Verwertungsverbot von Zufallsfunden im Besteuerungsverfahren

Verwertungsverbot von Zufallsfunden im Besteuerungsverfahren

Kernaussage
Zufallserkenntnisse, die bei einer gegen einen anderen Beschuldigten durchgeführten Telefonüberwachung gewonnen werden, dürfen in einem Besteuerungsverfahren gegen den Betroffenen nur eingeschränkt verwendet werden. Eine Verwendung ist zulässig, wenn die dem Betroffenen im Haftungsbescheid zur Last gelegte Straftat strafprozessrechtlich die Anordnung einer Telefonüberwachung gerechtfertigt hätte.

Sachverhalt
Der Kläger wurde als Haftender für Tabaksteuer vom Hauptzollamt mit der Begründung in Anspruch genommen, er habe das Kaufgeschäft von unverzollten und nicht versteuerten Zigaretten vermittelt und damit den Tatbestand der einfachen (d. h. nicht gewerbs- oder bandenmäßig begangenen) Steuerhehlerei erfüllt. Im Strafverfahren wurde nur der Verkäufer der Zigaretten wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt, dem Kläger konnte keine Beteiligung nachgewiesen werden. Dennoch ging das Hauptzollamt im Haftungsbescheid von einer Verkaufsvermittlung durch den Kläger aus und stützte sich dabei auf die Protokolle aus einer (aus anderen Gründen angeordneten) Telefonüberwachung aus dem Jahr 2007. Der Kläger legte erfolglos Einspruch gegen den Bescheid ein. Das Finanzgericht hob den Bescheid mit der Begründung auf, dass für die zufälligen Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung ein Verwertungsverbot bestanden habe. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Hauptzollamts.

Entscheidung
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg, da das Urteil auf keinem Verfahrensmangel beruht. Im Ergebnis teilt der Bundesfinanzhof (BFH) die Auffassung des Finanzgerichts. Er führt aus, dass unter bestimmten Voraussetzungen, die in der Strafprozessordnung (StPO) und der Abgabenordnung (AO) näher festgelegt sind, Auskünfte aus Strafverfahren an die Finanzbehörden zur Feststellung eines Haftungsanspruchs wegen einer begangenen Steuerhehlerei zwar grundsätzlich zulässig sind, sie aber den besonderen Voraussetzungen der Vorschrift der StPO zur Informationsübermittlung unterliegen. Nach dieser Vorschrift dürfen aufgrund einer nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässigen Maßnahme erlangte personenbezogene Daten ohne Einwilligung des Betroffenen zu Beweiszwecken in anderen Strafverfahren nur zur Aufklärung solcher Straftaten verwendet werden, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach der StPO hätte angeordnet werden dürfen. Zufallserkenntnisse aus einer Telefonüberwachung dürfen zu Beweiszwecken daher nur verwertet werden, wenn sich die Erkenntnisse auf eine Tat beziehen, bei der nach der StPO eine Überwachung zulässig ist. Andernfalls besteht für die Erkenntnisse nach dieser Vorschrift ein Verwertungsverbot. Die Maßnahme der Anordnung einer Telefonüberwachung ist für die Aufklärung des Verdachts einer einfachen Steuerhehlerei unzulässig, allein bei einem Verdacht der gewerbs- oder bandenmäßigen Begehung wäre eine Überwachung zulässig gewesen. Zu letzterem hatte das Hauptzollamt aber nichts vorgetragen. Ein solcher Verdacht war auch nicht ersichtlich. Es bestand daher ein Verwertungsverbot.

Konsequenz
Werden Zufallsfunde in einem Besteuerungsverfahren verwertet, ist genau zu prüfen, ob diese Verwertung auch zulässig ist oder ob ein Verwertungsverbot besteht.