Volkswirte befürworten Senkung der Unternehmensteuern

Deutschland sollte seine Steuersätze für Unternehmen senken. Diese Position vertritt die Mehrheit der befragten Volkswirte im Ökonomenpanel, eine Befragung vom ifo Institut und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 53 Prozent der befragten 104 Wirtschaftswissenschaftler stimmten der Aussage zu, Deutschland sollte die Unternehmensteuern senken, wie andere Länder es schon getan haben. Ablehnend äußerte sich ein knappes Viertel.

Eine knappe Mehrheit der Ökonomen ist für eine Verringerung der Körperschaftsteuer um ein Drittel auf 10 Prozent. In dem Fall sänke die Gesamtbelastung auf 25 Prozent. Damit liege Deutschland in einem ähnlichen Bereich wie vergleichbare Staaten. Viele Ökonomen schätzen den Rückgang des Steueraufkommens für diesen Fall auf 10 Milliarden Euro, einige halten ihn für geringer. Einzelne Teilnehmer bezifferten den möglichen Ausfall auf 13 oder 14 Milliarden Euro.

Wenig eindeutig ist das Meinungsbild, was eine Mindeststeuer angeht. Nur ein gutes Drittel glaubt, dass der auf globaler Ebene diskutierte Vorschlag geeignet ist, den Steuerwettbewerb zu begrenzen. Ein Fünftel glaubt das nicht.

Klar ist hingegen die Einschätzung zum sog. Country-by-Country-Reporting, das multinationale Unternehmen verpflichtet, den Finanzbehörden länderbezogene Berichte mit wichtigen Kennziffern vorzulegen. 60 Prozent halten das für ein sinnvolles Instrument zur Bekämpfung von Steuervermeidung. Während sich die Unternehmen und Verbände gegen eine Veröffentlichung wehren, weil sie um ihre Geschäftsgeheimnisse fürchten, fordert das Europäische Parlament eine Veröffentlichung der Daten. 66 Prozent der Ökonomen schlagen sich auf die Seite der Abgeordneten. Nur 15 Prozent der Befragten lehnen das ab.

„Überrascht hat mich die große Unterstützung für eine verpflichtende Veröffentlichung des Country-by-Country-Reportings in der EU, obwohl dies einen Bruch des Steuergeheimnisses darstellt“, sagt Thiess Büttner von der Universität Erlangen-Nürnberg, der den Fragenkatalog erstellt hat. „Offenbar sind die Regeln zur Besteuerung so komplex, dass mit einer großen Diskrepanz zwischen tatsächlicher und tariflicher Belastung gerechnet wird.“

Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, sieht öffentliches Country-by-Country-Reporting kritisch: „Die Daten liefern nützliche Informationen für die Steuerverwaltungen, und sie sollten anonymisiert für wissenschaftliche Analysen verfügbar sein. Daten einzelner EU-Unternehmen zu veröffentlichen, halte ich dagegen für kontraproduktiv. Das nützt nur außereuropäischen Konkurrenten und schafft Anreize, vor allem Holding-Gesellschaften außerhalb der EU anzusiedeln.“

Unterschiedliche Meinungen zum Netto-Aufkommensverlust für den Fiskus

Nach den Berechnungen des BMF führt die Absenkung der Körperschaftsteuer um 5 Prozentpunkte bezogen auf das Jahr 2017 zu rechnerischen Steuermindereinnahmen von etwa 14 Mrd. Euro. Dem stünden gleichzeitig Aufkommensgewinne durch zusätzliche Investitionen und weniger Gewinnverlagerung ins Ausland gegenüber. Die Teilnehmer wurden daher gefragt, welchen Wert für den Netto-Aufkommensverlust sie am ehesten für realistisch halten. Der Großteil der Befragten schätzt den Netto-Aufkommensverlust auf 7 bis 10 Mrd. Euro. Nur wenige Ökonomen sehen mittel- und langfristig einen Nulleffekt. Manche Teilnehmer schätzen den Netto-Aufkommensverlust dagegen auf die vollen 14 Mrd. Euro oder nur wenig geringere Werte, da das Ausland auch weiterhin steuerlich attraktiver bleibe.

Vorschlag einer Mindeststeuer trifft auf unterschiedliche Resonanz

Die Ökonomen wurden danach gefragt, ob eine Mindeststeuer geeignet sei, den internationalen Steuerwettbewerb zu begrenzen. Es ergibt sich kein klares Meinungsbild. 37% der Teilnehmer befürworten eine Mindeststeuer zur Begrenzung des internationalen Steuerwettbewerbs, 20% sind dagegen, und 26% antworten mit „Teils-teils“. Die Gegner einer Mindeststeuer halten einen Konsens dazu für unwahrscheinlich und meinen, dass die Schlupflöcher nicht hinreichend geschlossen werden könnten. Diejenigen, die mit „Teils-teils“ antworten, sehen ihre Antwort abhängig von den unterschiedlichen Ausgestaltungsformen einer Mindeststeuer und bemerken, dass Hochsteuerländer im Falle einer Mindeststeuer sogar noch höhere Anreize hätten, den Steuersatz zu senken. 17% antworten mit „Weiß nicht“.

Der französische Finanzminister hat sich für eine Mindeststeuer von 12,5% ausgesprochen. Wir fragten die Teilnehmer, welcher Steuersatz geeignet wäre, den Druck des Steuerwettbewerbs auf Deutschland ausreichend abzuschwächen. Im Mittel ergibt sich aus den Antworten ein Wert von 14%, wobei Steuersätze von 0% bis 25% vorgeschlagen werden. Das entspricht in etwa dem gegenwärtigen Körperschaftsteuersatz in Höhe von 15%.

Keine eindeutige Meinung zum Prinzip der Einstimmigkeit bei Steuerfragen in der EU

Die Teilnehmer sind sich nicht einig darüber, ob es sinnvoll ist, die Einstimmigkeit in der EU bei Fragen der Besteuerung abzuschaffen, um den Steuerwettbewerb innerhalb der EU zu reduzieren. 37% der Teilnehmer antworten mit „Ja“ und ebenso 37% mit „Nein“. Die Befürworter begründen dies hauptsächlich damit, dass sich andernfalls Steueroasen, wie Luxemburg und Irland, einer EU-weiten Einigung widersetzen würden. Diejenigen, die weiterhin für eine Einstimmigkeit in Steuerfragen plädieren, begründen dies mit der mangelnden Kompetenz und demokratischen Legitimation der EU bei Fragen der Besteuerung, die an sich zur nationalen Kernkompetenz gehört. 16% der Teilnehmer antworten mit „Teils-teils“ und 10% mit „Weiß nicht“.

Mehrheit befürwortet „Country-by-Country Reporting“

Der Begriff „Country-by-Country Reporting“ bezeichnet eine nach Ländern untergliederte Rechnungslegung unter Ausweis der im jeweiligen Land gezahlten Steuern. Die Frage, ob sie ein verpflichtendes „Country-by-Country Reporting“ zur Bekämpfung der Steuervermeidung für sinnvoll halten, beantwortet die Mehrheit der Teilnehmer (60%) positiv, da hierdurch Transparenz geschaffen würde. Nur 12% halten dies für nicht sinnvoll, und 8% antworten mit „Teils-teils“. Ein Fünftel der Teilnehmer traut sich allerdings hier kein Urteil zu und antwortet mit „Weiß nicht“.

Das „Country-by-Country Reporting“ existiert seit 2016, allerdings werden die Daten nicht veröffentlicht. Das Europäische Parlament will, dass in der EU die Daten veröffentlicht werden. Die Frage, ob sie die Veröffentlichung der Daten in der EU für richtig halten, beantwortet eine starke Mehrheit von 66% der Teilnehmer mit „Ja“. Solch eine Veröffentlichung steigere die Transparenz und könnte bereits somit auf das Verhalten von Unternehmen wirken oder zumindest die unterschiedliche Durchsetzung von Steuerregeln sichtbar machen. 15% der Teilnehmer sind gegen eine Veröffentlichung des „Country-by-Country Reportings“ und begründen dies mit dem Steuergeheimnis und dem Datenschutz. Knapp 5% beantworten die Frage mit „Teils-teils“ und 14% mit „Weiß nicht“.

Die Europäische Kommission hat einen Schwellenwert von 750 Mio. Euro Umsatz für ein verpflichtendes „Country-by-Country Reporting“ vorgeschlagen. Die Teilnehmer wurden daher auch gefragt, wie sie diesen Schwellenwert beurteilen, sofern die Europäische Kommission mit dem Vorhaben erfolgreich sein sollte. 32% der Teilnehmer sehen den Schwellenwert als angemessen an, jeweils 14% und 11% der Teilnehmer halten ihn für zu gering oder zu hoch. Die Meinungen der Teilnehmer, ob der Schwellenwert zu gering oder zu hoch ist, hängt hauptsächlich davon ab, ob die Offenlegung vor allem für große Konzerne gelten solle und ansonsten nur zu mehr Bürokratie führen würde, oder ob auch multinationale Mittelständler eine landesspezifische Rechnungslegung veröffentlichen sollten. Ein großer Teil der Teilnehmer (43%) traut sich eine Beurteilung dieses Schwellenwertes allerdings gar nicht erst zu und antwortet mit „Weiß nicht“.

Steuerliche Begünstigung von Forschung und Entwicklung

Im November vergangenen Jahres wurde eine steuerliche Zulage für Vorhaben der Forschung und Entwicklung eingeführt. 43% der Teilnehmer halten solch eine steuerliche Begünstigung für Forschung und Entwicklung für ein geeignetes Instrument zur Verbesserung der Standortattraktivität, insbesondere um Grundlagenforschung und Zukunftstechnologien zu fördern und forschungsintensive Unternehmen anzulocken. 23% der Teilnehmer teilen diese Auffassung nicht, und ebenfalls 23% antworten mit „Teils-teils“. 11% der Teilnehmer antworten mit „Weiß nicht“.

Das Forschungszulagengesetz sieht eine Evaluierung der Steuerwirkungen nach fünf Jahren vor. Eine solche Überprüfung hält eine überwiegende Mehrheit von 86% für sinnvoll und begründet dies mit der Notwendigkeit evidenzbasierter Politikmaßnahmen. Nur so könnten Maßnahmen bewertet und gegebenenfalls angepasst werden. Nur 4% der Teilnehmer halten eine solche Überprüfung für nicht sinnvoll, und 2% der Teilnehmer antworten mit „Teils-teils“. 8% antworten mit „Weiß nicht“.

 

Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse der März-Umfrage des Ökonomenpanels von ifo und FAZ mit weiteren Graphiken findet sich in einer Ausgabe des ifo Schnelldienstes.

Quelle: ifo Institut, Pressemitteilung vom 17.03.2020