Zum Vorsteuerabzug bei einem kraft Gesetzes erfolgenden Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung – BFH-Urteil vom 12. Juli 2023, XI R 14/22

Leitsätze

  • Bezieht eine GbR, deren landwirtschaftliche Tätigkeit bei Leistungsbezug der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegt, für diese landwirtschaftliche Tätigkeit eine Eingangsleistung, ist der Vorsteuerabzug auch dann nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG, Art. 302 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ausgeschlossen, wenn die Eingangsleistung für Umsätze im Folgejahr verwendet wird, in dem diese Tätigkeit kraft Gesetzes der Regelbesteuerung unterliegt.
  • Wechselt der Steuerpflichtige zwischen Leistungsbezug und Verwendungsumsatz freiwillig oder kraft Gesetzes von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, ist der Vorsteuerabzug unter den Voraussetzungen der § 15a Abs. 7 UStG, Art. 192 MwStSystRL zu berichtigen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 5. Mai 2022 – 11 K 196/21 – wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Ausführliche Begründung

I.

Die Klägerin ist eine GbR, die im Jahr 2020 eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübte. Die landwirtschaftliche Tätigkeit war bei Leistungsbezug der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG unterworfen.

Im Jahr 2020 erwarb die Klägerin für die landwirtschaftliche Tätigkeit einen neuen Traktor. Der Traktor wurde im Jahr 2021 für Umsätze verwendet, die kraft Gesetzes der Regelbesteuerung unterlagen.

Das Finanzamt hat die Vorsteuer aus dem Kaufpreis des Traktors nicht abgezogen. Das Finanzamt hat die Auffassung vertreten, dass der Vorsteuerabzug nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ausgeschlossen sei, da die landwirtschaftliche Tätigkeit im Jahr 2021 kraft Gesetzes der Regelbesteuerung unterlag.

Die Klägerin hat Klage erhoben und geltend gemacht, dass der Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen sei. Sie habe den Traktor im Jahr 2020 bezogen, als die landwirtschaftliche Tätigkeit noch der Durchschnittssatzbesteuerung unterlag.

II.

Die Klage ist unbegründet.

  1. Der Vorsteuerabzug ist nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ausgeschlossen, wenn die landwirtschaftliche Tätigkeit bei Leistungsbezug der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegt und die Eingangsleistung für Umsätze verwendet wird, die der Regelbesteuerung unterliegen.

Dies gilt auch dann, wenn der Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung kraft Gesetzes erfolgt.

Die Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG dient dem Schutz der Allgemeinheit vor einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs. Der Steuerpflichtige soll nicht die Vorsteuer aus einer Eingangsleistung abziehen können, die er für Umsätze verwendet, die der Regelbesteuerung unterliegen.

  1. Der Vorsteuerabzug ist auch dann zu berichtigen, wenn der Steuerpflichtige freiwillig oder kraft Gesetzes von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung wechselt.

Die Vorschrift des § 15a Abs. 7 UStG, Art. 192 MwStSystRL, dient der Korrektur des Vorsteuerabzugs, wenn sich die Besteuerungsgrundlage nachträglich ändert.

Im vorliegenden Fall ist die Besteuerungsgrundlage durch den Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung nachträglich geändert worden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.