Enge Auslegung des § 6 Nr. 4 StBerG: Buchhaltungsbüros dürfen keine weitergehenden steuerlichen Beratungen durchführen
In einem aktuellen Urteil vom 16. April 2024 (VII R 22/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Grenzen der erlaubten Hilfeleistung in Steuersachen durch Buchhaltungsbüros weiter konkretisiert. Das Gericht stellte klar, dass § 6 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz (StBerG) eng auszulegen ist und nur für die dort explizit beschriebenen Tätigkeiten gilt.
Hintergrund
Nach § 2 StBerG dürfen grundsätzlich nur befugte Personen und Vereinigungen geschäftsmäßige Hilfeleistungen in Steuersachen erbringen. Dazu zählen insbesondere Steuerberater nach § 3 StBerG sowie Personen, die nach § 3a StBerG vorübergehende oder gelegentliche Hilfeleistungen erbringen dürfen, oder nach § 4 StBerG für beschränkte Hilfeleistungen befugt sind.
§ 5 Abs. 1 StBerG verbietet anderen Personen und Vereinigungen explizit die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen. Eine Ausnahme bilden jedoch Tätigkeiten wie das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Erstellen von Lohnsteuer-Anmeldungen, wenn diese von qualifizierten Personen ausgeführt werden (§ 6 Nr. 4 StBerG).
Streitfall
Im vorliegenden Fall stritt sich ein Buchhaltungsbüro mit dem Finanzamt darüber, ob es befugt ist, einen Antrag auf Erlass eines Verspätungszuschlags zur Lohnsteuer-Anmeldung zu stellen. Das Thüringer Finanzgericht verneinte dies, was das Buchhaltungsbüro vor den BFH brachte.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts und wies die Revision des Buchhaltungsbüros zurück. Die Begründung des BFH im Einzelnen:
- Keine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen: Das Buchhaltungsbüro gehört nicht zu den in §§ 3, 3a und 4 StBerG genannten Personen oder Vereinigungen. Eine entsprechende Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen kann daher nicht abgeleitet werden.
- Enge Auslegung von § 6 Nr. 4 StBerG: Die Vorschrift ist eng auszulegen und beschränkt sich auf die dort explizit beschriebenen Tätigkeiten.
- Selbständiges Verwaltungsverfahren: Das Erlassverfahren nach § 227 Abgabenordnung (AO) ist ein eigenständiges Verwaltungsverfahren, das vom Steuerfestsetzungsverfahren abzugrenzen ist. Auch das Verfahren zur Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Lohnsteuer-Anmeldung stellt einen eigenständigen Verwaltungsakt dar.
- Keine Anwendung auf selbständige Verwaltungsverfahren: § 6 Nr. 4 StBerG kann nicht auf Hilfeleistungen in einem selbständigen Verwaltungsverfahren einer Finanzbehörde angewandt werden, selbst wenn dieses Verfahren mit einer zulässigen Tätigkeit nach § 6 Nr. 4 StBerG in Zusammenhang steht.
- Keine „Annextätigkeit“: Die Tätigkeit des Antragstellens auf Erlass eines Verspätungszuschlags kann nicht als bloße „Annextätigkeit“ zum Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen nach § 6 Nr. 4 StBerG angesehen werden.
Fazit
Das Urteil des BFH verdeutlicht die strikte Einhaltung der gesetzlichen Regelungen des StBerG. Buchhaltungsbüros dürfen demnach keine weitergehenden steuerlichen Beratungsleistungen erbringen, die über die in § 6 Nr. 4 StBerG ausdrücklich aufgeführten Tätigkeiten hinausgehen. Dies trägt zur Abgrenzung der Befugnisse zwischen Buchhaltungsbüros und Steuerberatern bei und schützt gleichzeitig die Kompetenz der Steuerberater.
Quelle:
BFH, Urteil v. 16.4.2024 – VII R 22/21; veröffentlicht am 11.7.2024
Hinweis:
Dieser Blogbeitrag dient lediglich der allgemeinen Information und ersetzt keine Steuerberatung. Im Einzelfall sollten Sie sich immer von einem fachkundigen Steuerberater beraten lassen.