Anspruch auf Prozesszinsen bei Herabsetzung der Steuer erst nach Ende der Rechtshängigkeit?

Anspruch auf Prozesszinsen bei Herabsetzung der Steuer erst nach Ende der Rechtshängigkeit?

Kernaussage

Grundsätzlich hat ein Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit, d. h. dem Zeitpunkt, zu dem ihm als Beklagter eines Zivilprozessen die Klage zugestellt wird, an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist. Zu der in diesem Zusammenhang streitigen Frage, ob der Anspruch eines Klägers auf Prozesszinsen auch dann besteht, wenn die Herabsetzung der Steuer nur mittelbar durch den geführten Rechtsstreit verursacht wurde, nahm der Bundesfinanzhof im vergangenen Sommer Stellung.

Sachverhalt

Die Klägerin war Alleinerbin ihrer im Jahr 2004 verstorbenen (eingetragenen) Lebenspartnerin. In 2005 setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer fest und legte dabei die damals geltende Steuerklasse III zugrunde. Die Klägerin beantragte daraufhin im Klagewege die Anwendung der Steuerklasse I, wie bei Ehegatten. Wegen der zeitgleich beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerde zur Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsbesteuerung von eingetragenen Lebenspartnern wurde die Steuerfestsetzung für vorläufig erklärt, woraufhin die Klägerin und das beklagte Finanzamt den Rechtsstreit für erledigt erklärten. In 2010 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Erbschaftsbesteuerung eingetragener Lebenspartner für verfassungswidrig und änderte das Gesetz zu Gunsten der rückwirkenden Geltung der Steuerklasse I für eingetragene Lebenspartner. Daraufhin setzte das beklagte Finanzamt die Erbschaftsteuer der Klägerin auf 0 EUR herab und erstattete die überzahlte Steuer von 40.000 EUR. Die Klägerin verlangte für den Erstattungsbetrag Prozesszinsen. Sie unterlag schließlich vor dem BFH.

Entscheidung

Der Rechtsstreit war durch die Erledigungserklärungen beider Parteien beendet worden. Die zeitlich spätere Steuerherabsetzung war durch den Prozess lediglich mittelbar verursacht. Nach Ansicht der BFH-Richter besteht aber ein Anspruch auf Prozesszinsen nicht, wenn die Steuer erst nach Beendigung der Rechtshängigkeit des finanzgerichtlichen Verfahrens herabgesetzt wird. Der Rechtsstreit war damit nicht ursächlich für die Steuerherabsetzung, denn diese erfolgte nicht aufgrund einer Weisung durch das Gericht, sondern wegen einer Gesetzesänderung.

Konsequenz

Ein Anspruch auf Prozesszinsen kann nicht entstehen, wenn die Herabsetzung der Steuer das Ergebnis eines von anderen Steuerpflichtigen geführten Musterprozesses ist. Anders verhält es sich indes dann, wenn ein Rechtsstreit wegen eines beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Musterverfahrens ausgesetzt und die Steuer später herabgesetzt wird.