Auch für verheiratete Kinder gibt es Kindergeldanspruch

Auch für verheiratete Kinder gibt es Kindergeldanspruch

Kernproblem
Für volljährige Kinder steht den Eltern Kindergeld zu, wenn sich die Kinder in Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Nach langjähriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erlosch der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind grundsätzlich mit dessen Eheschließung, weil die Unterhaltsverpflichtung der Eltern infolge der Heirat und der zivilrechtlich vorrangigen Verpflichtung des Ehegatten regelmäßig entfiel. Ein Anspruch auf Kindergeld blieb nur erhalten, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes nicht ausreichten und das Kind auch nicht über ausreichende eigene Mittel verfügte (sogenannter Mangelfall). Seit dem Jahr 2012 ist Kindergeld unabhängig von den eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes zu gewähren. An der Rechtsauffassung der Familienkassen hat sich aber in Bezug auf verheiratete Kinder nichts geändert. Ob das rechtens ist, hat der BFH jetzt entschieden.

Sachverhalt
Im Streitjahr 2012 hatte der Vater für seine 21-jährige Tochter, die sich in Ausbildung befand, Kindergeld beantragt. Die Tochter war seit dem Vorjahr verheiratet und bezog aus ihrer Ausbildung Einkünfte von über 8.300 EUR. Der Vater hatte selbst keinen Unterhalt geleistet. Die Familienkasse lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass sich die Tochter mit ihrem eigenen Einkommen und dem Unterhaltsbeitrag des Ehemannes selbst unterhalten könne. Im Klageverfahren vor dem Finanzgericht wurde dem Vater das Kindergeld zugesprochen, weil es seit dem Jahr 2012 nicht mehr auf die Höhe des Einkommens und der Bezüge ankomme und damit auch der Unterhaltsanspruch gegen den Ehemann unerheblich sei. Die Familienkasse ging in Revision.

Entscheidung
Der BFH hat dem Vater das Kindergeld zugesprochen. Nachdem bereits im Jahr 2010 das bis dahin ungeschriebene Erfordernis einer „typischen Unterhaltssituation“ (im Fall eines Kindes in Vollzeiterwerb) durch den BFH aufgegeben wurde, könne nach Auffassung des Senats seit der Gesetzesänderung mit Wirkung ab Januar 2012 nicht mehr an der früheren Rechtsprechung festgehalten werden. Damit sei der sog. Mangelfallrechtsprechung die Grundlage entzogen. Der BFH hat durch seine Entscheidung gegen die in der zentralen Dienstanweisung für die Familienkassen niedergelegte Verwaltungsauffassung entschieden.

Konsequenz
Alle hiervon betroffenen Eltern sollten das Kindergeld rückwirkend ab Januar 2012 beantragen, soweit das verfahrensrechtlich möglich und die übrigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes erfüllt sind. Ein gut verdienender Ehepartner ist dabei „unschädlich“.