Vorsteueraufteilung bei Mischnutzung von Immobilien: Ein wichtiger BFH-Entscheid

Die Frage der korrekten Vorsteueraufteilung bei Immobilien, die sowohl umsatzsteuerpflichtig als auch umsatzsteuerfrei genutzt werden, ist ein komplexes Thema, das für viele Immobilieneigentümer und -investoren von großer Bedeutung ist. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. November 2020 (XI R 7/20) bringt hier wichtige Klarstellungen und könnte die Praxis der Vorsteueraufteilung nachhaltig beeinflussen.

Der Fall: Ein Gebäude mit unterschiedlichen Nutzungskonzepten

Im Mittelpunkt des Falles stand ein Gebäude, das in den Jahren 2009 und 2010 errichtet wurde und später als Stadtteilzentrum mit unterschiedlichen Nutzungskonzepten dienen sollte: Ein Teil des Gebäudes wurde umsatzsteuerpflichtig an einen Supermarktbetreiber verpachtet, ein anderer Teil umsatzsteuerfrei an eine Seniorenwohnanlage. Die Steuerpflichtige teilte die Vorsteuer nach dem Flächenschlüssel auf, was in einer Außenprüfung beanstandet wurde. Das Finanzgericht folgte dieser Auffassung, wurde jedoch vom BFH korrigiert.

Die Entscheidung des BFH: Umsatzschlüssel statt Flächenschlüssel

Der BFH stellte klar, dass bei erheblichen Unterschieden in der Ausstattung der einzelnen Gebäudeteile eine Aufteilung der Vorsteuer nach einem objektbezogenen Umsatzschlüssel erforderlich ist. Dies bedeutet, dass nicht automatisch der Flächenschlüssel als Aufteilungsmaßstab herangezogen werden kann, sondern das Verhältnis der Mieteinnahmen oder der generierten Umsätze der verschiedenen Gebäudeteile zueinander in Betracht kommt.

Die Bedeutung für die Praxis

Diese Entscheidung hat weitreichende Implikationen für die Immobilienwirtschaft und für Steuerpflichtige, die Immobilien mit unterschiedlichen Nutzungskonzepten besitzen oder planen:

  1. Detaillierte Planung und Dokumentation: Bereits in der Planungsphase sollten mögliche Unterschiede in der Nutzung und Ausstattung der Gebäudeteile berücksichtigt und entsprechend dokumentiert werden.
  2. Flexible Vorsteueraufteilung: Die Möglichkeit, den Umsatzschlüssel als Aufteilungsmaßstab zu verwenden, bietet Flexibilität und kann in bestimmten Fällen zu einem höheren Vorsteuerabzug führen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Unterschiede in der Ausstattung der Gebäudeteile erheblich sind.
  3. Beratung durch Fachleute: Angesichts der Komplexität der Materie und der potenziellen finanziellen Auswirkungen ist eine frühzeitige Beratung durch Steuerberater oder andere Fachleute unerlässlich. Diese können nicht nur bei der korrekten Aufteilung der Vorsteuer unterstützen, sondern auch bei der strategischen Planung und Umsetzung von Immobilienprojekten beraten.

Fazit

Das Urteil des BFH vom 11. November 2020 unterstreicht die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung bei der Vorsteueraufteilung von gemischt genutzten Immobilien. Es eröffnet Steuerpflichtigen neue Möglichkeiten, den Vorsteuerabzug zu optimieren, erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und Dokumentation. Für Eigentümer und Investoren von Immobilien bedeutet dies, dass sie ihre Projekte noch genauer unter die Lupe nehmen müssen, um steuerliche Vorteile zu maximieren und Risiken zu minimieren.