Zusammenfassung von BgA: BMF widerspricht BFH – Verwaltungsauffassung bleibt bestehen

BMF-Schreiben vom 06.06.2025 | BFH-Urteil vom 29.08.2024 – V R 43/21

Betriebe gewerblicher Art (BgA) stellen bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) ein steuerlich sensibles Thema dar – insbesondere dann, wenn mehrere BgA miteinander zusammengefasst werden sollen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu mit Urteil vom 29. August 2024 neue Maßstäbe gesetzt, denen die Finanzverwaltung nun ausdrücklich widerspricht.


Was war passiert?

Der BFH entschied im Verfahren V R 43/21, dass bei der Zusammenfassung mehrerer BgA gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 bis 3 KStG die gesetzlichen Voraussetzungen jeweils zwischen allen zu verknüpfenden BgA individuell vorliegen müssen. Das bedeutet: Eine gestufte Zusammenfassung – also die Bildung eines neuen BgA aus zwei bestehenden und dessen weitere Zusammenfassung mit einem dritten BgA – sei nicht möglich, sofern nicht zwischen allen Beteiligten eine enge technisch-wirtschaftliche Verflechtung besteht.

Begründung des BFH:

Der BFH verweist auf die Systematik des Gesetzes. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG nehme nur Bezug auf die ursprünglichen BgA i. S. v. § 4 Abs. 1 KStG – nicht jedoch auf bereits zuvor durch Zusammenfassung entstandene BgA.


Die Reaktion des BMF: Kein Systemwechsel

In seinem koordinierenden Ländererlass vom 06. Juni 2025 stellt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) klar:
Die Finanzverwaltung folgt der BFH-Auslegung nicht.

Kernaussagen des BMF:

  • § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG ermöglicht die Zusammenfassung sowohl von ursprünglichen als auch bereits zusammengefassten BgA.
  • Die Voraussetzungen für die Verflechtung nach Nr. 2 sind nur zwischen jeweils zwei BgA zu prüfen – nicht pauschal zwischen allen Beteiligten.
  • Diese Sichtweise sei seit dem BMF-Schreiben vom 12.11.2009 (BStBl I 2009 S. 1303) gängige Verwaltungspraxis – und habe sich bewährt.
  • Es bestehe kein sachlicher Grund, bei der Zusammenfassung striktere Anforderungen an bereits zusammengefasste BgA zu stellen.

Bedeutung für die Praxis

Für Kommunen, Hochschulen und andere Körperschaften öffentlichen Rechts bedeutet das:
Die Möglichkeit zur mehrstufigen BgA-Zusammenfassung bleibt weiterhin erhalten.
Das erleichtert die steuerliche Behandlung größerer organisatorischer Einheiten – etwa bei der Zusammenführung von Versorgungs-, Freizeit- oder Wirtschaftsbetrieben.

Allerdings gilt:
Der BFH hat seine gegenteilige Rechtsauffassung veröffentlicht. Sollte das Finanzamt im Einzelfall dieser Linie folgen, kann es zu Streitigkeiten kommen – hier ist dann Einspruch und ggf. Klage angezeigt.


Praxistipp für Mandanten

  • Prüfen Sie bestehende BgA-Strukturen auf die formellen Voraussetzungen einer Zusammenfassung.
  • Dokumentieren Sie die technisch-wirtschaftliche Verflechtung klar nachvollziehbar.
  • Berücksichtigen Sie bei neuen Strukturen, dass ein Konflikt zwischen Verwaltungsauffassung und Rechtsprechung besteht.
  • Holen Sie bei größeren Gestaltungen steuerlichen Rat ein, um Risiken zu vermeiden.


Quelle:

  • BMF, Schreiben vom 06.06.2025, IV C 2 – S 2706/00061/002/081
  • BFH, Urteil vom 29.08.2024 – V R 43/21, BStBl II 2025 S. …

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