Testkauf durch das Finanzamt in „Gyros-Bude“

Testkauf durch das Finanzamt in „Gyros-Bude“

Kernproblem

„Dem Betriebsprüfer muss das Wasser im Munde zusammengelaufen sein“. So oder ähnlich denkt man beim Lesen einer Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Münster. Es fallen im Zusammenhang mit Pommes Frites, Pita, Gyros und Tzaziki Ausdrücke wie Bratverlust, innerer und äußerer Betriebsvergleich, wohlwollende Portionierung, neuer Gyros-Zuschneider, verbranntes oder gebrochenes Pita-Brot, aber auch gerichtseigener Prüfer und Ausbeutekalkulation sowie Sturzfähigkeit der Kasse. All das findet sich in der Entscheidung wieder. Wenn nicht auch der Schwund durch Gammelfleisch vorkäme, der die Annahme zu Beginn revidiert. Aber was war geschehen?

Sachverhalt

Ein Betriebsprüfer des Finanzamts hatte eine Gyros-Bude auseinandergenommen. Es war nicht schwer, die Buchführung zu widerlegen, um Hinzuschätzungen vorzunehmen, denn die Verwechslung von Euro- mit DM-Beträgen (zugegebenermaßen im Jahr der Euro-Einführung) war nur eine der Beanstandungen. Es wurde aber auch mehr Pita-Brot eingekauft, als veräußert. Dem neben anderen Argumenten gelieferten Hinweis der Griechen, das Brot sei eingefroren gewesen und anschließend gebrochen, entgegneten die Finanzrichter später, dass sich so etwas durch Auftauen des Brotes vermeiden ließe und dies auch den Betreibern bewusst gewesen sein dürfte. Beim Finanzgericht ging es dann überwiegend um die Schätzungsparameter. Das Finanzamt prüfte die Jahre 2001 und 2002 und hatte offensichtlich in 2005 und 2007 Testkäufe durchgeführt. Hier ermittelte man durchschnittlich 226 g Fleischeinlage. Die Griechen gingen von 280 g aus und begründeten dies mit Umbau, Angebotserweiterung, neuem Gyros-Zuschneider und wohlwollender Portionierung des Ehemannes einer Mitinhaberin. Welche Lösung hatte jetzt das Finanzgericht (FG) Münster parat?

Entscheidung

Jetzt kam der gerichtseigene Prüfer ins Spiel. Auch dieser hatte eine Ausbeutekalkulation vorgenommen und kam auf 255 g je Portion. Nicht nur, dass die Richter darauf hinwiesen, dass der eigene Prüfer seine Berechnungen differenzierter als das Finanzamt vorgenommen hatte. Dem Finanzamt wurde vorgeworfen, offensichtlich selbst Zweifel an der Überzeugungskraft der auf den Testkauf gestützten Kalkulation zu haben, denn es habe die Zuschätzung durch Sicherheitsabschlag um mehr als die Hälfte nach unten korrigiert. So kam man zum Ergebnis, dass die Testkäufe des Finanzamts für die Bestimmung der Schätzungsparameter nicht repräsentativ und damit unverwertbar seien. Vielmehr sei eine zeitliche Nähe zwischen Verprobungszeitraum und Testkauf erforderlich, denn nur hierdurch könne sichergestellt werden, dass zum Zeitpunkt des Testkaufs dieselben betrieblichen Verhältnisse vorherrschten, wie im Verprobungsjahr. Zudem müsse eine Ausbeutekalkulation auf eine repräsentative Anzahl von Testkäufen gestützt werden können, um Zufälligkeiten zu vermeiden.

Konsequenz

Wen es noch interessiert: Letztendlich hat das FG die Hinzuschätzung auf Basis eines äußeren Betriebsvergleichs mit Rohgewinnaufschlagsatz durchgeführt.