Unentgeltliche Übertragung von Gewerbebetrieben unter Vorbehaltsnießbrauch: BFH-Urteil verschärft Steuerregeln

Am 28. Oktober 2025 veröffentlichte das BMF einen koordinierten Ländererlass zur Anwendung des BFH-Urteils vom 29. Januar 2025 (X R 35/19). Das Urteil hat wichtige Auswirkungen auf Betriebsübertragungen unter Vorbehaltsnießbrauch – insbesondere in der Nachfolgeplanung.


✅ Kernaussage des BFH

Wird ein Gewerbebetrieb oder einzelne Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unter Vorbehaltsnießbrauch auf eine andere Person übertragen, aber der bisherige Unternehmer führt die gewerbliche Tätigkeit weiter, gilt Folgendes:

Es liegt keine unentgeltliche Betriebsübertragung i. S. d. § 6 Abs. 3 EStG vor.
➡ Damit ist keine Buchwertfortführung möglich.
➡ Die übertragenen Wirtschaftsgüter werden Privatvermögen des Erwerbers.

Das gilt sowohl für aktive als auch für verpachtete Gewerbebetriebe.


✅ Was bedeutet das in der Praxis?

Das bisher beliebte Modell:

  • Eigentumsübertragung auf die Kinder
  • Vorbehaltsnießbrauch für die Eltern
  • Weiterführung des Betriebs durch den Senior
    ✅ konnte bislang häufig steuerneutral erfolgen

Das geht künftig nicht mehr.

Solange der Vorbehaltsnießbraucher weiterhin Unternehmer bleibt, liegt kein echter Betriebsübergang vor – und damit entfällt die Begünstigung des § 6 Abs. 3 EStG.


✅ Was passiert, wenn der Nießbrauch später erlischt?

Erlischt der Nießbrauch unentgeltlich (z. B. durch Tod oder Verzicht), kann der Betrieb zu diesem Zeitpunkt nach § 6 Abs. 3 EStG auf den Erwerber übergehen – aber nur, wenn dieser dann die betriebliche Tätigkeit fortführt.


✅ Wichtige Ausnahmen: Wann Buchwertfortführung weiterhin möglich bleibt

Trotz der Verschärfung bestehen wichtige Ausnahmen:

Land- und forstwirtschaftliche Betriebe – weiterhin Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch mit Buchwertfortführung möglich
Übertragung eines gesamten Mitunternehmeranteils bei Eintritt als Mitunternehmer
Vorbehaltsnießbrauch bei Aufnahme einer natürlichen Person in ein Einzelunternehmen
Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils

Diese Fälle bleiben weiterhin steuerneutral begünstigt.


✅ Ab wann gilt die neue Rechtslage?

Übertragungen ab dem 17. April 2025

  • neue BFH-Grundsätze verpflichtend
  • keine Buchwertfortführung bei Übertragung von Gewerbebetrieben unter Vorbehaltsnießbrauch

Übertragungen vor dem 17. April 2025

  • wenn die Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind:
    • BFH-Grundsätze gelten grundsätzlich ebenfalls
    • aber: Auf gemeinsamen, unwiderruflichen Antrag kann aus Vertrauensschutz weiterhin Buchwertfortführung genutzt werden

✅ Relevanz für die Nachfolgeplanung

Dieser Beschluss betrifft viele klassische Nachfolgemodelle, insbesondere wenn:

  • Unternehmer Immobilien oder Betriebsvermögen an Kinder übertragen
  • der Seniorvorbehaltsnießbrauch erhält
  • der Betrieb faktisch weiter vom Senior geführt wird

➡ Ab 17.04.2025 ist eine steuerneutrale Buchwertübertragung in diesen Fällen nicht mehr möglich.


✅ Fazit

Der BFH zieht die Grenze für steuerneutrale Betriebsübertragungen deutlich enger.
Wer die Nachfolge mit Vorbehaltsnießbrauch gestalten will, muss die Struktur genau prüfen – insbesondere bei gewerblichen Betrieben.

Für bestehende Gestaltungen kann ein Vertrauensschutzantrag sinnvoll sein. Für geplante Übertragungen ab 2025 ist häufig eine Umstrukturierung oder andere Nachfolgelösung erforderlich.

Wir unterstützen gerne bei:

  • Nachfolgeplanung
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