Zur Prognose drohender Zahlungsunfähigkeit

Zur Prognose drohender Zahlungsunfähigkeit

Kernaussage
Im Rahmen der insolvenzrechtlichen Vorsatzanfechtung ist eine Prognose der drohenden Zahlungsunfähigkeit anzustellen. Hierbei sind nicht nur Verbindlichkeiten aus einem Darlehen zu berücksichtigen, wenn bereits eine Kündigung erfolgt und der Rückzahlungsanspruch auf einen bestimmten zukünftigen Zeitpunkt fällig gestellt ist, sondern auch dann, wenn deren Fälligkeit im Prognosezeitraum überwiegend wahrscheinlich ist.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem im Dezember 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH. Diese hatte bei der Beklagten, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschafter im Wesentlichen mit denen der GmbH identisch sind, ein Gebäude gemietet. Die Schuldnerin hatte von ihrer Bank einen Geschäftskredit in Höhe von 630.000 EUR und ein Hypothekendarlehen in Höhe von 110.000 EUR in Anspruch genommen. Bereits im Dezember 2002 bat die Bank um weitere Sicherheiten und drohte Anfang Februar mit der Kündigung der Kredite. Mitte Februar kam es zu einer Teilkündigung. Es folgte eine Stillhaltevereinbarung im März, die die Schuldnerin hinsichtlich der vereinbarten Rückführung und Sicherheitenverstärkung nicht einhalten konnte. Im Juni kündigte die Bank schließlich den gesamten Kredit. Der Kläger verlangt im Wege der Vorsatzanfechtung die Rückzahlung der im Jahr 2003 gezahlten Mieten. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies die Klage hinsichtlich der Mieten für Januar und Februar ab.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) sah die Klage im vollen Umfang als begründet an. Die dem Schuldner bekannte drohende Zahlungsunfähigkeit stellt bereits ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar. Zwar war der Kredit im Zeitpunkt der Mietzahlungen für Januar und Februar noch nicht gekündigt, doch hatte die Bank dies bereits angekündigt. Im Rahmen der zur erstellenden Prognose zur Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit muss dies mit einbezogen werden. Die Darlehensverbindlichkeiten können mithin eine drohende Zahlungsunfähigkeit begründen, wenn aufgrund gegebener Umstände überwiegend wahrscheinlich ist, dass eine Fälligstellung im Prognosezeitraum erfolgt.

Konsequenz
Die Entscheidung des BGH könnte dazu führen, dass in einer Vielzahl von Fällen die Insolvenzreife wegen drohender Zahlungsunfähigkeit vorzulagern ist. Im Hinblick auf mögliche Insolvenzanfechtungstatbestände ist daher Vorsicht geboten.