zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch dann, wenn der Verkauf der Beteiligung mittelbar dem gesamten Unternehmen zugute kommt und dies ansonsten nur Umsätze erbringt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Eine Aufteilung z. B. nach dem Umsatzschlüssel, entfällt damit zukünftig, sofern die Eingangsleistung in unmittelbarem Zusammenhang mit nicht den Vorsteuerabzug zulassenden Umsätzen steht. Die neue Rechtsauffassung ist jedoch nicht nur nachteilig. So lässt der BFH gerade aufgrund dieser neuen Betrachtungsweise den Vorsteuerabzug aus Dachsanierungen, die in Verbindung mit der Errichtung von Photovoltaikanlagen stehen, zu, welcher von der Finanzverwaltung bisher bestritten wurde.