Zum Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung eines Gesamtschuldners bei zivilrechtlicher Rücknahmeverpflichtung – BFH-Beschluss vom 15. Mai 2018, VII R 46/17

Leitsätze

  • Ein Gesamtschuldner kann die Beschränkung der Vollstreckung gegen ihn verlangen, wenn der Gläubiger sich gegenüber einem anderen Gesamtschuldner zur Rücknahme der Vollstreckung verpflichtet hat.
  • Die Beschränkung der Vollstreckung ist auch dann zulässig, wenn der Gläubiger die Rücknahmeverpflichtung gegenüber dem anderen Gesamtschuldner erst nach der Vollstreckungseröffnung gegenüber dem Antragsteller erklärt hat.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Mai 2017 – 3 K 133/16 – wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Ausführliche Begründung

I.

Der Kläger ist mit seinem Ehemann und seiner Tochter Gesamtschuldner in Höhe von 1.200.000 € aus einer Steuerschuld. Das Finanzamt hat gegen den Kläger und seine Tochter vollstreckt. Der Kläger hat daraufhin beantragt, die Vollstreckung gegen ihn zu beschränken. Er hat geltend gemacht, dass seine Ehefrau sich gegenüber dem Finanzamt zur Rücknahme der Vollstreckung gegen ihn verpflichtet habe.

Das Finanzamt hat den Antrag abgelehnt. Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen.

II.

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Beschränkung der Vollstreckung gegen ihn.

Nach § 242 BGB ist der Gläubiger verpflichtet, im Rahmen des ihm Zumutbaren denjenigen, der für die Schuld eines anderen haftet, vor unverhältnismäßigen Nachteilen zu bewahren. Dazu gehört auch, dass der Gläubiger sich nicht gegenüber einem Gesamtschuldner zur Rücknahme der Vollstreckung gegen einen anderen Gesamtschuldner verpflichtet, wenn dies dazu führt, dass der erste Gesamtschuldner unverhältnismäßig belastet wird.

Im vorliegenden Fall hat sich die Ehefrau des Klägers gegenüber dem Finanzamt zur Rücknahme der Vollstreckung gegen den Kläger verpflichtet. Dies führt dazu, dass der Kläger zwar nicht mehr vollstreckt werden kann, seine Ehefrau jedoch weiterhin vollstreckt werden kann. Dies ist für den Kläger unverhältnismäßig, da er im Verhältnis zu seiner Ehefrau nur einen Bruchteil der Gesamtschuld trägt.

Die Beschränkung der Vollstreckung ist auch dann zulässig, wenn der Gläubiger die Rücknahmeverpflichtung gegenüber dem anderen Gesamtschuldner erst nach der Vollstreckungseröffnung gegenüber dem Antragsteller erklärt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 23. September 1975 – III ZR 21/74, BFHE 118, 138) ist die Beschränkung der Vollstreckung auch dann zulässig, wenn der Gläubiger die Rücknahmeverpflichtung gegenüber dem anderen Gesamtschuldner erst nach der Vollstreckungseröffnung gegenüber dem Antragsteller erklärt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger die Rücknahmeverpflichtung gegenüber dem anderen Gesamtschuldner nur als Reaktion auf den Antrag des Antragstellers erklärt hat.

Diese Rechtsprechung ist auch im Verhältnis zwischen Gesamtschuldnern anzuwenden. Denn auch in diesem Verhältnis gilt der Grundsatz von Treu und Glauben. Der Gläubiger darf sich nicht nachträglich auf eine Rücknahmeverpflichtung gegenüber einem anderen Gesamtschuldner berufen, wenn dies dazu führt, dass der Antragsteller unverhältnismäßig belastet wird.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.