Auch freie Berufe können in Liebhaberei betrieben werden

Freiberufler: Gewinnerzielungsabsicht bei Rechtsanwaltskanzlei

Leitsatz

1) Bei einer Anwaltskanzlei entfällt ein für die Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis, wenn nicht das Streben nach Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend sind.

2) Indizien für persönliche Gründe können entweder hohe andere Einkünfte sein, mit denen der Stpfl. die Verluste verrechnet, oder das Unterlassen von Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität trotz ständiger und nachhaltiger Verluste.

Gesetze

EStG § 18 Abs 1 Nr 1

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger seine freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt in den Streitjahren 2003 bis 2010 mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt hat.

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger ist seit dem Jahr 1994 Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei in C. Seit 1996 beschäftigt er eine halbtags tätige Rechtsanwältin, Frau S, als Angestellte und seit dem Jahr 2000 zusätzlich Herrn E als Rechtsanwalt in Vollzeit. Die Klägerin ist bei dem Kläger in Teilzeit als Bürokraft tätig (400,– EUR-Basis). Durch die Rechtsanwaltskanzlei erzielt der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Darüber hinaus erzielte er in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung betrugen zusammen jährlich zwischen 95.798,– EUR (2006) und 193.395,– EUR (2008).

Bereits seit dem Jahr 1995 verzeichnete der Kläger aus dem Betrieb der Rechtsanwaltskanzlei Verluste (mit Ausnahme eines für das Jahr 1998 vom Beklagten geschätzten Gewinns von 30.000,– DM). Die Verluste summierten sich in den Jahren 1995 bis 2001 auf 376.967,– DM, im Jahr 2002 betrug der Verlust 85.192,– EUR.

Für die Streitjahre gaben die Kläger Einkommensteuererklärungen ab. Hierin erklärten sie folgende Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit, die sich wie folgt zusammensetzten (gerundet auf volle Euro):

 

 Jahr

 2003

 2004

 2005

 2006

 2007

 2008

 2009

 2010

   Summe

 Einnahmen

 83.208

 103.279

 105.045

 94.589

 82.188

 86.396

 101.180

 88.499

   744.384

 Ausgaben

 135.716

 157.114

 171.461

 138.971

 130.921

 132.349

 137.167

 110.472

   1.114.171

   davon Personal

   64.585

   75.551

   73.513

   68.166

   65.776

   65.419

   69.009

   62.127

   544.146

   Gewinn

   -52.508

   -53.835

   -66.416

   -44.382

   -48.733

   -45.953

   -35.987

   -21.973

   -369.787

 

Der Beklagte erließ für die Jahre 2003 bis 2007 zunächst im Wesentlichen erklärungsgemäße Einkommensteuerbescheide, die mit einem Vorläufigkeitsvermerk gem. § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO – hinsichtlich der Einkünfte der Rechtsanwaltskanzlei ergingen, da – wie der Beklagte in den Bescheiden erläuterte – die Einkünfteerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden könne (Liebhaberei).

Aufgrund einer bei dem Kläger im Jahr 2007 durchgeführten Betriebsprüfung führte der Prüfer in seinem Prüfungsbericht vom 17.04.2007 aus, er habe die Frage der Gewinnerzielungsabsicht nicht endgültig klären können. Für die ersten Jahre der Selbständigkeit seien die Anlaufverluste allerdings u.a. durch Abschreibungen erklärbar. In den Jahren 2000 bis 2002 seien krankheitsbedingt weniger Einnahmen und höhere Ausgaben angefallen. Für die Jahre ab 2003 sei noch eine nähere Prüfung erforderlich.

Diese Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht nahm der Beklagte im Jahr 2010 auf. Nach entsprechender Anhörung erließ er am 20.04.2010 Änderungsbescheide zur Einkommensteuer gem. § 165 Abs. 2 Satz 1 AO , mit denen er die geltend gemachten Verluste des Klägers aus selbständiger Arbeit nicht mehr anerkannte. Dementsprechend setzte er die Einkommensteuer auf 63.208,– EUR (2003), 55.740,– EUR (2004), 54.910,– EUR (2005), 22.552,– EUR (2006) und 73.377,– EUR (2007) fest. Für das Jahr 2008 setzte er mit Bescheid vom 29.04.2010 die Einkommensteuer erstmals auf 52.592,– EUR fest, ohne Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen. Darüber hinaus ergingen an demselben Tag Vorauszahlungsbescheide für die Jahre 2009 und 2010, in denen der Beklagte ebenfalls keine Verluste aus der Rechtsanwaltskanzlei berücksichtigte. Die Bescheide waren an den Kläger und an „Frau Z G-G” gerichtet.

Gegen diese Bescheide legten die Kläger am 18.05.2010 Einspruch ein. Im Laufe des Einspruchsverfahrens erging mehrfach, zuletzt am 11.06.2010 ein Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2008.

Nach Auffassung der Kläger sind die angefochtenen Bescheide nichtig, da der Name der Klägerin falsch angegeben worden sei. Anders als in den Bescheiden genannt heiße die Klägerin nicht „Z G-G”, sondern Z G.

In der Sache habe der Kläger seine anwaltliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – BFH – seien bei Tätigkeiten, die nicht typischerweise dem Hobbybereich zuzurechnen seien, allein langjährige Verluste nicht ausreichend, um die Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen. Vielmehr müsse der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausüben (BFH-Beschluss vom 25. 9. 2009 VIII B 76/08 ). Solche Gründe lägen bei dem Kläger nicht vor. Die maßgeblichen Kosten der Kanzlei bestünden aus Löhnen und Gehältern und hätten mit dem privaten Bereich nicht die geringste Beziehung. Die Kosten seien vielmehr so niedrig wie möglich gehalten worden, z.B. finde keine Fremdfinanzierung statt. Auch eine von dem Beklagten als Privatmotiv genannte repräsentative Kanzleiführung bestehe nicht, da die Kanzlei ausschließlich in eigenen Räumlichkeiten geführt werde. Die Kanzlei werde auch nicht wegen des mit der anwaltlichen Tätigkeit verbundenen „Sozialprestiges” betrieben, dieses lasse sich auf andere Weise ungleich kostengünstiger erlangen. Als persönliches Motiv könne schließlich nicht ein Streben nach Steuerersparnis gewertet werden. Denn unter Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Ausgaben könne sich erst bei einem Steuersatz von über 100 % ein positiver Gesamteffekt ergeben.

Vielmehr spreche im Streitfall für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht insbesondere, dass der Kläger seine Kanzlei mit vollem persönlichem Einsatz in Vollzeit ausübe und durchgehend mindestens drei Angestellte beschäftige. Seine Umsätze seien deutlich höher als in anderen vom BFH entschiedenen Sachverhaltskonstellationen (BFH-Urteil vom 14.12.2004 XI R 6/02 , Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 208, 557, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2005, 392 ). Außerdem besuchten der Kläger und seine zwei angestellten Rechtsanwälte regelmäßig Fortbildungen. Frau S habe im Jahr 2002 erfolgreich die Prüfung zur Fachanwältin für Familienrecht abgelegt und im Jahr 2003 die Zulassung als Fachanwältin erhalten. Sie habe zudem bereits seit dem Jahr 2000 fortlaufend die zeitaufwendigen Fortbildungsveranstaltungen zum Erwerb des Anwaltsnotariats besucht. In den Jahren 2003 und 2007, in denen sie sich jeweils um eine frei gewordene Stelle als Anwaltsnotarin beworben habe, sei sie jeweils wegen eines stärkeren Konkurrenten nicht zum Zuge gekommen. Frau S habe zudem im Jahr 2009 eine Fortbildung zum Verfahrensbeistand für Kinder und Jugendliche nach §§ 158 und 167 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG – abgeschlossen. Auch Herr E habe im Jahr 2006 erfolgreich einen Lehrgang für die Zulassung als Fachanwalt für Verkehrsrecht besucht und sei im Jahr 2007 als Fachanwalt zugelassen worden. Diese Fortbildungen seien insbesondere aus der ex-ante-Sicht erfolgversprechend gewesen, um den Umsatz zu steigern.

Der tatsächlich ausgebliebene Umsatzanstieg sei aber im Wesentlichen darauf zurückzuführen gewesen, dass in derselben Zeit Kollegen aus zwei konkurrierenden Kanzleien jeweils eine Zulassung als Fachanwalt für Familienrecht und Verkehrsrecht erworben hätten. Außerdem sei die Anwaltsdichte in C insgesamt angestiegen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.05.2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Dies begründete er damit, dem Kläger habe bei seiner freiberuflichen Tätigkeit die Gewinnerzielungsabsicht gefehlt. Zwar sei den Klägern grundsätzlich darin zuzustimmen, dass bei einer Rechtsanwaltskanzlei der Beweis des ersten Anscheins für eine Gewinnerzielungsabsicht spreche. Im Streitfall ergebe sich jedoch aus den objektiven Umständen, dass der Kläger seine Kanzlei in einer Art und Weise führe, die nicht zum Erzielen von Gewinnen geeignet sei, so dass der Anscheinsbeweis entfalle. Ein Totalgewinn sei angesichts der bereits insgesamt angefallenen Verluste von rund 650.000 EUR nicht mehr zu erwarten. Dies zeige sich bereits an den Personalkosten der angestellten Rechtsanwälte, die über die Jahre deutlich höher seien als die vereinnahmten Gesamthonorare. Außerdem betrügen die durchschnittlichen Einnahmen des Klägers im Streitzeitraum nur ungefähr die Hälfte des durchschnittlichen Umsatzes, der von einem in Vollzeit tätigen Rechtsanwalt erwartet werden könne, und nur ungefähr ein Viertel eines in einer Sozietät tätigen Rechtsanwaltes. Der jährliche Umsatz sei – auf die drei in der Kanzlei des Klägers tätigen Anwälte heruntergebrochen – auf niedrigstem Niveau stagniert, so dass nicht einmal die notwendigen Kosten gedeckt werden könnten.

Der Kläger habe gegen die Verlustsituation auch keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergriffen. Denn die laufenden Fortbildungen und Zusatzqualifikationen seien bei freien Berufen eher als selbstverständliches Erfordernis anzusehen und hätten keinen Erfolg gezeigt. Hierbei sei auch das angestrebte Notariat der angestellten Rechtsanwältin S unbeachtlich, da es sich lediglich um eine Spekulation über eine möglicherweise künftig eintretende Veränderung handle und der erhoffte Erfolg auch deshalb hätte ausbleiben können, weil die Angestellte aus der Kanzlei hätte ausscheiden können. Vielmehr hätte der ausbleibende Erfolg ein Umdenken bzw. weitere Maßnahmen erforderlich gemacht. Auch die von den Klägern vorgebrachte Ansiedelung weiterer Anwaltskanzleien lasse den ausbleibenden Erfolg des Klägers nicht schlüssig erscheinen, da die anderen Kanzleien einem vergleichbaren wirtschaftlichen Druck hätten ausgesetzt sein müssen.

Insgesamt sei die betriebswirtschaftlich ungewöhnliche Strategie des Klägers und die dargestellte Arbeits- und Büroorganisation auf in der Privatsphäre liegende Umstände zurückzuführen. Dem Kläger komme es offenbar auf das mit einer repräsentativen Kanzlei verbundene Sozialprestige und das damit in einer Kleinstadt wie C verbundene gesellschaftliche Ansehen an. Außerdem sei der Kläger wegen seiner erheblichen Kapitalerträge nicht darauf angewiesen, mit der selbständigen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem würde dem Kläger durch eine Verrechnung der Verluste eine Steuerersparnis bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen zugute kommen, was ebenfalls als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht zu werten sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

Die Kläger haben am 10.06.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Klagebegehren weiter verfolgen. Im Laufe des Klageverfahrens ist am 20.09.2011 ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009, am 01.08.2012 ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 ergangen.

Ergänzend und vertiefend zu ihrer Einspruchsbegründung tragen die Kläger Folgendes vor:

Die Kanzlei des Klägers sei von Anfang an objektiv geeignet gewesen, einen Totalgewinn zu erzielen. Sie werde im ca. 150 qm großen Erdgeschoss der sog. „T-Villa” in C betrieben, eines gut wahrnehmbaren und repräsentativen Altbaus aus der Gründerzeit, der im Alleineigentum des Klägers stehe. Die Büroöffnungszeiten seien branchenüblich, das Telefon durchgehend besetzt. Es seien mehrere Hinweisschilder auf die Kanzlei vorhanden. Der Kläger führe außerdem seit dem Jahr 2007 ein „corporate design” und einen professionellen Internetauftritt. Die technische Ausstattung sei angemessen, aber so kostengünstig wie möglich.

Der Kläger habe auf die Verlustsituation in geeigneter Weise reagiert und die erforderlichen Umstrukturierungen vorgenommen. Zur Beurteilung, ob Umstrukturierungen (hier insbesondere Fortbildungen und Fachanwaltschaften) geeignet seien, sei auf den Erkenntnishorizont im Zeitpunkt der Umstrukturierung abzustellen (ex-ante-Sicht). Es genüge, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass innerhalb eines überschaubaren Zeitraums die Gewinnzone erreicht werden könnte. Dies sei wegen der durch Fortbildungen, Fachanwaltschaften und ein mögliches Notariat zu erwartenden erheblichen Umsatzsteigerungen anzunehmen gewesen. … Für die Zukunft strebe der Kläger an, als Mediator und Testamentsvollstrecker anerkannt zu werden. Frau S erwäge, sich als Verfahrenspflegerin für Betreuungssachen zu bestellen. Dass alle diese Maßnahmen in der Vergangenheit wegen der zugenommenen Konkurrenz und auch wegen einer überwiegenden Anzahl von Aufträgen mit geringen Streitwerten bzw. auf Basis der Beratungshilfe nicht erfolgreich gewesen seien, sei nicht vorhersehbar gewesen und dürfe ihnen – den Klägern – daher nicht angelastet werden. Für das Jahr 2011 erwarte der Kläger hingegen eine „schwarze Null”, für das Jahr 2012 sogar einen leichten Gewinn.

Auch die Beschäftigung von zwei angestellten Rechtsanwälten mit jährlich sechsstelligen Honorareinnahmen sei ein Indiz für eine Gewinnerzielungsabsicht (BFH-Urteil vom 14. 12. 2004 XI R 6/02 , BFHE 208, 557 , BStBl II 2005, 392 unter II.3 c). Von einer Sozietät mit drei Anwälten gehe in einem kleinen Ort wie C eine erhebliche Werbewirkung aus, außerdem diene dies der Qualitätssteigerung. Die angetragenen Mandate würden entsprechend der beiden Fachanwaltschaften verteilt, im Übrigen habe jeder Anwalt Tätigkeitsschwerpunkte herausgebildet. Bei allen drei Anwälten ergäben sich im Tagesgeschäft allerdings regelmäßig zeitliche Leerläufe, in denen die Anwälte keine Aufträge zu bearbeiten hätten. Vor diesem Hintergrund kontrolliere der Kläger auch nicht, wie viel Zeit der einzelne Anwalt auf welches Mandat verwende. Es seien insgesamt hinreichend Zeitkapazitäten vorhanden. Teilweise würden Mandate auch von mehreren Anwälten bearbeitet. Es sei aber sicher nicht angezeigt gewesen, die angestellten Anwälte zu entlassen, da sich hierdurch das Beratungsangebot verkleinert hätte und ein negativer Umsatzeffekt zu erwarten gewesen wäre.

Schließlich könne die Möglichkeit einer Verrechnung der Verluste mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten nicht als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht gewertet werden, weil der BFH gerade bei sog. „echten Verlusten” anerkannt habe, dass deren Verrechnung für sich allein kein privates Motiv sei (BFH-Urteil vom 21. 7. 2004 X R 33/03 , BFHE 207, 183 , BStBl II 2004, 1063). Gerade bei „echten Verlusten” schädige sich der Kläger selbst, wenn er durch hohe Betriebsausgaben eine deutlich geringere Steuerersparnis erkaufe. Allein die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Verlustverrechnung könne daher kein privates Motiv sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Kläger vom 05.08.2011 und 15.05.2012 sowie auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 28.03.2012 verwiesen.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2008, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.05.2011, und die Einkommensteuerbescheide für 2009 und 2010 zu ändern und die von ihnen erklärten Verluste aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers anzuerkennen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zunächst auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, aus Sicht des Klägers hätte es nahe gelegen, als erforderliche Umstrukturierungsmaßnahme auf die Beschäftigung und Bezahlung der angestellten Rechtsanwälte zu verzichten und die offenbar nur gering vorhandene Arbeit selbst zu erledigen. Der Kläger habe auf diese Umstrukturierung auch nur deshalb verzichten können, weil er aufgrund seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen nicht auf einen Überschuss aus der anwaltlichen Tätigkeit angewiesen sei.

Der Senat hat am 22.08.2012 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

I.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

1) Entgegen der Auffassung der Kläger sind die angefochtenen Bescheide nicht nichtig. Gem. § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Schwerwiegend ist ein Fehler insbesondere dann, wenn ein Verwaltungsakt etwas anordnet oder verlangt, was anzuordnen oder zu verlangen das Gesetz unter keinen Umständen jemals zulässt, weil es mit seinen grundlegenden Wertvorstellungen oder mit tragenden Verfassungsprinzipien unvereinbar und die Beachtung des Verwaltungsakts zu erwarten daher unerträglich wäre (BFH-Beschluss vom 21.06.2010 VII R 27/08 , BFHE 229, 492 , BStBl II 2011, 331).

Dies ist im Streitfall nicht anzunehmen, da die angefochtenen Bescheide der Auslegung zugänglich sind. Im Streitfall ergibt die Auslegung, dass Adressatin der angefochtenen Bescheide neben dem Kläger auch die Klägerin war mit ihrem tatsächlichen Namen Z G.

2) Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die geltend gemachten Verluste des Klägers aus selbständiger Arbeit anzuerkennen.

Gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – sind Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit steuerpflichtig als Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG . Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehört gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG u.a. die selbständige Berufstätigkeit der Rechtsanwälte.

Die von den Klägern geltend gemachten negativen Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit sind in den Streitjahren nicht als Einkünfte gem. § 18 EStG anzuerkennen, da dem Kläger das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht fehlte.

Auch bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit ist eine derartige Gewinnerzielungsabsicht zu fordern (BFH-Urteil vom 31. 5. 2001 IV R 81/99 , BFHE 195, 382 , BStBl II 2002, 276; BFH-Beschluss vom 25. 5. 2012 III B 233/11 , juris). Dies ergibt sich zum einen aus der ausdrücklichen Verweisung in § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG auf § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG , wonach es genügt, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist; das setzt gedanklich voraus, dass überhaupt eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Zum anderen ergibt sich dies auch aus dem Negativmerkmal des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG , wonach eine selbständige nachhaltige Betätigung, die u.a. mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, nur dann Gewerbebetrieb ist, wenn sie weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung selbständiger Arbeit anzusehen ist (BFH-Urteil vom 26. 2. 2004 IV R 43/02 , BFHE 205, 243 , BStBl II 2004, 455). Hieraus ist zu schließen, dass auch bei der selbständigen Arbeit eine Gewinnerzielungsabsicht i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erforderlich ist.

a) Zur Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind alle Umstände des Einzelfalles einschließlich etwaiger Besonderheiten der Verhältnisse zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 14. 12. 2004 XI R 6/02 , BFHE 208, 557 , BStBl II 2005, 392). Der Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht kann, da es sich um eine innere Tatsache handelt, aber nur anhand äußerer Merkmale geführt werden. Aus objektiven Umständen (sog. Beweisanzeichen) muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht zur Gewinnerzielung geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. 6. 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405 , BStBl II 1984, 751 , 766 ).

Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. In diesem Fall deuten längere Verlustperioden erst dann auf das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht hin, wenn die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt wird (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. 6. 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405 , BStBl II 1984, 751 , 766 ; BFH-Urteil vom 22. 4. 1998 XI R 10/97 , BFHE 186, 206 , BStBl II 1998, 663). Bei einer Anwaltskanzlei spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Anwalt seine Kanzlei in der Absicht betreibt, Gewinne zu erzielen; denn ein Unternehmen dieser Art ist regelmäßig nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen (BFH-Urteile vom 31. 5. 2001 IV R 81/99 , BFHE 195, 382 , BStBl II 2002, 276, und vom 22. 4. 1998 XI R 10/97, BFHE 186, 206 , BStBl II 1998, 663).

Die zitierte Rechtsprechung kann allerdings nicht in der Weise verstanden werden, dass bei einer Anwaltskanzlei automatisch eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden könnte. Vielmehr entfällt auch bei einer Anwaltskanzlei ein für die Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis bereits dann, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend waren (BFH-Urteil vom 14. 12. 2004 XI R 6/02 , BFHE 208, 557 , BStBl II 2005, 392).

Persönliche Gründe sind alle einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motive (BFH-Urteil vom 19. 11. 1985 VIII R 4/83 , BFHE 145, 375 , BStBl II 1986, 289, m.w.N.). Als relevante Indizien für die Führung des Verlustbetriebs aus persönlichen Gründen hat die Rechtsprechung – gerade auch im Fall einer Rechtsanwaltskanzlei – im Wesentlichen zwei zu würdigende Umstände entwickelt:

(1) Zum einen erscheint es als persönliches Motiv, wenn dem Steuerpflichtigen hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, mit denen er seine freiberuflichen Verluste verrechnet (BFH-Urteile vom 14. 12. 2004 XI R 6/02 , BFHE 208, 557 , BStBl II 2005, 392, und vom 26. 2. 2004 IV R 43/02, BFHE 205, 243 , BStBl II 2004, 455) und hierdurch Steuern spart (BFH-Beschluss vom 27. 5. 2008 VIII B 123/07 , juris; BFH-Urteile vom 14. 12. 2004 XI R 6/02 , BFHE 208, 557 , BStBl II 2005, 392 und vom 23. 8. 2000 X R 106/97, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2001, 160; Wacker in Schmidt, Kommentar zum EStG , 31. Auflage, § 15 Rz. 32). Entgegen der Auffassung der Kläger kommt es für die Steuerersparnis nicht auf eine Gesamtbetrachtung von tatsächlichen Aufwendungen und steuerlicher Ersparnis an, sondern es genügt, wenn positive Einkünfte durch eine Saldierung mit den Verlusten geringer besteuert würden. In dieser geringeren Besteuerung ist die vom BFH benannte Steuerersparnis zu sehen.

(2) Zum anderen spricht als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht, wenn es der Steuerpflichtige trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterlässt, Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebs zu ergreifen (vgl. BFH-Urteile vom 23. 5. 2007 X R 33/04 , BFHE 218, 163 , BStBl II 2007, 874, vom 14. 12. 2004 XI R 6/02, BFHE 208, 557 , BStBl II 2005, 392 und vom 29. 6. 1995 VIII R 68/93, BFHE 178, 160 , BStBl II 1995, 722). Insofern besteht eine Reaktions- oder Umstrukturierungspflicht. Auch wenn die Gewinnerzielungsabsicht nicht allein wegen der Tatsache langjähriger Erwirtschaftung von Verlusten und fehlender Reaktion auf bereits eingetretene hohe Verluste verneint werden kann (so BFH-Urteil vom 12. 9. 2002 IV R 60/01 , BFHE 200, 284 , BStBl II 2003, 85), ist das Unterlassen geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen im Hinblick auf das darin liegende nicht marktgerechte Verhalten doch als ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu werten (BFH-Urteil vom 23. 5. 2007 X R 33/04 , BFHE 218, 163 , BStBl II 2007, 874). Denn es lässt den Schluss zu, dass die Betriebsführung nicht ernstlich auf eine am Markt erfolgreiche Tätigkeit gerichtet war (BFH-Urteile vom 12. 5. 2011 IV R 36/09 , BFH/NV 2011, 2092 und vom 23. 5. 2007 X R 33/04, BFHE 218, 163 , BStBl II 2007, 874). An die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind deshalb in diesen Fällen keine hohen Anforderungen zu stellen (BFH-Urteile vom 12. 5. 2011 IV R 36/09 , BFH/NV 2011, 2092 und vom 23. 5. 2007 X R 33/04, BFHE 218, 163 , BStBl II 2007, 874).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, hat der Kläger im Streitfall seine Anwaltskanzlei aus persönlichen Beweggründen geführt, so dass der bei einer Anwaltskanzlei zunächst für eine Gewinnerzielungsabsicht sprechende Anscheinsbeweis im Streitfall entfällt.

(1) Als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht spricht, dass der Kläger aus den von ihm erklärten Verlusten steuerliche Vorteile ziehen würde, da seine Verluste mit seinen übrigen positiven Einkünften zu verrechnen wären.

So haben die Kläger in den Streitjahren Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung von jährlich zwischen 95.798,– EUR (2006) und 193.395,– EUR (2008) erzielt. Diese Einkünfte würden geringer besteuert, wenn sie die Kläger mit den Verlusten der Anwaltskanzlei verrechnen könnten. In dieser Verminderung der Besteuerung der positiven Einkünfte ist – entgegen dem Verständnis der Kläger – eine Steuerersparnis zu sehen, die als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht zu werten ist. Wie ausgeführt gilt dies auch dann, wenn die Steuerersparnis durch „echte Verluste” entsteht und der Saldo aus tatsächlichen Betriebsausgaben und möglicher Steuerersparnis negativ wäre.

(2) Gegen eine Gewinnerzielungsabsicht spricht weiterhin, dass es der Kläger trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterließ, effektive Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität seiner Kanzlei zu ergreifen. Die Verlustsituation blieb während sämtlicher Streitjahre ununterbrochen und hat sich über den gesamten Streitzeitraum hinweg (9 Jahre) verstetigt.

Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass für die Frage der Eignung einer Umstrukturierungsmaßnahme für die Verlustverminderung bzw. Gewinnsteigerung auf den Erkenntnishorizont im Zeitpunkt der Umstrukturierung abzustellen ist (ex-ante-Sicht). Die Verluste aus der Anwaltskanzlei reichen jedoch bereits bis in das Jahr 1995 zurück. Der Kläger hat bereits ab 1995 und in den Folgejahren mit Umstrukturierungsmaßnahmen (insbesondere Fortbildungen und Fachanwaltschaften) auf die Verlustsituation reagiert. Er hat bereits in diesen Jahren – also noch vor dem Streitzeitraum – feststellen müssen, dass diese Maßnahmen nicht zu den gewünschten Ergebnissen führten. Ab dem Jahr 2003, dem ersten Jahr des Streitzeitraums, hätte es für den Kläger daher auch aus der ex-ante-Sicht ersichtlich sein müssen, dass allein Fortbildungen, Fachanwaltschaften und die Bewerbung um eine Notariatszulassung in seiner Kanzlei unter Berücksichtigung der Größe, der Lage und der Mandantenstruktur nicht mit hinreichender Sicherheit den gewünschten Erfolg zu vermitteln vermochte.

Vielmehr hätte es aus Sicht des Klägers nahe gelegen, die Struktur seiner Personalkosten zu verändern. Auf seine zwei angestellten Rechtsanwälte hätte er vor allem vor dem Hintergrund verzichten müssen, dass sich bei allen Anwälten – wie die Kläger selbst vortragen – im Tagesgeschäft regelmäßig zeitliche Leerläufe ergaben, in denen die Anwälte keine Aufträge zu bearbeiten hatten. Wenn also keine entsprechenden Mandate für drei Anwälte vorhanden waren, erschließt sich nicht, warum der Kläger für zwei Anwälte Personalkosten aufwandte, ohne aus deren Arbeit einen entsprechenden Ertrag ziehen zu können. Hiergegen können die Kläger auch nicht einwenden, von der Zahl der drei Anwälte gehe in einem kleinen Ort wie C eine erhebliche Werbewirkung aus und dies diene außerdem der Qualitätssteigerung; denn bereits seit dem Jahr 1996 (Eintritt von Frau S) bzw. seit dem Jahr 2000 (Eintritt von Herrn E) hat sich diese Werbewirkung und Qualitätssteigerung in den wirtschaftlichen Ergebnissen der Kanzlei nicht niedergeschlagen. Die Kläger können auch nicht argumentieren, gerade die Anstellung von zwei Rechtsanwälten spreche nach der Rechtsprechung des BFH für eine Gewinnerzielungsabsicht. Denn im vorliegenden Streitfall waren die Personalkosten nicht durch entsprechend hohe Umsätze gedeckt.

Unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags, wonach die drei Anwälte nicht ausgelastet waren, der Kläger folglich die angefallenen Mandate ohne wesentliche Umsatzeinbuße auch allein hätte bearbeiten können, ergäbe sich – wenn der Kläger auf die Personalkosten verzichtet hätte – das folgende Ergebnis:

 

 Jahr

 2003

 2004

 2005

 2006

 2007

 2008

 2009

 2010

   Summe

 Personalkosten erklärter Gewinn

 64.585

 75.551

 73.513

 68.166

 65.776

 65.419

 69.009

 62.127

   544.146

 -52.508

 -53.835

 -66.416

 -44.382

 -48.733

 -45.953

 -35.987

 21.973

   -369.787

   Gewinn ohne Personal

   12.077

   21.716

   7.097

   23.784

   17.043

   19.466

   33.022

   40.154

   174.359

 

Demnach hätte die Kanzlei des Klägers mit Gewinn geführt werden können, wenn er auf dasjenige Personal verzichtet hätte, das er nach seinem eigenen Vortrag ohnehin zur Mandatsbearbeitung nicht benötigte. Dies hätte der Kläger nach der Überzeugung des Senats auch mit Sicherheit getan, wenn er auf Einkünfte aus der Anwaltskanzlei angewiesen gewesen wäre, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Als weitere erforderliche Umstrukturierungsmaßnahme hat es der Kläger unterlassen, selbst eine Zulassung als Fachanwalt zu erwerben. Dies hat er vielmehr seinen angestellten Rechtsanwälten überlassen, obwohl nicht abzusehen war, ob für seine Angestellten zukünftig überhaupt hinreichend Mandate vorhanden sein würden. Der Erwerb einer eigenen Zulassung als Fachanwalt wäre für den Kläger auch möglich gewesen, da er die hierzu erforderlichen Fortbildungen hätte besuchen können und da in seiner Kanzlei – wie die zwei Fachanwaltschaften der angestellten Rechtsanwälte zeigen – die für die Zulassung als Fachanwalt erforderliche Anzahl von Mandaten vorhanden war.

Dass der Kläger nicht in der erforderlichen effektiven Weise auf seine Verlustsituation reagiert hat, lässt den Schluss zu, dass persönliche Beweggründe für die Kanzleiführung im Vordergrund standen. Hierbei ist unerheblich, um welche persönlichen Beweggründe es sich im Einzelnen gehandelt haben könnte.

(3) Der Senat ist schließlich davon überzeugt, dass die Anwaltskanzlei des Klägers nach ihrer Wesensart und der Art ihrer Bewirtschaftung nicht auf die Dauer gesehen dazu geeignet war, mit Gewinn zu arbeiten. Dies zeigt sich bereits an dem Verlust von 647.719,– EUR, der in den Jahren von 1995 bis 2010 kumuliert entstanden ist. Es sind keine Anhaltspunkte zu erkennen, dass dieser Verlust durch Gewinne in Folgejahren kompensiert werden könnte und sich hierdurch insgesamt ein Totalgewinn ergeben könnte. Auch die erwartete „schwarze Null” des Jahres 2011 und der prognostizierte „leichte Gewinn” des Jahres 2012 lassen keine Kompensation der Verluste in der genannten Höhe erwarten. Der Kläger hat auch keine Umstände dargelegt, aufgrund derer der Senat zu der Überzeugung gelangen könnte, seine Anwaltskanzlei könnte effektiv in die Gewinnzone geführt werden. Denn ob etwa die von den Klägern genannte Tätigkeit als Mediator oder Testamentsvollstrecker umsetzbar sein wird und die Umsätze anheben könnte, ist derzeit ungewiss.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO . Die Revision wurde gem. § 115 Abs. 2 FGO nicht zugelassen.