Am 08. April 2025 veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Pressemitteilung zu den Beschlüssen 1 BvR 2253/23 und 1 BvR 115/24 vom 27. Februar 2025. Darin wurde bekanntgegeben, dass die 3. Kammer des Ersten Senats zwei Verfassungsbeschwerden von Online-Sportwettenveranstalterinnen nicht zur Entscheidung angenommen hat. Die Beschwerden richteten sich gegen die Erhebung einer Sportwettensteuer in Höhe von 5 % der Wetteinsätze, basierend auf § 17 Abs. 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) in der Fassung vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2021 für Anmeldungszeiträume im Jahr 2012. Das BVerfG stufte die Beschwerden als unzulässig ein. Was bedeutet dies für die betroffenen Unternehmen und die steuerliche Praxis? Unser Steuer-Team beleuchtet den Fall.
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerinnen sind Kapitalgesellschaften nach maltesischem Recht mit Sitz in Malta, die 2012 Online-Sportwetten anboten. Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 2253/23 war direkt an den Wetten beteiligt, während die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 115/24 eine Wettbörse betrieb. Bei dieser legten Spieler selbst die Quoten fest, und Wetten kamen nur zustande, wenn zwei Spieler die jeweilige Quote akzeptierten. Die Wettbörsen-Betreiberin erhielt eine Provision aus den Gewinnen. Aufgrund der Sportwettensteuer zog sie sich im November 2012 vom deutschen Markt zurück, da sie den Betrieb nicht mehr profitabel halten konnte.
Beide Unternehmen wandten sich gegen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und mittelbar gegen die Regelung des § 17 Abs. 2 RennwLottG. Sie argumentierten unter anderem:
- Der Bund habe keine Gesetzgebungskompetenz für die Steuer.
- Der BFH hätte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen einer möglichen Verletzung der Dienstleistungsfreiheit durch Doppelbesteuerung (Malta und Deutschland) einbeziehen müssen.
- Die Beschwerdeführerin II sah ihre Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt, da die Steuer ihre Provisionen überstieg und nicht auf Kunden übertragbar war.
Entscheidung des BVerfG
Das BVerfG lehnte die Annahme der Verfassungsbeschwerden ab, da diese unzulässig seien. Die wesentlichen Erwägungen der Kammer:
- Fehlende Gesetzgebungskompetenz nicht ausreichend dargelegt
Die Beschwerdeführerinnen konnten nicht überzeugend begründen, dass dem Bund die Kompetenz nach Art. 105 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG fehlt. Sie erwähnten zwar eine mögliche staatsvertragliche Koordination der Länder, gingen aber nicht auf die Problematik ein, dass ein Land aus einem solchen Konsens ausbrechen könnte. Zudem fehlte eine differenzierte Analyse des Steuerwettbewerbs zwischen in- und ausländischen Anbietern und dessen Einfluss auf das Ziel der Glücksspielsucht-Eindämmung. - Keine Pflichtverletzung zur EuGH-Vorlage
Die Beschwerdeführerinnen legten nicht dar, dass der BFH willkürlich seine Pflicht zur Vorlage an den EuGH verletzt habe. Der EuGH hatte 2020 bereits entschieden, dass eine parallele Glücksspielabgabe in zwei Mitgliedstaaten (z. B. Malta und Italien) die Dienstleistungsfreiheit nicht verletzt. Dies wurde von den Beschwerdeführerinnen nicht ausreichend widerlegt. - Berufsfreiheit nicht hinreichend verletzt
Die Beschwerdeführerin II konnte nicht schlüssig zeigen, dass die Sportwettensteuer ihre Berufsfreiheit unverhältnismäßig einschränkt. Selbst wenn der Betrieb einer Wettbörse ein eigenständiger Beruf wäre und nicht mehr profitabel betrieben werden könnte, fehlten konkrete Argumente zu den Verhältnismäßigkeitsanforderungen. Der Hinweis auf mangelnde Gewinnmöglichkeiten reichte nicht aus. Auch wurde nicht dargelegt, warum die Eindämmung der Glücksspielsucht kein legitimer Zweck sein sollte oder warum eine alternative Bemessungsgrundlage (z. B. Bruttorohertrag) ebenso effektiv wäre.
Bedeutung für die Praxis
Für Steuerberater und Unternehmen in der Glücksspielbranche bleibt die Sportwettensteuer rechtlich abgesichert. Die Entscheidung zeigt, dass Verfassungsbeschwerden hohe Anforderungen an die Begründung erfüllen müssen – bloße Behauptungen reichen nicht aus. Unternehmen sollten:
- Ihre Steuerlast genau prüfen und mögliche Doppelbesteuerungen im internationalen Kontext analysieren lassen.
- Bei Wettbörsen-Modellen die steuerliche Belastung frühzeitig in die Geschäftsplanung einbeziehen, da eine Abwälzung auf Kunden oft schwierig ist.
- Bei Zweifel an der Rechtmäßigkeit steuerlicher Regelungen eine fundierte Argumentation vorbereiten, die auch alternative Lösungen und deren Wirkung beleuchtet.
Fazit
Die Sportwettensteuer bleibt bestehen, und die Beschwerdeführerinnen konnten ihre verfassungsrechtlichen Bedenken nicht durchsetzen. Dies unterstreicht die Stabilität der aktuellen Rechtslage und die hohen Hürden für eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde. Unsere Kanzlei steht Ihnen zur Seite, um steuerliche Auswirkungen im Glücksspielsektor zu bewerten und Optimierungsmöglichkeiten zu finden.
Quelle: Bundesverfassungsgericht