Tonnagebesteuerung – Vorlage an das BVerfG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Besteuerung des für den Rechtsvorgänger festgestellten Unterschiedsbetrags beim unentgeltlichen Rechtsnachfolger – Vorlagebeschluss vom 19. Oktober 2023, IV R 13/22

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Vorlagebeschluss vom 19. Oktober 2023 (IV R 13/22) eine bedeutende Frage zur Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Besteuerung im Kontext der Tonnagebesteuerung aufgeworfen. Konkret geht es um die steuerliche Behandlung eines Unterschiedsbetrags, der beim unentgeltlichen Rechtsnachfolger aufgrund von Vorgängen beim Rechtsvorgänger festgestellt wurde. Der BFH sieht Klärungsbedarf hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser rückwirkenden Besteuerung mit dem Grundgesetz und hat daher das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen.

Hintergrund der Tonnagebesteuerung

Die Tonnagebesteuerung ist eine spezielle Form der Einkommensbesteuerung für Reedereien, die auf der Netto-Tonnage (Rauminhalt) der betriebenen Handelsschiffe basiert, anstatt auf dem tatsächlichen Gewinn. Diese Regelung soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Reedereien stärken, indem sie eine vereinfachte und oft günstigere Besteuerung ermöglicht. Die Tonnagebesteuerung ist in vielen Ländern ein anerkanntes Instrument der Steuerpolitik im maritimen Sektor.

Kern der Vorlage an das BVerfG

Der Vorlagebeschluss des BFH betrifft die Frage, ob die rückwirkende Besteuerung eines Unterschiedsbetrags, der für den Rechtsvorgänger festgestellt wurde, beim unentgeltlichen Rechtsnachfolger mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Diese Fragestellung berührt grundlegende verfassungsrechtliche Prinzipien, insbesondere das Rückwirkungsverbot und den Grundsatz der Rechtssicherheit.

Das Rückwirkungsverbot schützt Bürgerinnen und Bürger vor der nachträglichen Änderung von Rechtsfolgen ihrer Handlungen. Es ist ein fundamentaler Grundsatz des Rechtsstaats, der sicherstellt, dass Gesetze nicht rückwirkend in einer Weise geändert werden, die die Betroffenen benachteiligt, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, ihr Verhalten darauf einzustellen.

Bedeutung der Vorlage

Die Vorlage des BFH an das BVerfG hat weitreichende Bedeutung für die Praxis der Tonnagebesteuerung und darüber hinaus. Sollte das BVerfG zu dem Schluss kommen, dass die rückwirkende Besteuerung des Unterschiedsbetrags beim unentgeltlichen Rechtsnachfolger verfassungswidrig ist, könnte dies erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Unternehmensübertragungen im Rahmen der Tonnagebesteuerung haben. Es könnte auch Implikationen für die Ausgestaltung von Steuergesetzen im Allgemeinen haben, insbesondere im Hinblick auf die zulässige Reichweite rückwirkender Regelungen.

Ausblick

Die Entscheidung des BVerfG wird mit Spannung erwartet, da sie wichtige Leitlinien für die zukünftige Anwendung der Tonnagebesteuerung und die Auslegung des Rückwirkungsverbots setzen wird. Für Unternehmen im maritimen Sektor und deren Berater ist es ratsam, die Entwicklungen in diesem Verfahren genau zu verfolgen und gegebenenfalls bestehende Steuerplanungen zu überprüfen.