BMF-Schreiben vom 31.03.2025 zur Umsatzbesteuerung des Direktverbrauchs in KWK-Anlagen & Co. – Übergangsregelung bis Ende 2025
Mit dem koordinierenden Ländererlass vom 31. März 2025 setzt das Bundesfinanzministerium (BMF) die aktuelle BFH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Direktverbrauchs bei KWK- und anderen Energieerzeugungsanlagen um. Im Fokus stehen:
- der Stromverbrauch vor Netzeinspeisung, insbesondere bei KWK-Zuschlägen
- die unentgeltliche Wertabgabe bei Wärmeerzeugung
- und die korrekte Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch.
1. Keine Lieferung beim Direktverbrauch von Strom
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits mit mehreren Urteilen (u. a. XI R 18/21, V R 22/21) entschieden:
Wird Strom in einer Anlage erzeugt und direkt (ohne Netzeinspeisung) selbst verbraucht, liegt keine steuerbare Lieferung an den Netzbetreiber vor – auch dann nicht, wenn KWK-Zuschläge gezahlt werden.
Das bedeutet konkret:
✅ Keine fiktive Lieferung an den Netzbetreiber
✅ Keine Rücklieferung an den Anlagenbetreiber
✅ Nur tatsächlich in das Netz eingespeister Strom ist umsatzsteuerlich relevant
✅ Die reine Infrastrukturbereitstellung begründet keine Verfügungsmacht beim Netzbetreiber
👉 Der KWK-Zuschlag ist kein umsatzsteuerliches Entgelt, wenn kein Netzbezug stattfindet.
2. Wärme: Wertabgabe nur zu Selbstkosten – keine Durchschnittspreise
In weiteren Urteilen (V R 34/20, XI R 31/19) hat der BFH zur Wärmeabgabe aus Blockheizkraftwerken und Biogasanlagen entschieden:
❌ Die pauschale Anwendung eines durchschnittlichen Fernwärmepreises als Bemessungsgrundlage für unentgeltliche Wertabgaben ist nicht zulässig.
✅ Maßgeblich sind die anteiligen Selbstkosten, sofern kein Marktpreis ermittelt werden kann – etwa wenn keine Einspeisung in ein Wärmenetz erfolgt.
Außerdem:
Die Aufteilung der Kosten hat nicht „energetisch“ zu erfolgen (nach kWh), sondern über die Marktpreismethode (wirtschaftlich erzielbare Werte).
3. Wer gilt als „nahestehend“ im Sinne des Umsatzsteuerrechts?
Das BMF stellt klar:
Nicht nur natürliche Personen sind nahestehend. Auch Gesellschaften, an denen der Unternehmer beteiligt ist, gelten als nahestehende Personen – wenn rechtliche, wirtschaftliche oder persönliche Beziehungen vorliegen.
4. Anwendung und Übergangsregelung
Die neuen Grundsätze gelten für alle offenen Fälle, d. h. rückwirkend, sofern keine Bestandskraft eingetreten ist. Dennoch schafft das BMF Übergangsschutz:
✅ Bis 31. Dezember 2025 kann weiterhin die bisherige Auffassung gemäß UStAE alter Fassung angewandt werden – sofern Netzbetreiber und Anlagenbetreiber übereinstimmend handeln.
📌 Das betrifft insbesondere Fälle der Direktvermarktung mit KWK-Zuschlag, bei denen bisher eine steuerbare Lieferung fingiert wurde.
Fazit: Klarheit für Betreiber – aber auch Handlungsbedarf
Mit dem BMF-Schreiben vom 31.03.2025 liegt nun eine bundeseinheitliche Auslegung der BFH-Rechtsprechung zur Direktverbrauchsproblematik vor. Für die Praxis bedeutet das:
- Keine Umsatzsteuerpflicht für dezentral verbrauchten Strom, wenn keine Einspeisung erfolgt
- Wärme-Eigenverbrauch ist nur mit den Selbstkosten zu bewerten
- KWK-Zuschläge sind nicht automatisch Entgelte
- Übergangsregelung bis Ende 2025 nutzen!
Wer eine Anlage zur Energieerzeugung betreibt oder plant, sollte prüfen:
- Wird Strom eingespeist oder selbst verbraucht?
- Wie wird die Wärme bilanziert?
- Gibt es enge Beziehungen zu beteiligten Gesellschaften?
Checkliste: Umsatzsteuerliche Behandlung des Direktverbrauchs bei KWK- & Energieerzeugungsanlagen
Zielgruppe: Betreiber von Blockheizkraftwerken, Photovoltaik-, Biogas- und KWK-Anlagen
1. Allgemeiner Überblick
- Direktverbrauch liegt vor, wenn Strom/Wärme nicht in das Netz eingespeist, sondern direkt selbst genutzt wird.
- Nach aktueller BFH-Rechtsprechung ist der Direktverbrauch nicht als Lieferung an den Netzbetreiber zu werten.
- Das BMF hat die BFH-Urteile mit Schreiben vom 31.03.2025 übernommen.
2. Strom: Umsatzsteuerliche Behandlung
- ❌ Keine Lieferung an den Netzbetreiber, wenn keine physische Einspeisung erfolgt
- ❌ Keine fiktive Rücklieferung an den Anlagenbetreiber
- ✅ Nur tatsächlich eingespeiste Strommengen sind steuerlich relevante Lieferungen
- ❌ KWK-Zuschläge für direkt verbrauchten Strom sind nicht steuerbar
Tipp: Prüfen, ob für den direkt verbrauchten Strom in der Vergangenheit eine steuerbare Lieferung fingiert wurde – ggf. Korrektur möglich.
3. Wärme: Behandlung unentgeltlicher Wertabgaben
- ✅ Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG liegt vor bei Eigenverbrauch
- ❌ Keine Pauschalierung mit Durchschnittspreisen (z. B. Fernwärmepreis)
- ✅ Bemessungsgrundlage = anteilige Selbstkosten
- ✅ Aufteilung der Kosten nicht nach kWh, sondern nach Marktwert (Marktpreismethode)
4. Nahestehende Personen
- Nicht nur natürliche Personen, sondern auch Gesellschaften können nahestehend sein
- Maßgeblich: enge rechtliche, wirtschaftliche oder persönliche Beziehungen
5. Anwendung und Übergangsregelung
- Neue Regelungen gelten in allen offenen Fällen
- ✅ Für Umsätze bis 31.12.2025: keine Beanstandung bei Anwendung der bisherigen Rechtslage, wenn Netzbetreiber und Betreiber übereinstimmen
- ✅ Sonderregelung für KWK-Zuschläge: Bis 2025 können diese noch als steuerpflichtig behandelt werden, sofern einvernehmlich
6. Praxistipps
- Verträge mit Netzbetreibern überprüfen: Besteht Übereinstimmung zur Behandlung von KWK-Zuschlägen?
- Dokumentation sicherstellen: Direktverbrauch, Einspeisemengen, Kostenaufteilung
- Steuerberater frühzeitig einbeziehen bei Umstellungen oder Einspruchsverfahren
Fazit: Anlagenbetreiber sollten die neue umsatzsteuerliche Einordnung aktiv prüfen und anpassen, insbesondere bei KWK-Zuschlägen und der Bewertung von Direktverbrauch. Die Übergangsfrist bis Ende 2025 bietet Spielraum zur Umstellung – aber auch Handlungsbedarf.