Neue Regelungen basierend auf dem BFH-Urteil vom 18. April 2024
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 15. Januar 2025 (koordinierter Ländererlass III C 2 – S 7119/00004/002/027) die Grundsätze für tauschähnliche Umsätze in der Entsorgungsbranche klargestellt. Diese Regelungen basieren auf dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. April 2024, V R 7/22, und führen zu Änderungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE).
1. Definition eines tauschähnlichen Umsatzes
Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das:
- Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet.
- Das Entgelt in einer Lieferung oder sonstigen Leistung des Leistungsempfängers besteht.
2. Entscheidung des BFH
Nach dem Urteil des BFH liegt in der Entsorgungsbranche in folgenden Fällen kein tauschähnlicher Umsatz vor:
- Ein Unternehmer übernimmt gefährlichen Abfall ausschließlich zum Zweck der gesetzlich angeordneten Entsorgung im Rahmen eines in Anlage 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes genannten Verwertungsverfahrens.
- Die Überlassung des gefährlichen Abfalls durch den Abfallbesitzer an das Entsorgungsunternehmen stellt keine Lieferung dar.
- Auch wenn der Unternehmer durch die Verwertung der Abfälle Stoffe gewinnt und deren möglichen Verkaufspreis kalkulatorisch berücksichtigt, ändert dies nichts an der rechtlichen Einordnung.
Fazit des BFH:
Es handelt sich lediglich um eine vom Entsorgungsunternehmen erbrachte Dienstleistung, nicht um einen tauschähnlichen Umsatz.
3. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE)
Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird wie folgt ergänzt:
- In Abschnitt 3.16 Abs. 1 wird nach Satz 2 der folgende Satz 3 eingefügt:
„Ein tauschähnlicher Umsatz ist mangels einer der Entsorgungsleistung gegenüberstehenden Lieferung nicht anzunehmen, wenn ein Unternehmer nicht mehr nutzbaren, gefährlichen Abfall zum ausschließlichen Zweck der gesetzlich angeordneten Verwertung zur Rückgewinnung/Regenerierung von Abfällen übernimmt (vgl. BFH-Urteil vom 18.04.2024 – V R 7/22).“
4. Anwendungsregelung
Die neuen Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Das bedeutet, dass sie rückwirkend auf alle noch nicht abschließend geprüften Fälle angewendet werden können.
Bedeutung für die Praxis
- Klarheit für die Entsorgungsbranche: Das Schreiben schafft Rechtssicherheit darüber, dass die Überlassung von gefährlichem Abfall an ein Entsorgungsunternehmen keine Lieferung darstellt und somit kein tauschähnlicher Umsatz vorliegt.
- Steuerliche Auswirkungen: Das Entsorgungsunternehmen erbringt eine umsatzsteuerpflichtige Dienstleistung, unabhängig davon, ob es durch die Verwertung der Abfälle zusätzliche Erträge generiert.
- Rückwirkende Anwendung: Unternehmen in der Entsorgungsbranche sollten ihre offenen Fälle prüfen und ggf. Anpassungen vornehmen.
Quelle: Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 15.01.2025