Ein aktueller Fall sorgt für Unruhe bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern:
Darf ein freiwillig gezahltes Urlaubsgeld steuerfrei als Corona-Sonderzahlung nach § 3 Nr. 11a EStG behandelt werden? Ein Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen verneint das – doch der Fall liegt jetzt beim Bundesfinanzhof. Die Entscheidung wird weitreichende Folgen haben – auch über die Corona-Zeit hinaus.
Worum geht es im Kern?
Im Streitfall hatte ein Arbeitgeber – wie in den Vorjahren – ein freiwilliges Urlaubsgeld gezahlt. Im Jahr 2020 deklarierte er die Zahlung jedoch als steuerfreie Corona-Prämie, mit dem Hinweis, dass die Zahlung wegen der Belastungen in der Pandemie erfolgt sei. Die Arbeitnehmer erhielten so mehr Netto vom Brutto, da die Sonderzahlung steuerfrei behandelt wurde.
Das Finanzamt erkannte die Steuerfreiheit nicht an – und das FG Niedersachsen gab der Behörde recht:
Die Begründung:
- Keine „zusätzliche“ Leistung zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn.
- Kein erkennbarer Zusammenhang mit einer pandemiebedingten Mehrbelastung.
Das Problem: Wann ist eine Leistung „zusätzlich“?
§ 3 Nr. 11a EStG sieht vor, dass Corona-Sonderzahlungen bis zu 1.500 Euro steuerfrei gewährt werden können – vorausgesetzt, sie werden zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt.
Was aber, wenn ein freiwilliges Urlaubsgeld nicht vertraglich geschuldet ist, sondern jedes Jahr neu entschieden wird?
Ist eine solche Zahlung dann „zusätzlich“? Oder bloß „üblich“, aber nicht mehr freiwillig?
Der Fall zeigt: Die Grenze zwischen freiwilliger Leistung und wiederholter Erwartung ist fließend – und birgt steuerliche Risiken.
Was der Bundesfinanzhof klären muss
Der VI. Senat des BFH muss nun entscheiden:
- Wann liegt eine zusätzliche Leistung im Sinne von § 3 Nr. 11a EStG vor?
- Muss der Zweck der Zahlung – pandemiebedingter Ausgleich – ausdrücklich erklärt oder dokumentiert werden?
- Welche Gestaltungsfreiheit haben Arbeitgeber bei freiwilligen Sonderzahlungen?
Unsere Einschätzung und Praxistipp
Wir erwarten eine praxisnahe Entscheidung des Bundesfinanzhofs, die auch für andere Steuerbefreiungen mit dem „Zusätzlichkeits-Kriterium“ wegweisend sein wird – etwa bei Jobtickets, Kinderbetreuungskosten oder Gesundheitszuschüssen.
Bis dahin gilt:
✅ Einspruch einlegen, wenn das Finanzamt eine Corona-Sonderzahlung nicht anerkennt.
✅ Ruhen des Verfahrens beantragen – unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren.
✅ Dokumentation stärken: Arbeitgeber sollten künftig klar kommunizieren, warum eine Zahlung erfolgt – insbesondere bei Sonderzuwendungen in besonderen Krisenzeiten.
Fazit: Noch ist nichts entschieden
Die Frage, ob ein freiwilliges Urlaubsgeld als steuerfreie Corona-Prämie gelten kann, bleibt offen. Das letzte Wort hat der Bundesfinanzhof – und dessen Entscheidung wird viele Betriebe und Beschäftigte betreffen.
Wir halten Sie auf dem Laufenden.