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I) Die zulässige Klage ist nicht begründet. |
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Der Bekl hat zu Recht im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1999 den Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften mit xx.xxx DM angesetzt. |
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§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 1999 erfasst Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von anderen als den in Nr. 1 genannten Wirtschaftsgütern, insbesondere Forderungen im Privatvermögen, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 1 Jahr beträgt. Das veräußerte Wirtschaftsgut muss mit dem erworbenen zumindest wirtschaftlich identisch sein. Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der genannten Frist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen (vgl. BFH-Urteile vom 2. Mai 2000 IX R 73/98, BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614; vom 24. Januar 2012 IX R 62/10, BFHE 236, 362, BStBl II 2012, 564). |
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Zu den Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines Spekulationsgeschäfts sein können, zählen auch Valuta in fremder Währung. Fremdwährungsbeträge werden angeschafft im Sinne von § 23 EStG, wenn sie gegen Umtausch von Deutsche Mark erworben werden. Sie werden veräußert im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie in Deutsche Mark rückgetauscht oder in eine andere Fremdwährung umgetauscht werden (BFH-Urteile vom 2. Mai 2000 IX R 74/96, BFHE 192, 88, BStBl II 2000, 469; vom 30. November 2010 VIII R 58/07, BFHE 232, 337, BStBl II 2011, 491). Der sich durch Währungsschwankungen ergebende Kursgewinn wird mithin nicht schon durch den Transfer eines Fremdwährungsguthabens von einem Konto auf ein anderes oder durch die Gewährung eines Darlehens in Fremdwährung und den Rückfluss der Darlehensvaluta in Fremdwährung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG realisiert. Die Verlagerung des Fremdwährungsguthabens führt als solche zu keinem Vermögenszuwachs des Steuerpflichtigen und zu keiner Steigerung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. Wellmann, DStZ 1997, 253, 254). Die Wertsteigerung im Privatvermögen in Form des erzielten Kursgewinns wird gemäß § 23 EStG erst dann durch einen marktoffenbaren Veräußerungsvorgang realisiert und damit steuerbar, wenn die ausländische Währung in Deutsche Mark (oder eine andere Währung) rückgetauscht wird. Erst in dem durch den günstigen Rücktausch erhöhten DM-Betrag (oder Betrag in einer anderen Währung) liegt der Zufluss des „Veräußerungspreises“ im Sinne von § 23 letzter Absatz i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG (BFH-Urteile vom 2. Mai 2000 IX R 74/96, BFHE 192, 88, BStBl II 2000, 469; vom 30. November 2010 VIII R 58/07, BFHE 232, 337, BStBl II 2011, 491). |
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Allerdings hat der BFH nicht ausgeschlossen, dass auch der Erwerb eines Wirtschaftsgutes in einer Fremdwährung und dessen anschließende Veräußerung ebenfalls in einer Fremdwährung – überlagernd – den Tatbestand eines Spekulationsgeschäftes erfüllen könne (BFH-Urteile vom 2. Mai 2000 IX R 73/98, BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614; vom 2. Mai 2000 IX R 74/96, BFHE 192, 88, BStBl II 2000, 469; vom 30. November 2010 VIII R 58/07, BFHE 232, 337, BStBl II 2011, 491). Unter der Anschaffung eines Wirtschaftsguts ist der entgeltliche Erwerb eines bereits vorhandenen Wirtschaftsguts von einem Dritten zu verstehen (vgl. BFH-Urteile vom 30. November 1976 VIII R 202/72, BFHE 120, 522, BStBl II 1977, 384, 386, unter III.; vom 22. September 1987 IX R 15/84, BFHE 151, 143, BStBl II 1988, 250; vom 2. Mai 2000 IX R 73/98, BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614). Danach sind vom Steuerpflichtigen selbst geschaffene Wirtschaftsgüter nicht „angeschafft“, ebenso wenig eine Darlehensforderung, die erst durch den vom Steuerpflichtigen geschlossenen Darlehensvertrag entsteht. Zudem ist unter einer Veräußerung im Sinne des § 23 EStG die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten zu verstehen (BFH-Urteil vom 2. Mai 2000 IX R 73/98, BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614). |
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Nach diesen Grundsätzen hat der BFH entschieden, dass die Hingabe eines Fremdwährungsdarlehens und dessen anschließende Rückführung durch den Schuldner – ebenso in Fremdwährung – nicht den Tatbestand des § 23 EStG erfülle. Ein Darlehensgeber bringe durch die Anlage von Festgeld originär eine Darlehensforderung zur Entstehung, erwerbe die Forderung aber nicht entgeltlich von einem Dritten. Genauso wenig liege im Rückfluss der vom Darlehensgeber angelegten Festgelder eine Veräußerung der Darlehensforderungen (BFH-Urteile vom 2. Mai 2000 IX R 73/98, BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614; vom 30. November 2010, BFHE 232, 337, BStBl II 2011,491). |
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Vorliegend hat die Kl jedoch keine Festgeldanlage in Fremdwährung getätigt, sondern am 12. Januar 1998 Anteile an einem Investmentfonds (X-Fond) gekauft. Sie hat damit entgeltlich von einem Dritten eigenständige Wirtschaftsgüter – die Fondsanteile – erworben, diese am 28. Dezember 1998 wieder veräußert und den Erlös in Fremdwährung vereinnahmt. Mithin erfüllt der Erwerb der Anteile am X-Fond seinerseits dem Grunde nach den Tatbestand eines Veräußerungsgeschäfts, auch wenn im Jahr 1998 dieser Vorgang wegen Überschreitens der sechsmonatigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG 1998 sowie der Nichtigerklärung der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes in der in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 gültigen Fassung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 110, 141) nicht der Einkommensteuer unterlag. |
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Damit verengt sich die im vorliegenden Fall zu klärende Fragestellung darauf, wie eine – fiktive – Ermittlung eines Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG in Bezug auf die Anteile am X-Fond zu erfolgen hätte. Werden Zahlungsvorgänge, die zur Erzielung von Einkünften führen, in ausländischer Währung abgewickelt, sind sie in Deutsche Mark umzurechnen. Hierfür gibt es zwei denkbare Methoden. Entweder wird jeder Vorgang, d.h. jede Anschaffung oder jeder Verkauf, sogleich zu dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Währungs-Wechselkurs umgerechnet (sog. Zeitbezugsverfahren) oder es werden erst nachträglich – zum Zeitpunkt des Währungshin- und -rücktauschs – die in ausländischer Währung ermittelten Einkünfte umgerechnet (sog. Stichtagsverfahren). |
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Vorliegend könnte die Kl mit ihrer Argumentation, dass sie mit dem Rücktausch der xx.xxx.xxx US-Dollar in Deutsche Mark am 11. Januar 1999 (bei einem Wechselkurs von 1,68000 DM/US-Dollar) einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von x.xxx.xxx DM berücksichtigt wissen wolle, nur durchdringen, wenn man bezüglich des An- und Verkaufs der Anteile am X-Fond das Stichtagsverfahren anwendete. Demgegenüber hat der Bekl bei seiner Berechnung des Verlusts aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von xx.xxx DM bezüglich des An- und Verkaufs der Fondsanteile -gedanklich – das Zeitbezugsverfahren angewendet und zum Zeitpunkt des An- und Verkaufs nicht nur die Wertdifferenz des Wertpapiers in US-Dollar an sich, sondern auch den jeweiligen Währungs-Wechselkurs an diesen beiden Tagen (Wechselkurs am 12. Januar 1998 von 1,81463 DM/US-Dollar bei Ankauf der Wertpapiere sowie Wechselkurs am 28. Dezember 1998 von 1,68180 DM/US-Dollar bei Verkauf der Wertpapiere) zugrunde gelegt. Der Bekl hat mithin nur den von der Kl in der Zeit vom 28. Dezember 1998 (Verkauf der Anteile am X-Fond) bis zum 11. Januar 1999 (Umtausch der Fremdwährung in Deutsche Mark) erlittenen Währungsverlust anerkannt. |
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Der BFH hat in mehreren Entscheidungen dargelegt, dass im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Geschäften in ausländischer Währung das Zeitbezugsverfahren anzuwenden sei (BFH-Urteil vom 13. September 1989 I R 117/87, BFHE 158, 340, BStBl II 1990, 57; BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2008 I B 44/08, BFH/NV 2009, 940). Die allgemeinen Bewertungsgrundsätze und die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung erforderten, dass sich bei Geschäftsvorfällen in ausländischer Währung auch der jeweilige Wechselkurs als einer der für die Bewertung der Wirtschaftsgüter relevanten Faktoren niederschlage. Mit weiterem Urteil vom 24. Januar 2012 (IX R 62/10, BFHE 236, 362, BStBl II 2012, 564) hat der BFH für die Berechnung eines Beteiligungsgewinns nach § 17 EStG das Zeitbezugsverfahren als maßgeblich erachtet. |
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Diese Grundsätze sind nach Auffassung des erkennenden Senats auch auf die Ermittlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG übertragbar. Auch wenn diese Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2 EStG zu den sonstigen Einkünften gehören, die durch den Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt werden (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG), und damit nicht den Gewinneinkünften zuzurechnen sind, ist der Verwirklichung des Tatbestandes des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG eine Stichtagsbezogenheit bereits immanent. Besteuert wird – von der Gesetzesstruktur vergleichbar mit § 17 EStG – die Wertdifferenz eines Wirtschaftsgutes zwischen zwei Stichtagen. Dieses Prinzip bedingt, dass alle wertbildenden Faktoren des Wirtschaftsgutes zum Zeitpunkt von dessen An- und Verkauf Berücksichtigung finden. Wird ein Wirtschaftsgut in einer Fremdwährung angeschafft und später wieder veräußert, stellt auch das jeweilige Währungs-Wechselkursverhältnis einen wertbildenden Teil bei der Bewertung des Wirtschaftsgutes dar. |
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Nach Ansicht des Senats gewährleistet bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 22 Nr. 2, § 23 EStG allein das Zeitbezugsverfahren eine realitätsgerechte Bewertung eines eingetretenen Wertzuwachses bzw. Wertverlustes (ebenso das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 9. Februar 1999 2 K 220/97, EFG 1999, 537 a.A. Kirchmayr, FR 2001, 133; Steinkampf, DB 2004, 687). Bei Anwendung des Stichtagsverfahrens würde sachwidrig die wertbildende Ebene eines Wertpapiergewinns (in Fremdwährung) von dem weiteren wertbildenden Faktor des jeweiligen Wechselkurses getrennt. Damit würde der Tatbestand des § 23 EStG nicht nur in Bezug auf die Berechnung eines Spekulationsgewinns zeitlich überdehnt, sondern sogar in unzulässiger Weise auseinandergerissen. |
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Nach alledem war die Klage als unbegründet abzuweisen. |
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II) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. |
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III) Wegen der grundsätzlichen Bedeutung, ob bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 22 Nr. 2, § 23 EStG das Zeitbezugsverfahren oder das Stichtagsverfahren zur Anwendung gelangt und im Hinblick darauf, dass diesbezüglich noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, lässt das Gericht gegen das Urteil die Revision zum BFH zu. |
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