Unentgeltliche Übertragung von Mitunternehmeranteilen auf Stiftungen oder Kapitalgesellschaften: FG Baden-Württemberg verschärft Gestaltungsspielräume


FG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.06.2025 – 5 K 397/24 (Revision anhängig, BFH IV R 13/25)

Die unentgeltliche Übertragung von Mitunternehmeranteilen ist ein klassisches Gestaltungsinstrument in der Nachfolge- und Vermögensplanung. Insbesondere § 6 Abs. 3 EStG ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen eine Buchwertfortführung und damit die Vermeidung der sofortigen Besteuerung stiller Reserven.

Mit Urteil vom 6. Juni 2025 hat das FG Baden-Württemberg diese Gestaltung jedoch deutlich eingeschränkt, wenn der Erwerber keine natürliche Person, sondern eine juristische Person (z. B. Stiftung oder Kapitalgesellschaft) ist.

Der Beitrag erläutert die Entscheidung, ordnet sie ein und zeigt die praktischen Konsequenzen für die Beratungspraxis auf.


1. Der Streitfall in Kürze

Im entschiedenen Fall übertrug ein Kommanditist unentgeltlich einen Teil seines Mitunternehmeranteils auf eine nicht gemeinnützige Stiftung. Die Beteiligten gingen davon aus, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG erfüllt seien und behandelten die Übertragung buchwertneutral.

Das Finanzamt sah dies anders:

  • § 6 Abs. 3 EStG sei bei Teil-Mitunternehmeranteilen nur anwendbar, wenn der Erwerber eine natürliche Person sei.
  • Bei Übertragung auf eine Stiftung seien die stillen Reserven aufzudecken.

Das FG Baden-Württemberg folgte dieser Auffassung.


2. Kernaussage des Gerichts

Nach Ansicht des FG gilt:

Die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG bei unentgeltlicher Übertragung eines Teil-Mitunternehmeranteils ist auf natürliche Personen als Erwerber beschränkt.

Konsequenzen laut FG:

  • Übertragung eines Teil-Mitunternehmeranteils
  • unentgeltlich
  • Erwerber = juristische Person (z. B. Stiftung, GmbH)

➡️ keine Buchwertfortführung
➡️ Aufdeckung der stillen Reserven
➡️ steuerpflichtiger Übertragungsgewinn, regelmäßig als laufender Gewinn aus Gewerbebetrieb
➡️ ggf. Gewerbesteuerbelastung

Die Revision ist beim BFH anhängig (IV R 13/25). Bis zu einer Entscheidung besteht jedoch erhebliche Rechtsunsicherheit.


3. Abgrenzung: Teil- vs. vollständiger Mitunternehmeranteil

Besonders praxisrelevant ist die Differenzierung zwischen Teil- und Gesamtanteil:

FallkonstellationBuchwertübertragung nach FG
Unentgeltliche Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils auf juristische Personweiterhin umstritten
Unentgeltliche Übertragung eines Teil-Mitunternehmeranteils auf juristische Personnicht zulässig
Teil-Mitunternehmeranteil → natürliche Persongrundsätzlich möglich

Gerade in stufenweisen Nachfolge- oder Stiftungsmodellen stellt dies ein erhebliches Risiko dar.


4. Bedeutung für die Gestaltungspraxis

Die Entscheidung betrifft insbesondere:

  • Stiftungsmodelle (Familienstiftungen, unternehmensverbundene Stiftungen)
  • Holding- und Beteiligungsstrukturen
  • vorweggenommene Erbfolge mit Teilübertragungen
  • Asset-Protection-Strukturen

Kritisch sind insbesondere:

  • „Salamitaktik“ bei Anteilsübertragungen
  • Zwischenschaltung von Stiftungen oder Kapitalgesellschaften
  • vermeintlich steuerneutrale Ausgliederungen von Teilbeteiligungen

Was bislang vielfach als „routinefähige Buchwertübertragung“ angesehen wurde, kann nun zu unerwarteten Steuerbelastungen führen.


5. Handlungsempfehlung für Unternehmer und Gesellschafter

Vor jeder geplanten Übertragung sollte geprüft werden:

  1. Was wird übertragen?
    – Teil- oder Gesamt-Mitunternehmeranteil?
  2. Wer ist Erwerber?
    – natürliche Person oder juristische Person?
  3. Welche stillen Reserven sind betroffen?
    – insbesondere Grundstücke, Beteiligungen, immaterielle Werte
  4. Gibt es Alternativen?
    – vorgelagerte Übertragung auf natürliche Personen
    – entgeltliche oder teilentgeltliche Gestaltungen
    – gesellschaftsvertragliche Anpassungen
    – zeitlich gestreckte Umstrukturierungen

6. Fazit

Das Urteil des FG Baden-Württemberg markiert eine deutliche Verschärfung für unentgeltliche Teilübertragungen von Mitunternehmeranteilen auf Stiftungen oder Kapitalgesellschaften. Bis zur Entscheidung des BFH ist besondere Vorsicht geboten.

Gestaltungen, die bisher als steuerneutral galten, können heute zu sofortiger Besteuerung führen.

Eine frühzeitige steuerliche Strukturprüfung ist daher unerlässlich.


Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Beratung. Die Beurteilung hängt stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.