Anerkennung einer mehrstöckigen Freiberufler-Personengesellschaft

FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 03.07.2017 zum Urteil 4 K 93/14 vom 17.11.2015 (nrkr – BFH-Az.: III R 7/17)

Mit Urteil vom 17. November 2015 (Az. 4 K 93/14) hat das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht über die Voraussetzungen für die Anerkennung einer mehrstöckigen Freiberufler-Personengesellschaft entschieden.

Die Klägerin war eine KG, an der über eine Holding-KG zwei Obergesellschaften beteiligt waren, deren Gesellschafter jeweils ausschließlich Berufsträger (Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer) waren. Die Holding-KG war neben der Klägerin an weiteren Untergesellschaften aus anderen Regionen beteiligt. An der Klägerin und den weiteren Untergesellschaften war jeweils ein Obergesellschafter als Komplementär beteiligt, der (nur) dort als Geschäftsführer leitend und eigenverantwortlich tätig wurde. Sämtliche Obergesellschafter waren im Konzern aktiv in der Mandatsbearbeitung tätig; daneben bestanden überregionale Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Branchenschwerpunkten. Die Obergesellschafter trafen zudem Entscheidungen über wesentliche Maßnahmen in den Untergesellschaften.

Das Finanzamt behandelte die von der Klägerin erzielten Einkünfte bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit ihrer Klage gegen den Feststellungsbescheid begehrte die Klägerin die Feststellung von Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die von der Klägerin erzielten Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG in vollem Umfang als gewerbliche Einkünfte anzusehen waren. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer mehrstöckigen Freiberufler-Personengesellschaft sah das Finanzgericht bei der Klägerin nicht als erfüllt an. Die Anerkennung setze voraus, dass neben den unmittelbar an der Untergesellschaft beteiligten natürlichen Personen alle mittelbar an dieser Gesellschaft beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaft über die persönliche Berufsqualifikation verfügten und in der Untergesellschaft zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich mitarbeiteten. Die mittelbare kapitalistische Beteiligung einzelner Obergesellschafter ohne Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit in der Untergesellschaft reiche dagegen nicht aus, da die für unmittelbare Beteiligungen geltenden Maßstäbe auch auf mehrstöckige Freiberufler-Personengesellschaften Anwendung fänden.

Im Streitfall fehlte es bei der Klägerin an einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit sämtlicher Obergesellschafter. Die freiberufliche Tätigkeit der Klägerin wird nach Auffassung des Finanzgerichts nicht bereits dadurch begründet, dass jeder Obergesellschafter zumindest in einer anderen Untergesellschaft als Freiberufler leitend und eigenverantwortlich tätig geworden ist, da die freiberufliche Tätigkeit der Obergesellschafter in den einzelnen Untergesellschaften jeweils gesondert zu prüfen sei und eine Zurechnung dieser Tätigkeit zur Klägerin damit nicht stattfinde. Eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit der Obergesellschafter für die Klägerin ergebe sich auch nicht daraus, dass die Obergesellschafter im Rahmen von Gesellschafterversammlungen der Obergesellschaften Entscheidungen über wesentliche Maßnahmen in den Untergesellschaften, wie Praxiseinkäufe und die Bestellung weiterer Komplementäre, getroffen hätten, da es sich hierbei um geschäftsleitende und koordinierende kaufmännische Tätigkeiten der Obergesellschaften handele, die nicht zur freiberuflichen Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehörten. Eine Mitarbeit sämtlicher Obergesellschafter bei der Klägerin ergab sich schließlich auch nicht daraus, dass innerhalb des Konzerns überregionale Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Branchenschwerpunkten bestanden, in denen u. a. spezielle Fälle, Fachfragen und Arbeitshilfen erarbeitet und diskutiert wurden.

Gegen das Urteil ist die Revision beim BFH unter dem Az. III R 7/17 anhängig, die derBFH auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zugelassen hat.